"Gustav Meyrink. Der Golem (Голем. На немецком языке)" - читать интересную книгу автора

Niemals sieht man sie arbeiten, diese Menschen, und dennoch sind sie
frмh beim ersten Leuchten des Morgens wach und warten mit angehaltenem Atem
- wie auf ein Opfer, das doch nie kommt.
Und hat es wirklich einmal den Anschein, als tr¤te jemand in ihren
Bereich, irgendein Wehrloser, an dem sie sich bereichern kжnnten, dann f¤llt
plжtzlich eine l¤hmende Angst мber sie her, scheucht sie in ihre Winkel
zurмck und l¤џt sie von jeglichem Vorhaben zitternd abstehen.
Niemand scheint schwach genug, daџ ihnen noch so viel Mut bliebe, sich
seiner zu bem¤chtigen.
"Entartete, zahnlose Raubtiere, von denen die Kraft und die Waffe
genommen ist", sagte Charousek zжgernd und sah mich an. -
Wie konnte er wissen, woran ich dachte? -
So stark facht man zuweilen seine Gedanken an, daџ sie imstande sind,
auf das Gehirn des Nebenstehenden мberzuspringen wie sprмhende Funken,
fмhlte ich.
"- - - wovon sie nur leben mжgen?" sagte ich nach einer Weile.
"Leben? Wovon? Mancher unter ihnen ist ein Million¤r!"
Ich blickte Charousek an. Was konnte er damit meinen!
Der Student aber schwieg und sah nach den Wolken.
Fмr einen Augenblick hatte das Stimmengemurmel in dem Torbogen
gestockt, und man hжrte bloџ das Zischen des Regens.
Was er nur damit sagen will: "Mancher unter ihnen ist ein Million¤r!?"
Wieder war es, als h¤tte Charousek meine Gedanken erraten. Er wies nach
dem Trжdlerladen neben uns, an dem das Wasser den Rost des Eisengerмmpels in
flieџenden, braunroten Pfмtzen vorbeispмlte.
"Aaron Wassertrum! Er zum Beispiel ist Million¤r, - fast ein Drittel
der Judenstadt ist sein Besitz. Wissen Sie es denn nicht, Herr Pernath?!"
Mir blieb fжrmlich der Atem im Mund stecken. "Aaron Wassertrum! Der
Trжdler Aaron Wassertrum Million¤r?!"
"Oh, ich kenne ihn genau", fuhr Charousek verbissen fort, und als h¤tte
er nur darauf gewartet, daџ ich ihn frage. "Ich kannte auch seinen Sohn, den
Dr. Wassory. Haben Sie nie von ihm gehжrt? Von Dr. Wassory, dem - berмhmten
- Augenarzt? - Vor einem Jahr noch hat die ganze Stadt begeistert von ihm
gesprochen, - von dem groџen - - Gelehrten. Niemand wuџte damals, daџ er
seinen Namen abgelegt und frмher Wassertrum geheiџen. - Er spielte sich
gerne auf den weitabgewandten Mann der Wissenschaft hinaus, und wenn einmal
auf Herkunft die Rede kam, warf er bescheiden und tiefbewegt so mit halben
Worten hin, daџ sein Vater noch aus dem Getto stamme, - sich aus den
niedrigsten Anf¤ngen heraus unter Kummer aller Art und uns¤glichen Sorgen
empor ans Licht habe arbeiten mмssen.
Ja! Unter Kummer und Sorgen!
Unter wessen Kummer und uns¤glichen Sorgen aber und mit welchen
Mitteln, das hat er nicht dazu gesagt!
Ich aber weiџ, was es mit dem Getto fмr eine Bewandtnis hat!" Charousek
faџte meinen Arm und schмttelte ihn heftig.
"Meister Pernath, ich bin so arm, daџ ich es selbst kaum mehr begreife;
ich muџ halbnackt gehen wie ein Vagabund, sehen Sie her, und ich bin doch
Student der Medizin, - bin doch ein gebildeter Mensch!"
Er riџ seinen њberzieher auf und ich sah zu meinem Entsetzen, daџ er
weder Hemd noch Rock anhatte und den Mantel мber der nackten Haut trug.