"Stefan Zweig. Buchmendel (Букинист. На немецком языке)" - читать интересную книгу автораin der oberen Alserstraџe, geraten. Jakob Mendel, wie hatte ich ihn
vergessen kжnnen, so unbegreiflich lange, diesen sonderbarsten Menschen und sagenhaften Mann, dieses abseitige Weltwunder, berмhmt an der Universit¤t und in einem engen, ehrfмrchtigen Kreis - wie ihn aus der Erinnerung verlieren, ihn, den Magier und Makler der Bмcher, der hier t¤glich unentwegt saџ von morgens bis abends, ein Wahrzeichen des Wissens, Ruhm und Ehre des Caf© Gluck! Und nur diese eine Sekunde lang muџte ich den Blick nach innen wenden hinter die Lider, und aufstieg schon aus dem bildnerisch erhellten Blut seine unverkennbare, plastische Gestalt. Ich sah ihn sofort leibhaftig, wie er dort immer saџ an dem viereckigen Tischchen mit der grauschmutzigen Marmorplatte, der allzeit mit Bмchern und Schriften мberh¤uften. Wie er dort unentwegt und unerschмtterlich saџ, den bebrillten Blick hypnotisch starr auf ein Buch geheftet, wie er dort saџ und im Lesen summend und brummend seinen Kжrper und die schlecht polierte, fleckige Glatze vor- und zurмckschaukelte, eine Gewohnheit, mitgebracht aus dem Cheder, der jмdischen Kleinkinderschule des Ostens. Hier an diesem Tisch und nur an ihm las er seine Kataloge und Bмcher, so wie man ihn das Lesen in der Talmudschule gelehrt, leise singend und sich schwingend, eine schwarze, schaukelnde Wiege. Denn wie ein Kind in Schlaf f¤llt und der Welt entsinkt durch dieses rhythmisch hypnotische Auf und Nieder, so geht nach der Meinung jener Frommen auch der Geist leichter ein in die Gnade .der Versenkung dank diesem Sichwiegen und Sichschwingen des mмџigen Leibes. Und tats¤chlich, dieser Jakob Mendel sah und hжrte nichts von allem um sich her. Neben ihm l¤rmten und krakeelten die Billardspieler, liefen die Markжre, rasselte das Telefon; war eine glмhende Kohle aus dem Ofen gefallen, schon brenzelte und qualmte zwei Schritt von ihm das Parkett, da erst, am infernalischen Gestank, bemerkte ein Gast die Gefahr und stмrzt zu, hastig das Qualmen zu lжschen: er selbst aber, Jakob Mendel, nur zwei Zoll weit und schon angebeizt vom Rauch, er hatte nichts wahrgenommen. Denn er las, wie andere beten, wie Spieler spielen und Trunkene bet¤ubt ins Leere starren, er las mit einer so rмhrenden Versunkenheit, daџ alles Lesen von andern Menschen mir seither immer profan erschien. In diesem kleinen galizischen Bмchertrжdler Jakob Mendel hatte ich zum erstenmal als junger Mensch das groџe Geheimnis der restlosen Konzentration gesehen, das den Kмnstler macht wie den Gelehrten, den wahrhaft Weisen wie den vollkommen Irrwitzigen, dieses tragische Glмck und Unglмck vollkommener Besessenheit. Hingefмhrt zu ihm hatte mich ein ¤lterer Kollege von der Universit¤t. Ich forschte damals dem selbst heute noch nur wenig erkannten paracelsischen Arzt und Magnetiseur Mesmer nach, allerdings mit wenig Glмck; denn die einschl¤gigen Werke erwiesen sich als unzul¤nglich, und der Bibliothekar, den ich argloser Neuling um Auskunft gebeten, murrte mich unfreundlich an, Literaturnachweise seien meine Sache, nicht die seine. Damals nannte mir nun jener Kollege zum erstenmal seinen Namen. "Ich geh mit dir zu Mendel", versprach er mir, "der weiџ alles und verschafft alles, der holt dir das entlegenste Buch aus dem vergessensten deutschen Antiquariat heran. Der tмchtigste Mann in Wien und мberdies noch ein Original, ein vorweltlicher Bмcher-Saurier aussterbender Rasse." So gingen wir zu zweit ins Caf© Gluck, und siehe, da saџ er, |
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