"Im Schatten des Todes" - читать интересную книгу автора (Питерс Элизабет)

3. Kapitel

Er legte eine Hand auf sein Herz und verbeugte sich. Sein Aussehen und sein Benehmen grenzten an Frechheit. Ich mu#223;te mich wirklich beherrschen, ihm nicht eine Ohrfeige zu verpassen.

»Sie bitten mich herein?« fragte er in seinem gebrochenen Englisch. »Ich denken, Sie ziehen vor, Angelegenheiten von Herz nicht vor #214;ffentlichkeit zu besprechen.«

Ich trat einen Schritt zur#252;ck, damit er hereinkommen konnte, und schlo#223; leise die T#252;r hinter ihm, die ich ihm am liebsten vor der Nase zugeknallt h#228;tte. Alberto lief auf Evelyn zu.

»Ah, Geliebte meines Herzens! Wie kannst du mich verlassen? Wei#223;t du nicht, da#223; ich habe gelitten um dein Schicksal wie ein Hund?«

Evelyn hob abwehrend die Hand, und Alberto blieb stehen. Ich hatte schon gef#252;rchtet, dieser Schurke werde sie in die Arme rei#223;en. Nun legte er den Kopf schief. »Du mich zur#252;cksto#223;en? Du mich total vernichten? Ah, verstehe. Du hast gefunden reiche Besch#252;tzerin. Sie dir gibt Geschenke, du verlassen also arme Liebhaber, der nichts hat als nur Liebe. Oh, oh!«

Mein Sonnenschirm stand in der Ecke; den holte ich mir. Evelyn schwieg. Ich denke, sie war von so viel Frechheit v#246;llig verwirrt. Ich stie#223; Alberto mit dem Schirmknauf in den R#252;cken. Er tat einen Satz zur Seite.

»Das reicht jetzt«, sagte ich energisch. »Sie haben diese

Dame verlassen, nicht die Dame Sie, obwohl es nur klug gewesen w#228;re. Wie k#246;nnen Sie es wagen, hierher zu kommen, nachdem Sie einen so unversch#228;mten Brief schrieben und ihr alles wegnahmen, was sie hatte?«

»Brief?« Alberto rollte dramatisch die Augen. »Ich nix Brief. Ich gehe aus, suche Arbeit f#252;r Essen f#252;r Herzensgeliebte. Da hat mich Pferd getreten, ich liege Wochen in schrecklichem Hospital und weine nach meine Evelyn. Ich werde gesund und schleiche in Zimmer, wo war Paradies f#252;r mich. Aber sie gegangen, fort! Mein Engel weggeflogen. Ich nix Brief geschrieben, nix, niemals! Wenn Brief, dann hat geschrieben mein Feind. Ich viele Feinde, die mir wollen stehlen meine Engel.«

Ich habe selten einen so schlechten Schauspieler gesehen, doch ich wu#223;te nicht, wie sehr sich Evelyn von ihm beeindrucken lassen w#252;rde. Liebe richtet ja in manchen Gehirnen f#252;rchterliche Zerst#246;rungen an. Doch ich sah bald, da#223; ich keine Angst zu haben brauchte. Evelyns Wangen waren rot vor Zorn.

»Wie kannst du so etwas wagen?« fragte sie leise. »Hast du nicht schon genug Schaden angerichtet? Nat#252;rlich verdiene ich deine Vorw#252;rfe, doch nicht daf#252;r, da#223; ich dich verlassen habe, sondern nur daf#252;r, da#223; ich mit dir ging und dir vertraute. Wie kannst du es aber wagen, hierher zu kommen und solche Ungeheuerlichkeiten zu dieser Dame zu sagen? Du bist nicht wert, die gleiche Luft zu atmen wie sie. Also verschwinde von hier, und komm mir nie wieder unter die Augen!«

Alberto taumelte ein paar Schritte zur#252;ck, und mein Schirm, der sich in seinen Magen bohrte, unterst#252;tzte seinen R#252;ckzug. »Du kannst nicht so meinen, mu#223;t sein krank«, sagte er. »Ich biete dir Hand und Namen. Kein andere Mann wird heiraten, wenn er wei#223;, da#223; du ...«

Er tat einen Satz r#252;ckw#228;rts, als ich den Schirm hob, um ihn auf seinem Kopf zu zerschlagen, doch Evelyn fiel mir in den Arm. »Bitte, das ist ein guter Sonnenschirm«, sagte sie. »Er ist es nicht wert, da#223; du ihn seinetwegen zerschl#228;gst.«

»Aber er wird dich erpressen. Er wird dich blo#223;stellen, wenn du nicht .«

»Er kann meine Dummheit in die ganze Welt hinausposaunen«, erkl#228;rte Evelyn kalt. »Glaub mir, Amelia, er hat keine Macht mehr #252;ber mich. W#228;re noch eine Spur von Zuneigung f#252;r ihn in mir gewesen, so h#228;tte diese Szene sie ausgel#246;scht.«

Alberto starrte uns entsetzt an. »Erpressen? Blo#223;stellen? Dio mio, wie kannst du falsch verstehen? Ich nie denke daran .«

»Das lassen Sie auch besser sein«, riet ich ihm. »Der geringste #196;rger von Ihrer Seite, Sie Schuft, dann sitzen Sie im Gef#228;ngnis! Die #228;gyptischen Gef#228;ngnisse sind nicht sehr modern und behaglich, und ich habe etwas mehr Einflu#223; auf die hiesige Regierung als Sie.«

»Nun Sie mich bedrohen«, stellte er befriedigt fest. »Nicht n#246;tig. Wenn Dame mich nicht will, ich gehen. Ich komme nur wegen Ehre. Ah, ich verstehen! Ist ein andere Mann, nicht wahr? Wer ist R#228;uber, der mir Herz meiner Liebsten stiehlt?«

Bis jetzt hatte sich Evelyn bewundernswert gehalten, doch jetzt fl#252;sterte sie mir zu, ob wir nicht um Hilfe rufen k#246;nnten, damit er ginge.

»Nat#252;rlich k#246;nnen wir das«, erkl#228;rte ich, ging an Alberto vorbei, der sich hastig zur#252;ckzog, und ri#223; die T#252;r auf. Gew#246;hnlich ist ein Flurdiener da, den ich rufen wollte, doch das war nicht n#246;tig, weil Michael, unser Dragoman, auf dem Boden sa#223; und sofort aufsprang. Ich winkte ihn herein.

»Michael, mein Freund, nimm diesen Mann hier am

Kragen und wirf ihn hinaus«, trug ich ihm auf und deutete auf Alberto.

Michael z#246;gerte nicht und griff nach Alberto, doch der wich schnell aus. »Nicht notwendig, ich gehen!« schrie er. »Ich abreise aus #196;gypten. Mein Herz gebrochen, mein Leben kapuuut ...«

»Mir egal«, antwortete ich. »Eine Frage noch. Woher wu#223;ten Sie, da#223; wir hier sind, und woher haben Sie das Geld, da#223; Sie uns folgen konnten?«

»Sind zwei Fragen, Dame. Ich gehen nat#252;rlich zu britischem Konsul in Rom, was sonst? Aber ich arbeite auf Schiff, friere, hungere, um meine Herzensliebste . Nein, ich gehen«, beeilte er sich zu versichern, als Michael wieder nach ihm griff. Und Alberto scho#223; zur T#252;r hinaus.

»Ich #252;berzeuge mich, da#223; er gegangen ist«, erbot sich Michael.

»Ich danke dir«, antwortete Evelyn erleichtert. »Wie geht es deinem kleinen M#228;dchen, Michael? Sollen wir noch einmal nachsehen?«

»Nein, meine Dame. Ich komme, Ihnen zu sagen, da#223; es ihr bessergeht. Sie wacht auf und will essen, und jetzt danke ich Ihnen. Wenn Sie etwas von Michael brauchen, er wird alles f#252;r Sie tun. Und ich folge Ihnen bis ans Ende der Welt. Jetzt aber mu#223; ich nach diesem b#246;sen Mann sehen.«

Mit einer Geste dem#252;tiger, w#252;rdevoller Dankbarkeit verabschiedete er sich. Kaum hatte sich die T#252;r hinter ihm geschlossen, als Evelyn in Schluchzen ausbrach. Ich suchte fieberhaft nach Taschent#252;chern und Riechsalz, doch Evelyn erholte sich bald wieder. Sie nahm mir den Sonnenschirm ab, den ich noch immer fest umklammert hielt.

»Du bist viel aufgeregter als ich«, sagte sie. »Ich will dir ein Glas Wein bringen lassen.«

»Nein, nein, ich brauche nichts. Aber vielleicht du .«

»Nein. Merkw#252;rdig, ich f#252;hle mich jetzt sehr erleichtert, etwa so, als h#228;tte ich einen b#246;sen Geist ausgetrieben.«

»Es war also Alberto, den du in der Halle sahst, als du ohnm#228;chtig wurdest, nicht wahr?«

»Ja«, gab sie zu. »Wei#223;t du, als ich da sein unversch#228;mtes Grinsen sah, kam er mir wie ein Teufel vor, der gekommen war, um mich an meine Vergangenheit zu erinnern. Und ich war doch gerade so gl#252;cklich mit . mit .«

»Mit Walter doch, nicht wahr? Liebst du ihn?«

»Ich m#246;chte mich dieses Wortes nicht bedienen, nachdem ... Oh, ich k#246;nnte ihn lieben, wenn ich das Recht h#228;tte, einen guten Mann zu lieben.«

»Oh, h#246;r doch mit dieser r#252;hrseligen Dramatik auf!« rief ich.

»Wir leben fast im zwanzigsten Jahrhundert, da sind deine abgestandenen Moralbegriffe nicht mehr zeitgem#228;#223;!«

»Glaubst du denn wirklich, Walter w#252;rde mir einen Heiratsantrag machen, wenn er von meiner Vergangenheit w#252;#223;te?« fragte sie #228;ngstlich.

Ich zuckte die Achseln. »Er scheint ein netter Mann zu sein, aber ein Mann ist er trotzdem. Aber warum sollte er #252;berhaupt davon erfahren?«

Darauf gab sie mir keine Antwort. Ich wu#223;te auch so, da#223; sie ihm in ihrer Offenheit, die Teil ihres Wesens war, alles beichten w#252;rde. »Amelia«, schlug sie traurig vor, »wir wollen lieber das Thema wechseln. Ich wollte nur sagen, wie erleichtert ich war, da#223; Alberto ein ganz gew#246;hnlicher Mensch aus Fleisch und Blut ist. Wir sind mit ihm fertig. Aber da#223; er uns hierher folgte .«

»Ja ... Ich #252;berlegte mir schon, ob sich dein Gro#223;vater nicht vielleicht doch erholt haben k#246;nnte. Oder ob er, im Gegenteil .«

»Amelia, wie zynisch du bist - und wie klug! Ich hoffe ...«

»Nicht zuviel hoffen, Evelyn«, warnte ich. »Morgen werde ich versuchen, etwas zu erfahren. Dann m#252;#223;te ich Reis Hassan auch ein wenig dr#228;ngen. Je eher wir von Kairo abreisen, desto besser ist es f#252;r uns beide.«

»Ja«, meinte Evelyn und l#228;chelte sehns#252;chtig. »Hier sind Menschen, die ich nicht gerne sehen mag. Aber Walter wird auch nicht mehr lange hiersein. Er reist mit seinem Bruder in zwei Tagen ab. Den Namen des Ortes habe ich vergessen. Ich wei#223; nur, da#223; dieser Platz einige hundert Meilen weiter s#252;dlich liegt. Es sind die Ruinen der Stadt des ketzerischen Pharao.«

»Also Amarna«, antwortete ich. »Nun, liebes Kind, wir wollen zu Bett gehen. Es war ein sehr erm#252;dender Tag.«

Doch der Tag war noch immer nicht vor#252;ber. Evelyn schlief fast sofort ein, denn sie war sehr ersch#246;pft. Ich w#228;lzte mich ruhelos unter meinem Moskitonetz. Evelyns Bett stand auf der anderen Seite des Raumes in der unmittelbaren N#228;he eines Fensters, vor dem sich ein kleiner Balkon befand. Ich hatte die L#228;den nicht geschlossen, da die Nachtluft so herrlich k#252;hl und klar war. Ein breiter Streifen Mondlicht fiel durch das Fenster, doch die Ecken des gro#223;en Raumes lagen in tiefen Schatten. Ein Streifen Silberlicht fiel auch auf mein Bett.

Seltsam, ich dachte #252;ber die Gebr#252;der Emerson nach. Walter und Evelyn . W#228;re sie das, was zu sein sie vorgab - eine verarmte Adelige, die sich ihren Lebensunterhalt als meine Gesellschafterin verdiente -, so w#228;re eine Heirat zwischen den beiden recht passend gewesen. Ich nahm jedoch an, da#223; der #228;ltere Bruder den j#252;ngeren scharf unter Kontrolle hielt, da#223; aber auch nicht so viel Geld da war, da#223; der J#252;ngere sich eine Frau leisten konn-te. Und wenn Emerson die Wahl hatte, dann entschied er sich immer f#252;r seine Ausgrabungen, und sein Bruder hatte das Nachsehen. Arme Evelyn, sie mu#223;te Walter wohl die Wahrheit sagen. Die w#252;rde keinem Mann gefallen. Vielleicht schluckte er sie und heiratete Evelyn, um ihr dann sein Leben lang seinen Edelmut vorzuhalten, da#223; er ihr verziehen habe. Und das w#228;re unertr#228;glich.

Ich w#228;lzte mich ruhelos in meinem Bett herum. Vor dem Fenster qu#228;kte etwas. Ein breiter Streifen Mondlicht fiel nun direkt auf mein Bett. Ich drehte mich der Wand zu, um von ihm nicht wachgehalten zu werden, doch es n#252;tzte nichts. Da begann ich #252;ber Albertos Motiv, Evelyn zu folgen, scharf nachzudenken. Liebe traute ich diesem Burschen nicht zu. Er schien andere Aussichten gehabt zu haben, als er sie verlie#223;. Vielleicht hatte ihn ein ganz anderer Plan nach #196;gypten gef#252;hrt, doch als er sah, da#223; Evelyn anscheinend unter dem Schutz einer reichen Dame stand - daf#252;r hielt er mich ja -, hoffte er, etwas aus ihr herausholen zu k#246;nnen. Oder aus mir.

Aus meinen Gedanken scheuchte mich ein Ger#228;usch auf, das dem #228;hnlich war, welches ich vorher geh#246;rt hatte; es war nur jetzt viel n#228;her und wurde wohl von einem lockeren Dielenbrett verursacht, das sich zwischen meinem Bett und dem Fenster befand. Ich kannte es gut; man trat ja #246;fter am Tag darauf. Ich drehte mich also auf den R#252;cken, um nachzusehen, ob Evelyn vielleicht aufgewacht und ans Fenster getreten sein k#246;nnte.

Und da stand neben meinem Bett, so nahe, da#223; der K#246;rper das Moskitonetz ber#252;hrte, eine unglaubliche Gestalt. Sie schien in dicken wei#223;en Nebel eingewickelt zu sein, so da#223; ich zwar kein Gesicht, wohl aber die Umrisse eines K#246;rpers erkennen konnte. Sie h#228;tte direkt aus dem Museum in Boulaq stammen k#246;nnen, wo Maspero seine kostbaren #228;gyptischen Herren und Damen aufbewahrte.

Aber selbst im blassen Mondlicht wirkte die Gestalt lebendig; der bronzebraune K#246;rper war nackt bis zur Taille, der breite Kragen bestand aus orangefarbenen und blauen Perlen, und die kunstvoll gefaltete Kopfbedeckung aus Leinen war rot und wei#223; gestreift.

Ich war starr - nein, nicht vor Angst, das gewi#223; nicht! - vor Verbl#252;ffung. Lange stand die Erscheinung bewegungslos da, bis sie schlie#223;lich in einer drohenden Geste den Arm hob.

Da setzte ich mich auf, griff nach dem Ding und schrie. An Erscheinungen glaube ich n#228;mlich nicht, deshalb wollte ich das Ding packen. Leider verga#223; ich dar#252;ber das Moskitonetz, und der verehrte Leser m#246;ge verzeihen, da#223; eine Dame an den Ausdruck gt;verdammtlt; dachte, weil mir kein st#228;rkerer einfiel.

Nat#252;rlich hatte dieses elende Netz die nebelhafte Verschleierung bewirkt, und als ich mich endlich aus der Wirrnis von Netz, Nachthemd und Bettlaken befreien konnte, war ich atemlos und die Erscheinung verschwunden. Inzwischen war auch Evelyn aufgewacht, die mit ihrem eigenen Netz k#228;mpfte.

Wir trafen uns am Fenster. Evelyn sch#252;ttelte mich an der Schulter. Ich mu#223; wohl mit meinen aufgel#246;sten Haaren wie eine Furie ausgesehen haben, und weil ich mich so weit zum Fenster hinausbeugte, f#252;rchtete Evelyn, ich wolle Selbstmord begehen.

Nachdem ich auf dem Balkon oder im Garten darunter keine Spur unseres ungebetenen Besuchers hatte entdecken k#246;nnen, erz#228;hlte ich Evelyn den Vorfall. Sie z#252;ndete eine Kerze an, und ich las deutlich von ihrem Gesicht ab, was sie sagen wollte. Ich kam ihr zuvor.

»Es war kein Geist«, erkl#228;rte ich ihr bestimmt. »Ich war wach und kenne den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit. Du siehst doch das zerrissene Netz .«

». das von deinem Kampf mit Bettlaken und Nachthemd stammt. Gegenst#228;nde aus Traum und Wirklichkeit gehen da oft ineinander #252;ber.«

Ich tat einen lauten Schrei, und Evelyn sah best#252;rzt drein; mein Schrei r#252;hrte von einem Gegenstand her, auf den ich mit meinen nackten F#252;#223;en getreten war. Ich hob ihn auf und zeigte ihn Evelyn.

Es war ein kleines Schmuckst#252;ck von etwa Fingerl#228;nge, das aus blaugr#252;ner Fayence bestand und den Falkengott Horus darstellte. Dieses Ornament ist h#228;ufig als Halsschmuck der alten #228;gyptischen Toten zu finden.

Jetzt lag mir noch mehr daran, Kairo so schnell wie irgend m#246;glich zu verlassen. Selbstverst#228;ndlich glaubte ich nicht an Gespenster. Ein b#246;sartiges menschliches Wesen hatte sich im mondhellen Zimmer gezeigt, und dar#252;ber machte ich mir viel mehr Sorgen als #252;ber irgendeinen Spuk. Ich dachte sofort an Alberto, aber der war ein kleiner, gemeiner und labiler #220;belt#228;ter, kein M#246;rdertyp. Und m#246;rderische Absichten hatte diese Gestalt sicher gehabt.

Schlie#223;lich kam ich nach langem #220;berlegen zu dem Schlu#223;, es m#252;sse doch ein Dieb gewesen sein, der gehofft hatte, in dieser Verkleidung zwei Frauen so verbl#252;ffen zu k#246;nnen, da#223; er mit seiner Beute unerkannt entkam. Das war eine raffinierte Idee, wenn sie auch nur teilweise Erfolg gehabt hatte.

Die Polizei wollte ich nicht rufen, denn von den #196;gyptern l#228;#223;t sich da nicht viel erwarten. Au#223;erdem hatte ich das Gesicht nicht genau genug gesehen. Sicher w#252;rde der Eindringling auch nicht zur#252;ckkommen, sondern sich eher eine leichtere Beute suchen. Das erkl#228;rte ich Evelyn in der Hoffnung, sie damit beruhigen zu k#246;nnen. Sie schien trotzdem mindestens noch halb zu glauben, ich h#228;tte nur getr#228;umt.

Leider gelang es mir nicht, Albertos Bleibe ausfindig zu machen, um ihn #252;berwachen lassen zu k#246;nnen. In Kairo gibt es so unz#228;hlige winzige Gasth#228;user, da#223; man sie nicht alle in kurzer Zeit #252;berpr#252;fen kann. In einem der europ#228;ischen Hotels wohnte er jedenfalls nicht. Ich konnte aber erfahren, da#223; ein Mann von seinem Aussehen am Morgen eine Fahrkarte f#252;r den Zug nach Alexandria gel#246;st hatte, und so strich ich Alberto aus meinen Gedanken.

Walter war dagegen nicht so leicht abzusch#252;tteln. So fr#252;h es sich h#246;flicherweise machen lie#223;, erkundigte er sich nach Evelyns Befinden, doch sie wollte ihn nicht sehen. Ich verstand es und erkl#228;rte ihm so gut wie m#246;glich ihre Gef#252;hle, die Walter selbstverst#228;ndlich falsch auslegte. Das veranla#223;te ihn zu der Frage, ob er etwas getan oder gesagt habe, das Evelyns Ohnmacht zur Folge hatte. Ich versicherte ihm, das sei nicht der Fall; #252;berzeugen konnte ich den armen Jungen damit aber nicht. Er war sehr betr#252;bt, bat mich jedoch, Evelyn seine Gr#252;#223;e und besten W#252;nsche zu #252;bermitteln und ihr zu sagen, er werde morgen mit seinem Bruder zum Grabungsplatz aufbrechen.

Walter tat mir so unendlich leid, da#223; ich um ein Haar mit der Wahrheit herausgeplatzt w#228;re, doch ich hatte ja kein Recht, Evelyns Vertrauen zu mi#223;brauchen. Ich ging also nach oben, um das arme gebrochene Herz der anderen H#228;lfte des Liebespaares zu tr#246;sten, wenn ich auch der Meinung war, da#223; ein bi#223;chen Vernunft von beiden Seiten das Problem leicht h#228;tte l#246;sen k#246;nnen.

Mit Michaels Hilfe trieb ich die Bootsmannschaft an. Michael war von einer sagenhaften Hingebung und las uns jeden Wunsch von den Augen ab, wenn ich ihn insgeheim auch verd#228;chtigte, mich f#252;r eine wichtigtuerische, unlogische Frauensperson zu halten. Ein Hotelgast bei Shepheard's hatte mir verraten, koptische Christen d#252;rfe man nicht zum Dragoman w#228;hlen, weil die Moslems un-ter den Bootsmannschaften und die Kapit#228;ne sie boykottierten. Aber Reis Hassan und Michael schienen gut miteinander zurechtzukommen, und die Vorbereitungen liefen gut weiter. Das Klavier stand bald im Salon, neue Vorh#228;nge hingen an den Fenstern und sahen sehr sch#246;n aus, die Besatzung kehrte allm#228;hlich aufs Schiff zur#252;ck, und Travers schickte ich nach England zur#252;ck.

Wir hatten sehr viel zu tun mit all den Eink#228;ufen, wir besuchten auch ein paarmal Michaels kleines M#228;dchen, probierten unser Arabisch aus, lie#223;en das Klavier stimmen, machten einen letzten Besuch in Gizeh und gingen noch ein paarmal ins Museum. Bei den britischen Beh#246;rden fand ich einen alten Freund meines Vaters, der im Finanzministerium t#228;tig war. Er war mir fast b#246;se, weil ich ihn nicht schon fr#252;her aufgesucht hatte, denn er h#228;tte die Gelegenheit, mich auszuf#252;hren, nur allzu gern wahrgenommen. Schlie#223;lich f#252;hlte ich mich unter seinem pr#252;fenden Blick unbehaglich.

Endlich platzte er heraus: »Mi#223; Amelia, ahnen Sie denn #252;berhaupt, wie sehr Sie sich ver#228;ndert haben? Die #228;gyptische Luft tut Ihnen offensichtlich gut. Sie scheinen heute sehr viel j#252;nger zu sein als bei meinem letzten Besuch in Sussex.«

Ich trug ein Kleid, das Evelyn f#252;r mich ausgew#228;hlt hatte; es war senfgelber Foulard mit gr#252;nen Paspeln und drapierten R#246;cken. »Feine Federn, mein Freund, stehen auch alten Hennen gut«, antwortete ich. »Aber Sie k#246;nnen mir vielleicht helfen ...«

Nat#252;rlich war ich zu ihm gekommen, um etwas #252;ber Evelyns Gro#223;vater herauszufinden, doch er war so sehr Gentleman, da#223; er nicht nach dem Grund meines Interesses fragte. Er unterrichtete mich davon, da#223; er vor etwa zwei Wochen vom Tod des alten Herrn erfahren habe, #252;ber die Tatsache hinaus wu#223;te er jedoch nichts. Und ich konnte keine weiteren Fragen stellen, wollte ich nicht verraten, wer Evelyn war. Also blieb meine Neugier unbefriedigt.

Als ich gerade das B#252;ro verlassen wollte, kam Major Baring, jetzt Sir Evelyn, der Generalkonsul und britische Regierungsvertreter, herein. Er erinnerte mich an meine Br#252;der, die ebenso wie er eine dicke Staublage britischer Respektabilit#228;t mit sich herumtrugen. Sein getrimmter Schnurrbart, der goldgefa#223;te Kneifer, die makellose Kleidung, die rundliche Statur - alles sprach von F#228;higkeit, Zuverl#228;ssigkeit und langweiligem Tr#252;bsinn. Er hatte sich um die finanzielle Gesundung des Landes jedoch sehr gro#223;e Verdienste erworben und war als der ma#223;gebende Mann #196;gyptens bekannt. Er war #228;u#223;erst liebensw#252;rdig und sagte mir jede nur denkbare Hilfe zu. Meinen Vater hatte er nicht pers#246;nlich, nur dem Ruf nach gekannt, so da#223; ich mir allm#228;hlich meinen Vater wie eine Spinne vorstellte, die in einem weltweiten Netz sitzt und an den F#228;den zieht.

Wir planten unsere Abreise f#252;r Freitag, und am Donnerstag abend kam unser Besucher an. Die Unterhaltung mit ihm kl#228;rte einige Punkte, schuf aber viele neue Probleme, die gar nicht leicht zu l#246;sen waren.

Ich hatte darauf bestanden, in die Halle hinabzugehen. Evelyn war den ganzen Tag #252;ber sehr nachdenklich und d#252;sterer Stimmung gewesen, teils wegen ihres Gro#223;vaters, teils Walters wegen, der sich immer weiter von ihr entfernte. Die Emersons hatten eine Kabine auf einem Flu#223;dampfer genommen, in der sie all ihre Vorr#228;te unterbringen konnten. Sie selbst schliefen auf Deck bei der Mannschaft. Unwillk#252;rlich stellte ich mir meine zarte Evelyn in einer solchen Umgebung vor und konnte nicht sehr bedauern, da#223; Walter entschwunden war.

Wir waren beide m#252;de von der reichlichen Tagesar-beit, und ich glaube, ich habe ein wenig geschlummert, als mich Evelyns Ausruf weckte. Ich f#252;rchtete schon, es k#246;nne wieder Alberto sein, und sprang auf, doch ihre Miene sprach eher von ungl#228;ubigem Staunen denn von Angst. Ein junger Gentleman kam rasch auf uns zu und streckte ihr lachend die H#228;nde entgegen.

Ich dachte schon, jetzt wird sie ihm gleich um den Hals fallen, doch das tat sie nicht, sondern sch#252;ttelte nur begeistert seine braune Hand.

»Evelyn, liebes M#228;dchen! Wie erleichtert bin ich ... Aber wie konntest du mir einen solchen Schrecken einjagen!«

»Was, in aller Welt, tust du hier?« rief Evelyn.

»Ich bin nat#252;rlich dir gefolgt, was denn sonst? Ich f#252;rchtete doch um deine Sicherheit. Aber wir vergessen unsere ganze H#246;flichkeit .« Er wandte sich lachend an mich. »Das mu#223; Mi#223; Peabody sein, die edle, gro#223;herzige Mi#223; Peabody, der ich die Rettung meiner lieben Kusine verdanke. Oh, ich wei#223; alles! Ich war in Rom beim britischen Konsul, und #252;ber ihn habe ich dich ja gefunden. Nein, liebe Kusine, von diesem sauberen Gentleman, der dich nach Rom brachte, wollen wir nicht sprechen, doch ich wei#223;, was wir Mi#223; Peabody zu verdanken haben. Meine liebe Mi#223; Peabody, entschuldigen Sie, wenn mich meine Begeisterung mitrei#223;t.« Er griff nach meiner Hand und schwang sie so heftig, da#223; ich dachte, er wolle sie mir ausrei#223;en.

»Wirklich, Sir, ich bin ganz #252;berw#228;ltigt ...«, begann ich.

»Ich wei#223;, ich bin's auch.« Der junge Mann lie#223; meine Hand los und lachte so perlend, wie man es bei einem Mann selten h#246;rt. »Aber bitte, meine Damen, setzen Sie sich doch, damit ich mich auch setzen kann. Dann k#246;nnen wir uns besser unterhalten.«

»Vielleicht denken Sie dann auch daran, sich vorzustel-len«, erinnerte ich ihn und massierte meine geschundenen Finger.

»Oh, Verzeihung, Amelia«, bat Evelyn. »Darf ich dich mit meinem Vetter, Mr. Lucas Hayes, bekannt machen?«

»Das erlaube ich dir, wenn er lange genug schweigt«, antwortete ich ein wenig s#228;uerlich, doch der junge Mann lachte breit.

»Aber ist er denn noch Mr. Hayes? Oder m#252;#223;te man ihn gt;Eure Lordschaftlt; nennen?«

»Sie, Mi#223; Peabody, werden mich doch hoffentlich Lucas nennen«, schlug er liebensw#252;rdig vor. »F#252;r Evelyn k#246;nnte es allzu schmerzlich sein, an ihren Verlust erinnert zu werden. Ich sehe ja, da#223; die Nachricht Sie schon erreicht hat.«

»Wir erfuhren erst vor ein paar Tagen davon«, erkl#228;rte Evelyn traurig. »Bitte, Lucas, erz#228;hl mir davon. Ich will alles wissen, selbst wenn es schmerzlich f#252;r mich ist. Ich hoffe, da#223; er mir verziehen hat, da#223; er wenigstens Zeit f#252;r ein freundliches Wort, f#252;r eine Botschaft hatte.« In ihren blauen Augen gl#228;nzten Tr#228;nen. Sie sah sehr sch#246;n aus, und das Gesicht des jungen Mannes dr#252;ckte h#246;chste Bewunderung aus.

»Evelyn, ich bin #252;berzeugt, da#223; auch er G#252;te kannte. Aber la#223; mich meine Gedanken erst sammeln, ich will dir alles erz#228;hlen.«

Also sammelte er seine Gedanken, und ich hatte Mu#223;e, ihn zu studieren. Er war gro#223; und breitschultrig, und seine elegante Kleidung hatte einen Anstrich von Dandyhaf-tigkeit. Seine Lackschuhe schimmerten wie poliertes Glas, und die Weste war mit Rosenknospen bestickt. Auf seiner schneewei#223;en Hemdbrust glitzerte ein riesiger Diamant, und die Hosen sa#223;en so eng, da#223; ich bei jeder seiner Bewegungen f#252;rchtete, etwas k#246;nne platzen. Seine ganze Art war sehr englisch, doch seine dunkle Haut und die gro-#223;en, dunklen Augen verrieten die Nationalit#228;t seines Vaters. Seine H#228;nde waren gro#223;, dunkel und gut geformt, und vor allem so gut gepflegt wie die H#228;nde einer Dame. Die Hand dr#252;ckt den Charakter des Besitzers besser aus als sonst etwas. Emersons H#228;nde waren schwielig und von harter Arbeit mit Narben bedeckt und verformt.

Dem verehrten Leser mag es vielleicht unlogisch erscheinen, da#223; ich etwas gegen meinen neuen Bekannten hatte. Seine Manieren waren zwar #252;berw#228;ltigend, doch sonst war an ihnen nichts auszusetzen. Der Sprache nach war er ein Mann von Herz, Verstand und Ehre, doch ich mochte ihn einfach nicht.

»Du wei#223;t wohl«, begann Lucas, »da#223; dein ehrw#252;rdiger Gro#223;vater nach deiner . #252;berst#252;rzten Abreise einen f#252;rchterlichen Wutanfall hatte und infolgedessen einen Schlaganfall erlitt. Der alte Herr war erstaunlich stabil und erholte sich wieder. Ich glaube, dieses hitzige Temperament verleiht ungeheure Kr#228;fte. Du darfst mich nicht so vorwurfsvoll anschauen, Evelyn. Ich kann nicht vergessen, wie schlecht er dich behandelt hatte, also darf ich mir ab und zu ein Wort der Kritik wohl erlauben.

Als ich h#246;rte, was geschehen war, reiste ich sofort zu ihm. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Menschenmenge ich bei meiner Ankunft in Ellesmere Castle vorfand - Tanten und Onkel, Vettern und Basen jeden Grades waren wie die Aasgeier eingefallen, und der arme Leidende war belagert wie ein Fort. Vetter Wilfred versuchte die Pflegerin zu bestechen, Tante Marian sa#223; in einem Stuhl bei der T#252;r und mu#223;te jedesmal weggeschoben werden, wenn jemand das Krankenzimmer betreten oder verlassen wollte, Peter Forbes kletterte am Spalier in die H#246;he und mu#223;te von einem Diener und deinem dem#252;tigen Vetter - von mir - heruntergeholt werden.

Meine liebe Mi#223; Peabody, ich lese in Ihrem Gesicht wie in einem offenen Buch. Sie denken: Da schimpft ein Kessel den anderen schwarz, und Sie halten mich ebenso wie die anderen f#252;r einen Aasgeier. Nat#252;rlich haben Sie recht. Ich leugne es nicht, da#223; ich bestrebt bin, meine Position auf dieser Welt zu verbessern, wo immer es m#246;glich ist. Ich bin kein Heuchler und gebe nicht vor, den alten Herrn geliebt zu haben, wenn er auch ein paar gute Eigenschaften hatte. Evelyn ist eine kleine Heilige, sie verzeiht und vergi#223;t alles. Und nur eine Heilige h#228;tte Gro#223;vater lieben k#246;nnen. Mir tat er leid. Oh, er tat mir ehrlich leid. Da lag er nun leidend und sterbend und hatte keinen Menschen um sich, der ihn liebte.

Meine Position war weit besser als die meiner Mitaasgeier, denn ich war der Erbe, und die #196;rzte und Anw#228;lte, die bei ihm waren, wu#223;ten es. Da er sich nicht bewegen und auch nicht sprechen konnte, ben#252;tzte ich meine Autorit#228;t, die ganze Familie hinauszuwerfen. Ihre Fl#252;che machten keinen Eindruck auf mich. Ich denke aber, da#223; die nun eingetretene Ruhe seine Erholung erm#246;glichte. Sehr zum Staunen der #196;rzte stampfte er nach wenigen Wochen in seinem Zimmer herum, beschimpfte seine Pflegerin und warf seinem Diener das E#223;geschirr nach. Die #196;rzte warnten ihn vor starken Gem#252;tsbewegungen. Sie sagten, ein zweiter Schlaganfall werde mit Sicherheit t#246;dlich sein.

Nach deiner Abreise, Evelyn, lie#223; er sofort seinen Anwalt kommen und machte ein neues Testament. Da hinterlie#223; er dir f#252;nf Pfund, damit du dir einen Trauerring kaufen konntest. Mich hatte er zum Erben eingesetzt - nicht aus Zuneigung, ganz gewi#223; nicht, sondern weil er die #252;brige Verwandtschaft noch viel mehr ha#223;te und verachtete als mich. Als er sich wieder erholt hatte, hielt ich ihm einmal vor, wie schlecht er dich behandelt habe. Ich hatte gewi#223; nichts gegen ein Erbe einzuwenden, aber es war ja genug da f#252;r zwei, und ich konnte meinen Reichtum nicht genie#223;en, wenn ich wu#223;te, da#223; es dir schlecht ging.

Der alte Herr wurde w#252;tend, und so konnte ich nicht mehr von dir sprechen, wenn ich nicht einen neuen Schlaganfall heraufbeschw#246;ren wollte. Dann deutete er an, ich solle abreisen, aber er war noch ziemlich schwach, und die #196;rzte meinten, jemand m#252;sse ihm ja die Besucher vom Leib halten. Das tat ich auch.

Ich glaubte schon, sein Zorn auf dich habe sich gelegt, als eines Nachmittags ... Nun ja, ich war nicht im Haus, weil ich auch einmal ein bi#223;chen Vergn#252;gen brauchte, denn ich hatte sehr tr#252;bsinnige Wochen hinter mir. In meiner Abwesenheit verlie#223; Gro#223;vater das Bett und trieb die Diener an, deine Sachen zu packen, nicht nur deine Kleider und die paar Schmucksachen, die er dir geschenkt hatte. Nichts blieb zur#252;ck. Er st#252;rmte durch deine Zimmer und warf alles, was er fand, in die Kisten. Als ich nach Hause kam, war alles verpackt, verschlossen und von einem #246;rtlichen Fuhrmann auf den Weg gebracht. Nichts mehr im ganzen Schlo#223; erinnerte an dich. Und da brach er dann zusammen. Das ganze Haus war in Aufruhr, #196;rzte kamen an, das Hauspersonal war hysterisch, dazu schneite es, was vom Himmel herabkommen mochte; es war eine Szene wie in einem tr#252;bsinnigen Roman. Es war schrecklich!

Da hat sich Gro#223;vater dann nicht mehr erholt. Er versuchte noch ein paarmal zu sprechen, und ich hatte den Eindruck, er wolle dir verzeihen und w#252;nschte deine R#252;ckkehr. Ich hoffe, da#223; du das glaubst.«

Evelyn hatte den Kopf gesenkt. Dicke Tr#228;nen fielen auf ihre im Scho#223; gefalteten H#228;nde.

»Eine sehr r#252;hrende Geschichte«, bemerkte ich trocken. »Evelyn, du verdirbst dein Kleid. Auf Satin sieht man jeden Wassertropfen.«

Evelyn holte tief Atem und tupfte sich die Augen ab. Lucas hatte die Frechheit, mir zuzuzwinkern. Das #252;bersah ich. »Nun, Evelyn, ein Problem ist damit gel#246;st«, sagte ich. »Die Motive unseres Besuchers werden verst#228;ndlich. Dieses Individuum hatte von der Erholung, nicht aber von dem fatalen Zusammenbruch geh#246;rt. Die Hoffnung stirbt ja nie aus.«

»Du brauchst nicht so taktvoll zu sein«, erwiderte Evelyn. »Lucas wei#223; genau, wen du meinst. Ich will ihn nicht kr#228;nken, indem ich #252;ber .«

»Du kr#228;nkst mich, wenn du je wieder auf die Vergangenheit zur#252;ckkommst. Sie ist abgeschlossen - au#223;er ich habe das Gl#252;ck, einem gewissen Individuum eines Tages an einem abgelegenen Ort zu begegnen ... Aber la#223; mich meine Erz#228;hlung zu Ende bringen. Du hast die traurigen Kapitel geh#246;rt, nun folgen die angenehmeren Dinge.

Nachdem die Trauerfeierlichkeiten f#252;r unseren Vorfahren abgeschlossen waren, machte ich mich auf die Suche nach dir. Und da bin ich nun und warte auf deine Einwilligung, unser Verm#246;gen zu teilen. Ich kann es nicht mein Verm#246;gen nennen, doch ich m#246;chte, da#223; du Titel, Leben und Namen mit mir teilst.«

Er lehnte sich zur#252;ck und strahlte uns beide an wie ein jugendlicher Weihnachtsmann. Das war ein gro#223;z#252;giges Angebot, und es fiel mir nicht leicht, mein Urteil #252;ber den jungen Mann nicht umzusto#223;en. Trotzdem ging mir die Bedeutung des letzten Satzes erst nach einer Weile auf. »Sir«, rief ich, »soll das etwa ein Heiratsantrag sein?«

»Ich denke, anders lassen sich meine Worte nicht auslegen«, erwiderte er breit lachend.

Evelyn starrte uns entgeistert an, versuchte ein paarmal zu sprechen, r#228;usperte sich einige Male und stotterte schlie#223;lich:

»Lucas, d-das kann ich n-nicht glauben. Du kannst d-doch nicht m-meinen .«

»Warum nicht?« Er nahm ihre H#228;nde in die seinen. »Evelyn, wir sind doch f#252;reinander bestimmt. Vernunft und - wie ich hoffe - Zuneigung sollten uns zusammenf#252;hren. Ich wei#223;, da#223; du mich nicht liebst, da#223; dein Herz zaghaft und verwundet ist. Aber la#223; mich dir eine Zuflucht in meinem Herzen bieten! La#223; mich dich lehren, mich so zu lieben, wie ich dich verehre!«

Seine dunklen Augen waren so voll Z#228;rtlichkeit, da#223; ich nicht begriff, wie ein M#228;dchen ihm je widerstehen konnte. Aber Evelyn war doch st#228;rker, als ich gedacht hatte.

»Lucas«, erwiderte sie leise, »dein Angebot bewegt mich zutiefst, und mein Leben lang will ich dich f#252;r deinen Edelmut verehren. Aber heiraten kann ich dich nicht. Deinetwegen nicht, Lucas, denn dich trifft die Kritik der Leute noch h#228;rter als mich. Ich will niemals heiraten. Ich trage ein Bild in mir .«

»Aber doch nicht dieser elende ...!« rief Lucas emp#246;rt.

»Nein, ganz gewi#223; nicht.«

»Das erleichtert mich. Liebste Evelyn, ich bin aber nicht entmutigt, denn eine so schnell aufgeflammte Zuneigung kann nicht von Dauer sein. Ich werde sie schon #252;berwinden. Da du keine Eltern hast, wende ich mich an Mi#223; Peabody und bitte um die Erlaubnis, so, wie es sich geh#246;rt, um dich werben zu d#252;rfen.« Er legte dazu eine Hand aufs Herz und lachte mich an. Ich lachte ein wenig s#228;uerlich zur#252;ck.

»Mein lieber Herr, ich kann Sie nicht daran hindern, die Gesellschaft Ihrer Kusine zu genie#223;en, doch Sie werden sich beeilen m#252;ssen. Wir reisen n#228;mlich morgen fr#252;h ab, den Nil entlang. Sie haben also nur ein paar Stunden Zeit, Ihren Anzug aufb#252;geln zu lassen.«

»Morgen schon? Oh! Nat#252;rlich denke ich nicht allzu bescheiden #252;ber meine #220;berredungsk#252;nste, jedoch ...«

»Es tut mir leid, Lucas, ich werde meine Ansicht nicht #228;ndern«, fiel ihm Evelyn ins Wort. »Und ich bedaure, da#223; ich deine Gesellschaft nicht mehr lange genie#223;en kann.«

»Nein, Evelyn, dar#252;ber m#252;ssen wir noch reden. Ich bin ebenso stur wie du. Meine Hoffnungen gebe ich nicht auf. Liebes M#228;dchen, die H#228;lfte des Verm#246;gens geh#246;rt dir, wenn auch gesetzlich nichts dar#252;ber festgelegt ist, und ich werde nie eine Heirat dazu ben#252;tzen, etwas zu erzwingen . Deine Verm#246;gensh#228;lfte wird dir sofort nach unserer R#252;ckkehr #252;berschrieben. Du geh#246;rst nach Hause; du kannst wohnen, wo du willst; wenn Dower House in El-lesmere dir nicht gef#228;llt, suchen wir ein anderes .«

Evelyn sch#252;ttelte den Kopf. »Mein Gro#223;vater konnte #252;ber sein Verm#246;gen bestimmen, wie er wollte. Ich kann nichts annehmen, was mir nicht geh#246;rt, Lucas, und gibst du es mir, dann gebe ich es zur#252;ck. Au#223;erdem habe ich versprochen, den Winter mit Amelia zu verbringen. Eine Reisegef#228;hrtin hat sie schon im Stich gelassen, ich will nicht die zweite sein. Sie verl#228;#223;t sich auf mich.«

»Dann im Fr#252;hling?«

»Ich verspreche gar nichts.«

»Ich verstehe, es w#228;re undankbar Mi#223; Peabody gegen#252;ber, sie jetzt zu verlassen. Der Winter in #196;gypten ist an sich eine gute Idee. Du wirst dich an K#246;rper und Geist erholen. Ich kann mir inzwischen f#252;r meine Freunde zu Hause eine gute L#252;ge ausdenken, wo ich war, denn die ist n#246;tig. Deine Absage, meine liebe Kusine, nehme ich nicht als endg#252;ltig hin. Erst wenn ich dich bis zum Fr#252;hjahr nicht von meinen ehrlichen Absichten #252;berzeugen konnte, gebe ich die Hoffnung auf; vorher nicht. Nun, Mi#223; Pea-body, was sagen Sie dazu?«

»Wollen Sie wirklich meine Meinung h#246;ren? Nun, mein lieber Lord Ellesmere, Sie haben gewi#223; einiges Recht auf Ihrer Seite. Und du, Evelyn, kannst die Hilfsbereitschaft deines Vetters nicht zur#252;ckweisen. Wenn du das Geld nicht nehmen willst, das er dir zu geben bereit ist, kannst du aber durchaus ein ordentliches Jahreseinkommen akzeptieren. Wenn du nach Hause gehen willst ...«

»Amelia! Wie kannst du so etwas sagen!«

Ich putzte mir die Nase, um meine Freude nicht erkennen zu lassen. »Dann treten wir also unsere Reise an. Sind wir zur#252;ck, kannst du #252;ber das Angebot deines Vetters entscheiden. Ist das fair oder nicht?«

Lucas sch#252;ttelte begeistert meine Hand, doch Evelyn war nicht sonderlich erfreut, wenn sie auch keinen Einwand erhob.

»Aber Sie m#252;ssen aus einer gewissen Entfernung werben, Mr. Lucas«, fuhr ich fort. »Es ginge nicht an, da#223; ich Ihnen eine Kabine auf unserer Dahabije anbiete.«

»Ich dachte nicht, da#223; Ihnen so sehr an Schicklichkeit liegt«, antwortete Lucas. »Aber selbstverst#228;ndlich miete ich mir selbst eine Dahabije und folge Ihnen so schnell wie m#246;glich. Sie entkommen mir nicht, meine Damen. Ich werde immer dort vor Anker gehen, wo Sie sind.«

»Das h#246;rt sich ja ungeheuer romantisch an«, bemerkte ich trocken. »Hoffentlich sind Sie nicht entt#228;uscht, wenn hier in #196;gypten nicht alles so glatt l#228;uft, wie Sie es w#252;nschen. Heute k#246;nnen Sie sowieso nichts mehr tun.«

»Untersch#228;tzen Sie mich nicht, meine Dame! Morgen, wenn ich Sie zu Ihrem Boot begleite, miete ich mein eigenes, und noch heute besorge ich mir einen Dragoman. Vielleicht k#246;nnen Sie mir einen guten empfehlen?«

»Nein«, erwiderte ich. » Und Michael ist schon nach Hause gegangen.«

»Er ist sicher irgendwo in der N#228;he«, meinte Evelyn, »denn er verehrt dich #252;ber alle Ma#223;en.«

»Woher willst du das wissen, Evelyn? An dir h#228;ngt er so sehr.«

Jedenfalls stimmte das, und Michael war noch im Hotel. Wir verabschiedeten uns von den beiden M#228;nnern. Nat#252;rlich war Evelyn in ihrer Gutherzigkeit wieder einmal viel zu hilfsbereit gewesen, und das fand ich gar nicht gut.