"Stefan Zweig. Buchmendel (Букинист. На немецком языке)" - читать интересную книгу автора

Stefan Zweig.

Buchmendel

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OCR, Spellcheck: €«мп ”а ­Є, http://frank.deutschesprache.ru
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Wieder einmal in Wien und heimkehrend von einem Besuch in den ¤uџeren
Bezirken, geriet ich unvermutet in einen Regenguџ, der mit nasser Peitsche
die Menschen hurtig in Haustore und Unterst¤nde jagte, und auch ich selbst
suchte schleunig nach einem schмtzenden Obdach. Glмcklicherweise wartet nun
in Wien an jeder Ecke ein Kaffeehaus - so flмchtete ich in das gerade
gegenмberliegende, mit schon tropfendem Hut und arg durchn¤џten Schultern.
Es erwies sich von innen als Vorstadtcaf© hergebrachter, fast schematischer
Art, ohne die neumodischen Attrappen der Deutschland nachgeahmten
innerst¤dtischen Musikdielen, altwienerisch bмrgerlich und vollgefмllt mit
kleinen Leuten, die mehr Zeitungen konsumierten als Geb¤ck. Jetzt um die
Abendstunde war zwar die ohnehin schon stickige Luft mit blauen
Rauchkringeln dick marmoriert, dennoch wirkte dies Kaffeehaus sauber mit
seinen sichtlich neuen Samtsofas und seiner aluminiumhellen Zahlkasse: in
der Eile hatte ich mir gar nicht die Mмhe genommen, seinen Namen auџen
abzulesen, wozu auch? Und nun saџ ich warm und blickte ungeduldig durch die
blauмberflossenen Scheiben, wann es dem l¤stigen Regen belieben wмrde, sich
ein paar Kilometer weiter zu verziehen.
Unbesch¤ftigt saџ ich also da und begann schon jener tr¤gen Passivit¤t
zu verfallen, die narkotisch jedem wirklichen Wiener Kaffeehaus unsichtbar
entstrжmt. Aus diesem leeren Gefмhl blickte ich mir einzeln die Leute an,
denen das kмnstliche Licht dieses Rauchraums ein ungesundes Grau um die
Augen schattete, schaute dem Fr¤ulein an der Kasse zu, wie sie mechanisch
Zucker und Lжffel fмr jede Kaffeetasse dem Kellner austeilte, las halbwach
und unbewuџt die hжchst gleichgмltigen Plakate an den W¤nden, und diese Art
Verdumpfung tat beinahe wohl. Aber plжtzlich ward ich auf merkwмrdige Weise
aus meiner Halbschl¤ferei gerissen, eine innere Bewegung begann unbestimmt
unruhig in mir, so wie ein kleiner Zahnschmerz beginnt, von dem man noch
nicht weiџ, ob er von links, von rechts, vom untern oder obern Kiefer seinen
Ausgang nimmt; nur ein dumpfes Spannen fмhlte ich, eine geistige Unruhe.
Denn plжtzlich - ich h¤tte es nicht sagen kжnnen, wodurch - wurde mir
bewuџt, hier muџte ich schon einmal vor Jahren gewesen und durch irgendeine
Erinnerung diesen W¤nden, diesen Stмhlen, diesen Tischen, diesem fremden,
rauchigen Raum verbunden sein.
Aber je mehr ich den Willen vortrieb, diese Erinnerung zu fassen, desto
boshafter und glitschiger wich sie zurмck - wie eine Qualle ungewiџ
leuchtend auf dem untersten Grunde des Bewuџtseins und doch nicht zu
greifen, nicht zu packen. Vergeblich klammerte ich den Blick an jeden
Gegenstand der Einrichtung; gewiџ, manches kannte ich nicht, wie die Kasse
zum Beispiel mit ihrem klirrenden Zahlungsautomaten und nicht diesen braunen
Wandbelag aus falschem Palisanderholz, alles das muџte erst sp¤ter
aufmontiert worden sein. Aber doch, aber doch, hier war ich einmal gewesen