"Harry Potter und der Orden des Phönix" - читать интересную книгу автора (Rowling Joanne K.)

»HAST DU MICH VERSTANDEN?«

»NIMM DAS DING WEG VON MIR -«

Dudley fing an merkwürdig rüttelnd zu atmen, als ob er in eisiges Wasser getaucht worden wäre.

Etwas war mit der Nacht geschehen. Der sternenverstreute, indigofarbene Himmel war plötzlich schwarz und ohne Licht – die Sterne, der Mond, die nebligen Straßenlaternen an beiden Enden der Gasse waren verschwunden. Das entfernte Rumpeln von Autos und das Geflüster der Bäumen waren erloschen. Der erholsame Abend war plötzlich stechend, beißend kalt. Sie wurden von totaler, undurchdringlicher, stiller Dunkelheit umgeben, als ob eine riesige Hand einen dicken, eisigen Mantel über den ganzen Durchgang fallen gelassen hätte und sie blendete.

Für den bruchteil einer Sekunde dachte Harry, er hätte gezaubert, ohne es zu wollen, obwohl er versucht hatte so gut er konnte zu widerstehen – dann fingen seine Sinne diese Möglichkeit wieder ein – er hatte nicht die Kraft die Sterne verschwinden zu lassen. Er drehte seinen Kopf hin und her, in der Hoffnung etwas zu sehen, aber die Dunkelheit drückte auf seine Augen wie ein schwereloser Schleier.

Dudleys erschreckte Stimme drang an Harrys Ohr.

»W-was t-tust du? H-hör auf d-damit!«

»Ich hab gar nichts gemacht! Halt den Mund und beweg dich nicht!«

»Ich k-kann nicht sehen! Ich bin b-blind geworden! Ich -«

»Ich sagte Schweig!«

Harry blieb wie angewurzelt stehen, sah mit seinen blinden Augen nach links und rechts. Die Kälte war so intensiv, daß er am ganzen Körper zitterte. Gänsehaut war seine Arme hinauf gekrochen, und seine Nackenhaare streubten sich – er öffnete seine Augen so weit er konnte, starrte verdutzt umher, nicht in der Lage etwas zu sehen.

Es war unmöglich… sie konnten nicht hier sein… nicht in Klein Whinging… er spitzte seine Ohren… er würde sie hören, bevor er sie sah.

»Das w-werde ich alles Dad-sagen!« winselte Dudley. »W-wo bist du? Was m-mach-?«

»Hällst du jetzt endlich mal die Klappe?« zischte Harry,»Ich versuche etwas zu hö-«

Aber er wurde still. Er hatte gerade das gehört, was er befürchtet hatte.

Dort war außer ihnen beiden noch etwas anderes im Durchgang, etwas, das tief, heiser und rasselnd atmete. Harry fühlte einen fürchterlichen Anflug von Furcht, als er weiterhin in der eiskalten Luft am Zitternd war.

»B-brich es ab! Hör damit auf! Ich werde dich sch-schlagen, ich schwöre, daß ich es tun werde!«

»Dudley, halts-«.BUMMS.

Die Seite von Harrys Kopf machte Bekanntschaft mit einer Faust, die ihn von seinen Füßen fegte. Kleine weiße Lichter tanzten vor seinen Augen. Zum zweiten Mal in einer Stunde fühlte Harry sich, als ob sein Kopf in zwei geteilt worden wäre; im nächsten Moment war er hart auf dem Boden gelandet, und sein Zauberstab war aus seiner Hand geflogen.

»Du Schwachkopf, Dudley!« schrie Harry, seine Augen, die tränten vor Schmerz, als er sich auf seine Hände und Knie richtete, sich unwohl in der Schwärze fühlend. Er hörte, wie Dudley weg tappte, den Gassenzaun schlagend, stolpernd.

»DUDLEY, KOMM ZURÜCK! DU LÄUFST DIREKT DARAUF ZU!«

Es gab einen fürchterlichen, jammernden Schrei und Dudleys Schritte hörten auf. In demselben Moment fühlte Harry ein schleichendes frostiges Gefühl hinter sich, was nur Eines bedeuten konnte. Es gab mehr als einen.

»DUDLEY, HALT DEINEN MUND ZU! WAS AUCH IMMER DU TUST, HALTE DEINEN MUND ZU!

Zauberstab!« murmelte Harry wild, währen seine Hände wie Spinnen über den Boden flogen. »Wo ist – Zauberstab -

mach schon – lumos!«

Er sagte den Zauberspruch automatisch, auf Licht hoffend, das ihm bei seiner Suche helfen würde – und zu seiner Überraschung flackerte wenige Zentimeter von seiner rechten Hand entfernt ein Licht auf – die Spitze des Zauberstabs hatte sich entzündet. Harry schnappte ihn, stellte sich auf seine Füße und wirbelte herum.

Ihm drehte sich der Magen.

Eine hochragende, zugedeckte Gestalt glitt – über dem Boden schwebend – direkt auf ihn zu. Weder Füße noch Gesicht waren unter den Roben zu erkennen, die Nacht in sich aufsaugend, wie sie kam.

Rückwärts stolpernd, hob Harry seinen Zauberstab.

»Expecto patronum!«

Eine silbrige Strähne schoß aus der Spitze des Zauberstabs und der Dementor wurde langsamer, aber der Zauberspruch hatte nicht richtig funktioniert; über seine eigenen Füßen stolpernd, zog sich Harry weiter zurück als der Dementor auf ihn hinab starrte. Panik machte sich in seinem Kopf breit – konzentrier dich -

Ein Paar graue, schleimige, verschorfte Hände gleiteten aus der Robe des Dementors, die nach ihm griffen. Ein hektisches Geräusch füllte Harrys Ohren.

»Expecto patronum!«

Seine Stimme klang gedämpft und entfernt. Eine weitere Strähne silbernen Rauches, schwächer als die Letzte, entwich dem Zauberstab – er brachte es nicht mehr fertig, er bekam den Spruch nicht hin.

In seinem eigenen Kopf hörte er Gelächter, schrilles, hohes Gelächter…er konnte den verwesten, todeskalten Atem des Dementors riechen und wie der Atem seine eigenen Lungen füllte, ihn ertränkend – denk… an etwas Schönes.«

Aber er konnte an nichts schönes denken… die eisigen Finger des Dementors schlossen sich um seinen Hals – das hohe Gelächter wurde lauter und lauter und eine Stimme sprach in seinem Kopf:»Beuge dich vor dem Tod, Harry… es könnte sogar schmerzlos sein… ich weiß es nicht… ich bin nie gestorben

Er würde Ron und Hermine nie wieder sehen – Und ihre Gesichter drangen deutlich in seinen Verstand, als er um Atem kämpfte.


»EXPECTO PATRONUM!«


Ein enorm großer silberner Hirsch schoss aus der Spitze von Harrys Zauberstab; seine Geweihstangen trafen den Dementor an der Stelle, wo das Herz hätte sein sollen; er wurde zurückgeworfen, schwerelos wie die Dunkelheit und als der Hirsch zustieß, rannte der Dementor weg, geschlagen und besiegt.

»HIER ENTLANG!« schrie Harry dem Hirsch zu. Sich herumwerfend, sprintete er den Gang hinunter und hielt den angezündeten Zauberstab hoch. »DUDLEY? DUDLEY!«

Er hatte kaum ein Dutzend Schritte gemacht, als er sie erreichte: Dudley war auf den Boden gerollt, seine Arme fest über sein Gesicht geklemmt. Ein zweiter Dementor beugte sich tief über ihn und packte seine Handgelenke mit seinen.schleimigen Händen, sie langsam, fast liebevoll auseinander ziehend, seinen zugedeckten Kopf in Richtung Dudleys Gesichts senkend, um ihm den Todeskuss zu geben.

»SCHNAPP IHN DIR!« brüllte Harry und mit hastend, brüllendem Geräusch kam der silberne Hirsch, den er gezaubert hatte, an ihm vorbei galoppiert. Das augenlose Gesicht des Dementors war kaum ein Zentimeter von Dudley entfernt, als ihn die silbernen Geweihstangen trafen. Der Dementor wurde in die Luft geworfen und wie zuvor der andere entfernte es sich und wurde ein Teil der Dunkelheit. Der Hirsch lief zum Ende des Durchgangs und löste sich in silbernen Dunst auf.

Mond, Sterne und straßenlaternen kehrten zurück. Eine warme Brise fegte durch den Gang. Bäume raschelten in den Nachbargärten und das banale Rumpeln von Autos im Magnolia Crescent füllte wieder die Luft. Harry blieb ganz ruhig stehen, all seine Sinne vibrierten, kehrten abrupt zur Normalität zurück. Nach einem Moment merkte er, daß sein T-Shirt an ihm klebte; er war von Schweiß durchnässt.

Er konnte nicht glauben, was gerade geschehen war. Dementoren hier in Klein Whinging.

Dudley lag zusammengerollt auf dem Boden, winselnd und zitternd. Harry sah nach, ob er in der Lage war aufzustehen, aber dann hörte er laute, rennende Schritte hinter sich. Seinen Zauberstab instinktiv wieder anhebend, bereitete er sich auf das Kommende vor.

Frau Figg, ihre verrückte alte Nachbarin, kam schnaufend in Sicht. Ihr ergrautes Haar wand sich aus ihrem Haarnetz.

Eine klirrende Einkaufstasche schwang an ihrem Handgelenk und ihre Füße waren halb aus ihren Schottenteppichpantoffeln heraus geschlüpft. Hastig versuchte Harry seinen Zauberstab außer Sicht zu bringen, aber -

»Steck ihn doch nicht weg, dummer Junge!« kreischte sie. »Was ist, wenn mehr von ihnen in der Nähe sind? Oh ich werde Mundungus Fletcher töten!«.