"Im Schatten des Todes" - читать интересную книгу автора (Питерс Элизабет)

2. Kapitel

Ich will meinen verehrten Lesern die Beschreibung der Seereise und des Schmutzes von Alexandria ersparen. Jeder europ#228;ische Reisende, der seinen Namen schreiben kann, f#252;hlt sich zur Abfassung seiner Memoiren verpflichtet, und das ist mehr als genug. Wir kamen jedenfalls ohne Zwischenfall in Kairo an und nahmen Aufenthalt in Shepheard's Hotel.

Jeder, der auf sich h#228;lt, wohnt bei Shepheard's. Fr#252;her oder sp#228;ter trifft man dort mit Sicherheit Bekannte, und das orientalische Leben kann man bei einer Limonade von der Terrasse aus genie#223;en. Steife Engl#228;nder reiten auf Eselchen vor#252;ber, die so klein sind, da#223; die M#228;nner ihre F#252;#223;e im Stra#223;enstaub schleifen lassen; ihnen folgen Janit-scharen in pr#228;chtigen, goldgestickten Uniformen, und sie sind bis an die Z#228;hne bewaffnet; denen folgen wiederum Eingeborenenfrauen in wallenden schwarzen und stolze Araber in wehenden blauen und wei#223;en Gew#228;ndern, Derwische mit fantasievollem Kopfputz, S#252;#223;igkeitenverk#228;ufer und Wasserh#228;ndler, also eine endlose, faszinierende Prozession.

Die K#228;mpfe im Sudan hatten viele englische Reisende vergr#228;mt, denn der verr#252;ckte Mahdi belagerte noch immer den ritterlichen Gordon in Khartum. Sir Garnet Wol-seleys Entsatztruppe hatte Wadi Haifa erreicht und w#252;rde wohl bald den tapferen Gordon aus der Umklammerung der barbarischen Armee befreien. Man hielt es daher bei

Shepheard's nicht f#252;r gef#228;hrlich, nach dem S#252;den in Richtung Assuan zu reisen.

Ich hegte zwar da gewisse Zweifel, doch ich wollte reisen, und das tat ich auch. Die einzige bequeme Methode, #196;gypten kennenzulernen, ist die Reise auf dem Strom, denn alle bemerkenswerten Altert#252;mer sind in dessen unmittelbarer N#228;he zu finden. Ich hatte schon geh#246;rt, wie vergn#252;glich eine Fahrt mit einer Dahabije sei, also wollte ich sie ausprobieren. Man kann diese Boote mit allem erdenklichen Luxus ausstaffieren, soweit man ihn bezahlen kann, und bedient wird man wie ein K#246;nig.

Aber die Auswahl einer Dahabije sei ein sehr heikles und m#252;hsames Gesch#228;ft, versicherte man mir, und man lachte schallend #252;ber meine Zuversicht, in ein paar Tagen segeln zu k#246;nnen. Die #196;gypter, verriet man mir, seien eine faule Gesellschaft, die sich zu nichts dr#228;ngen lie#223;e.

Ich behielt meine Meinung f#252;r mich, da mir Evelyn einen bedeutsamen Blick zuwarf. Dieses M#228;dchen wirkte ungemein erstaunlich auf mich; ich f#252;rchtete, mit der Zeit k#246;nne ich sogar noch sehr sanft und mild werden. Wir waren uns dar#252;ber einig gewesen, da#223; sie nur als Evelyn Forbes, nicht aber unter ihrem vollst#228;ndigen Namen auftreten sollte, da er zu vielen Engl#228;ndern zu gut bekannt war. Wurde jemand neugierig, sch#252;tzte ich regelm#228;#223;ig M#252;digkeit vor.

Nat#252;rlich war Evelyn manchmal bedr#252;ckt, wenn sie an die Vergangenheit dachte, doch sie verstand es auch, die Sch#246;nheiten des Landes zu genie#223;en. Von unseren Zimmern aus konnten wir den Hotelgarten #252;berschauen. Die hohen Palmen waren schwarze Schattenbilder im herand#228;mmernden Morgen, wenn sich der dunkle Himmel mit durchsichtigem Licht und bla#223;rosa Perlenschimmer f#252;llte. Die Kuppeln und Minaretts der Moscheen #252;berragten malerisch die Baumwipfel, und die Luft war von k#246;stlicher, k#252;hler Frische.

Es war gut, da#223; wir den Tag mit dem Anblick solcher Sch#246;nheit begonnen hatten, als wir nach dem Fr#252;hst#252;ck zur Werft von Boulaq gingen, um eine Dahabije zu mieten. Hunderte von Booten lagen dort vor Anker, und der L#228;rm war unbeschreiblich.

Die Boote unterscheiden sich eigentlich nur in der Gr#246;#223;e. Die Kabinen liegen im Heck, und ihr Dach ist gleichzeitig ein Oberdeck, das sich mit M#246;beln und Markisen ausstatten und so zu einem herrlichen Freiluftsalon machen l#228;#223;t. Die Mannschaft bewohnt das untere Deck. Dort gibt es eine K#252;che, einen Verschlag mit einem Holzkohlenofen und eine Sammlung von Pfannen und T#246;pfen. Die Dahabijes sind Boote mit flachem Kiel und zwei Masten, und wenn die Segel sich im leichten Wind bl#228;hen, sind sie ein sehr malerischer Anblick.

Welches Boot sollten wir w#228;hlen? Nun, die Wahl war nicht allzu schwierig, denn die meisten Boote strotzten vor Schmutz. Nat#252;rlich durfte man keine englischen Ma#223;st#228;be anlegen, wenn auch die primitivsten hygienischen Einrichtungen vorhanden sein mu#223;ten. Selbstverst#228;ndlich waren die gr#246;#223;eren Boote in einem besseren Zustand als die kleinen. Es ging mir nicht um die h#246;here Ausgabe, sondern es kam mir l#228;cherlich vor, f#252;r uns beide und eine Magd zehn Einzelkabinen und zwei Salons zu haben.

Evelyn bestand darauf, da#223; wir uns einen Dragoman nehmen sollten. Ich dachte, das sei nicht n#246;tig, weil ich schon auf der Seereise ein bi#223;chen Arabisch gelernt hatte, doch ich gab nach. Unser Mann war ein Kopte namens Michael Bedawee, ein dicklicher, kaffeebrauner Bursche mit wei#223;em Turban und abenteuerlichem, schwarzem Bart; allerdings pa#223;t diese Beschreibung auf die meisten

#196;gypter. Was unseren Michael auszeichnete, war sein freundliches L#228;cheln und die Ehrlichkeit seiner weichen, braunen Augen. Wir entschieden uns sofort f#252;r ihn, und er mochte uns offensichtlich bald sehr gern.

Michael half uns bei der Auswahl des Bootes. Die Phi-lae war von mittlerer Gr#246;#223;e und ungew#246;hnlich sauber. Der Reis, wie man den Kapit#228;n nannte, war uns auch sympathisch. Er hie#223; Hassan und stammte aus Luxor. Mir gefiel sein ruhiger Blick und eine Andeutung von Humor, wenn ich meine paar arabischen Worte anbrachte, sooft es ging. Mein Akzent mu#223; f#252;rchterlich gewesen sein, doch Reis Hassan begl#252;ckw#252;nschte mich zu meinen Sprachkenntnissen. Infolgedessen war der Handel bald abgeschlossen.

Wir waren stolz auf unser Schiff, das nun vier Monate lang unsere Wohnung sein sollte. Es hatte vier Kabinen, je zwei zu beiden Seiten eines schmalen Ganges. Sogar ein Badezimmer hatten wir. Am Ende des Ganges #246;ffnete sich die T#252;r in einen halbrunden Salon, der das ganze Schiffsheck einnahm; ein langer Diwan folgte der geschwungenen Wand, und acht hohe Fenster lie#223;en viel Licht ein. Den Boden bedeckten Br#252;sseler Teppiche, und die Wandvert#228;felung in Wei#223; mit Goldrand erweckte den Eindruck gro#223;er, luftiger Weite. Die scharlachroten Vorh#228;nge pa#223;ten herrlich zu den prunkvollen, goldgerahmten Spiegeln, und ein sehr h#252;bscher E#223;tisch mit passenden St#252;hlen vervollst#228;ndigte die Einrichtung.

Schr#228;nke und Regale gab es genug, und wir hatten das Zeug, sie zu f#252;llen. Ich hatte vor allem meines Vaters B#252;cher #252;ber #196;gypten dabei und hoffte, noch mehr kaufen zu k#246;nnen. Ein Klavier wollten wir haben. Ich bin zwar v#246;llig unmusikalisch, aber Evelyn spielte und sang sehr sch#246;n.

Das Boot war gerade von einer Reise zur#252;ckgekehrt, und Reis Hassan sagte, er brauche ein paar Tage zur #220;berholung verschiedener Ger#228;te, ehe wir abreisen k#246;nnten; seine Leute wollten auch noch ihre Familien besuchen, und so legten wir, als ich bezahlte, den Reisetag auf eine Woche sp#228;ter fest.

Ein passendes Klavier zu finden erwies sich als nicht leicht. Ich wollte andere Vorh#228;nge f#252;r den Salon, weil das Scharlachrot nicht zu meinem Abendkleid pa#223;te. Evelyn meinte, es eile nicht so schrecklich, doch ich wu#223;te, wie sehr sie f#252;rchtete, im Speisesaal des Hotels Bekannte zu treffen.

Die Wartezeit n#252;tzten wir gut. Die Basare in Kairo sind faszinierend. Hier gibt es keine richtigen L#228;den; es sind eher gro#223;e, vorne offene Schr#228;nke, vor denen die Kaufleute auf gekreuzten Beinen sitzen und ihre Kunden erwarten. Bei den Teppichh#228;ndlern wurde ich schwach und kaufte etliche St#252;cke f#252;r unseren Salon, wahre Sch#246;nheiten aus Persien und Syrien. Ich wollte auch f#252;r Evelyn ein paar Kleinigkeiten besorgen, doch sie nahm nur ein Paar Samtpantoffeln an.

Wir besuchten auch Moscheen und die Zitadelle, und ich interessierte mich besonders f#252;r die alte Kultur; deshalb sahen wir f#252;r einen Tag unseren ersten Besuch in Gizeh vor. Wenn ich gewu#223;t h#228;tte, was uns da bevorstand!

Die Pyramiden besucht jeder Reisende, denn seit dem Bau der Nilbr#252;cke braucht man vom Hotel aus nur eineinhalb Stunden Fahrzeit. Wir brachen am fr#252;hen Morgen auf, damit wir den ganzen Tag vor uns hatten.

Selbstverst#228;ndlich hatte ich Bilder gesehen, doch die Wirklichkeit der Pyramiden ist #252;berw#228;ltigend. Die glatten, steilen Steinflanken f#252;hren hoch hinauf zur Plattform. Und die Farben! Der #228;gyptische Kalkstein wirkt in der hellen Sonne vor dem tiefblauen Himmel so, als sei er aus mattem Gold.

Die ganze ebene Fl#228;che, auf der die drei gro#223;en Pyramiden stehen, sind mit Gr#228;bern, kleineren und zerfallenen Pyramiden und sandgef#252;llten L#246;chern durchsetzt, und in einer gro#223;en Sandmulde erhebt sich der majest#228;tische Kopf der Sphinx. Der K#246;rper dieses herrlichen Werkes mu#223; immer wieder vom Sand befreit werden. Ein solches Meisterwerk aus Menschenhand gibt es kein zweites Mal.

Wir machten uns zur gr#246;#223;ten der drei Pyramiden auf, zum Grab des Khufu. Erst in ziemlich geringer Entfernung erkannten wir die riesigen Steinbl#246;cke, und wir #252;berlegten uns, wie wir in den langen und ziemlich engen R#246;cken diese Stufen erklettern sollten.

Es gelang uns mit Hilfe von je drei Arabern. Je einer st#252;tzte uns links und rechts, ein dritter schob von hinten an, und so standen wir bald auf der Gipfelplattform. Evelyn erschien mir ein bi#223;chen bla#223;, doch mich nahm die gro#223;artige Aussicht v#246;llig gefangen. Diese Plattform hat eine Gr#246;#223;e von etwa drei#223;ig Fu#223; im Quadrat, und einige Steinbl#246;cke, die von der abgetragenen Spitze #252;brig waren, dienten als Sitze. Mir tr#228;nten vom angestrengten Schauen bald die Augen.

Es war ein unvergleichlicher Anblick: im Hintergrund die Minaretts und Kuppeln der M#228;rchenstadt Kairo, im Vordergrund der gr#252;ne Streifen des fruchtbaren Niltales. Im Westen und S#252;den schimmerten golden die W#252;sten. Am Horizont waren noch ein paar kleinere Pyramiden zu erkennen, die von Abusir, Sakkarah und Dahshoor.

Evelyn zupfte mich am #196;rmel und ri#223; mich aus meiner staunenden Begeisterung. »K#246;nnten wir nicht absteigen?« bat sie. »Ich glaube, ich bekomme einen Sonnenbrand.«

Ihre Nase war trotz des breitrandigen Sonnenhutes schon dunkelrosa, und so lie#223;en wir uns von unseren fr#246;hlichen F#252;hrern wieder nach unten bringen. In das Innere der Pyramide mochte Evelyn nicht mitkommen.

Ich lie#223; sie also bei einigen Damen zur#252;ck, raffte meine R#246;cke und folgte den M#228;nnern in die schwarze Tiefe.

Ah, es war schrecklich! Die Luft war kaum zu atmen, am Boden lag #252;berall Schutt, und das Licht der flackernden Kerzen wirkte unheimlich. Die G#228;nge sind so niedrig und steil, da#223; man nur geduckt kriechen kann und von den F#252;hrern gest#252;tzt werden mu#223;, wenn man nicht zur#252;ckrutschen will. Nat#252;rlich gab es auch Flederm#228;use. Doch schlie#223;lich standen wir in der K#246;nigskammer aus schwarzem Basalt, in der nur der schwarze, massive Sarg stand, in den Khufu vor gut viertausend Jahren zur letzten Ruhe gebettet worden war. Oh, es war ein ungeheuer erhebendes Gef#252;hl, das etwa jenem glich, das ich einmal als Kind erlebt hatte. Mein Bruder William hatte behauptet, ich w#252;rde es nicht wagen, auf den Apfelbaum in unserem Garten zu klettern. Ich bewies es ihm, da#223; ich es wagte, und schaute vom h#246;chsten Ast aus zu, wie er von einem der unteren #196;ste fiel und sich dabei den Arm brach.

Trotz meiner begeisterten Schilderung weigerte sich Evelyn standhaft, die Pyramide zu betreten.

Wir waren damals etwa eine Woche lang in Kairo, und ich hatte die begr#252;ndete Hoffnung, in ungef#228;hr zwei Wochen absegeln zu k#246;nnen. Ich war einige Male in Boulaq, um Reis Hassan ein wenig anzutreiben, doch nach dem Besuch von Gizeh lie#223; ich ihn in Ruhe. Ich hatte n#228;mlich in mir eine gewisse Vorliebe f#252;r Pyramiden entdeckt und besuchte deshalb auch die beiden anderen Pyramiden von Gizeh und sp#228;ter auch die Stufenpyramide von Sakkarah. Von den kleineren Pyramiden in Sakkarah hat man die massiven Steinbl#246;cke abgetragen und sie f#252;r andere Bauten verwendet; die Reste sind deshalb eigentlich nur noch Schutthaufen. Das war mir jedoch egal, denn Pyramiden in jeder Form waren nun meine Leidenschaft.

Ich war fest entschlossen gewesen, wenigstens eine der

Grabkammern zu besuchen, die mit herrlichen Wandmalereien und Hieroglyphen-Inschriften geschm#252;ckt sind; wegen Evelyn verzichtete ich darauf, als sie das enge, dunkle Loch sah, in das ich an einem Seil hinabgelassen h#228;tte werden m#252;ssen. Sie wurde totenbla#223; und drohte mir zu folgen. Da lie#223; ich es lieber sein.

Auch Travers mi#223;billigte meine Pyramidenausfl#252;ge. Etliche meiner Kleider lie#223;en sich nicht mehr reparieren, und die anderen machten ihr sehr gro#223;e M#252;he. Besonders ekelte sie sich vor dem Fledermauskot, den ich gelegentlich und ohne es zu wissen mitbrachte. Einmal schlug ich einen Ausflug nach Dashoor vor, wo es einige hervorragende Pyramiden gibt, doch Evelyn weigerte sich energisch und wollte lieber das Museum von Boulaq besuchen. Das taten wir, denn nach dem Museumsbesuch konnte ich zu Hassan gehen.

Auf M. Maspero, den franz#246;sischen Abteilungsleiter f#252;r Altert#252;mer, freute ich mich. Mein Vater hatte mit ihm korrespondiert, und so durfte ich hoffen, da#223; mein Name ihm vertraut sei. Er war es, und wir fanden M. Maspero im Museum. Meistens ist er n#228;mlich zu Ausgrabungen weg.

Seinen Assistenten Emil Brugsch kannte ich nur seinem Ruf nach, denn er hatte vor wenigen Jahren das Versteck ber#252;hmter k#246;niglicher Mumien entdeckt. W#228;hrend wir auf M. Maspero warteten, erz#228;hlte uns Herr Brugsch die Geschichte des Fundes. Gute zehn Jahre fr#252;her hatte eine R#228;uberfamilie aus Theben das Versteck der Mumie gefunden, weil der sehr zwielichtige Abd er-Rasool Ahmed in den Felsen am Rand seines Dorfes namens Gurnah eine Ziege suchte. Die Ziege war in eine Felsspalte gefallen, und da machte er seinen erstaunlichen Fund - die Mumien der gro#223;en Pharaonen, die nach der Auspl#252;nderung ihrer Gr#228;ber hier versteckt worden waren.

Brugsch hatte von Sammlern Fotos von Gegenst#228;nden erhalten, die k#246;nigliche Namen trugen, und ihm war sofort klar gewesen, da#223; diese Dinge aus Gr#228;bern stammen mu#223;ten. Die meisten dieser Gr#228;ber befanden sich, wie er wu#223;te, in Theben, und so bat er die Polizei, solche Leute zu beobachten, die pl#246;tzlich mehr Geld ausgaben, als sie offiziell hatten. Der Verdacht konzentrierte sich auf die Familie Abd er-Rasool, die sich inzwischen wegen der Aufteilung der Beute zerstritten hatte; einer verriet das Geheimnis an Brugsch.

Mir lag an diesem Herrn jedoch nichts; er steht seit langem im Dienst von M. Maspero und seinem Vorg#228;nger M. Mariette, und sein Bruder ist ein sehr bekannter Wissenschaftler. Mir gef#228;llt seine harte Art nicht, in der er die Foltern beschrieb, welchen die Diebe ausgesetzt wurden, um ihre Gest#228;ndnisse zu erzwingen. Ihm war es auch zu verdanken, da#223; die k#246;niglichen Toten sofort in Sicherheit gebracht wurden. Innerhalb von acht Tagen waren sie auf einer Barke nach dem Norden unterwegs. Zahllose Klageweiber hatten die Flu#223;ufer ges#228;umt, um die alten K#246;nige zu beweinen.

Endlich kam M. Maspero. Er war ein st#228;mmiger, ungemein liebensw#252;rdiger Mann mit einem kurzgestutzten, schwarzen Bart. Als artiger Franzose beugte er sich #252;ber meine Hand und begr#252;#223;te Evelyn voll Bewunderung. Von meinem Vater sprach er in Worten h#246;chster Verehrung. Er bat uns um Entschuldigung, weil er uns nicht pers#246;nlich im Museum herumf#252;hren konnte, versprach jedoch, sp#228;ter wieder zu uns zu sto#223;en.

Ich war froh, da#223; er nicht bei uns war, denn ich h#228;tte ihm sonst sicher gesagt, was ich von seinem Museum hielt. Es enthielt selbstverst#228;ndlich eine ganze Menge der interessantesten Dinge, aber der Staub und das Durcheinander! Meine hausfraulichen Instinkte f#252;hlten sich herausgefordert.

»Vielleicht bist du jetzt nicht ganz fair«, hielt mir Evelyn in ihrer sanften Art vor. »Es gibt so unendlich viele Gegenst#228;nde, t#228;glich kommen neue dazu, und das Museum ist trotz der k#252;rzlichen Vergr#246;#223;erung viel zu klein. Wie soll man da immer Ordnung halten und Staub wischen k#246;nnen?«

»Um so mehr Grund, Ordnung zu halten«, erwiderte ich.

»Fr#252;her wurde alles, was die europ#228;ischen Abenteurer fanden, au#223;er Landes geschleppt. Nun besteht doch ein Abkommen zwischen Gro#223;britannien und Frankreich, das den Franzosen die Aufsicht #252;ber alle Altert#252;mer einr#228;umt, w#228;hrend unser Staat Finanzen, Bildungs- und Gesundheitswesen, Au#223;enpolitik und so weiter #252;berwacht. Ich glaube, englischer Ordnungssinn w#228;re hier eher angebracht als franz#246;sische L#228;ssigkeit.«

Wir waren inzwischen in einem abgelegenen Raum angelangt, der mit unz#228;hligen Gegenst#228;nden wie Vasen, Perlketten, winzigen Figuren und anderen Dingen angef#252;llt war, die in den vorderen R#228;umen keinen Platz gefunden hatten. »Schau dir doch das hier an!« sagte ich zu Evelyn, nahm ein Fig#252;rchen und rieb mit meinem Taschentuch den Schmutz ab. »Sie k#246;nnten doch ...«

Da ersch#252;tterte ein fast tierisches Heulen den kleinen Raum. Ehe ich noch nach dessen Quelle Umschau halten konnte, entri#223; mir eine kr#228;ftige, sonnenbraune Hand die Statuette und br#252;llte mir ins Ohr: »Madam! Tun Sie mir den Gefallen, und lassen Sie die unersetzlichen Kostbarkeiten in Ruhe! Schlimm genug, da#223; dieser unf#228;hige Esel Maspero sie so miserabel behandelt, und jetzt wollen Sie in Ihrer Idiotie auch noch das vernichten, was er #252;brigl#228;#223;t!«

Ich nahm meine ganze W#252;rde zusammen und drehte mich zu diesem Kannibalen um. Er war sehr gro#223;, hatte

Schultern wie ein Stier und einen nach der Art assyrischer K#246;nige geschnittenen schwarzen Bart. Sein Gesicht war dunkel wie das eines gew#246;hnlichen #196;gypters, doch daraus funkelten mich w#252;tende grellblaue Augen an. Die Stimme kannte ich ja schon, sie war ein tiefer, dr#246;hnender Ba#223;; dem Akzent nach schien er ein Gentleman zu sein, den Gef#252;hlen nach war er es nicht.

Ich ma#223; ihn von oben bis unten. »Sir, ich kenne Sie ja gar nicht.«

»Aber ich kenne Ihre Art, Madam! Diese britischen Weiber sind doch von allen die d#252;mmsten und arrogantesten! Oh, ihr G#246;tter! Diese Brut ist so unn#252;tz und aufdringlich wie ein Moskitoschwarm, und kein Fleck der ganzen Erde ist vor ihnen sicher. Zum Verr#252;cktwerden ist das!« Jetzt mu#223;te er dringend einmal Atem holen. Diese Pause n#252;tzte ich aus.

»Und Sie, Sir, sind der #252;berheblichste Brite mit den schlechtesten Manieren. Nun, wir britischen Frauen m#252;ssen den von den boshaften M#228;nnern verursachten schlechten Ruf reparieren, so gut es geht. Randalieren, von der eigenen #220;berlegenheit #252;berzeugt sein ...«

Vorsichtshalber trat ich ein paar Schritte zur#252;ck und griff fester um den Knauf meines Sonnenschirms. Ich bin nicht klein und #228;ngstlich, aber dieser Mann #252;berragte mich wie ein Turm, und er machte den Eindruck, als wolle er mich mit seinen sehr gro#223;en und sehr wei#223;en Z#228;hnen zerfleischen.

Ich schaute auf und sah Evelyn mit einem kleineren, schm#228;leren, bartlosen Ebenbild meines Gegners sprechen; er war dunkelhaarig, blau#228;ugig und gro#223;, wenn auch nicht so bullig wie der andere, und der Bartlose legte dem B#228;rtigen eine Hand auf die Schulter.

»Radcliffe, du #228;ngstigst ja diese Dame«, sagte er. »Ich bitte dich .«

»Mich kann er nicht #228;ngstigen«, erwiderte ich ruhig. »Aber Ihr Freund scheint einem Schlagflu#223; nahe zu sein. Leidet er sonst auch unter Gehirnschw#228;che?«

Der j#252;ngere Mann schien nicht sehr besorgt zu sein, denn er lachte breit, und das gefiel mir. Aus Evelyns Miene schlo#223; ich, da#223; wir uns da einig waren.

»Das ist mein Bruder, Madam«, erkl#228;rte der junge Mann fr#246;hlich. »Sie m#252;ssen ihm verzeihen. Und du, Radcliffe, beruhigst dich jetzt wieder. Wissen Sie«, wandte er sich wieder an mich, »das Museum wirkt immer so auf ihn. Sie trifft keine Schuld an seiner Erregung.«

»Ganz sicher nicht!« rief ich. »Eine so unentschuldbare Unh#246;flichkeit .«

»Amelia!« Evelyn versuchte mich am Arm wegzuziehen, weil der bartumrahmte Mund ein Wutgeheul ausstie#223;. »Wir wollen uns doch nicht weiter Grobheiten an den Kopf werfen.«

»Das liegt mir fern«, erwiderte ich k#252;hl. Evelyn und der junge Mann tauschten Blicke, und wie auf Verabredung zerrte der junge Mann seinen aufgebrachten Bruder mit sich, w#228;hrend Evelyn etwas sanfter meinen Arm packte. Die anderen Museumsbesucher hatten uns voll atemloser Neugier beobachtet, gingen aber nun weiter, als rasche Schritte die Ankunft von M. Maspero ank#252;ndigten. Als er uns sah, lachte er breit.

»Ah, c'est le bon Emerson! Das h#228;tte ich wissen k#246;nnen. Sie kennen einander schon?«

»Wir kennen einander nicht!« br#252;llte der Mann, der Emerson hie#223;. »Und wenn Sie, Maspero, einen Versuch dazu machen, dann schlage ich Sie mit einem Hieb zu Boden!«

M. Maspero lachte schallend. »Dann versuch ich es lieber nicht . Kommen Sie, meine Damen. Das hier ist unwichtiges Kleinzeug, ich zeige Ihnen die feineren Sachen.«

»Sie sind sehr interessant«, warf Evelyn mit ihrer sanften Stimme ein. »Ich bewundere die sch#246;nen Farben dieser Ketten.«

»Sie sind aber nicht wertvoll. Wir finden diese Ketten zu Hunderten. Es sind ganz gew#246;hnliche Fayencen.«

»Dann sind diese herrlichen Korallen und T#252;rkise gar keine echten Steine?«

»Mais non, Mademoiselle, das alles sind nur Imitationen von Korallen, T#252;rkisen, Lapislazulisteinen und dergleichen und bestehen aus einer farbigen Paste, die im alten #196;gypten viel verwendet wurde.«

»Sie sind trotzdem sehr h#252;bsch«, bemerkte ich. »Und schon das Alter dieser Gegenst#228;nde ist bewundernswert. Wenn man bedenkt, da#223; diese wundersch#246;nen Perlen vor tausend Jahren um den Hals ...«

Der Schwarzb#228;rtige wirbelte herum. »Dreitausend Jahre vor unserer Zeitrechnung«, korrigierte er mich w#252;tend.

Maspero l#228;chelte nur, nahm eine Kette aus winzigen blauen und korallenfarbenen Perlen und #252;berreichte sie mit einer h#246;flichen Verbeugung Evelyn. »Behalten Sie das bitte als Erinnerung an Ihren Besuch hier. Wie schade, da#223; ich nichts Sch#246;neres f#252;r eine so entz#252;ckende junge Dame habe . Und das ist f#252;r Sie, Mademoiselle Peabo-dy.« Auch mir dr#252;ckte er eine Kette in die Hand. »Tun Sie mir die Ehre, sie zu behalten, meine Damen - au#223;er Sie f#252;rchten den Fluch der #228;gyptischen Rachegeister .«

»Ganz gewi#223; nicht«, versicherte ich ihm.

»Nun, und der Fluch des Mister Emerson?« fuhr er fort. »Sehen Sie, er ist schon wieder dabei, unfreundliche Dinge zu mir zu sagen.«

»Keine Angst, ich gehe schon«, knurrte Emerson. »In Ihrem Horrorhaus kann ich es sowieso nur ein paar Minuten aushalten. In aller G#246;tter Namen, warum katalogisieren Sie nicht endlich diese ganzen T#246;pfe und Vasen?«

Damit st#252;rmte er hinaus und zog seinen Bruder mit sich, der aber noch einmal umschaute und Evelyn nicht aus den Augen lie#223;, bis sie seinen Blicken entzogen war.

»Er hat ein sehr aufbrausendes Temperament«, bemerkte M. Maspero voll Bewunderung. »Die Gro#223;artigkeit seiner Wutausbr#252;che n#246;tigt einem Respekt ab.«

»Da kann ich Ihnen nicht beipflichten«, widersprach ich ihm. »Wer ist dieser Bursche eigentlich?«

»Ein Landsmann von Ihnen, Madam, der sich f#252;r die Altert#252;mer dieses Landes interessiert. Er hat wundervolle Ausgrabungen gemacht, aber ich f#252;rchte, f#252;r uns hat er nicht viel #252;brig. Nicht ein Arch#228;ologe in ganz #196;gypten entgeht seiner bei#223;enden Kritik.«

»Wir halten Ihr Museum f#252;r faszinierend«, warf Evelyn taktvoll ein.

Wir verbrachten noch ein paar Stunden dort. Nicht um die Welt h#228;tte ich das in der #214;ffentlichkeit gesagt, aber ich fand Emersons Kritik mehr als berechtigt. Die Ausstellungsst#252;cke waren unmethodisch aufgereiht, und #252;berall lag Staub.

Evelyn war dann zu m#252;de, um noch zum Boot zu gehen, und sie war auch sehr schweigsam und nachdenklich. »Mr. Emersons j#252;ngerer Bruder hat nicht das heftige Familientemperament, glaube ich«, bemerkte ich w#228;hrend der R#252;ckfahrt. »Hast du zuf#228;llig seinen Namen geh#246;rt?«

»Walter«, erwiderte sie und err#246;tete.

Ich tat, als bemerkte ich nichts. »Ah, ich fand ihn sehr angenehm. Vielleicht begegnen wir ihm im Hotel.«

»Nein, sie wohnen nicht bei Shepheard's. Walt. Mr. Walter Emerson sagt, ihr ganzes Geld werde f#252;r die Ausgrabungen ausgegeben. Sein Bruder erh#228;lt einen Zuschu#223; von einem Museum oder irgendeiner Institution. Sein j#228;hrliches Einkommen ist nicht sehr gro#223;, und sein Bruder Walter sagt, wenn er alle Reicht#252;mer Indiens h#228;t-te, so w#252;rden sie ihm f#252;r seine Arbeit auch noch nicht gen#252;gen.«

»In der kurzen Zeit hast du aber sehr viel erfahren«, stellte ich am#252;siert fest und beobachtete Evelyn aus den Augenwinkeln heraus. »Wie schade, da#223; wir die Bekanntschaft nicht nur mit dem j#252;ngeren Bruder fortsetzen k#246;nnen und dem Wahnsinnigen .«

»Wir werden einander kaum mehr begegnen«, warf Evelyn leise ein, doch da hegte ich recht deutliche Zweifel. Nach einer kurzen Mittagspause besorgten wir die Medikamente, die unser Reisef#252;hrer f#252;r unerl#228;#223;lich hielt. S#252;dlich von Kairo gibt es noch immer kaum einen Arzt. Ich h#228;tte, w#228;re ich ein Mann gewesen, allzu gerne Medizin studiert, denn ich habe daf#252;r eine nat#252;rliche Begabung. Ich falle beim Anblick von Wunden nicht in Ohnmacht, wie viele meiner m#228;nnlichen Bekannten. Selbstverst#228;ndlich hatte ich auf meiner Liste auch einige chirurgische Instrumente und war durchaus bereit, im Notfall auch Gliedma#223;en, mindestens einen Finger oder eine Zehe, zu amputieren.

Michael, unser Dragoman, begleitete uns. Blaue Pillen, gr#252;ne Pillen, Chinin, Rhabarberpillen, verschiedene Puder, Desinfektionsmittel, Laudanum und vieles andere, vor allem reichlich Verbandmaterial wurden nacheinander abgehakt. Michael erschien mir die ganze Zeit hindurch ungew#246;hnlich still, und als Evelyn ihn schlie#223;lich nach dem Grund daf#252;r fragte, erkl#228;rte er uns, sein Kind sei krank, wenn es auch nur eine Tochter sei.

Nun, weil wir gerade die medizinische Seite unserer Reise vorbereiteten, hielten wir es f#252;r angebracht, anschlie#223;end nach diesem Kind zu sehen, denn Michael war ehrlich bek#252;mmert.

Es war ein altes, schmales Haus mit holzgeschnitzten Balkonen von sehr sch#246;ner Arbeit; sie sind typisch f#252;r

Kairo. Es erschien mir schmutzig, wenn auch nicht ganz so verwahrlost wie die Umgebung, doch das Zimmer, in dem das kranke Kind lag, sah trostlos aus. Die Holzl#228;den lagen vor den geschlossenen Fenstern, es war stockdunkel und stank f#252;rchterlich. Im fahlen Licht einer rauchenden, #252;belriechenden #214;llampe sah ich auf einem primitiven Lager ein s#252;#223;es kleines Ding mit gro#223;en schwarzen Augen. Die pl#228;rrende Verwandtschaft jagte ich gleich davon und lie#223; nur die Mutter des M#228;dchens bleiben, die auch kaum #228;lter als f#252;nfzehn Jahre sein konnte.

Evelyn kniete bereits neben dem M#228;dchen, schob die wirren schwarzen Locken aus dem Gesicht und verscheuchte einen l#228;stigen Fliegenschwarm. Die Mutter wagte aus Angst vor uns nicht zu protestieren, denn Fliegen sind dort ein notwendiges #220;bel, das man hinnehmen mu#223;. Deshalb sind auch sehr viele Menschen dort blind, und die Kindersterblichkeit ist #252;beraus hoch. Von f#252;nf Kindern sterben drei sehr jung.

Ich sah den ungl#252;cklichen Michael an und beschlo#223;, da#223; dieses Kind nicht sterben werde, wenn ich es irgendwie verhindern konnte. Wof#252;r hatte ich so viele Medikamente gekauft?

Die Krankheitsursache war leicht zu entdecken. Das M#228;dchen hatte sich bei einem Sturz verletzt, und die Wunde war nicht desinfiziert worden. Sie hatte sich entz#252;ndet, und der kleine Arm war dick geschwollen. Mit einem desinfizierten Messer schnitt ich die Schwellung auf, und eine #252;belriechende Masse quoll heraus. Ich reinigte die Wunde und verband sie und unterwies auch die Eltern, wie sie das Kind nun zu pflegen hatten. Evelyn war mir eine gro#223;e Hilfe. #220;bel wurde ihr erst, als wir im Hotel waren, aber da gr#252;ndlich. Michael schickte ich sofort wieder nach Hause, damit er die jammernden Verwandten hinauswerfen konnte.

Abends f#252;hlte sich Evelyn wieder einigerma#223;en wohl, und deshalb bestand ich darauf, da#223; wir unten speisten. Sie machte sich gro#223;e Sorgen um ihren Gro#223;vater und qu#228;lte sich mit dem Gedanken ab, da#223; er allein sterben m#252;sse. Deshalb wurde sie manchmal fast menschenscheu, was ich jedoch nicht zulie#223;.

In ihrem staubrosa Abendkleid mit den breiten Spitzenr#252;schen an den #196;rmeln und dem gerafften Unterkleid sah Evelyn bezaubernd aus. Ich schl#252;pfte in meine karmesinrote Seide, wenn ich mich darin auch nicht ganz wohl f#252;hlte. Wir erregten einiges Aufsehen, und etliche Gen-tlemen folgten uns nach dem Dinner in die Halle, haupts#228;chlich zu dem Zweck, von Evelyn ein L#228;cheln zu erhaschen. Pl#246;tzlich sah ich sie tief err#246;ten. Ich folgte ihrem Blick und bemerkte unter der T#252;r den jungen Emerson, der im Abendanzug gro#223;artig wirkte. Er hatte nur Augen f#252;r Evelyn und schritt so schnell durch die Halle, da#223; er um ein Haar #252;ber einen niederen Tisch gest#252;rzt w#228;re.

Er hatte auch seinen Bruder mitgebracht, und da mu#223;te ich wirklich ein Lachen unterdr#252;cken. Sein Abendanzug sah aus, als habe er ihn vor langer Zeit in eine Reisetasche gestopft und ihn jetzt wieder ausgegraben, jedoch vergessen, ihn b#252;geln zu lassen. Er sah wie ein riesiger schwarzer B#228;r aus, tappte unbeholfen hinter seinem Bruder drein und warf den elegant gekleideten G#228;sten mi#223;trauische Blicke zu.

Walter begr#252;#223;te mich hastig und besch#228;ftigte sich anschlie#223;end ausschlie#223;lich mit Evelyn. Und mir blieb der w#252;tende Emerson, der mich voll Widerwillen musterte.

»Ich bin da, mich zu entschuldigen«, knurrte er.

»Angenommen«, antwortete ich. »Setzen Sie sich, Mr. Emerson. Ich bin #252;berrascht, Sie hier zu sehen. Wie ich h#246;rte, ist das gesellschaftliche Leben nicht nach Ihrem Geschmack.«

»Es war ja auch Walters Idee«, platzte er heraus, setzte sich und r#252;ckte so weit wie m#246;glich von mir weg. »Ich hasse Dinge wie Hotels, Menschen, die ..., kurz, all dies hier.« Mit einer ver#228;chtlichen Handbewegung schlo#223; er die gro#223;artige Halle und alle G#228;ste in seine Abneigung ein.

»Wo w#228;ren Sie dann lieber?« fragte ich.

»Irgendwo in #196;gypten, am liebsten bei meinen Ausgrabungen.«

»In der hei#223;en, staubigen W#252;ste, weit weg von jeder Zivilisation und allein mit unwissenden Arabern .«

»Unwissend m#246;gen sie sein, aber auf die Heuchelei der Zivilisation kann ich verzichten. Ah, wie #252;berheblich sind besonders die englischen Touristen! Bei den #196;gyptern gibt es, wie #252;berall, auch gute und schlechte, freundliche, fr#246;hliche und treue Menschen, auch intelligente, wenn man sie unterweist ... Jahrhundertelang wurden sie von Despoten unterdr#252;ckt, sie sind mit Krankheit, Armut und Unwissenheit geschlagen, aber das ist nicht ihre eigene Schuld.«

Mich r#252;hrte es irgendwie, da#223; er so nachdr#252;cklich f#252;r die unterdr#252;ckte einheimische Bev#246;lkerung eintrat, aber sonst mochte ich ihn noch immer nicht.

»Sie m#252;#223;ten dann aber zu sch#228;tzen wissen, was die Briten f#252;r dieses Land tun. Die Finanzen zum Beispiel ...«

»Pah! Glauben Sie, das tun wir aus Herzensg#252;te? Fragen Sie die Einwohner von Alexandria, wie es ihnen gefiel, als sie vor zwei Jahren von britischen Kanonenbooten beschossen wurden. Wir sind nicht ganz so unzivili-siert wie die T#252;rken, aber wir dienen auch nur unseren eigenen Interessen. Wir lassen es zu, da#223; dieser idiotische Franzose die kostbaren Altert#252;mer verschleudert. Nun ja, unsere Wissenschaftler sind auch nicht gescheiter ... Nur ein junger Kerl namens Petrie scheint wirklich etwas von

Arch#228;ologie zu verstehen, auch von Methodik, die da so bitter n#246;tig ist. Diesen Winter arbeitet er im Delta. Leider hat er keinen Einflu#223;, und wir zerst#246;ren mutwillig eine ganze gro#223;e Vergangenheit, weil wir wie Kinder im Sand herumbuddeln und dem Boden Dinge entrei#223;en, von denen wir sorgf#228;ltig notieren sollten, wo und wie wir sie gefunden haben . Gef#228;#223;e . Damit m#252;#223;te etwas geschehen. Man m#252;#223;te die verschiedenen Typen studieren, welche Ornamente zu welchen Formen geh#246;ren, man m#252;#223;te Waffen und M#246;belst#252;cke .«

»Zu welchem Zweck?« warf ich ein.

»Es gibt viele Zwecke. Gef#228;#223;e ver#228;ndern sich im Laufe der Zeit, entwickeln sich je nach Notwendigkeit und Mode. Man m#252;#223;te lernen, das Alter dieser Gef#228;#223;e zu bestimmen und der Gegenst#228;nde, die in und bei ihnen gefunden werden. Und nicht nur Gef#228;#223;e - jedes St#252;ckchen kann uns etwas #252;ber die Vergangenheit lehren. Jetzt wird sehr vieles achtlos auf einen Haufen geworfen, unwissende Touristen schleppen vieles davon, was der Wissenschaft f#252;r immer verloren ist. Maspero rettet nur sehr eindrucksvolle Gegenst#228;nde, und die H#228;lfte davon wird ihm in seinem komischen Museum auch noch gestohlen oder zerschlagen.«

»Dann m#252;#223;te man also auch Studien anatomischer #220;berreste f#246;rdern, nicht wahr?« fragte ich. »Man k#246;nnte bestimmen, welchen Rassen oder Rassenmischungen die alten #196;gypter angeh#246;rten. Aber Wissenschaftler sammeln, soviel ich wei#223;, keine Knochen und Mumien, nicht wahr? Oder doch nur, wenn sie diese als Kuriosit#228;ten ausstellen k#246;nnen.«

Emerson verga#223; vor fassungslosem Staunen den Mund zu schlie#223;en. »Guter Gott«, murmelte er, »eine Frau, die gescheite Fragen stellt? Ist denn das die M#246;glichkeit!«

Ich #252;berh#246;rte die darin liegende Beleidigung, denn mich interessierte das, was er zum Thema zu sagen wu#223;te. Aber da wurde ich leider durch eine dramatische St#246;rung unterbrochen.

Evelyn sa#223; auf einem Stuhl neben dem Sofa, und Walter hatte die H#228;nde auf die Lehne ihres Stuhles gelegt. Pl#246;tzlich sprang sie auf. Sie war wei#223; wie ein Leinenlaken und starrte zum Eingang der Halle.

Ich konnte nichts entdecken, was ihre Erregung gerechtfertigt h#228;tte. Ehe ich noch etwas tun oder sagen konnte, sank Evelyn zu Boden. Walter versuchte etwas ungeschickt, sie aufzuheben, und es war gar nicht ganz einfach, sie aus ihrer Ohnmacht herauszuholen. Sie verlangte nur, in unsere R#228;ume gebracht zu werden. Walters Hilfe wies sie jedoch voll Entsetzen zur#252;ck und bat mich, ich solle ihr helfen.

Ich konnte Walter gerade noch versprechen, ich w#252;rde ihn am Morgen von Evelyns Befinden unterrichten, wenn ihm daran liege, im Hotel nachzufragen. Dann f#252;hrte ich Evelyn nach oben. Travers schickte ich zu Bett, denn sie war viel zu ungeschickt und mi#223;mutig.

»Ich glaube, ich mu#223; Travers nach Hause schicken«, bemerkte ich beil#228;ufig, um Evelyn zum Reden zu bringen. »Sie mag Land und Leute nicht, das Boot .«

». und mich«, erg#228;nzte Evelyn und l#228;chelte matt.

»Von mir h#228;lt sie auch nichts«, erkl#228;rte ich ihr. »Wir k#246;nnen auch ohne sie zurechtkommen. Darum werde ich mich morgen k#252;mmern. Evelyn, m#246;chtest du mir nicht jetzt sagen, was .«

»Das werde ich dir sp#228;ter erkl#228;ren, Amelia, wenn ich . Willst du nicht wieder nach unten gehen? Mr. Emerson ist sicher noch da. Du k#246;nntest ihn . sie beruhigen und ihnen sagen, da#223; ich nur Ruhe brauche. Ich werde sofort zu Bett gehen.«

So, wie sie sprach, klang es nicht nach Evelyn. Sie wich meinen Augen aus, als ich sie musterte. Sie wurde wieder totenbleich, als es laut an unserer T#252;r klopfte. Wer konnte das sein? Wer klopfte zu dieser Stunde so unversch#228;mt st#252;rmisch?

Es war jedenfalls viel zu sp#228;t f#252;r einen Besuch in unseren R#228;umen. Walter war sicher nicht so unh#246;flich, und #252;berdies hatte ich den Eindruck gewonnen, Evelyn wisse genau, wer dieser Besucher sei, und f#252;rchte sich #252;ber alle Ma#223;en vor ihm.

Da schaute sie mich an, straffte die Schultern und bi#223; sich auf die Lippen. »Amelia, sei bitte so gut und #246;ffne die T#252;r. Ich bin ein elender Feigling, aber ich mu#223; mich dieser Sache stellen.«

Ich war gar nicht #252;berrascht, als ich die T#252;r #246;ffnete und den Mann dort stehen sah. Ich kannte ihn nicht, und er war mir noch nie begegnet, doch das glatte schwarze Haar, die dunkle Haut, das kecke Aussehen best#228;tigten meinen Verdacht. »Ah«, sagte ich. »Signor Alberto, wie ich annehme.«