"Gustav Meyrink. Der Golem (Голем. На немецком языке)" - читать интересную книгу автора

Loisa, Jaromir und Rosina sah ich, als sie noch Kinder waren, oft
harmlos im Hof zu dritt spielen.
Die Zeit aber ist lang vorbei.
Den ganzen Tag ist Loisa jetzt hinter dem rothaarigen Judenm¤del her.
Zuweilen sucht er sie lange umsonst, und wenn er sie nirgends finden
kann, dann schleicht er sich vor meine Tмr und wartet mit verzerrtem
Gesicht, daџ sie heimlich hierher komme.
Da sehe ich ihn, wenn ich bei meiner Arbeit sitze, im Geiste drauџen in
dem winkligen Gange lauern, den Kopf mit dem ausgemergelten Genick horchend
vorgebeugt.
Manchmal bricht dann durch die Stille plжtzlich ein wilder L¤rm.
Jaromir, der taubstumm ist, und dessen ganzes Denken eine
ununterbrochene wahnsinnige Gier nach Rosina erfмllt, irrt wie ein wildes
Tier im Hause umher, und sein unartikuliertes heulendes Gebell, das er, vor
Eifersucht und Argwohn halb von Sinnen, ausstжџt, klingt so schauerlich, daџ
einem das Blut in den Adern stockt.
Er sucht die beiden, die er stets beieinander vermutet - irgendwo in
einem der tausend schmutzigen Schlupfwinkel versteckt - in blinder Raserei,
immer von dem Gedanken gepeitscht, seinem Bruder auf den Fersen sein zu
mмssen, daџ nichts mit Rosina vorgehe, von dem er nicht wisse.
Und gerade diese unaufhжrliche Qual des Krмppels ist, ahnte ich, das
Reizmittel, das Rosina antreibt, sich stets von neuem mit dem andern
einzulassen.
Wird ihre Neigung oder Bereitwilligkeit schw¤cher, so ersinnt Loisa
immer wieder besondere Scheuџlichkeiten, um Rosinas Gier von neuem zu
entfachen.
Da lassen sie sich scheinbar oder wirklich von dem Taubstummen ertappen
und locken den Rasenden heimtмckisch hinter sich her in dunkle G¤nge, wo sie
aus rostigen Faџreifen, die in die Hжhe schnellen, wenn man auf sie tritt,
und eisernen Rechen - mit den Spitzen nach oben gekehrt - bжsartige Fallen
errichtet haben, in die er stмrzen muџ und sich blutig f¤llt.
Von Zeit zu Zeit denkt sich Rosina, um die Folter aufs ¤uџerste
anzuspannen, auf eigene Faust etwas Hжllisches aus.
Dann ¤ndert sie mit einem Schlage ihr Benehmen zu Jaromir und tut, als
f¤nde sie plжtzlich Gefallen an ihm.
Mit ihrer ewig l¤chelnden Miene teilt sie dem Krмppel hastig Dinge mit,
die ihn in eine fast irrsinnige Erregung versetzen, und sie hat sich dazu
eine geheimnisvoll scheinende, nur halbverst¤ndliche Zeichensprache
ersonnen, die den Taubstummen rettungslos in ein unentwirrbares Netz von
Ungewiџheit und verzehrenden Hoffnungen verstricken muџ. -
Einmal sah ich ihn im Hofe vor ihr stehen, und sie sprach mit so
heftigen Lippenbewegungen und Gestikulationen auf ihn ein, daџ ich glaubte,
jeden Augenblick wмrde er in wilder Aufregung zusammenbrechen.
Der Schweiџ lief ihm мbers Gesicht vor мbermenschlicher Anstrengung,
den Sinn der absichtlich so unklaren, hastigen Mitteilungen zu erfassen.
Und den ganzen folgenden Tag lauerte er dann fiebernd in Erwartung auf
den finsteren Stiegen eines halb versunkenen Hauses, das in der Fortsetzung
der engen, schmutzigen Hahnpaџgasse liegt, - bis er die Zeit vers¤umt hatte,
sich an den Ecken ein paar Kreuzer zu erbetteln.
Und als er sp¤t abends halbtot vor Hunger und Aufregung heim wollte,