"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" - читать интересную книгу автора (Роулинг Джоан)

Die Widmung dieses Buches ist siebengeteilt: für Neil, für Jessica, für David, für Kenzie, für Di, für Anne und für euch, wenn ihr zu Harry gehalten habt, bis ganz zum Schluss.

Erbteil des fluches,

hässlicher sünde

blutige wunde,

schmerzen, wer trüge sie?

quälen, wer stillte sie?

wehe weh!

Einzig der erbe

heilet des hauses

eiternde wunde,

einzig mit blut'gem schnitt.

götter der finsternis

rief mein lied.

Sel'ge geister drunten in der tiefe,

wenn ihr die beschwörungsrufe hörtet,

bringt den kindern hilfe, bringt den sieg.

Aischylos, Das Opfer am Grabe


Sterben ist nur ein Uebergang aus dieser Welt in die andere, als wenn Freunde über See gehen, welche dennoch in einander fortleben. Denn Diejenigen, die im Allgegenwärtigen lieben und leben, müssen nothwendig einander gegenwärtig seyn. In diesem göttlichen Spiegel sehen sie sich von Angesicht zu Angesicht, und ihr Umgang ist so wohl frey als rein. Und wenn sie auch durch den Tod getrennt werden, so haben sie doch den Trost, daß ihre Freundschaft und Gesellschaft ihnen, dem besten Gefühle nach, beständig gegenwärtig bleibt, weil diese unsterblich ist.

William Penn, Früchte der Einsamkeit. Zweyte Abtheilung


Der Fehler im Plan

Wieder lag er mit dem Gesicht nach unten am Boden. Der Geruch des Verbotenen Waldes fuhr ihm in die Nase. Er spürte die kalte, harte Erde unter seiner Wange, und das Scharnier seiner Brille, die bei dem Sturz zur Seite gestoßen worden war, schnitt ihm in die Schläfe. Jeder Zentimeter seines Körpers schmerzte, und die Stelle, wo ihn der Todesfluch getroffen hatte, fühlte sich an wie der Bluterguss vom Schlag einer gepanzerten Faust. Er regte sich nicht, sondern blieb genau dort liegen, wo er hingefallen war, mit aufgerissenem Mund, den linken Arm in einem unbequemen Winkel nach außen gespreizt.

Er hatte erwartet, Triumphgeheul und Jubel über seinen Tod zu hören, doch stattdessen erfüllte das Geräusch hastiger Schritte, Flüstern und besorgtes Gemurmel die Luft.

»Herr ... Herr ...«

Es war Bellatrix' Stimme und sie sprach wie zu einem Geliebten. Harry wagte es nicht, die Augen zu öffnen, erkundete jedoch mit den übrigen Sinnen seine Lage. Er wusste, dass sein Zauberstab immer noch unter seinem Umhang steckte, denn er konnte ihn spüren, eingeklemmt zwischen seiner Brust und der Erde. Eine Art kleines Polster in seiner Magengegend verriet ihm, dass auch der Tarnumhang da war, zusammengepresst und nicht zu sehen.

»Herr ...«

»Das genügt«, sagte Voldemorts Stimme.

Wieder Schritte: Einige Leute wichen von derselben Stelle zurück. Da Harry unbedingt sehen wollte, was vor sich ging und warum, öffnete er die Augen um einen Millimeter.

Voldemort schien gerade aufzustehen. Einzelne Todesser entfernten sich hastig von ihm und kehrten zu der Menge rund um die Lichtung zurück.

Nur Bellatrix, die neben Voldemort kniete, blieb zurück.

Harry schloss die Augen wieder und dachte über das nach, was er gesehen hatte. Die Todesser hatten sich um Voldemort gedrängt, der offenbar zu Boden gestürzt war. Irgendetwas war passiert, als er Harry mit dem Todesfluch getroffen hatte. War auch Voldemort zusammengebrochen? Es schien so. Und sie waren beide kurz ohnmächtig geworden und beide nun wieder bei Bewusstsein ...

»Herr, lasst mich -«

»Ich brauche keine Hilfe«, sagte Voldemort kalt, und obwohl Harry es nicht sehen konnte, stellte er sich vor, wie Bellatrix ihre hilfsbereit ausgestreckte Hand zurückzog. »Der Junge ... ist er tot?«

Auf der Lichtung herrschte vollkommene Stille. Niemand näherte sich Harry, doch er spürte ihren geballten Blick auf sich vereint, der ihn scheinbar härter zu Boden presste, und er hatte Angst, einer seiner Finger oder ein Augenlid könnte zucken.

»Du«, sagte Voldemort, und ein Knall und ein kurzer spitzer Schmerzensschrei waren zu hören. »Untersuch ihn. Sag mir, ob er tot ist.«

Harry wusste nicht, wer geschickt worden war, um es zu überprüfen. Er konnte nichts weiter tun als daliegen, mit verräterisch klopfendem Herzen, und darauf warten, dass man ihn in Augenschein nahm, doch gleichzeitig bemerkte er, obwohl es ein schwacher Trost war, dass Voldemort sich scheute, ihm nahe zu kommen, dass Voldemort den Verdacht hegte, etwas sei nicht nach Plan gelaufen ...

Hände, weichere Hände, als er erwartet hatte, berührten Harrys Gesicht, hoben ein Augenlid an, krochen unter sein Hemd, hinab zu seiner Brust und tasteten nach seinem Herzen. Er konnte das schnelle Atmen der Frau hören, ihre langen Haare kitzelten ihn im Gesicht. Er wusste, dass sie das stete Pochen des Lebens gegen seine Rippen spüren konnte.

»Lebt Draco noch? Ist er im Schloss?«

Das Flüstern war kaum zu vernehmen; ihre Lippen waren nur Zentimeter von seinem Ohr entfernt, sie hatte den Kopf so tief herabgebeugt, dass ihr langes Haar sein Gesicht vor den Zuschauern verbarg.

»Ja«, hauchte er zurück.

Er spürte, wie sich die Hand auf seiner Brust verkrampfte; ihre Fingernägel bohrten sich in ihn hinein. Dann wurde die Hand zurückgezogen. Sie hatte sich aufgerichtet.

»Er ist tot!«, rief Narzissa Malfoy den Umstehenden zu.

Und nun schrien sie, nun stimmten sie Triumphgeheul an und stampften mit den Füßen, und durch seine Augenlider sah Harry, wie zur Feier rote und silberne Lichtgarben in die Luft geschossen wurden.

Während er weiter wie tot am Boden liegen blieb, begriff er. Narzissa wusste, dass es ihr nur als Angehörige der siegreichen Armee erlaubt sein würde, Hogwarts zu betreten und nach ihrem Sohn zu suchen. Ihr war es inzwischen gleichgültig, ob Voldemort gewann.

»Seht ihr?«, kreischte Voldemort durch den Lärm. »Harry Potter ist von meiner Hand gestorben, und nun ist keiner mehr unter den Lebenden, der eine Gefahr für mich sein könnte! Seht her! Crucio!«

Harry hatte es erwartet, er hatte gewusst, dass seine Leiche nicht unbesudelt am Boden des Waldes liegen bleiben durfte, sie musste geschändet werden, damit Voldemorts Sieg bewiesen wäre. Er wurde in die Luft gehoben, und es kostete ihn all seine Willenskraft, schlaff zu bleiben, doch der Schmerz, mit dem er gerechnet hatte, blieb aus. Ein, zwei, drei Mal wurde er in die Luft geschleudert: Seine Brille flog weg, und er spürte den Zauberstab unter seinem Umhang leicht verrutschen, doch er blieb weiterhin lasch und teilnahmslos, und als er ein letztes Mal zu Boden fiel, hallten höhnische Schreie und schrilles Gelächter über die Lichtung.

»Nun denn«, sagte Voldemort, »gehen wir zum Schloss und zeigen ihnen, was aus ihrem Helden geworden ist. Wer schleppt die Leiche? Nein – wartet -«

Erneut brach Gelächter aus und wenig später spürte Harry den Boden unter sich erzittern.

»Du trägst ihn«, sagte Voldemort. »In deinen Armen wird er sich hübsch machen und gut sichtbar sein, nicht wahr? Nimm deinen kleinen Freund hoch, Hagrid. Und die Brille -setzt ihm die Brille auf- man muss sehen können, wer es ist.«

Jemand rammte Harry absichtlich grob die Brille ins Gesicht, doch die gewaltigen Hände, die ihn in die Luft hoben, waren außerordentlich sanft.

Harry konnte spüren, wie Hagrids Arme von schweren Schluchzern geschüttelt wurden, und dicke Tränen spritzten auf ihn herab, als Hagrid ihn in seinen Armen wiegte, und Harry wagte es nicht, sich zu rühren oder etwas zu sagen und damit Hagrid zu verstehen zu geben, dass noch nicht alles verloren war.

»Los!«, sagte Voldemort, und Hagrid stolperte vorwärts, bahnte sich einen Weg durch die dicht wachsenden Bäume, zurück durch den Verbotenen Wald. Zweige verfingen sich in Harrys Haaren und in seinem Umhang, doch er lag ruhig da, ließ den Mund offen stehen, hielt die Augen geschlossen, und in der Dunkelheit, während die Todesser rundum frohlockten und Hagrid verständnislos schluchzte, gab es keinen, der hingesehen und sich vergewissert hätte, ob am bloßen Hals von Harry Potter nicht eine Ader pulsierte ...

Die beiden Riesen trampelten hinter den Todessern her; Harry konnte Bäume auf ihrem Weg knarren und umfallen hören; sie machten ein derartiges Getöse, dass Vögel kreischend in den Himmel stiegen und selbst das höhnische Geschrei der Todesser unterging.

Der Triumphzug marschierte auf das offene Gelände zu, und als sich nach einiger Zeit die Dunkelheit unter Harrys geschlossenen Lidern aufhellte, wusste er, dass sich der Wald allmählich lichtete.

»BANE!«

Hagrids plötzliches Gebrüll hätte Harry fast dazu gebracht, die Augen zu öffnen. »Zufried'n jetz', oder, dass ihr nich gekämpft habt, ihr feiges Pack Schindmähr'n? Seid ihr zufried'n, dass Harry Potter – t-tot is' ...?«

Hagrid versagte die Stimme und er brach erneut in Tränen aus. Harry fragte sich, wie viele Zentauren ihren Zug vorbeikommen sahen; er wagte es nicht, die Augen aufzuschlagen, um nachzusehen. Einige Todesser riefen den Zentauren im Vorbeigehen Beleidigungen zu. Ein wenig später spürte Harry an der nun kühleren Luft, dass sie den Rand des Waldes erreicht hatten.

»Halt.«

Harry glaubte, dass Hagrid gezwungen worden war, Voldemorts Befehl zu gehorchen, denn er geriet leicht ins Taumeln. Und nun legte sich dort, wo sie standen, eine Kälte über sie, und Harry hörte den rasselnden Atem der Dementoren, die am Waldrand patrouillierten. Sie würden ihm jetzt nichts anhaben können. Die Tatsache, dass er überlebt hatte, brannte in ihm, als Talisman gegen sie, als ob der Hirsch seines Vaters in seinem Herzen Wache hielte.

Jemand kam dicht an Harry vorbei, und er wusste, dass es Voldemort selbst war, da er einen Moment später sprach, mit magisch verstärkter Stimme, die über die Schlossgründe stieg und gegen Harrys Trommelfelle schlug.

»Harry Potter ist tot. Er wurde getötet, als er wegrannte, als er versuchte, sich selbst zu retten, während ihr euer Leben für ihn gegeben habt. Wir bringen euch seine Leiche zum Beweis dafür, dass euer Held gestorben ist.

Die Schlacht ist gewonnen. Ihr habt die Hälfte eurer Kämpfer verloren.

Meine Todesser sind in der Überzahl gegen euch, und der Junge, der überlebt hat, ist erledigt. Der Krieg darf nicht länger währen. Jeder, der weiterhin Widerstand leistet, ob Mann, Frau oder Kind, wird niedergemetzelt werden, wie jedes Mitglied seiner Familie. Kommt aus dem Schloss, unverzüglich, und kniet vor mir nieder, und ihr werdet verschont werden. Eure Eltern und Kinder, eure Brüder und Schwestern werden leben, und es wird ihnen verziehen, und ihr werdet euch mir anschließen in der neuen Welt, die wir gemeinsam errichten werden.«

Stille legte sich über das Gelände und auch vom Schloss her war nichts zu hören. Voldemort war Harry so nahe, dass er es nicht wagte, wieder die Augen zu öffnen.

»Komm«, sagte Voldemort, und Harry hörte ihn weitergehen, und Hagrid war gezwungen, ihm zu folgen. Jetzt öffnete Harry seine Augen einen winzigen Spaltbreit und sah Voldemort vor ihnen einherschreiten, die große Schlange Nagini, nun von ihrem verzauberten Käfig befreit, um seine Schultern. Aber Harry hatte keine Möglichkeit, den Zauberstab herauszuziehen, der unter seinem Umhang verborgen war, ohne dass es von den Todessern bemerkt worden wäre, die zu ihren beiden Seiten durch die allmählich heller werdende Dunkelheit marschierten ...

»Harry«, schluchzte Hagrid. »Oh, Harry ... Harry ...«

Harry drückte die Augen wieder fest zu. Er wusste, dass sie sich dem Schloss näherten, und spitzte die Ohren, um durch die höhnischen Stimmen und die trampelnden Schritte der Todesser irgendein Lebenszeichen von den Leuten drinnen wahrzunehmen.

»Halt.«

Die Todesser blieben stehen: Harry hörte, wie sie ausschwärmten und sich in einer Reihe vor dem offenen Portal der Schule aufstellten. Selbst durch seine geschlossenen Lider konnte er den rötlichen Schimmer sehen, der ihm sagte, dass Licht von der Eingangshalle her zu ihm herüberflutete.

Er wartete. Es konnte jetzt nur noch Momente dauern, dann würden die Menschen, für die er versucht hatte zu sterben, ihn erblicken, scheinbar tot in Hagrids Armen liegend.

»NEIN!«

Der Schrei war umso schrecklicher, da er nie erwartet oder geahnt hätte, dass Professor McGonagall einen solchen Laut von sich geben könnte. Er hörte eine andere Frau ganz in der Nähe lachen, und er wusste, dass es Bellatrix war, die McGonagalls Verzweiflung genoss. Er spähte wieder, nur eine Sekunde lang, und sah, dass sich das offene Portal nun mit Menschen füllte, die Überlebenden der Schlacht kamen heraus auf die Vordertreppe, um den Siegern entgegenzutreten und sich selbst von Harrys Tod zu überzeugen. Er sah, wie Voldemort, der nicht weit entfernt vor ihm stand, Nagini mit einem einzigen weißen Finger streichelte. Erneut schloss er die Augen.

»Nein!«

»Nein!«

»Harry! HARRY!«

Rons, Hermines und Ginnys Stimmen waren schlimmer als die von McGonagall; Harry wollte nichts sehnlicher als zurückrufen, doch er zwang sich, stumm liegen zu bleiben, und ihre Schreie waren der Auslöser dafür, dass die Menge der Überlebenden den Todessern kreischend und brüllend Beleidigungen entgegenschleuderte, bis -

»RUHE!«, rief Voldemort, es gab einen Knall und einen hellen Lichtblitz, und alle wurden zum Schweigen gezwungen. »Es ist vorbei! Leg ihn hin, Hagrid, zu meinen Füßen, wo er hingehört!«

Harry spürte, wie er ins Gras hinuntergelassen wurde.

»Seht ihr?«, sagte Voldemort, und Harry spürte ihn direkt neben der Stelle, wo er lag, hin und her gehen. »Harry Potter ist tot! Versteht ihr jetzt, ihr Betrogenen? Er war niemals etwas anderes als ein Junge, der sich darauf verließ, dass sich andere für ihn aufopferten!«

»Er hat dich besiegt!«, brüllte Ron, und der Zauber löste sich, und die Verteidiger von Hogwarts schrien und riefen erneut, bis ein zweiter, noch mächtigerer Knall ihre Stimmen von neuem erstickte.

»Er wurde getötet, als er sich vom Schlossgelände davonstehlen wollte«, sagte Voldemort und seine Stimme klang genüsslich bei dieser Lüge, »wurde getötet, als er sich selbst retten wollte.«

Aber Voldemort hielt inne: Harry hörte ein Handgemenge und einen Schrei, dann einen weiteren Knall, einen Lichtblitz und ein schmerzliches Stöhnen; er öffnete die Augen einen unendlich kleinen Spaltbreit. Jemand hatte sich aus der Menge gelöst und war auf Voldemort zugestürmt: Harry sah die Gestalt zu Boden stürzen, entwaffnet, und Voldemort warf den Zauberstab des Herausforderers lachend beiseite.

»Wen haben wir denn da?«, sagte er mit seinem leisen schlangenartigen Zischen. »Wer hat sich hier freiwillig gemeldet, um vorzuführen, was mit denen passiert, die weiterkämpfen, während die Schlacht schon verloren ist?«

Bellatrix lachte entzückt.

»Es ist Neville Longbottom, Herr! Der Junge, der den Carrows so viel Ärger gemacht hat! Der Sohn der Auroren, Ihr erinnert Euch?«

»Ah, ja, ich erinnere mich«, sagte Voldemort und blickte hinab zu Neville, der sich nun wieder aufrappelte, unbewaffnet und schutzlos im Niemandsland zwischen den Überlebenden und den Todessern. »Aber du bist ein Reinblüter, nicht wahr, mein tapferer Junge?«, fragte Voldemort Neville, der ihm gegenüberstand, die leeren Hände zu Fäusten geballt.

»Und was, wenn ich einer bin?«, erwiderte Neville laut.

»Du beweist Kampfgeist und Mut, und du bist von edler Abstammung.

Du wirst einen äußerst wertvollen Todesser abgeben. Wir brauchen Leute von deinem Schlag, Neville Longbottom.«

»Bei euch mach ich erst mit, wenn die Hölle gefriert«, sagte Neville.

»Dumbledores Armee!«, schrie er, und die Menge, die von Voldemorts Schweigezaubern offenbar nicht zu bändigen war, antwortete mit lautem Jubel.

»Na schön«, sagte Voldemort und Harry hörte in der sanften Stimme größere Gefahr lauern als im mächtigsten Fluch. »Wenn das deine Entscheidung ist, Longbottom, dann kehren wir zum ursprünglichen Plan zurück. Auf deinem Kopf«, sagte er leise, »soll es sein.«

Immer noch durch seine Wimpern spähend, sah Harry, wie Voldemort seinen Zauberstab schwang. Sekunden später flog aus einem der zersplitterten Fenster des Schlosses etwas wie ein unförmiger Vogel durch das Dämmerlicht und landete in Voldemorts Hand. Er hielt das modrige Etwas an seiner Spitze fest und schüttelte es, und da baumelte er, leer und zerschlissen: der Sprechende Hut.

»Es wird an der Schule von Hogwarts keine Auswahl mehr geben«, sagte Voldemort. »Es wird keine Häuser mehr geben. Das Wappen, der Schild und die Farben meines edlen Vorfahren Salazar Slytherin werden für jedermann genügen, nicht wahr, Neville Longbottom?«

Er richtete seinen Zauberstab auf Neville, der stocksteif und unbeweglich wurde, dann rammte er ihm den Hut auf den Kopf, dass er über seine Augen rutschte. In der Zuschauermenge vor dem Schloss gab es einige Bewegung, und die Todesser hoben ihre Zauberstäbe wie ein Mann und hielten die Kämpfer von Hogwarts in Schach.

»Neville hier wird nun vorführen, was mit jedem geschieht, der so töricht ist, mir weiterhin Widerstand zu leisten«, sagte Voldemort und mit einem Schlenker seines Zauberstabs ließ er den Sprechenden Hut in Flammen aufgehen.

Schreie gellten durch das Morgengrauen, und als Neville lichterloh brannte, wie zu Stein erstarrt, unfähig, sich zu rühren, konnte Harry es nicht mehr länger ertragen: Er musste handeln -

Und dann passierten viele Dinge gleichzeitig.

Sie hörten einen Tumult von der fernen Grenze des Schulgeländes her, und es klang, als schwärmten Hunderte von Menschen über die Mauern, die außer Sicht waren, und stürmten unter lautem Kriegsgeschrei auf das Schloss zu. Zur selben Zeit kam Grawp um die Ecke des Schlosses herumgetrampelt und rief: »HAGGER!« Voldemorts Riesen beantworteten seinen Schrei mit Gebrüll: Sie rannten wie Elefantenbullen auf Grawp zu, dass die Erde erbebte. Dann kam Hufgeklapper, Bogen schwirrten, und plötzlich schossen Pfeile in die Reihe der Todesser, die mit überraschten Schreien auseinanderstoben. Harry zog den Tarnumhang aus seinem Umhang, warf ihn sich über und sprang auf die Beine, als auch Neville sich bewegte.

Mit einer raschen, flüssigen Bewegung warf Neville den Körperklammer-Fluch ab; der lodernde Hut fiel ihm vom Kopf, und aus seinen Tiefen zog er einen silbernen Gegenstand hervor, mit einem glitzernden, rubinbesetzten Griff -

Der Hieb der silbernen Klinge war im Gebrüll der herannahenden Menge, im Lärm der sich aufeinanderwerfenden Riesen und heranstürmenden Zentauren nicht zu hören, und doch schien er alle Blicke auf sich zu ziehen. Mit einem einzigen Schlag schnitt Neville der großen Schlange den Kopf ab, der hoch in die Luft wirbelte und in dem Licht schimmerte, das aus der Eingangshalle flutete, und Voldemorts Mund stand offen, und ein Wutschrei entfuhr ihm, den niemand hören konnte, und der Körper der Schlange fiel dumpf auf die Erde zu seinen Füßen -

Unter dem Tarnumhang versteckt, warf Harry einen Schildzauber zwischen Neville und Voldemort, bevor dieser seinen Zauberstab heben konnte. Und dann drang durch die Schreie und das Gebrüll und das donnernde Gestampfe der kämpfenden Riesen Hagrids Schrei, der lauteste von allen.

»HARRY!«, brüllte Hagrid. »HARRY! – WO IST HARRY?«

Es herrschte Chaos. Die angreifenden Zentauren trieben die Todesser auseinander, alle flohen vor den stampfenden Füßen der Riesen, und die herandonnernde Verstärkung, von der keiner wusste, woher sie gekommen war, rückte immer näher; Harry sah, wie große geflügelte Wesen Voldemorts Riesen um die Köpfe flogen, wie Thestrale und der Hippogreif Seidenschnabel ihnen die Augen auskratzten, während Grawp mit den Fäusten auf sie einschlug und eintrommelte; und nun wurden die Zauberer, die Verteidiger von Hogwarts und Voldemorts Todesser gleichermaßen, zurück in das Schloss gezwungen. Harry schoss Zauber und Flüche gegen jeden Todesser ab, den er zu Gesicht bekam, und sie brachen zusammen, ohne zu wissen, was oder wer sie getroffen hatte, und die sich zurückziehende Menge trampelte über ihre Körper hinweg.

Noch immer unter dem Tarnumhang versteckt, wurde Harry in die Eingangshalle gedrängt: Er suchte nach Voldemort und sah ihn auf der anderen Seite des Raumes mit seinem Zauberstab Flüche abfeuern und in die Große Halle zurückweichen, und er schrie nach wie vor seinen Anhängern Befehle zu, während er Zauber nach rechts und links schickte; Harry brachte noch mehr Schildzauber hervor, und Seamus Finnigan und Hannah Abbott, die sonst Voldemort zum Opfer gefallen wären, jagten an ihm vorbei in die Große Halle, wo sie sich in den Kampf stürzten, der dort bereits in vollem Gange war.

Und nun stürmten mehr, noch mehr Leute die Vordertreppe hoch, und Harry sah, wie Charlie Weasley Horace Slughorn überholte, der immer noch seinen smaragdgrünen Pyjama anhatte. Offenbar waren sie an der Spitze einer Gruppe von Familien und Freunden all jener Hogwarts-Schüler zurückgekehrt, die geblieben waren, um zu kämpfen, zusammen mit den Ladeninhabern und Hausbesitzern von Hogsmeade. Die Zentauren Bane, Ronan und Magorian platzten gerade mit lautem Hufgeklapper in die Halle, als hinter Harry die Tür zu den Küchen aus den Angeln gesprengt wurde.

Die Hauselfen von Hogwarts schwärmten in die Eingangshalle, schreiend und Tranchiermesser und Hackbeile schwingend, angeführt von Kreacher, an dessen Brust das Medaillon von Regulus Black baumelte und dessen Ochsenfroschstimme selbst in all dem Getöse noch vernehmbar war: »Kämpft! Kämpft! Kämpft für meinen Herrn, den Beschützer der Hauselfen! Kämpft gegen den Dunklen Lord, im Namen des tapferen Regulus! Kämpft!«

Sie hackten und stachen auf die Knöchel und Schienbeine der Todesser ein, die kleinen Gesichter voller Heimtücke, und wo Harry auch hinblickte, brachen Todesser unter der schieren Überzahl ein, die von Zaubern besiegt waren, die Pfeile aus Wunden zogen, denen Elfen ins Bein gestochen hatten oder die einfach versuchten zu entkommen, doch in der heranstürmenden Horde untergingen.

Aber noch war es nicht vorüber: Harry eilte zwischen Duellanten hindurch, an sich sträubenden Gefangenen vorbei in die Große Halle.

Voldemort stand im Zentrum der Schlacht, er schlug und quälte alle, die in seiner Reichweite waren. Harry kam nicht frei zum Schuss, kämpfte sich aber näher heran, immer noch unsichtbar, und die Große Halle füllte sich mehr und mehr, da alles, was Beine hatte, sich hineinzwängte.

Harry sah, wie Yaxley von George und Lee Jordan niedergeschlagen wurde, wie Dolohow schreiend von Flitwick gefällt wurde, wie Waiden Macnair von Hagrid quer durch den Raum geschleudert wurde, gegen die steinerne Wand auf der anderen Seite krachte und bewusstlos zu Boden rutschte. Er sah, wie Ron und Neville Fenrir Greyback zu Fall brachten, wie Aberforth Rookwood schockte, Arthur und Percy Thicknesse niedermachten und Lucius und Narzissa Malfoy durch die Menge rannten und nicht einmal versuchten zu kämpfen, sondern nach ihrem Sohn schrien.

Voldemort kämpfte nun gegen McGonagall, Slughorn und Kingsley gleichzeitig, und kalter Hass stand ihm ins Gesicht geschrieben, während sie sich um ihn herumschlängelten und duckten, außerstande, ihm den letzten Schlag zu versetzen -

Auch Bellatrix kämpfte noch, etwa fünfzig Meter von Voldemort entfernt, und wie ihr Herr schlug sie sich mit dreien auf einmal: mit Hermine, Ginny und Luna, die alle ihr Bestes gaben, doch Bellatrix war ihnen ebenbürtig, und Harrys Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als ein Todesfluch so nahe an Ginny vorbeischoss, dass sie dem Tod nur um Zentimeter entgingEr rannte in die andere Richtung, stürzte auf Bellatrix statt auf Voldemort zu, doch nach wenigen Schritten wurde er zur Seite gestoßen.

»NICHT MEINE TOCHTER, DU SCHLAMPE!«

Mrs Weasley warf im Laufen ihren Umhang von sich, um die Arme frei zu haben. Bellatrix drehte sich um sich selbst, brüllend vor Lachen, als sie ihre neue Herausforderin erblickte.

»AUS DEM WEG!«, rief Mrs Weasley den drei Mädchen zu und mit einem ausladenden Schwung ihres Zauberstabs eröffnete sie das Duell.

Harry beobachtete, erschrocken und begeistert zugleich, wie Molly Weasleys Zauberstab peitschte und wirbelte und wie Bellatrix Lestranges Lächeln verschwand und zu einem Zähnefletschen wurde. Lichtstrahlen schossen aus beiden Zauberstäben, der Boden rund um die Füße der Hexen wurde heiß und rissig; beide Frauen kämpften auf Leben und Tod.

»Nein!«, schrie Mrs "Weasley, als einige Schüler vorwärtsstürmten und ihr zu Hilfe kommen wollten. »Zurück! Zurück! Sie gehört mir!«

Hunderte von Leuten standen nun an den Wänden ringsum und beobachteten die beiden Kämpfe, den von Voldemort und seinen drei Gegnern und den zwischen Bellatrix und Molly, und Harry verharrte unsichtbar, hin- und hergerissen zwischen beiden, wollte angreifen, aber auch beschützen und konnte nicht sicher sein, dass er dabei nicht die Unschuldigen treffen würde.

»Was wird aus deinen Kindern, wenn ich dich getötet habe?«, spottete Bellatrix, wahnsinnig wie ihr Herr und auf der Stelle hüpfend, während Mollys Flüche um sie herumtanzten. »Wenn es Mami so ergangen ist wie Freddy?«

»Du – wirst – nie – wieder – unsere – Kinder – anrühren!«, schrie Mrs Weasley.

Bellatrix lachte, genauso übermütig, wie ihr Cousin Sirius gelacht hatte, als er rücklings durch den Schleier gestürzt war, und plötzlich wusste Harry, was im nächsten Moment passieren würde.

Mollys Fluch rauschte unter Bellatrix' ausgestrecktem Arm hindurch und traf sie mitten auf die Brust, direkt über dem Herzen.

Bellatrix' hämisches Grinsen erstarrte, ihre Augen schienen hervorzuquellen: Für den Bruchteil einer Sekunde wusste sie, was geschehen war, dann kippte sie vornüber, und die Zuschauermenge brüllte, und Voldemort schrie.

Harry kam es vor, als würde er sich in Zeitlupe umdrehen; er sah, wie es McGonagall, Kingsley und Slughorn nach hinten schleuderte, wie sie, sich windend und mit den Armen rudernd, durch die Luft flogen, als Voldemorts Zorn über den Sturz seiner letzten und besten Getreuen mit der Wucht einer Bombe explodierte. Voldemort hob seinen Zauberstab und richtete ihn auf Molly Weasley.

»Protego!«, brüllte Harry, sein Schildzauber breitete sich in der Mitte der Halle aus, und Voldemort starrte umher auf der Suche nach dem Urheber, als Harry sich endlich den Tarnumhang herunterriss.

Der Schreckensschrei, der Jubel, die Rufe von allen Seiten – »Harry!«,

»ER LEBT!« –, sie erstarben auf der Stelle. Die Menge hatte Angst, und schlagartig trat vollkommene Stille ein, als Voldemort und Harry sich ansahen und im selben Moment begannen, im Kreis umeinander herumzugehen.

»Ich will keine Hilfe von irgendjemandem«, sagte Harry laut und in der absoluten Stille trug seine Stimme wie ein Trompetensignal. »Es muss so sein. Ich muss es selber tun. «

Voldemort zischte.

»Potter meint es nicht so«, sagte er, seine roten Augen geweitet. »Das ist doch nicht seine Art, oder? Wen wirst du heute als Schild benutzen, Potter?«

»Niemanden«, sagte Harry bloß. »Es gibt keine Horkruxe mehr. Nur uns beide. Keiner kann leben, während der Andere überlebt, und einer von uns wird gleich endgültig verschwinden ...«

»Einer von uns?«, höhnte Voldemort, und sein ganzer Körper war angespannt, und die roten Augen starrten, eine Schlange, die gleich zuschlagen würde. »Du glaubst, du wirst es sein, nicht wahr, der Junge, der durch Zufall überlebt hat und weil Dumbledore die Fäden in der Hand hielt?«

»Zufall war es also, als meine Mutter starb, um mich zu retten?«, fragte Harry. Sie bewegten sich beide immer noch seitwärts in einem vollkommenen Kreis, wahrten stets denselben Abstand voneinander, und für Harry existierte kein anderes Gesicht als das Voldemorts. »Zufall, als ich beschloss, auf jenem Friedhof zu kämpfen? Zufall, dass ich mich heute Nacht nicht verteidigt und dennoch überlebt habe und zurückkam, um wieder zu kämpfen?«

»Zufälle!«, schrie Voldemort, aber nach wie vor schlug er nicht zu, und die Menge ringsrum war erstarrt, wie versteinert, und von den Hunderten in der Halle schien niemand zu atmen außer den beiden. »Zufall und Glück und die Tatsache, dass du dich heulend hinter den Rücken bedeutenderer Männer und Frauen geduckt und es zugelassen hast, dass ich sie statt deiner töte!«

»Du wirst heute Nacht niemanden mehr töten«, sagte Harry, während sie weiter im Kreis gingen und sich in die Augen starrten, Grün in Rot. »Du wirst nicht in der Lage sein, je wieder irgendeinen von ihnen zu töten.

Begreifst du es nicht? Ich war bereit zu sterben, um dich daran zu hindern, diesen Menschen etwas anzutun -«

»Aber du bist nicht gestorben! «

»- ich wollte es und das war entscheidend. Ich habe getan, was meine Mutter getan hat. Sie sind vor dir geschützt. Hast du nicht bemerkt, dass keiner der Zauber, die du auf sie gelegt hast, bindende Kraft hat? Du kannst sie nicht foltern. Du kannst ihnen nichts anhaben. Du lernst nicht aus deinen Fehlern, Riddle, oder?«

»Du wagst es -«

»Ja, ich wage es«, sagte Harry. »Ich weiß Dinge, die du nicht weißt, Tom Riddle. Ich weiß viele wichtige Dinge, die du nicht weißt. Willst du welche hören, ehe du einen weiteren großen Fehler machst?«

Voldemort sagte nichts, ging nur lauernd im Kreis, und Harry wusste, dass er ihn vorläufig noch bannte und in Schach hielt, dass ihn auch nur der Hauch einer Möglichkeit zügelte, dass Harry tatsächlich ein letztes Geheimnis kennen könnte ...

»Ist es wieder die Liebe?«, sagte Voldemort mit einem höhnischen Grinsen auf seinem Schlangengesicht, »Dumbledores Lieblingsrezept, Liebe, die, wie er behauptete, den Tod besiegen würde, auch wenn Liebe es nicht verhindert hat, dass er vom Turm fiel und wie eine alte Wachsfigur zerbrach? Liebe, die mich nicht davon abhielt, deine Schlammblutmutter wie eine Kakerlake zu zertreten, Potter – und diesmal scheint dich keiner genug zu lieben, um herbeizurennen und meinen Fluch auf sich zu nehmen.

Was wird also diesmal verhindern, dass du stirbst, wenn ich zuschlage?«

»Nur eines«, sagte Harry, und sie gingen immer noch im Kreis, aneinander gebunden, auf Abstand gehalten nur durch das letzte Geheimnis.

»Wenn es nicht Liebe ist, die dich diesmal retten wird«, sagte Voldemort, »dann glaubst du wohl, dass du magische Kräfte besitzt, die ich nicht besitze, oder aber eine Waffe, die mächtiger ist als meine?«

»Ich glaube, beides«, sagte Harry, und er sah einen erschrockenen Ausdruck über das schlangenartige Gesicht huschen, der sich jedoch im nächsten Augenblick verflüchtigte; Voldemort begann zu lachen, und es hörte sich furchterregender an als seine Schreie; humorlos und wahnsinnig, erfüllte sein Lachen die stille Halle mit seinem Echo.

»Du denkst, du beherrschst mehr Magie als ich?«, sagte er. »Als ich, als Lord Voldemort, der Zauber vollbracht hat, die sich selbst Dumbledore nicht im Traum vorstellen konnte?«

»Oh, er konnte es«, sagte Harry, »aber er wusste mehr als du, er wusste genug, um das nicht zu tun, was du getan hast.«

»Du meinst, er war schwach!«, schrie Voldemort. »Zu schwach, um etwas zu wagen, zu schwach, um sich zu nehmen, was ihm vielleicht hätte gehören können, was nun mein sein wird!«

»Nein, er war klüger als du«, sagte Harry, »ein besserer Zauberer, ein besserer Mann.«

»Ich habe den Tod von Albus Dumbledore herbeigeführt!«

»Das dachtest du«, sagte Harry, »aber du hast dich geirrt.«

Die Menge der Zuschauer rührte sich zum ersten Mal, als die Hunderte an den Wänden gleichzeitig Atem holten.

»Dumbledore ist tot!« Voldemort schleuderte Harry die Worte entgegen, als ob sie ihm unerträgliche Schmerzen bereiteten. »Seine Leiche vermodert in dem Marmorgrab auf diesem Schlossgelände, ich habe sie gesehen, Potter, und er wird nicht zurückkehren!«

»Ja, Dumbledore ist tot«, sagte Harry ruhig, »aber du hast ihn nicht töten lassen. Er wählte selbst, wie er sterben wollte, tat dies, Monate bevor er starb, bereitete alles gemeinsam mit dem Mann vor, den du für deinen Diener gehalten hast.«

»Was für ein kindischer Wunschtraum ist das?«, sagte Voldemort, und doch schlug er immer noch nicht zu, und seine roten Augen waren unverwandt auf die von Harry gerichtet.

»Severus Snape war nicht dein Mann«, sagte Harry. »Snape war Dumbledores Mann, er war von dem Moment an Dumbledores Mann, als du anfingst, meine Mutter zu jagen. Und du hast es nie erkannt, wegen der einen Sache, die du nicht verstehen kannst. Du hast nie gesehen, wie Snape einen Patronus hervorbrachte, oder, Riddle?«

Voldemort antwortete nicht. Sie gingen weiter umeinander herum wie Wölfe, die sich gleich in Stücke reißen würden.

»Snapes Patronus war eine Hirschkuh«, sagte Harry, »genau wie der meiner Mutter, weil er sie fast sein ganzes Leben lang geliebt hat, schon seit sie Kinder waren. Das hättest du erkennen müssen«, sagte er, und er sah, wie Voldemorts Nüstern sich blähten, »er hat dich gebeten, ihr Leben zu verschonen, richtig?«

»Er begehrte sie, nichts weiter«, höhnte Voldemort, »doch als sie tot war, sah er ein, dass es auch andere Frauen gab, und von reinerem Blut, die seiner würdiger waren -«

»Natürlich hat er das zu dir gesagt«, erwiderte Harry, »aber er war Dumbledores Spion von dem Moment an, als du sie bedroht hast, und er hat seither immer gegen dich gearbeitet! Dumbledore war schon beinahe tot, als Snape ihm den letzten Stoß versetzte!«

»Das ist nicht von Bedeutung!«, kreischte Voldemort, der jedes Wort mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt hatte, nun jedoch ein gackerndes irres Gelächter ausstieß. »Es ist nicht von Bedeutung, ob Snape mein oder Dumbledores Mann war oder welch kleine Steine sie mir in den Weg zu legen versuchten! Ich habe sie zertreten, wie ich deine Mutter zertreten habe, Snapes angebliche große Liebe! Oh, aber das passt alles zusammen, Potter, und auf eine Weise, die du nicht verstehst!

Dumbledore versuchte mich daran zu hindern, in den Besitz des Eiderstabs zu gelangen! Er wollte, dass Snape der wahre Herr dieses Stabes wird! Aber ich war vor dir dort, kleiner Junge – ich war bei dem Zauberstab, bevor du ihn in die Hände bekommen konntest, ich hatte die Wahrheit begriffen, ehe du so weit warst. Ich habe Severus Snape vor drei Stunden getötet, und der Elderstab, der Todesstab, der Zauberstab des Schicksals, ist wahrhaft mein! Dumbledores letzter Plan ist misslungen, Harry Potter! «

»Jaah, allerdings«, sagte Harry. »Du hast Recht. Aber bevor du versuchst mich zu töten, würde ich dir raten, darüber nachzudenken, was du getan hast ... denk nach, und versuch ein wenig zu bereuen, Riddle ...«

»Was soll das heißen?«

Nichts, was Harry zu ihm gesagt hatte, keine Enthüllung und kein Spott, hatte Voldemort so heftig schockiert wie dies. Harry sah, wie sich seine Pupillen zu schmalen Schlitzen verengten, sah die Haut um seine Augen weiß werden.

»Das ist deine letzte Chance«, sagte Harry, »das ist alles, was dir noch bleibt ... ich habe gesehen, was du andernfalls sein wirst ... sei ein Mann ... versuch es ... versuch ein wenig zu bereuen ...«

»Du wagst es -?«, sagte Voldemort erneut.

»Ja, ich wage es«, erwiderte Harry, »weil Dumbledores letzter Plan zwar nach hinten losging, aber nicht gegen mich. Sondern gegen dich, Riddle.«

Der Elderstab zitterte in Voldemorts Hand und Harry umschloss Dracos Zauberstab ganz fest. Der Moment, das wusste er, war nur noch Sekunden entfernt.

»Dieser Zauberstab arbeitet immer noch nicht richtig für dich, weil du den Falschen ermordet hast. Severus Snape war nie der wahre Herr über den Elderstab. Er hat Dumbledore nie besiegt.«

»Er tötete -«

»Hörst du nicht zu? Snape hat Dumbledore nie geschlagen! Sie haben Dumbledores Tod untereinander vereinbart! Dumbledore hatte die Absicht, unbesiegt zu sterben, als der letzte wahre Herr über den Zauberstab! Wenn alles so gelaufen wäre wie geplant, wäre die Macht des Zauberstabs mit ihm untergegangen, weil er ihm nie abgerungen wurde!«

»Aber dann, Potter, hat Dumbledore mir den Zauberstab so gut wie geschenkt!« Voldemorts Stimme bebte vor boshaftem Vergnügen. »Ich habe den Zauberstab aus dem Grab seines letzten Herrn gestohlen! Ich habe ihn gegen den Wunsch seines letzten Herrn an mich genommen! Seine Macht gehört mir!«

»Du begreifst es immer noch nicht, Riddle, oder? Den Zauberstab zu besitzen genügt nicht! Ihn zu halten, ihn zu gebrauchen macht ihn nicht wirklich zu deinem eigenen. Hast du Ollivander nicht zugehört? Der Zauberstab sucht sich den Zauberer ... der Elderstab erkannte einen neuen Herrn, ehe Dumbledore starb, jemanden, der ihn nie auch nur berührt hatte.

Der neue Herr nahm Dumbledore den Zauberstab gegen seinen Willen ab, und ihm war nie bewusst, was er da eigentlich getan hatte, und auch nicht, dass der gefährlichste Zauberstab der Welt sich ihm unterworfen hatte ...«

Voldemorts Brust hob und senkte sich rasch, und Harry konnte den Fluch kommen spüren, konnte spüren, wie er sich in dem Zauberstab, der auf sein Gesicht gerichtet war, aufbaute.

»Der wahre Herr über den Elderstab war Draco Malfoy.«

Blankes Entsetzen trat für einen Moment in Voldemorts Gesicht, doch dann war es wieder verschwunden.

»Aber was spielt das für eine Rolle?«, sagte er leise. »Selbst wenn du Recht hast, Potter, ändert sich nichts für dich und mich. Du hast den Phönixstab nicht mehr: In unserem Duell hier zählen also nur unsere Fähigkeiten ... und wenn ich dich getötet habe, kann ich mich um Draco Malfoy kümmern.«

»Aber da kommst du zu spät«, sagte Harry. »Du hast deine Chance verpasst. Ich war zuerst da. Ich habe Draco schon vor Wochen überwältigt.

Ich habe ihm diesen Zauberstab abgenommen.«

Harry zuckte kurz mit dem Weißdorn-Zauberstab und er spürte aller Augen in der Halle auf ihm ruhen.

»Also geht es nur noch um die eine Frage, oder?«, flüsterte Harry.

»Weiß der Zauberstab in deiner Hand, dass sein letzter Herr entwaffnet wurde? Denn wenn er es weiß ... dann bin ich der wahre Herr über den Elderstab. «

Eine rotgoldene Glut ergoss sich plötzlich über den verzauberten Himmel über ihnen, als der Rand der gleißenden Sonne am Sims des nächsten Fensters auftauchte. Das Licht traf ihre beiden Gesichter gleichzeitig und das von Voldemort war mit einem Mal ein flammender Fleck. Harry hörte die hohe Stimme kreischen, als auch er in größter Hoffnung zum Himmel flehend schrie und mit Dracos Zauberstab zielte.

»Avada Kedavra!«

»Expelliarmus!«

Der Knall war wie ein Kanonenschlag, und die goldenen Flammen, die zwischen ihnen in der leeren Mitte des Kreises aufloderten, den sie beschritten hatten, kennzeichneten die Stelle, wo die Zauber zusammenstießen. Harry sah Voldemorts grünen Strahl auf seinen eigenen Zauber treffen, sah den Elderstab in die Höhe fliegen, dunkel gegen den Sonnenaufgang, sah ihn quer über die verzauberte Decke trudeln wie den Kopf von Nagini, durch die Luft zu seinem Herrn hin wirbeln, den er nicht töten würde und der gekommen war, um ihn endlich ganz in Besitz zu nehmen. Und Harry fing den Zauberstab mit der unfehlbaren Sicherheit des Suchers in seiner freien Hand auf, während Voldemort mit ausgebreiteten Armen nach hinten fiel und die schlitzartigen Pupillen seiner roten Augen sich nach oben drehten. Tom Riddle schlug mit banaler Endgültigkeit auf dem Boden auf, mit schwachem und zusammengeschrumpftem Körper und leeren weißen Händen, das schlangenartige Gesicht ausdruckslos und unwissend. Voldemort war tot, getötet von seinem eigenen zurückprallenden Fluch, und Harry stand mit zwei Zauberstäben in der Hand da und starrte hinunter auf die Hülle seines toten Feindes.

Eine zittrige Sekunde lang herrschte Stille, blieb der Schrecken dieses Augenblicks in der Schwebe: Und dann brach der Tumult um Harry los, die Schreie und der Jubel und das Gebrüll der Zuschauer gellten durch die Luft. Die glühende neue Sonne ließ die Fenster erstrahlen, als sie auf ihn zudonnerten, und die Ersten, die ihn erreichten, waren Ron und Hermine, und es waren ihre Arme, die sich um ihn schlangen, ihre unverständlichen Rufe, die ihn betäubten. Dann waren Ginny, Neville und Luna da, und dann alle Weasleys und Hagrid, und Kingsley und McGonagall und Flitwick und Sprout, und Harry verstand kein Wort von dem, was alle schrien, noch wusste er, wessen Hände ihn packten, an ihm zogen, versuchten, irgendeinen Teil von ihm an sich zu drücken, Hunderte von ihnen drängten herbei, alle wollten unbedingt den Jungen, der überlebte, berühren, der dafür gesorgt hatte, dass es endlich vorbei war -

Die Sonne ging stetig über Hogwarts auf, und die Große Halle glühte vor Leben und Licht. Harry war unerlässlich bei den gemischten Gefühlsausbrüchen rundum, bei Jubel und Trauer, Kummer und Triumph.

Sie wollten ihn hier bei sich haben, ihren Anführer und ihre Symbolfigur, ihren Retter und ihren Lotsen, und dass er nicht geschlafen hatte, dass er sich nach der Gesellschaft nur weniger von ihnen sehnte, schien niemandem in den Sinn zu kommen. Er musste zu den Trauernden sprechen, ihre Hände drücken, ihre Tränen bezeugen, ihren Dank entgegennehmen, sich die Neuigkeiten anhören, die nun, da der Morgen verging, aus allen Richtungen zu ihnen drangen, wonach diejenigen, die im ganzen Land unter dem Imperius-Fluch gestanden hatten, wieder zu sich gekommen waren, wonach Todesser flohen oder aber gefangen wurden, wonach die Unschuldigen von Askaban gerade in diesem Moment freigelassen wurden und Kingsley Shacklebolt zum einstweiligen Zaubereiminister ernannt worden war ...

Sie brachten Voldemorts Leiche weg und legten sie in eine Kammer neben der Halle, abseits der Leichen von Fred, Tonks, Lupin, Colin Creevey und fünfzig anderen, die im Kampf gegen ihn gestorben waren.

McGonagall hatte die Haustische wieder aufgestellt, aber niemand saß mehr dort, wo er seinem Haus nach hingehörte :

Alle waren bunt durcheinandergewürfelt, Lehrer und Schüler, Gespenster und Eltern, Zentauren und Hauselfen, und Firenze lag in einer Ecke, um sich zu erholen, und als Grawp durch ein zerschmettertes Fenster hereinlugte, warfen sie ihm Essen in seinen lachenden Mund. Nach einer Weile fand sich Harry unversehens, erschöpft und ausgelaugt, auf einer Bank neben Luna wieder.

»Wenn ich du wäre, würde ich ein bisschen Ruhe und Frieden haben wollen«, sagte sie.

»Nur zu gerne«, erwiderte er.

»Ich lenk sie alle ab«, sagte sie. »Nimm deinen Tarnumhang.«

Und ehe er ein Wort sagen konnte, hatte sie aus dem Fenster gedeutet und gerufen: »Oooh, schaut mal, ein Schlibbriger Summlinger!« Alle, die es hörten, drehten sich um, und Harry ließ den Tarnumhang über sich gleiten und stand auf.

Nun konnte er ungestört durch die Halle gehen. Zwei Tische weiter entdeckte er Ginny; sie saß da, mit dem Kopf an der Schulter ihrer Mutter: Sie würden später noch Zeit haben zu reden, Stunden und Tage und vielleicht Jahre Zeit. Er sah Neville, der das Schwert von Gryffindor neben seinem Teller liegen hatte, während er aß, inmitten einer Traube von glühenden Bewunderern. Er schritt den Gang zwischen den Tischen entlang, und sein Blick fiel auf die drei Malfoys, die sich eng aneinander drängten, als wären sie nicht sicher, ob sie hier erwünscht waren, aber niemand achtete auf sie. Wo immer er hinschaute, sah er wiedervereinte Familien, und endlich erblickte er die beiden, deren Gesellschaft er am meisten ersehnte.

»Ich bin's«, murmelte er und kauerte sich zwischen sie. »Kommt ihr mit?«

Sie standen sofort auf, und gemeinsam verließen er, Ron und Hermine die Große Halle. An der Marmortreppe fehlten große Stücke, Teile des Geländers waren weg, und als sie hinaufstiegen, stießen sie alle paar Schritte auf Trümmer und Blutflecken.

Irgendwo in der Ferne konnten sie Peeves durch die Korridore sausen und ein selbst verfasstes Siegeslied singen hören: Wir ham sie vermöbelt, Klein Potter, der war's, Und Voldy, der modert, und wir ham jetzt Spaß!

»Da wird einem erst richtig klar, was für eine große Tragödie das war, oder?«, sagte Ron und drückte eine Tür auf, um Harry und Hermine durchzulassen.

Das Glück würde kommen, dachte Harry, aber im Augenblick war es von Erschöpfung überdeckt, und der Schmerz über den Verlust von Fred und Lupin und Tonks versetzte ihm alle paar Schritte einen Stich wie eine körperliche Wunde. Vor allem andern verspürte er ungeheure Erleichterung und ein großes Bedürfnis nach Schlaf. Doch zunächst schuldete er Ron und Hermine eine Erklärung, sie hatten so lange zu ihm gehalten und hatten die Wahrheit verdient. In allen Einzelheiten berichtete er, was er im Denkarium gesehen hatte und was im Verbotenen Wald geschehen war, und sie hatten noch nicht einmal ansatzweise ihr ganzes Entsetzen und ihr Erstaunen zum Ausdruck gebracht, als sie endlich an dem Ort ankamen, zu dem sie gegangen waren, auch wenn keiner von ihnen ihr Ziel erwähnt hatte.

Seit er den Wasserspeier, der den Eingang zum Büro des Schulleiters bewachte, das letzte Mal gesehen hatte, war er beiseitegestoßen worden; er stand schief da und wirkte ein wenig angeschlagen, und Harry fragte sich, ob er noch Passwörter erkennen konnte.

»Können wir nach oben gehen?«, fragte er den Wasserspeier.

»Nur zu«, stöhnte die Statue.

Sie kletterten über ihn hinweg auf die steinerne Wendeltreppe, die sich langsam aufwärtsbewegte wie eine Rolltreppe. Oben angekommen, drückte Harry die Tür auf.

Ihm blieb nur ein kurzer Blick auf das steinerne Denkarium, das auf dem Schreibtisch stand, wo er es zurückgelassen hatte, dann ließ ihn ein ohrenbetäubender Lärm laut aufschreien, und er dachte an Flüche und zurückkehrende Todesser und die Wiedergeburt Voldemorts -

Aber es war Applaus. Ringsumher an der Wand bereiteten ihm die Schulleiter und Schulleiterinnen von Hogwarts eine stehende Ovation; sie schwangen ihre Hüte und manche ihre Perücken, sie streckten die Arme durch ihre Rahmen und fassten sich an den Händen; sie tanzten auf den Stühlen herum, in denen sie gemalt worden waren; Dilys Derwent schluchzte hemmungslos, Dexter Fortescue schwang sein Hörrohr; und Phineas Nigellus rief mit seiner hohen, schrillen Stimme: »Und wohlgemerkt, das Haus Slytherin hat seine Rolle gespielt! Vergesst unseren Beitrag nicht!«

Aber Harry hatte nur Augen für den Mann, der in dem größten Porträt direkt hinter dem Stuhl des Schulleiters stand. Tränen liefen hinter der Halbmondbrille in den langen silbernen Bart hinunter, und der Stolz und die Dankbarkeit, die er ausströmte, war Balsam für Harry wie der Gesang des Phönix.

Schließlich hob Harry die Hände, und die Porträts verstummten respektvoll, strahlten und wischten sich die Augen und warteten begierig darauf, dass er sprach. Er richtete seine Worte jedoch an Dumbledore und wählte sie mit äußerster Sorgfalt. Obwohl er erschöpft war und vor Müdigkeit kaum aus den Augen schauen konnte, musste er noch einen letzten Kraftakt bewältigen, einen letzten Rat suchen.

»Das Ding, das in dem Schnatz verborgen war«, begann er, »das habe ich im Wald fallen lassen. Ich weiß nicht genau, wo, aber ich werde nicht mehr danach suchen. Sind Sie einverstanden?«

»Mein lieber Junge, ja«, sagte Dumbledore, während die anderen Porträts verwirrt und neugierig dreinschauten. »Eine weise und mutige Entscheidung, aber nicht weniger, als ich von dir erwartet hätte. Weiß sonst jemand, wo er hingefallen ist? «

»Niemand«, sagte Harry und Dumbledore nickte zufrieden.

»Das Geschenk von Ignotus werde ich allerdings behalten«, sagte Harry und Dumbledore strahlte.

»Aber natürlich, Harry, es gehört für immer dir, bis du es weitergibst!«

»Und dann ist da noch der hier.«

Harry hielt den Elderstab empor, und Ron und Hermine blickten ihn mit einer Ehrfurcht an, die Harry, so benebelt und schlafbedürftig er auch war, nicht gerne sah.

»Ich will ihn nicht haben«, sagte Harry.

»Was?«, sagte Ron laut. »Bist du verrückt?«

»Ich weiß, er ist mächtig«, erwiderte Harry müde. »Aber mit meinem eigenen war ich glücklicher. Also ...«

Er stöberte in dem Beutel um seinen Hals und zog die beiden Hälften des Stechpalmenstabs hervor, die nach wie vor bloß von einer äußerst feinen Faser einer Phönixfeder zusammengehalten wurden. Hermine hatte gesagt, er könne nicht repariert werden, der Schaden sei zu gravierend. Er wusste nur, wenn dies nicht funktionieren würde, dann würde gar nichts helfen.

Er legte den zerbrochenen Zauberstab auf den Schreibtisch des Schulleiters, berührte ihn mit der äußersten Spitze des Eiderstabs und sagte:

»Reparo.«

Als der Zauberstab sich wieder zusammenfügte, stoben rote Funken aus seinem Ende hervor. Harry wusste, dass es ihm gelungen war. Er nahm den Zauberstab aus Stechpalme und Phönixfeder hoch und spürte eine plötzliche Wärme in seinen Fingern, als ob Zauberstab und Hand sich darüber freuten, dass sie wieder vereint waren.

»Den Elderstab«, sagte er zu Dumbledore, der ihn mit größter Zuneigung und Bewunderung beobachtete, »bringe ich wieder dorthin, wo er herkam. Dort kann er bleiben. Wenn ich eines natürlichen Todes sterbe, wie Ignotus, wird seine Macht gebrochen sein, nicht wahr? Der letzte Herr ist dann nie besiegt worden. Das wird sein Ende sein. «

Dumbledore nickte. Sie lächelten einander an.

»Bist du sicher?«, sagte Ron. Eine winzige Spur Sehnsucht lag in seiner Stimme, während er den Elderstab betrachtete.

»Ich glaube, Harry hat Recht«, sagte Hermine leise.

»Dieser Zauberstab ist den ganzen Ärger nicht wert«, sagte Harry. »Und ganz ehrlich«, er wandte sich von den gemalten Porträts ab und dachte jetzt nur noch an das Himmelbett, das im Gryffindor-Turm auf ihn wartete, wobei er sich fragte, ob Kreacher ihm vielleicht ein Sandwich dort hinaufbringen würde, »ich hatte für mein Leben genug Ärger.«