"Franz Kafka. Die Verwandlung " - читать интересную книгу автора

graBten Verdacht faBte? Waren denn alle Angestellten samt und sonders
Lumpen, gab es denn unter ihnen keinen treuen, ergebenen Menschen, der, wenn
er auch nur ein paar Morgenstunden far das Geschaft nicht ausgenatzt hatte,
vor Gewissensbissen narrisch wurde und geradezu nicht imstande war, das Bett
zu verlassen? Genagte es wirklich nicht, einen Lehrjungen nachfragen zu
lassen - wenn aberhaupt diese Fragerei natig war -, muBte da der Prokurist
selbst kommen, und muBte dadurch der ganzen unschuldigen Familie gezeigt
werden, daB die Untersuchung dieser verdachtigen Angelegenheit nur dem
Verstand des Prokuristen anvertraut werden konnte? Und mehr infolge der
Erregung, in welche Gregor durch diese aberlegungen versetzt wurde, als
infolge eines richtigen Entschlusses, schwang er sich mit aller Macht aus
dem Bett. Es gab einen lauten Schlag, aber ein eigentlicher Krach war es
nicht. Ein wenig wurde der Fall durch den Teppich abgeschwacht, auch war der
Racken elastischer, als Gregor gedacht hatte, daher kam der nicht gar so
auffallende dumpfe Klang. Nur den Kopf hatte er nicht vorsichtig genug
gehalten und ihn angeschlagen; er drehte ihn und rieb ihn an dem Teppich vor
arger und Schmerz.
"Da drin ist etwas gefallen", sagte der Prokurist im Nebenzimmer links.
Gregor suchte sich vorzustellen, ob nicht auch einmal dem Prokuristen etwas
ahnliches passieren kannte, wie heute ihm, die Maglichkeit dessen muBte man
doch eigentlich zugeben. Aber wie zur rohen Antwort auf diese Frage machte
jetzt der Prokurist im Nebenzimmer ein paar bestimmte Schritte und lieB
seine Lackstiefel knarren. Aus dem Nebenzimmer rechts flasterte die
Schwester, um Gregor zu verstandigen: "Gregor, der Prokurist ist da." "Ich
weiB", sagte Gregor vor sich hin; aber so laut, daB es die Schwester hatte
haren kannen, wagte er die Stimme nicht zu erheben.
"Gregor", sagte nun der Vater aus dem Nebenzimmer links, "der Herr
Prokurist ist gekommen und erkundigt sich, warum du nicht mit dem Frahzug
weggefahren bist. Wir wissen nicht, was wir ihm sagen sollen. abrigens will
er auch mit dir persanlich sprechen. Also bitte mach die Tar auf. Er wird
die Unordnung im Zimmer zu entschuldigen schon die Gate haben." "Guten
Morgen, Herr Samsa", rief der Prokurist freundlich dazwischen. "Ihm ist
nicht wohl", sagte die Mutter zum Prokuristen, wahrend der Vater noch an der
Tar redete, "ihm ist nicht wohl, glauben Sie nur, Herr Prokurist. Wie warde
denn Gregor sonst einen Zug versaumen! Der Junge hat ja nichts im Kopf als
das Geschaft. Ich argere mich schon fast, daB er abends niemals ausgeht;
jetzt war er doch acht Tage in der Stadt, aber jeden Abend war er zu Hause.
Da sitzt er bei uns am Tisch und liest still die Zeitung oder studiert
Fahrplane. Es ist schon eine Zerstreuung far ihn, wenn er sich mit
Laubsagearbeiten beschaftigt. Da hat er zum Beispiel im Laufe von zwei, drei
Abenden einen kleinen Rahmen geschnitzt; Sie werden staunen, wie habsch er
ist; er hangt drin im Zimmer; Sie werden ihn gleich sehen, bis Gregor
aufmacht. Ich bin abrigens glacklich, daB Sie da sind, Herr Prokurist; wir
allein hatten Gregor nicht dazu gebracht, die Tar zu affnen; er ist so
hartnackig; und bestimmt ist ihm nicht wohl, trotzdem er es am Morgen
geleugnet hat." "Ich komme gleich", sagte Gregor langsam und bedachtig und
rahrte sich nicht, um kein Wort der Gesprache zu verlieren. "Anders, gnadige
Frau, kann ich es mir auch nicht erklaren", sagte der Prokurist,
"hoffentlich ist es nichts Ernstes. Wenn ich auch andererseits sagen muB,
daB wir Geschaftsleute - wie man will, leider oder glacklicherweise - ein