"Minima Moralia" - читать интересную книгу автора (Adorno Theodor W)


Theodor W. Adorno
Minima Moralia
Reflexionen aus dem beschдdigten Leben
Fьr Max
als Dank und Versprechen

Zueignung
Die traurige Wissenschaft, aus der ich meinem Freunde einiges darbiete, bezieht sich auf
einen Bereich, der fьr undenkliche Zeiten als der eigentliche der Philosophie galt, seit deren
Verwandlung in Methode aber der intellektuellen Nichtachtung, der sententiцsen Willkьr und
am Ende der Vergessenheit verfiel: die Lehre vom richtigen Leben. Was einmal den
Philosophen Leben hieЯ, ist zur Sphдre des Privaten und dann bloЯ noch des Konsums
geworden, die als Anhang des materiellen Produktionsprozesses, ohne Autonomie und ohne
eigene Substanz, mitgeschleift wird. Wer die Wahrheit ьbers unmittelbare Leben erfahren
will, muЯ dessen entfremdeter Gestalt nachforschen, den objektiven Mдchten, die die
individuelle Existenz bis ins Verborgenste bestimmen. Redet man unmittelbar vom
Unmittelbaren, so verhдlt man kaum sich anders als jene Romanschreiber, die ihre
Marionetten wie mit billigem Schmuck mit den Imitationen der Leidenschaft von ehedem
behдngen, und Personen, die nichts mehr sind als Bestandstьcke der Maschinerie, handeln
lassen, als ob sie ьberhaupt noch als Subjekte handeln kцnnten, und als ob von ihrem Handeln
etwas abhinge. Der Blick aufs Leben ist ьbergegangen in die Ideologie, die darьber betrьgt,
daЯ es keines mehr gibt.
Aber das Verhдltnis von Leben und Produktion, das jenes real herabsetzt zur ephemeren
Erscheinung von dieser, ist vollendet widersinnig. Mittel und Zweck werden vertauscht. Noch
ist die Ahnung des aberwitzigen quid pro quo aus dem Leben nicht gдnzlich ausgemerzt. Das
reduzierte und degradierte Wesen strдubt sich zдh gegen seine Verzauberung in Fassade. Die
Дnderung der Produktionsverhдltnisse selber hдngt weithin ab von dem, was sich in der
»Konsumsphдre«, der bloЯen Reflexionsform der Produktion und dem Zerrbild wahren
Lebens, zutrдgt: im BewuЯtsein und UnbewuЯtsein der Einzelnen. Nur kraft des Gegensatzes
zur Produktion, als von der Ordnung doch nicht ganz ErfaЯte, kцnnen die Menschen eine
menschenwьrdigere herbeifьhren. Wird einmal der Schein des Lebens ganz getilgt sein, den
die Konsumsphдre selbst mit so schlechten Grьnden verteidigt, so wird das Unwesen der
absoluten Produktion triumphieren.
Trotzdem bleibt so viel Falsches bei Betrachtungen, die vom Subjekt ausgehen, wie das
Leben Schein ward. Denn weil in der gegenwдrtigen Phase der geschichtlichen Bewegung
deren ьberwдltigende Objektivitдt einzig erst in der Auflцsung des Subjekts besteht, ohne daЯ
ein neues schon aus ihr entsprungen wдre, stьtzt die individuelle Erfahrung notwendig sich
auf das alte Subjekt, das historisch verurteilte, das fьr sich noch ist, aber nicht mehr an sich.
Es meint seiner Autonomie noch sicher zu sein, aber die Nichtigkeit, die das
Konzentrationslager den Subjekten demonstrierte, ereilt bereits die Form von Subjektivitдt
selber. Der subjektiven Betrachtung, sei sie auch kritisch gegen sich geschдrft, haftet ein
Sentimentales und Anachronistisches an: etwas von der Klage ьber den Weltlauf, die nicht
um seiner Gьte willen zu verwerfen wдre, sondern weil das klagende Subjekt sich in seinem
Sosein zu verhдrten droht und damit wiederum das Gesetz des Weltlaufs zu erfьllen. Die
Treue zum eigenen Stand von BewuЯtsein und Erfahrung ist allemal in Versuchung, zur
Treulosigkeit zu miЯraten, indem sie die Einsicht verleugnet, welche ьbers Individuum
hinausgreift und dessen Substanz selber beim Namen ruft.
So hat Hegel, an dessen Methode die der Minima Moralia sich schulte, gegen das bloЯe
Fьrsichsein der Subjektivitдt auf all ihren Stufen argumentiert. Die dialektische Theorie,