"Johann Wolfgang Goethe. Egmont" - читать интересную книгу автора

(Alle gehen ab.)
Der Gedanke an diese schrecklichen Begebenheiten lж¤жџt mir keine Ruhe!
Nichts kann mich ergetzen, nichts mich zerstreuen; immer sind diese Bilder,
diese Sorgen vor mir. Nun wird der Kж¶nig sagen, dies sei'n die Folgen
meiner Gжјte, meiner Nachsicht; und doch sagt mir mein Gewissen jeden
Augenblick, das Rж¤tlichste, das Beste getan zu haben. Sollte ich frжјher
mit dem Sturme des Grimmes diese Flammen anfachen und umhertreiben? Ich
hoffte sie zu umstellen, sie in sich selbst zu verschжјtten. Ja, was ich mir
selbst sage, was ich wohl weiжџ, entschuldigt mich vor mir selbst; aber wie
wird es mein Bruder aufnehmen? Denn, ist es zu leugnen? Der жњbermut der
fremden Lehrer hat sich tж¤glich erhж¶ht; sie haben unser Heiligtum
gelж¤stert, die stumpfen Sinne des Pж¶bels zerrжјttet und den Schwindelgeist
unter sie gebannt. Unreine Geister haben sich unter die Aufrжјhrer gemischt,
und schreckliche Taten sind geschehen, die zu denken schauderhaft ist, und
die ich nun einzeln nach Hofe zu berichten habe, schnell und einzeln, damit
mir der allgemeine Ruf nicht zuvorkomme, damit der Kж¶nig nicht denke, man
wolle noch mehr verheimlichen. Ich sehe kein Mittel, weder strenges noch
gelindes, dem жњbel zu steuern. O was sind wir Groжџen auf der Woge der
Menschheit? Wir glauben sie zu beherrschen, und sie treibt uns auf und
nieder, hin und her.
(Machiavell tritt auf.)
Regentin. Sind die Briefe an den Kж¶nig aufgesetzt?
Machiavell. In einer Stunde werdet Ihr sie unterschreiben kж¶nnen.
Regentin. Habt Ihr den Bericht ausfжјhrlich genug gemacht?
Machiavell. Ausfжјhrlich und umstж¤ndlich, wie es der Kж¶nig liebt. Ich
erzж¤hle, wie zuerst um St. Omer die bilderstжјrmerische Wut sich zeigt. Wie
eine rasende Menge, mit Stж¤ben, Beilen, Hж¤mmern, Leitern, Stricken
versehen, von wenig Bewaffneten begleitet, erst Kapellen, Kirchen und
Klж¶ster anfallen, die Andж¤chtigen verjagen, die verschlossenen Pforten
aufbrechen, alles umkehren, die Altж¤re niederreiжџen, die Statuen der
Heiligen zerschlagen, alle Gemж¤lde verderben, alles, was sie nur Geweihtes,
Geheiligtes antreffen, zerschmettern, zerreiжџen, zertreten. Wie sich der
Haufe unterwegs vermehrt, die Einwohner von Ypern ihnen die Tore erж¶ffnen.
Wie sie den Dom mit unglaublicher Schnelle verwжјsten, die Bibliothek des
Bischofs verbrennen. Wie eine groжџe Menge Volks, von gleichem Unsinn
ergriffen, sich жјber Menin, Comines, Werwicq, Lille verbreitet, nirgend
Widerstand findet, und wie fast durch ganz Flandern in einem Augenblicke die
ungeheure Verschwж¶rung sich erklж¤rt und ausgefжјhrt ist.
Regentin. Ach, wie ergreift mich aufs neue der Schmerz bei deiner
Wiederholung! Und die Furcht gesellt sich dazu, das жњbel werde nur grж¶жџer
und grж¶жџer werden. Sagt mir Eure Gedanken, Machiavell!
Machiavell. Verzeihen Eure Hoheit, meine Gedanken sehen Grillen so
ж¤hnlich; und wenn Ihr auch immer mit meinen Diensten zufrieden wart, habt
Ihr doch selten meinem Rat folgen mж¶gen. Ihr sagtet oft im Scherze: Ў"Du
siehst zu weit, Machiavell! Du solltest Geschichtschreiber sein: wer
handelt, muжџ fжјrs Nж¤chste sorgen.Ў" Und doch, habe ich diese Geschichte
nicht vorauserzж¤hlt? Hab ich nicht alles vorausgesehen?
Regentin. Ich sehe auch viel voraus, ohne es ж¤ndern zu kж¶nnen.
Machiavell. Ein Wort fжјr tausend: Ihr unterdrжјckt die neue Lehre
nicht. Laжџt sie gelten, sondert sie von den Rechtglж¤ubigen, gebt ihnen