"Die Insel der Vulkane" - читать интересную книгу автора (Хольбайн Вольфганг)DIE INSEL DER VULKANE WOLFGANG HOHLBEIN KAPIT#196;N NEMOS KINDER DIE INSEL DER VULKANE UEBERREUTER Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hohlbein, Wolfgang: Kapit#228;n Nemos Kinder / Wolfgang Hohlbein. - Wien: Ueberreuter Die Insel der Vulkane. – 1999 ISBN 3-8000-2574-4 Alle Urheberrechte, insbesondere das Recht der Vervielf#228;ltigung, Verbreitung und #246;ffentlichen Wiedergabe in jeder Form, einschlie#223;lich einer Verwertung in elektronischen Medien, der reprografischen Vervielf#228;ltigung, einer digitalen Verbreitung und der Aufnahme in Datenbanken, ausdr#252;cklich vorbehalten. Umschlag von Doris Eisenburger Gesetzt nach der neuen Rechtschreibung Copyright © 1999 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien Printed in Austria Wolfgang Hohlbein, geboren in Weimar, lebt heute mit seiner Familie in der N#228;he von D#252;sseldorf. F#252;r sein Erstlingswerk »M#228;rchenmond«, ein phantastischer Roman, den er gemeinsam mit seiner Frau Heike schrieb, erhielt er 1982 den ersten Preis des vom Verlag Ueberreuter veranstalteten Wettbewerbs zum Thema Science Fiction und Phantasie. Au#223;erdem erhielt dieser Titel 1983 den »Phantasie-Preis der Stadt Wetzlar« und den »Preis der Leseratten«. Eines muss man Tarras' Technikern lassen: Sie haben ganze Arbeit geleistet!« Trautmans Stimme drang so dumpf und verzerrt aus dem Inneren des Instrumentenpultes, als spr#228;che er in eine leere Konservendose hinein. So ganz falsch war dieser Vergleich auch nicht. Der wei#223;haarige Steuermann der NAUTILUS war bis #252;ber die Schultern in dem wuchtigen Pult verschwunden und klapperte emsig darin herum. Rings um ihn waren Hunderte von Einzelteilen und Werkzeugen auf dem Boden verteilt und ab und zu blitzte es im Inneren des Pultes auf und ein Schauer blauer Funken stob an Trautmans Schultern vorbei. Mike fragte sich schon seit einer geraumen Weile, was er darin eigentlich tat. Schnaufend richtete sich Trautman auf, legte den L#246;tkolben beiseite, mit dem er im Inneren des Instrumentenpultes hantiert hatte, und wischte sich mit dem Handr#252;cken nicht nur den Schwei#223; aus dem Gesicht, sondern produzierte auch einen schwarzen schmierigen Streifen, der sich diagonal #252;ber sein Gesicht zog und auch einen Teil seines Bartes f#228;rbte. »Ich brauche mindestens zwei Wochen, um diesen Schrott wieder auszubauen.« »Dann sparen Sie sich doch die Arbeit«, sagte Ben. »Mich st#246;ren die paar zus#228;tzlichen Schalter nicht.« »Aber mich«, antwortete Mike. »Und alle anderen auch. Wir haben doch dar#252;ber geredet, oder? Also fang nicht schon wieder an.« Ben verdrehte die Augen, aber er widersprach zu Mikes Erleichterung auch nicht. Sie hatten dieses Gespr#228;ch in den letzten Tagen wei#223; Gott oft genug gef#252;hrt und Ben stand mit seiner Meinung ganz allein da. Was Mike und die anderen st#246;rte, das waren nat#252;rlich nicht die paar Ben versuchte es wider besseres Wissen doch noch einmal. »Immerhin haben uns die Dinger das Leben gerettet«, n#246;rgelte er. »Und damit haben sie ihren Zweck erf#252;llt«, sagte Mike. »Wir brauchen sie nicht mehr. Die NAUTILUS ist kein Kriegsschiff. Wir behalten die Torpedos, die wir immer hatten, und bauen alle anderen Mordinstrumente aus, basta!« »Wenigstens versuchen wir es«, mischte sich Trautman ein. Kopfsch#252;ttelnd und mit finsterem Gesicht blickte er auf das halb auseinander gebaute Pult hinab. »Ich f#252;rchte, es ist gar nicht so einfach. Das Schlimme ist, dass ich nicht wirklich verstehe, was sie da gebaut haben.« »Dann w#252;rde ich die Finger davon lassen«, sagte Ben rasch. »Wer wei#223;, welchen Schaden sie sonst noch anrichten!« Mike seufzte. »Ben ... »So ganz Unrecht hat er nicht«, sagte Trautman. »Ich habe noch nicht ganz begriffen, was die atlantischen Techniker getan haben, aber dieses Teufelsding will mich anscheinend #228;rgern.« Er holte mit dem Fu#223; aus, wie um nach dem Pult zu treten, besann sich dann aber eines Besseren und lie#223; es bleiben. Der Kampfstand reagierte trotzdem mit einem #228;rgerlichen Zischen und einem Funkenschauer auf die Drohung und Trautman machte einen raschen Schritt nach hinten. »Wie ich es sage«, maulte Ben. »Man sollte nicht an Dingen herumschrauben, von denen man nicht genau wei#223;, was sie #252;berhaupt bedeuten.« Mike unterdr#252;ckte ein Grinsen und drehte sich herum um nach Astaroth Ausschau zu halten. Der ein#228;ugige schwarze Kater lag lang ausgestreckt auf dem Kartentisch und spielte den Schlafenden, hatte aber offensichtlich jedes Wort ihrer Unterhaltung verstanden. Wenn man die Gedanken der Menschen in seiner Umgebung lesen konnte, war das allerdings auch kein Kunstst#252;ck. »Schn#252;ffelt er wieder in meinem Kopf herum?«, fragte Ben #228;rgerlich. »Das reicht, Astaroth«, sagte Mike streng. Er war der Einzige an Bord, der die telepathische Stimme des Katers verstand, und so praktisch dies war, erwies es sich auch oft genug als Last. Astaroth war n#228;mlich nicht nur der mit Abstand intelligenteste Kater der Welt, er war auch der schwatzhafteste. Laut und an Ben gewandt f#252;gte Mike hinzu: »Nein, das hat er nicht. Aber er hat heute anscheinend wieder einen seiner lustigen Tage.« warf einen kurzen Blick durch eines der mannsgro#223;en Bullaugen und stellte fest, dass die NAUTILUS noch immer reglos durch das Wasser trieb. Trautman hatte die Maschinen abgeschaltet, solange er an den Kontrollinstrumenten herumbastelte, und sie waren daher man#246;vrierunf#228;hig. Nach allem, was sie erlebt hatten, f#252;hlte er sich einfach nicht gut bei dem Gedanken, hilf- und wehrlos zu sein. Mike kletterte ganz auf den Turm hinauf und verga#223; Trautman und seine Maschinen schlagartig, als er sah, wer am Heck des Schiffes sa#223;. Es waren Serena und Chris. Serena hatte die Schuhe ausgezogen und lie#223; die F#252;#223;e ins Wasser baumeln, w#228;hrend Chris an der riesigen Heckflosse der NAUTILUS lehnte und sich lachend mit ihr unterhielt. Der Anblick hob Mikes Stimmung ein wenig. Sie waren alle noch zu Tode ersch#246;pft. Vor allem Chris waren die Entbehrungen w#228;hrend der monatelangen Zwangsarbeit in den Eisenminen Lemuras noch deutlich anzusehen. Aber sie hatten wieder lachen gelernt. Es w#252;rde vielleicht noch lange dauern, bis die gewohnte Fr#246;hlichkeit wieder an Bord der NAUTILUS Einzug hielt, aber sie w#252;rde kommen. Serena und Chris unterbrachen ihr Gespr#228;ch, als Mike vom Turm herunterkletterte und auf sie zuging. Serena l#228;chelte ihm zu, w#228;hrend sich Chris von der Heckflosse abstie#223;, gr#252;#223;end die Hand hob und dann an ihm vorbeiging um das Schiff auf dem gleichen Weg zu betreten, auf dem er es verlassen hatte. Mike sah ihm verwirrt nach. »Wieso geht er, wenn ich komme?«, fragte er. »Habt ihr Geheimnisse vor mir?« Die Frage war nicht ernst gemeint und Serena l#228;chelte. »Wir haben #252;ber nichts Besonderesgesprochen«, sagte sie. »#220;ber dies und das, sozusagen.« Mike dachte eine Sekunde lang #252;ber diese Bemerkung nach, dann begriff er. »Ihr habt #252;ber Serena lachte, stand auf und sprang mit einem Hechtsprung ins Wasser. Geschickt und elegant wie ein Fisch schoss sie dicht unter der Wasseroberfl#228;che dahin, tauchte in gut zwanzig Metern Entfernung wieder auf und hob beide H#228;nde um zu winken. »Komm rein!«, rief sie. »Das Wasser ist herrlich!« Warum eigentlich nicht? dachte Mike. Er hatte nichts vor und das Meer war in dieser Gegend tats#228;chlich lauwarm. Rasch schl#252;pfte er aus Hemd und Schuhen, nahm einen kurzen Anlauf und sprang ebenfalls ins Wasser. Es war noch w#228;rmer, als er erwartet hatte, und prickelte sonderbar auf der Haut; nicht unangenehm, aber seltsam. Au#223;erdem hatte es einen ganz leicht bitteren Geschmack. Serena kraulte auf ihn zu, tauchte pl#246;tzlich unter und griff nach seinem Fu#223;, um ihn spielerisch in die Tiefe zu ziehen. Mike holte tief Luft, ehe er sich auf die Balgerei einlie#223;. Er wusste, dass er keine Chance gegen Serena hatte; nicht im Wasser. Das hatte niemand. Serena bewegte sich im Wasser so schnell und geschickt, als w#228;re sie in diesem Element geboren und aufgewachsen. Bestimmt eine Viertelstunde tollten und balgten sie ausgelassen und fr#246;hlich herum, bis Mike so ersch#246;pft war, dass er einfach nicht mehr konnte. Noch immer lachend und wassertretend bewegte er sich auf der Stelle und Serena schwamm wieder auf ihn zu. »Was ist los mit dir, du tapferer Held?«, neckte sie ihn. »Kannst du etwa schon nicht mehr? Also ich werde gerade erst richtig warm.« »Ich bin ja schlie#223;lich auch kein halber Fisch«, verteidigte sich Mike. Er schluckte Wasser, hustete und stellte erneut fest, dass es einen sehr seltsamen Beigeschmack hatte. »Was soll das hei#223;en?« Serena runzelte in gespieltem Zorn die Stirn und drohte ihm mit der Faust. »Dass ich ein Fischgesicht habe oder wie ein Hering stinke?« Tats#228;chlich versp#252;rte er einen leisen, aber sehr unangenehmen Geruch, als Serena n#228;her kam. Irgendetwas Verdorbenes musste in ihrer N#228;he im Wasser treiben. Vielleicht ein toter Fisch oder faulendes Seegras. »Ganz im Gegenteil«, sagte er hastig. »Wenn ich dich so ansehe, bekomme ich weiche Knie. Ich f#252;rchte, meine Kr#228;fte versagen gleich. Du wirst mich wohl retten m#252;ssen.« »Ich denke ja nicht daran«, antwortete Serena lachend, verschr#228;nkte die Arme vor der Brust und schwamm auf dem R#252;cken ein kleines St#252;ck von Mike fort. Mike verdrehte die Augen, schnappte #252;bertrieben nach Luft und lie#223; sich wie ein Stein in die Tiefe sinken und Serena ging auf das Spiel ein und tauchte ihm nach. In zwei oder drei Metern Tiefe holte sie ihn ein, umschlang ihn mit den Armen und trug ihn mit raschen, kraftvollen Schwimmbewegungen wieder zur Oberfl#228;che hinauf. Mike spielte weiter den Ertrinkenden. Er genoss es, Serenas N#228;he zu f#252;hlen. In ihrer Umarmung wurde ihm angenehm warm. Dann hei#223;. Mike #246;ffnete mit einem Ruck die Augen und sah, dass sich auch auf Serenas Gesicht ein halb erschrockener, halb nachdenklicher Ausdruck ausgebreitet hatte. »Was ist das?«, fragte sie. Sie lie#223; ihn los, trieb einen Meter ab und bewegte die Arme, um sich auf der Stelle zu halten. Das Wasser wurde immer w#228;rmer. Es war jetzt schon fast unangenehm. Wenn die Temperatur noch ein bisschen weiter stieg, w#252;rde es Serena nickte nur. Wortlos drehte sie sich im Wasser herum und schwamm auf die NAUTILUS zu und auch Mike griff nach Kr#228;ften aus. W#228;hrend sie herumtollten, hatten sie sich gute f#252;nfzig oder sechzig Meter weit von dem Tauchboot entfernt; f#252;r zwei so ge#252;bte Schwimmer wie sie keine nennenswerte Entfernung -und vielleicht trotzdem zu viel. Das Wasser wurde immer hei#223;er. Gro#223;e, #246;lig schimmernde Blasen stiegen an seine Oberfl#228;che und platzten und der Gestank nach faulen Eiern wurde immer st#228;rker. Da und dort begann das Meer zu dampfen und das Wasser brannte so heftig in seinen Augen, dass er kaum noch richtig sehen konnte. Und nun hatte er auch noch das Gef#252;hl, dass sich irgendwo tief unter ihnen etwas regte ... als w#228;re der gesamte Meeresboden in Bewegung gekommen. Mike begann zu ahnen, was geschah, und die blo#223;e Keuchend lie#223; er sich auf die Knie sinken. Er konnte immer noch nicht richtig sehen. Alles verschwamm vor seinen Augen, auch nachdem er sich das Wasser aus dem Gesicht gewischt hatte. Seine Haut brannte, als h#228;tte er in S#228;ure gebadet. »Was ... was ist das?«, stammelte Serena. Mike war noch immer zu sehr au#223;er Atem, um antworten zu k#246;nnen. M#252;hsam wandte er den Kopf und sah sich um. Rings um die NAUTILUS schien das Meer zu kochen. Millionen faustgro#223;er, schimmernder Blasen stiegen an seine Oberfl#228;che und entlie#223;en ihren #252;bel riechenden Inhalt und der Dampf war so dicht geworden, dass die NAUTILUS wie in einer dichten Nebelwand eingeschlossen zu sein schien. Auf der zuvor fast unbewegten Wasseroberfl#228;che hatten sich Wellen gebildet, die immer h#246;her wurden. »Nichts wie rein!«, keuchte er. »Rasch!« So schnell sie konnten, rappelten sie sich hoch, liefen zum Turm und kletterten hinein. Mike warf den Deckel #252;ber sich zu und verriegelte ihn sorgf#228;ltig, ehe er hinter Serena in die Tiefe kletterte. Im Vorbeirennen warf er noch einen Blick aus dem gro#223;en Bullauge. Was er sah, erschreckte ihn zutiefst. Das Meer rings um die NAUTILUS kochte nun tats#228;chlich. Alles, was weiter als zwanzig oder f#252;nfundzwanzig Meter entfernt war, war hinter einer brodelnden grauen Wand verschwunden, die sogar das Sonnenlicht zu verschlucken begann. Drau#223;en schien die Welt untergehen zu wollen. Mike riss sich von dem schrecklichen Anblick los und raste die Wendeltreppe zum Salon hinunter. Die Metallstufen bebten unter seinen F#252;#223;en. Das Schiff zitterte unter der Kraft der Wellen, die gegen seinen Rumpf klatschten, aber er sp#252;rte auch einen zweiten, gleichm#228;#223;igen Rhythmus. Trautman hatte die Gefahr wohl ebenfalls bemerkt und die Motoren gestartet. Auch im Salon herrschte helle Aufregung, als Mike und Serena hereinst#252;rzten. Trautman hantierte hektisch und mit verbissenem Gesicht an den Kontrollinstrumenten und Singh, Ben, Chris und Juan standen vor dem gro#223;en Aussichtsfenster und sahen dem Drama zu, das sich au#223;erhalb der NAUTILUS anbahnte. Der Himmel #252;ber dem Meer war verschwunden, alles war grau und tobend; ein einziges, apokalyptisches Chaos. Trautman sah hoch. Seine Augen weiteten sich vor Schrecken, als er Serena und Mike sah. »Mein Gott!«, keuchte er. »Wart ihr etwa im Wasser?« »Uns ist nichts passiert«, sagte Mike rasch. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Er hatte sich einige #252;ble Verbr#252;hungen zugezogen und seine Augen brannten noch immer wie Feuer und er konnte nicht richtig sehen. Aber wenn das, was er bef#252;rchtete, tats#228;chlich wahr wurde, dann waren sie alle in h#246;chster Gefahr. »Wie lange noch?«, fragte er. Trautman verstand sofort, was Mike meinte. »Mindestens noch zwei Minuten«, sagte er. Die neuen Maschinen, die die Atlanter eingebaut hatten, besa#223;en bei gesteigerter Leistung einen entscheidenden Nachteil: Sie mussten vier oder f#252;nf Minuten warm laufen, ehe sich das Schiff auch nur in Bewegung setzen konnte. »Was ... was geschieht denn hier #252;berhaupt?«, murmelte Serena. Trautman bet#228;tigte seine Instrumente, ehe er antwortete. Die Maschinen der NAUTILUS rumorten lauter, aber das Schiff weigerte sich, auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu r#252;cken. Daf#252;r schwankte es immer mehr auf den Wellen. »Ich f#252;rchte, wir befinden uns mitten in einem Vulkanausbruch«, sagte Trautman. »Pr#228;zise ausgedr#252;ckt: genau dar#252;ber.« »Ein ... »Zweitausend Meter tief«, unterbrach sie Trautman. Seine Stimme klang immer nerv#246;ser. »Und das ist wahrscheinlich der einzige Grund, aus dem wir noch leben.« Er riss wieder an den Kontrollinstrumenten und diesmal setzte sich die NAUTILUS tats#228;chlich in Bewegung, wenn auch viel langsamer, als Mike lieb gewesen w#228;re. »Gott sei Dank!«, seufzte Ben. »Jetzt aber nichts wie weg hier.« »O verdammt«, murmelte Trautman pl#246;tzlich. Und dann schrie er: Mike sah erschrocken zu Trautman zur#252;ck, dann wieder zum Fenster. Die NAUTILUS hatte Fahrt aufgenommen und wurde nun zusehends schneller, aber irgendetwas stimmte mit dem Meer nicht. Das Sprudeln der Millionen Blasen hatte aufgeh#246;rt und auch die Wellen verebbten zusehends. F#252;r einen Moment war die Wasseroberfl#228;che fast unheimlich schnell und so glatt wie ein gro#223;er, t#252;rkisfarbener Spiegel. Dann explodierte sie. Mike konnte regelrecht sp#252;ren, wie irgendetwas ungeheuer Gro#223;es aus der Tiefe des Ozeans emporstieg, und in der n#228;chsten Sekunde w#246;lbte sich das Wasser hinter der NAUTILUS sch#228;umend hoch, hoch und immer noch h#246;her, bis es zu einem regelrechten Berg angewachsen war, neben dem die NAUTILUS wie ein Spielzeug wirkte. Was hinter der NAUTILUS durch die Wasseroberfl#228;che brach, war keine Lava oder Feuer, sondern eine gewaltige, kochend hei#223;e Dampfblase, die immer noch weiter und weiter wuchs und schlie#223;lich mit einem ungeheuerlichen Donnerschlag zerplatzte. Die NAUTILUS wurde davongewirbelt wie ein Blatt im Sturm, legte sich auf die Seite und drohte f#252;r einen schrecklichen Moment ganz zu kentern. Mike wurde ebenso wie alle anderen einfach von den F#252;#223;en gerissen und quer durch den Salon geschleudert. Glas zerbrach klirrend. B#252;cher st#252;rzten aus den Regalen, M#246;bel fielen um und alle schrien vor Schmerz und Schrecken durcheinander. Die NAUTILUS begann sich wie ein Kreisel zu drehen und aus dem Motorenger#228;usch wurde ein gequ#228;ltes Stampfen und Dr#246;hnen. Mike hatte das Gef#252;hl, dass das Schiff rings um ihn herum in St#252;cke brechen w#252;rde. Er versuchte vergeblich auf die F#252;#223;e zu kommen, schlug ein zweites Mal der L#228;nge nach hin und sah aus den Augenwinkeln, dass Trautman irgendwie das Kunstst#252;ck fertig gebracht hatte, sich am Steuerpult in die H#246;he zu ziehen. Mit einer fast verzweifelt wirkenden Bewegung stie#223; er den gro#223;en Beschleunigungshebel ganz nach vorne. Die Motoren der NAUTILUS br#252;llten auf. Das Schiff drehte sich noch immer wie ein Kreisel auf der kochenden Meeresoberfl#228;che, aber Mike sp#252;rte auch, wie die m#228;chtigen Maschinen endlich ihre ganze gewaltige Kraft entfalteten und das hundert Meter lange Tauchboot regelrecht von der Stelle katapultierten. Aus dem wilden Kreiseln wurde eine immer flacher werdende Spirale, bis sich die NAUTILUS schlie#223;lich in fast gerader Richtung von dem gewaltigen Sog entfernte, der hinter ihr entstanden war. Mike arbeitete sich m#252;hsam in die H#246;he, k#252;mmerte sich zuerst um Serena und #252;berzeugte sich dann mit einem raschen Blick davon, dass auch alle anderen unverletzt geblieben waren. In dem gro#223;en Raum war so ziemlich alles von seinem Platz geschleudert und zerbrochen worden, was nicht niet-und nagelfest war, und auf den Gesichtern aller stand das blanke Entsetzen geschrieben. Mike drehte sich wieder zum Fenster. Trautman lie#223; die Maschinen noch immer mit voller Kraft laufen, sodass sich die NAUTILUS zusehends von der Stelle entfernte, an der der unterseeische Vulkan ausgebrochen war. Das Wasser kochte und sprudelte noch immer. Mike konnte keinen Feuerschein entdecken, aber die Hitze des Vulkans, der zweitausend Meter unter dem Meeresspiegel ausgebrochen war, verwandelte das Wasser schlagartig in Dampf, der in riesigen Blasen aufstieg und die Meeresoberfl#228;che in einer nicht enden wollenden Kette gewaltiger Explosionen zerriss. Sie waren schon Meilen vom Ort des Geschehens entfernt und trotzdem zitterte und wankte die NAUTILUS noch immer heftig. Mike wagte sich nicht einmal vorzustellen, was geschehen w#228;re, h#228;tte sich die NAUTILUS unmittelbar im Zentrum der Dampfexplosion befunden. Er schien nicht der Einzige zu sein, dessen Gedanken sich in dieser Richtung bewegten. »Puh«, machte Ben. »Das war verdammt knapp ... Ein bisschen zu knapp f#252;r meinen Geschmack«, f#252;gte er mit einem schr#228;gen Blick in Trautmans Richtung hinzu. »F#252;r meinen auch«, antwortete Trautman. Aber dann zwang er sich zu einem L#228;cheln, seufzte h#246;rbar erleichtert und sagte: »Aber es ist vorbei.« Er hatte das letzte Wort noch nicht einmal ganz ausgesprochen, als der Horizont vor ihnen in einem grellen wei#223;en Lichtblitz explodierte. Die Insel bot einen Anblick der Verw#252;stung. Jedenfalls nahm Mike an, dass es einmal eine Insel gewesen war. Ganz sicher war er nicht. Was sich ungef#228;hr eine Seemeile vor der NAUTILUS aus dem Meer erhob, das erinnerte eher an einen gigantischen Mohrenkopf, aus dem ein Riese ein gewaltiges St#252;ck herausgebissen hatte. Der Berg war regelrecht halbiert. Wenn er jemals einen Krater gehabt hatte, so war er nun verschwunden; der Gipfel und die s#252;dliche H#228;lfte des Berges waren regelrecht weggesprengt, sodass sein Inneres blo#223; lag. Mike gewahrte rauchenden Stein und por#246;se Lava, zwischen der es hier und da noch immer dunkelrot gl#252;hte. So wie der Berg war auch die s#252;dliche H#228;lfte der gesamten Insel verschwunden. Geblieben war ein zerbrochener Ring aus Riffen und dampfender Lava, der sich bereitsmit Wasser gef#252;llt hatte. #220;ber diesem auf gewaltsame Weise entstandenen Atoll lag noch immer eine dicke Nebelbank aus Dampf und #252;ber dieser wiederum brodelte eine braunschwarze Wolkendecke, die nur ganz allm#228;hlich auseinander trieb. Mike hatte nicht auf die Uhr gesehen, aber er sch#228;tzte, dass seit der Explosion mindestens eine Stunde vergangen war. Trotzdem roch die Luft noch immer verbrannt und der Wind, der ihnen in die Gesichter blies, war unangenehm warm. »Unglaublich«, murmelte Chris. »Was ist denn hier passiert? Das ... das war doch kein normaler Vulkanausbruch!« Seine Stimme klang in der unheimlichen Stille, die sich #252;ber dem Meer ausgebreitet hatte, sonderbar fremd und Mike konnte die Furcht, mit der ihn der schauderhafte Anblick erf#252;llte, deutlich heraush#246;ren. Ihm selbst erging es kaum anders. Sie waren nicht in Gefahr. Der Ausbruch war vor#252;ber und selbst wenn der zerbrochene Berg in diesem Moment wieder anfangen sollte, Feuer und Lava zu speien, konnte ihnen nichts passieren. Die NAUTILUS befand sich weit genug von dem entfernt, was von der Vulkaninsel #252;brig geblieben war. Die Motoren summten im Leerlauf. Sie waren zwar alle auf das Deck heraufgekommen um die Insel zu betrachten, konnten aber, wenn es sein musste, binnen einer Minute tauchen und sich mit H#246;chstgeschwindigkeit vom Ort des Geschehens entfernen. Trautman antwortete mit einiger Versp#228;tung auf Chris' Frage. »Doch, das war es. Vulkanausbr#252;che bestehen nicht immer aus gl#252;hender Lava, die in den Himmel geschleudert wird. Das ist nur bei aktiven Vulkanen so.« »Der da sieht »Sie verstehen eine Menge davon, wie?«, fragte Ben. Trautman sch#252;ttelte den Kopf. »Nicht genug, f#252;rchte ich. Mein Gott und ich hatte schon #252;berlegt, diese Insel anzulaufen und in Ruhe die notwendigen Umbauten vorzunehmen. Ich wage mir gar nicht vorzustellen, was passiert w#228;re!« »Ist es ja schlie#223;lich nicht«, sagte Mike in bewusst fr#246;hlichem Ton. »Seit wann machen wir uns Gedanken #252;ber Dinge, die »Ob dort wohl Menschen gelebt haben?«, fragte Serena schaudernd. »Ich glaube nicht«, antwortete Mike rasch. »Die meisten dieser kleinen Inseln hier sind unbewohnt.« Er hoffte es wenigstens. Mike setzte das Fernglas an und schwenkte es hin und her, brauchte aber ein paar Sekunden, bis auch er sah, was Trautman entdeckt hatte. Dann erschrak er zutiefst. Direkt neben einem gro#223;en, sehr auff#228;llig geformten Felsen ragte etwas aus dem Boden, was er im ersten Augenblick ebenfalls f#252;r nichts anderes als zerborstene Steine gehalten hatte. Auf den zweiten Blick erkannte er, was es wirklich war: Diezusammengebrochenen #220;berreste eines aus gro#223;en Steinquadern errichteten Geb#228;udes. »Das sieht sehr alt aus«, sagte er nachdenklich. »Wie eine Art Tempel oder so etwas.« Er reichte das Glas an Ben weiter, der bereits ungeduldig die H#228;nde ausgestreckt hatte. »Es k#246;nnte Jahrhunderte alt sein.« »Es sieht vor allem sehr »Das meine ich nicht«, sagte Mike. »Dieser Tempel oder was auch immer es ist, k#246;nnte seit ein paar hundert Jahren dort stehen. Es ist nicht gesagt, dass dort wirklich Menschen gelebt haben.« »Ich m#246;chte mich trotzdem davon #252;berzeugen«, sagte Trautman. »Es kostet uns nur eine halbe Stunde um die Insel herumzufahren. Bleibt ruhig hier, wenn ihr wollt. Ich steuere die NAUTILUS vom Turm aus.« Er drehte sich herum, kletterte rasch die eiserne Leiter zum Turm hinauf und verschwand in der Luke. Kaum hatte er es getan, da erschien Astaroth #252;ber der Turmluke. Er machte keine Anstalten, sich zu ihnen zu gesellen, sondern machte es sich auf dem Turm gem#252;tlich und sah zu dem halbierten Berg hin. »Selbst wenn was?«, fragte Mike, diesmal laut, damit auch die anderen h#246;rten, dass er mit dem Kater sprach. Astaroth g#228;hnte ungeniert, aber seine gedankliche Stimme klang nicht so entspannt, wie er aussah. Trautman lie#223; die NAUTILUS nicht ann#228;hernd so schnell laufen, wie er es gekonnt h#228;tte, und hielt auch einen weit gr#246;#223;eren Abstand ein, als notwendig gewesen w#228;re. Offenbar traute er dem friedlichen Anblick doch nicht so sehr, wie er gerade selbst behauptet hatte. Je mehr sie sich der Insel n#228;herten, desto mehr konnte Mike Trautmans Vorsicht auch verstehen. Der halbierte Berg zog langsam an ihnen vor#252;ber und die Hitze stieg im gleichen Ma#223;e, in dem sie dem Ufer n#228;her kamen. Die Luft roch so durchdringend nach Schwefel, dass das Atmen m#252;hsam wurde. Sie sprachen nur sehr wenig, w#228;hrend die NAUTILUS die Insel umrundete. Mike warf dann und wann einen Blick zu Astaroth hin, der reglos auf dem Turm hockte und den Berg mit angelegten Ohren anstarrte, stellte aber keine Frage. Trotz seines vorlauten Mundwerks war Astaroth sehr zuverl#228;ssig, wenn es darauf ankam. Wenn er irgendetwas entdeckte, w#252;rde er es ihm sofort sagen. Schlie#223;lich hatte die NAUTILUS die andere Seite des Eilands erreicht und glitt um einen gewaltigen Felsen, der wie ein steinerner Wachtposten aus dem Meer ragte. Dahinter befand sich eine weit geschwungene, flache Bucht, die in einen wei#223;en, von dichtem Dschungel begrenzten Sandstrand #252;berging. Mike konnte einen entsetzten Aufschrei kaum noch unterdr#252;cken. Die Insel musste noch vor zwei Stunden einen wahrhaft paradiesischen Anblick geboten haben. Jetzt sah sie aus wie ein Vorhof der H#246;lle. Der Strand war von einer hellgrauen, pulverigen Ascheschicht bedeckt, aus der hier und da noch d#252;nne Rauchf#228;den aufstiegen. Der Dschungel, der diesen Strand einst begrenzt hatte, war zu einer schwarzen Albtraumlandschaft verbrannt. Die Palmen hatten keine Bl#228;tter mehr und ihre St#228;mme waren zu schwarzen Strunken verkohlt. #220;berall zwischen den B#228;umen brannte es noch. Das Schlimmste aber war das halbe Dutzend H#252;tten, das auf dem Strand stand -genauer gesagt das, was davon #252;brig geblieben war. Es waren keine steinernen Bauten wie der Tempel, den sie auf der anderen Seite der Insel gesehen hatten, aber auch keine Bambus-oder Strohh#252;tten, sondern f#252;nf oder sechs in aller Hast errichtete Wellblechh#252;tten, die vermutlich auch keinen besonders h#252;bschen Anblick geboten hatten, als sie noch intakt gewesen waren. Jetzt bestanden sie nur noch aus einem wirren Haufen von zerfetztem, ausgegl#252;htem Blech. Ein tonnenschwerer Lavablock war wie ein Geschoss vom Himmel gest#252;rzt und hatte die kleine H#252;ttensiedlung mit der Wucht einer Bombe getroffen. »Dort!« Serenas ausgestreckter Arm deutete nach rechts, und als Mikes Blick der Geste folgte, sah er das zertr#252;mmerte Heck eines kleinen Schiffes aus dem Wasser ragen. Auch Trautman schien das Boot im selben Augenblick gesehen zu haben, denn die NAUTILUS verlor deutlich an Fahrt und #228;nderte zugleich ihren Kurs, sodass sie nun direkt auf das Schiffswrack zuhielt. Wieder einmal erwies sich Trautman als wahrhaft meisterlicher Kapit#228;n, denn als die NAUTILUS schlie#223;lich zur Ruhe kam, befand sie sich weniger als einen Meter neben dem gesunkenen Schiff. Mike verst#228;ndigte sich mit einem raschen Blick mit Singh, dann sprang er ohne zu z#246;gern auf das Schiffswrack hinab und der Inder folgte ihm auf dieselbe Weise. Das Boot schaukelte f#252;hlbar unter ihnen; offensichtlich lag es nicht auf Grund, sondern trieb frei im Wasser. Dabei h#228;tte es eigentlich wie ein Stein sinken m#252;ssen, dachte Mike. Das Schiff war wesentlich gr#246;#223;er, als sie im ersten Moment angenommen hatten, und bestand nicht aus Holz, sondern aus Eisen. Vielleicht war in seinem Heck eine gro#223;e Luftblase eingeschlossen, die es an der Wasseroberfl#228;che hielt. »Ich tauche«, sagte Singh knapp. »Sieh dich hier um.« Er deutete auf das zerborstene Heck des Schiffes, holte tief Luft und verschwand mit einem Hechtsprung im Wasser, w#228;hrend Mike die Arme ausbreitete, um auf dem schwankenden Boden das Gleichgewicht zu halten, und sich dem gewaltigen Riss n#228;herte, der im hinteren Teil des Schiffes g#228;hnte. Er sah nichts anderes, als er erwartet hatte, aber der Anblick war erschreckend genug: Unter ihm lag das, was einmal der Maschinenraum des Schiffes gewesen sein musste. Jetzt glich es eher dem Hof eines Schrotth#228;ndlers. Etwas hatte das zwei Zentimeter dicke Eisen des Rumpfes wie Papier zerfetzt und im Schiffsinneren alles kurz und klein geschlagen. Und was immer es gewesen war, musste hei#223; wie die H#246;lle gewesen sein, denn das eingedrungene Wasser sprudelte noch immer. Wasserdampf schlug Mike entgegen und lie#223; ihn den Gedanken, ins Innere des Schiffes hinabzutauchen, auf der Stelle wieder vergessen. Auf der anderen Seite des Schiffes tauchte jetzt Singh auf, nach #252;berraschend kurzer Zeit, wie Mike fand. Prustend schwang er sich auf den Schiffsrumpf hoch und spuckte Wasser aus. »Es schmeckt grauenhaft«, sagte er schwer atmend. »Und es ist hei#223;. Als ob man in schlecht gewordener Fischsuppe baden w#252;rde.Im Rumpf scheint eine Luftblase zu sein. Gro#223; genug f#252;r einen #220;berlebenden. Aber ich komme nicht rein. Unm#246;glich l#228;nger als ein paar Augenblicke unter Wasser zu bleiben.« »Das ist auch nicht n#246;tig«, antwortete Mike. »Wozu haben wir jemanden an Bord, der unter Wasser atmen kann?« Mike drehte sich zur NAUTILUS herum. »Astaroth!« Astaroth r#252;hrte sich nicht, antwortete aber mit seiner Gedankenstimme. »Astaroth!«, sagte Mike laut und ziemlich w#252;tend. »Du wirst sofort in dieses Wrack hinuntertauchen!« »Was ist los?«, rief Ben vom Schiff aus. »Wieso reagiert er nicht?« »Astaroth meint, es k#246;nnte einen #220;berlebenden an Land geben«, antwortete Mike. »Das ist nicht sein Ernst!« Ben riss ungl#228;ubig die Augen auf. Sie waren noch ein gutes St#252;ck vom Strand entfernt, aber selbst von hier aus konnte man erkennen, dass die Zerst#246;rung total war. Es war schwer vorstellbar, dass dort noch jemand am Leben sein sollte. Aber wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass dort noch ein Mensch am Leben war, dann konnten sie nicht einfach abfahren und so tun, als h#228;tten sie nichts gemerkt. Mike und Singh sprangen auf den Bug der NAUTILUS zur#252;ck. Mike winkte Trautman im Turm des Schiffes zu und deutete dann auf die zerst#246;rte H#252;ttensiedlung. Er konnte Trautmans Reaktion nicht erkennen, aber einen Moment sp#228;ter setzte sich die NAUTILUS erneut in Bewegung und hielt auf den Strand zu. Sie konnten nicht ganz bis ans Ufer heranfahren, da der Tiefgang der NAUTILUS zu gro#223; war. Das Schiff hielt in drei#223;ig oder vierzig Metern Entfernung an und Mike, Singh und Juan begannen hastig das kleine Beiboot aus der Haltevorrichtung am Heck zu l#246;sen. Sie h#228;tten das kurze St#252;ck m#252;helos schwimmen k#246;nnen, aber nach Singhs Worten hatte niemand mehr Lust, ins Wasser zu gehen; Singh am allerwenigsten. »Ihr wollt da wirklich hin?«, fragte Ben, nachdem sie das Boot ins Wasser gelassen hatten und hintereinander hineinkletterten. Er warf einen schr#228;gen Blick zum Berg hoch. Von dieser Seite aus sahen die Zerst#246;rungen gar nicht so schlimm aus, aber der verbrannte Wald und die aschefarbene Wolke am Himmel #252;ber der Insel sprachen eine sehr deutliche Sprache. Auch Mike war nicht besonders wohl in seiner Haut, aber er nickte trotzdem. »Wir sind vorsichtig«, sagte er. »Und wir beeilen uns.« »Das w#252;rde ich auch vorschlagen«, sagte Ben. »Je schneller wir von hier wegkommen, desto besser. Ich traue dem Frieden nicht.« Mike ging es genauso. Wenn Trautmans Erkl#228;rung stimmte, dann hatten sie von diesem Vulkan nichts mehr zu bef#252;rchten aber schlie#223;lich hatte Trautman ja selbst zugegeben, dass er nicht besonders viel von Vulkanen verstand. Der unterseeische Ausbruch, dem sie vorhin mit knapper M#252;he entkommen waren, war schlie#223;lich auch v#246;llig warnungslos erfolgt. Singh startete den Motor und sie fuhren los. Nach wenigen Augenblicken schon hatten sie den Strand erreicht. Singh lie#223; das Boot so weit auf den Sand hinaufgleiten, wie es nur ging, und sie sprangen von Bord. Ihre Schritte wirbelten die wei#223;e Lavaasche so hoch, dass Mike mit der Hand vor dem Gesicht herumwedelte um #252;berhaupt noch etwas sehen zu k#246;nnen und er hustete. Die Asche war warm, fast noch hei#223;, und der Schwefelgestank wurde so stark, dass sie kaum noch atmen konnten. Als sie weitergingen, bewegten sie sich vorsichtiger, sodass die Asche nur noch bis zu ihren Knien hochwirbelte. Je n#228;her sie der Ansammlung zerst#246;rter Wellblechh#252;tten kamen, desto mehr sank Mikes Mut. Es erschien ihm immer unwahrscheinlicher, dass irgendein lebendes Wesen die Katastrophe #252;berlebt haben sollte. Der Brocken, der in der Mitte der kleinen Siedlung eingeschlagen war, war immer noch deutlich zu sehen. Er hatte sich mehr als zur H#228;lfte in den Boden eingegraben und gl#252;hte in einem dunklen, drohenden Rot. In seiner unmittelbaren Umgebung war der Sand geschmolzen und zu einer Art schwarzem Glas geworden. Die Hitze, die er ausstrahlte, war so gewaltig, dass es ihnen nicht m#246;glich war, sich ihm weiter zu n#228;hern. »Dort.« Singh deutete auf zwei halb zusammengebrochene H#252;tten am anderen Ende des Lagers. Auch sie waren zerst#246;rt, aber nicht ganz so sehr wie der Rest der Ansiedlung. Wenn es hier #252;berhaupt #220;berlebende geben sollte, dann dort. »Nehmt die linke H#252;tte. Ich durchsuche die andere.« Sie schritten schneller aus. Mike hob sch#252;tzend den Arm vor das Gesicht, um der grausamen Hitze zu entgehen, die wie mit unsichtbaren gl#252;henden Krallen nach ihm hieb, und trat geb#252;ckt durch den halb eingedr#252;ckten Eingang. Auch hier drinnen war alles hoffnungslos zerst#246;rt. Mike erkannte nichts als ein riesiges Chaos aus umgest#252;rztem Mobiliar, zerbrochener Einrichtung und verkohltem Papier und auch hier drinnen lag wei#223;e, pulverige Asche, die bei jeder Bewegung hochwirbelte und zum Husten reizte. Trotzdem durchsuchten sie die H#252;tte gr#252;ndlich. »Das scheint so eine Art ... Labor gewesen zu sein«, sagte Juan nachdenklich. »Jedenfalls liegt hier genug Krempel herum um Isaac Newton f#252;r den Rest seines Lebens gl#252;cklich zu machen.« Juan hatte vollkommen Recht: Diese H#252;tte war einmal ein Labor gewesen. Unter ihren F#252;#223;en klirrte zerbrochenes Glas und verbogenes Metall und #252;berall lagen angekohlte B#252;cher. Mike b#252;ckte sich nach einem der angesengten B#228;nde, bl#228;tterte ihn durch und stellte fest, dass er nichts als handschriftliche Notizen und kompliziert aussehende Berechnungen enthielt. Er wollte ihn wegwerfen, #252;berlegte es sich dann aber anders und steckte das Buch in seinen G#252;rtel. »Hier dr#252;ben!« Singhs Stimme drang ged#228;mpft durch die Wand herein. »Ich habe jemanden gefunden! Schnell!« Sie fuhren herum, rannten zu der benachbarten H#252;tte und st#252;rmten hinein. Singh hockte am Boden und k#252;mmerte sich um eine Gestalt in verbrannter Kleidung, die halb unter Tr#252;mmern und zerbrochenen Ger#228;tschaften begraben war. »Schnell!«, sagte Singh. »Helft mir! Und seid vorsichtig, er ist schwer verletzt!« Das war nicht #252;bertrieben. W#228;hrend sie zu dritt versuchten, den Mann unter dem Wust zerbrochener M#246;bel herauszuziehen, stellte Mike entsetzt fest, wie schwer verbrannt der Mann war. Er war ohne Bewusstsein, st#246;hnte aber trotzdem vor Schmerz, als sie ihn hochhoben und aus der H#252;tte trugen. Seine Kleider waren verkohlt und er blutete aus mindestens einem Dutzend mehr oder weniger tiefer Wunden. So schnell sie konnten, trugen sie den Verletzten zum Boot und legten ihn hinein. Mike und Juan schoben das Beiboot ins Wasser, w#228;hrend Singh sich um den Verwundeten k#252;mmerte. Der Boden unter ihren F#252;#223;en zitterte sacht und auf dem Meer entstand pl#246;tzlich ein Muster sich schnell ver#228;ndernder Wellen. Ein dumpfes Grollen lag mit einem Male in der Luft und spornte sie zu noch gr#246;#223;erer Eile an. Hastig stie#223;en sie das Boot ab, sprangen hinein und griffen nach den Rudern. Mike sah zur NAUTILUS hin. Ben, Chris und Serena waren unter Deck verschwunden und genau in diesem Moment erschien Trautman #252;ber der Turmluke und winkte ihnen zu sich zu beeilen. Die Wellen auf dem Wasser wurden h#246;her und auch die NAUTILUS bewegte sich jetzt deutlich. Aus dem sachten Grollen war mittlerweile ein drohendes Donnern und Rumoren geworden, das von #252;berall her zugleich zu kommen schien. Mike und Juan ruderten, so schnell sie konnten. Trautman kletterte vollends aus dem Turm und eilte ihnen entgegen, um Singh mit dem Verletzten zu helfen, w#228;hrend Mike und Juan rasch das Boot im Heck der NAUTILUS vert#228;uten. Dann eilten sie unter Deck und verschlossen die Luken hinter sich. Mike trat ans Ruder, schickte ein Sto#223;gebet zum Himmel, dass er mit den neuen Instrumenten zurechtkam, und begann die NAUTILUS behutsam auf der Stelle zu wenden. Die NAUTILUS erzitterte unter immer heftiger werdenden Ersch#252;tterungen, w#228;hrend Mike das Schiff wendete und ins offene Meer hinauslenkte. Sie waren kaum aus der Gefahrenzone heraus, da erwachte der vermeintlich schlafende Vulkan zum zweiten Mal. Als sich Rauch und Flammen nach zwei Stunden allm#228;hlich wieder verzogen, war von der Insel nichts mehr zu sehen. Seit die Vulkaninsel untergegangen war, hatte sich das Meer nicht mehr beruhigt. Mittlerweile waren mehr als vierundzwanzig Stunden vergangen, aber der Meeresboden Hunderte von Metern unter ihnen befand sich noch immer in Aufruhr. Dann und wann brachen gewaltige dampfgef#252;llte Blasen durch die Wasseroberfl#228;che und die Wellen wurden immer heftiger. Es bestand keine wirkliche Gefahr f#252;r die NAUTILUS -wenigstens behauptete Trautman das -, aber es wurde allm#228;hlich ungem#252;tlich. W#228;re es nach Mike und den anderen gegangen, so h#228;tten sie diesen Teil des Ozeans l#228;ngst mit H#246;chstgeschwindigkeit hinter sich gelassen, aber Trautman weigerte sich beharrlich. »Wir bleiben hier, bis der Verletzte aufgewacht ist und wir mit ihm gesprochen haben«, sagte er. Seine Stimme klang sehr bestimmt. »Dieses Lager war gro#223; genug f#252;r mindestens ein Dutzend Menschen und soviel ich wei#223;, haben Singh und die anderen keine weiteren Verletzten oder Toten gefunden. Ich werde nicht von hier weggehen, bevor ich keine Klarheit #252;ber ihr Schicksal habe!« »Sie sind doch l#228;ngst tot!«, protestierte Ben. »Hast du die Leichen gesehen?«, fragte Trautman. »Nein. Aber niemand kann diese Katastrophe #252;berlebt haben. Die Insel ist einfach nicht mehr da!« »Wir warten«, antwortete Trautman stur. »Astaroth meint, dass er in ein paar Stunden aufwachen wird.« Er setzte sich und griff mit der anderen Hand nach einem Buch, das auf der Bank neben ihm lag, und legte es aufgeschlagen auf den Tisch. Es war das ledergebundene Notizbuch, das Mike aus der H#252;tte mitgebracht hatte. Trautman hatte es innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden mindestens hundertmal durchgebl#228;ttert ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen. Die Handschrift auf den Seiten war gestochen scharf, aber leider in einer Sprache abgefasst, die keiner von ihnen kannte. Nach Mikes Ansicht handelte es sich um Schwedisch oder so etwas, aber sicher war er nicht. »Wenn wir nur w#252;ssten, was darin steht«, seufzte Trautman. »Vielleicht w#228;ren wir dann schlauer.« »Ja, und vielleicht sind es auch nur Kochrezepte«, sagte Ben. »Oder f#252;nfzig Jahre alte Liebesbriefe.« Ohne ein weiteres Wort verlie#223;en sie den Salon und eilten in Serenas Kabine hinunter. Keiner von ihnen war Arzt, aber Serena verstand ein bisschen von erster Hilfe, und die unvorstellbar weit fortgeschrittene Technik der NAUTILUS erm#246;glichte es ihnen, ihre Verletzten wahrscheinlich besser zu versorgen, als es die meisten gro#223;en Krankenh#228;user auf der Welt gekonnt h#228;tten. Als Mike nun als Erster Serenas Kabine betrat, war er auch erstaunt, welche Fortschritte die Genesung des Fremden gemacht hatte. Er war noch immer verbunden und eingewickelt wie eine Mumie, aber die schweren Brandwunden in seinem Gesicht und an seinen H#228;nden waren gut verheilt; wahrscheinlich w#252;rden nicht einmal Narben zur#252;ckbleiben. Sein Fieber war deutlich gesunken und w#228;hrend der letzten Stunden war aus seinen Albtr#228;umen ein tiefer Schlaf geworden. Serena sa#223; an der Bettkante und hielt seine Hand, w#228;hrend Astaroth am Fu#223;ende hockte und ihn aufmerksam betrachtete. »Wie geht es ihm?«, fragte Trautman. Serena zuckte mit den Schultern und Astaroth sagte: Mike sah ihn #252;berrascht an und Astaroth best#228;tigte seine Worte mit der Imitation eines menschlichen Nickens. Nach allem, was er durchgestanden hatte, konnte Mike das sehr gut verstehen. Er tauschte einen bezeichnenden Blick mit Trautman, dann trat er dichter an das Bett heran und sagte langsam und betont: »Wir wissen, dass Sie wach sind. Sie brauchen keine Angst zu haben. Wir sind in Sicherheit.« Der Fremde spielte noch zwei oder drei Sekunden lang den Schlafenden, dann #246;ffnete er langsam die Augen, sah zuerst Mike und dann Serena an und sagte: »Ich bin also tot.« »Wie kommen Sie darauf?«, fragte Mike. »Ich muss tot sein«, antwortete der Fremde. »An meinem Bett sitzt ein Engel und h#228;lt meine Hand. Also bin ich im Himmel.« Mike lachte und er sah, wie Serena tats#228;chlich ein wenig err#246;tete und um ein Haar die Hand zur#252;ckgezogen h#228;tte. In ihrem wei#223;en Kleid und mit dem schulterlangen, gelockten Haar sah sie tats#228;chlich wie ein Engel aus. »Ich f#252;rchte, ich muss Sie entt#228;uschen«, sagte Mike l#228;chelnd. »Wenn Sie auf Manna und kostenlosen Unterricht im Harfespielen scharf sind, m#252;ssen Sie schon noch ein paar Jahre warten. Mein Name ist Mike und der Engel an Ihrem Bett hei#223;t Serena.« Er deutete nacheinander auf alle anderen, nannte ihre Namen und fragte dann: »Und wer sind Sie?« »Delamere«, antwortete der Fremde. »Mein Name ist Delamere. Jacques Delamere.« »Sind Sie Franzose?«, fragte Trautman. »Belgier«, antwortete Jacques. Jetzt verstand Mike auch, warum sie das Tagebuch nicht hatten lesen k#246;nnen. Keiner von ihnen war der fl#228;mischen Sprache m#228;chtig, in der die Notizen offensichtlich abgefasst waren. »Waren Sie allein auf der Insel?«, fragte Mike. Jacques antwortete nicht gleich, aber das war auch nicht n#246;tig. Der erschrockene Blick, mit dem er auf seine Frage reagierte, war beredt genug. »Ihr habt... niemanden sonst gefunden?«, fragte er. Mike sch#252;ttelte den Kopf. »Wie viele waren Sie?« »Drei«, antwortete Jacques. »Mein Assistent, der Kapit#228;n des Schiffes und ich. Sie haben sie nicht gefunden?« »Sie waren der einzige #220;berlebende«, sagte Trautman. »Es tut mir sehr Leid.« »Vielleicht haben Sie sie nur #252;bersehen!«, sagte Jacques. »Es k#246;nnte doch sein! Als der Vulkan ausbrach, sind wir in Panik geraten. Ich habe mich in meiner H#252;tte versteckt, aber die beiden anderen sind davongelaufen. Vielleicht...« »Die Insel«, unterbrach ihn Trautman ruhig, »existiert nicht mehr.« Jacques starrte ihn an. »Es ist die Wahrheit«, best#228;tigte Serena. »Es tut mir sehr Leid um Ihre Freunde, aber es ist so, wie Trautman sagt: Die gesamte Insel ist im Meer versunken. Ich f#252;rchte, Ihre beiden Freunde sind tot.« »Sie sprachen von zwei Begleitern«, sagte Trautman rasch; vielleicht um Jacques abzulenken. »Aber die H#252;ttensiedlung, die wir gesehen haben, war f#252;r mehr Menschen ausgelegt. Wie viele waren Sie?« »Zehn«, antwortete Jacques. »Die anderen sind auf Hathi, der Nachbarinsel, f#252;nfzig Seemeilen entfernt. Die Pahuma haben sie.« »Pahuma?« »Die Eingeborenen«, erkl#228;rte Jacques. »Sie haben meine Frau und die anderen gefangen. Wir drei konnten fliehen. Wir sind hierher gekommen, um Hilfe anzufordern, aber bevor wir das Funkger#228;t einschalten konnten, brach der Vulkan aus. Wir wussten, dass es passieren w#252;rde, aber ich hatte gehofft, dass uns wenigstens noch Zeit bliebe um einen Hilferuf abzusetzen.« »Woher?«, fragte Ben. »Ich bin Vulkanologe«, antwortete Jacques. »Wir sind seit einem halben Jahr hier. Wir hatten einen starken Vulkanausbruch erwartet.« »Den haben Sie ja auch bekommen«, sagte Ben s#228;uerlich. »Wenn Sie wussten, was passieren w#252;rde, warum sind Sie dann nicht geflohen?«, fragte Trautman. »Weil ich nicht erwartet habe, dass es so schlimm wird«, gestand Jacques. »Das konnte niemand voraussehen. Es war, als ... als ob sich die Tore der H#246;lle aufgetan h#228;tten. Der halbe Berg ist explodiert. Wenn wir nicht auf der anderen Seite gewesen w#228;ren, h#228;tten wir keine Chance gehabt.« Er versuchte sich aufzusetzen, sank aber mit einem unterdr#252;ckten Schmerzenslaut zur#252;ck und verzog das Gesicht. »Sie sollten sich noch ein wenig schonen«, sagte Trautman #252;berfl#252;ssigerweise. »Sie waren ziemlich schwer verletzt.« »So f#252;hle ich mich auch«, sagte Jacques gepresst. Sehr viel vorsichtiger als das erste Mal setzte er sich auf und schwang die Beine vom Bett. Astaroth sprang fluchend auf und lief ein paar Schritte davon. »Ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen daf#252;r bedankt, dass Sie mir das Leben gerettet haben«, sagte Jacques. »Wahrscheinlich war das nicht ganz ungef#228;hrlich.« Er sah zu Trautman hoch. »Sind Sie der Kapit#228;n dieses Schiffes?« »So ... k#246;nnte man es nennen«, sagte Trautman ausweichend. »Wo bin ich #252;berhaupt?«, fragte Jacques. »Was ist das f#252;r ein Schiff und wo ist die Besatzung?« »Das ist eine komplizierte Geschichte«, antwortete Trautman. »Ich erkl#228;re Ihnen alles, aber im Moment ist es erst einmal wichtig, dass Sie sich erholen und wieder zu Kr#228;ften kommen.« »Daf#252;r ist keine Zeit«, widersprach Delamere. »Sie sind nicht in Gefahr«, antwortete Mike. »Glauben Sie mir, auf diesem Schiff kann Ihnen nichts mehr passieren.« »Ich rede nicht von mir!«, protestierte Jacques. »Es tut mir Leid, mein Junge, aber ich f#252;rchte, die Situation ist ein bisschen komplizierter, als du begreifen kannst. Es w#228;re besser, wenn ich mit deinen Eltern rede.« Mike wollte widersprechen, aber Trautman brachte ihn mit einem schnellen Blick zum Schweigen und fragte, an Jacques gewandt: »Wozu?« »Weil sich meine Frau und die #228;ndern Mitglieder der Expedition in gr#246;#223;ter Gefahr befinden«, antwortete Delamere. »Was glauben Sie denn, warum wir das Risiko auf uns genommen haben, noch einmal hierher zu kommen? Wir brauchten das Funkger#228;t um Hilfe zu rufen.« »Wir werden Ihnen helfen«, sagte Trautman. Jacques betrachtete ihn kritisch. »Werden Sie? Na, dann hoffe ich, dass Sie gen#252;gend Waffen und Munition an Bord haben. Und mindestens zweihundert Soldaten.« »Was soll das hei#223;en?«, fragte Mike alarmiert. »Wie ich bereits sagte: Die Pahuma haben die anderen gefangen genommen. Sie wollen sie ihren heidnischen G#246;ttern opfern.« »Wann?«, fragte Juan. »Beim n#228;chsten Vollmond«, antwortete Jacques. »In zwei Tagen.« »In zwei Tagen?!« Trautman hatte M#252;he, sich seinen Schrecken nicht zu deutlich anmerken zu lassen. »Ja«, best#228;tigte Jacques. »Warum fragen Sie?« »Weil Sie sich irren, Jacques«, antwortete Trautman ernst. »Sie waren mehr als vierundzwanzig Stunden bewusstlos. Sie haben keine zwei Tage mehr. Vollmond ist in der kommenden Nacht.« Juan rollte die Seekarte zusammen, trug sie zur#252;ck zum Kartenregal und w#228;hlte umst#228;ndlich eine andere, sorgsam zusammengerollte Karte. Er breitete sie auf dem Tisch aus, beschwerte die Ecken, damit sie sich nicht von selbst wieder zusammenrollte, und studierte konzentriert denselben Bereich, den er im Laufe der vergangenen beiden Stunden schon auf einem halben Dutzend anderer Karten begutachtet hatte. Mit demselben Ergebnis. Er sch#252;ttelte den Kopf und sagte: »Nichts. Es gibt keine Insel, die Hathi hei#223;t.« »Vielleicht nicht auf diesen Karten«, sagte Singh. »Sie sind zum Teil schon ziemlich alt.« »Au#223;erdem k#246;nnte es gut sein, dass Delamere uns den Namen gesagt hat, mit dem die Eingeborenen ihre Insel bezeichnen«, f#252;gte Trautman hinzu. »Er muss nicht unbedingt mit dem #252;bereinstimmen, der auf dieser Karte steht.« Er seufzte. »Wir werden es gleich wissen.« »Sie wollen ihn wirklich hierher bringen?«, fragte Ben. »Hast du eine bessere Idee?«, erwiderte Trautman. Und Chris f#252;gte hinzu: »Wir k#246;nnen ihn schlie#223;lich nicht ewig in Serenas Kabine einsperren, oder?« »Nein«, gestand Ben. Es h#246;rte sich ziemlich widerwillig an. »Ich halte es trotzdem nicht f#252;r eine gute Idee. Wir haben schon viel zu viele schlechte Erfahrungen gemacht.« F#252;r einen Moment breitete sich ein sehr unangenehmes Schweigen im Kommandoraum der NAUTILUS aus. Mike h#228;tte Ben -ebenso wie alle anderen -liebend gerne widersprochen, aber es w#228;re nicht die Wahrheit gewesen. Gerade die Ereignisse der letzten Wochen hatten ihnen auf schreckliche Weise klargemacht, wie gef#228;hrlich es war, Fremden das Geheimnis der NAUTILUS zu enth#252;llen. Die Welt war einfach noch nicht reif f#252;r ein Schiff wie die NAUTILUS. Das Tauchboot war mehr als zehntausend Jahre alt und stammte aus dem sagenumwobenen Atlantis und es war der Technik der Menschen um Jahrhunderte voraus. Sie hatten es niemals ausprobiert und Mike betete zu Gott, dass sie niemals in die Situation kommen w#252;rden, es zu m#252;ssen -aber Mike war ziemlich sicher, dass die NAUTILUS allein in der Lage war, es mit einer ganzen Flotte der modernsten Kriegsschiffe aufzunehmen; vor allem nach den Umbauten, die Tarras und seine Techniker daran vorgenommen hatten. Die Bewaffnung der NAUTILUS war nichts, was Mike und die anderen -Ben vielleicht einmal ausgenommen - »Wir haben keine Wahl«, sagte Trautman leise. »Es stehen zehn Menschenleben auf dem Spiel. Vielleicht sogar noch mehr.« Mike sah erschrocken auf, doch bevor er Trautman fragen konnte, wie er diese letzte Bemerkung gemeint hatte, fragte Ben: »Warum geben wir ihm nicht einfach das Funkger#228;t, um das er gebeten hat, und lassen ihn Hilfe rufen?« »Du hast Delamere doch geh#246;rt, oder?«, fragte Trautman. »Er will Soldaten anfordern. Wahrscheinlich ein Kriegsschiff. Ganz offensichtlich plant er seine Freunde mit Gewalt zu befreien. M#246;chtest du schuld an einem Gemetzel unter Insulanern sein?« »He, Moment!«, protestierte Ben. »Wieso bin ich schuld an irgendetwas, nur weil ich mich nicht einmischen will?« »Wir haben uns bereits eingemischt, einfach indem wir »Jetzt reg dich wieder ab. Astaroth w#252;rde uns sofort warnen, wenn irgendetwas nicht stimmt.« »So wie das letzte Mal?«, maulte Ben. »Es reicht«, sagte Trautman scharf. Ben hatte zwar Recht, aber die Situation war trotzdem nicht zu vergleichen. Diesmal hatten sie es nicht mit einem leibhaftigen Magier zu tun, der die F#228;higkeit hatte, praktisch jede beliebige Gestalt anzunehmen und selbst seine Gedanken vor Astaroth zu verbergen. Das unangenehme Schweigen hielt an, bis sie drau#223;en auf dem Gang Schritte h#246;rten und Chris mit Delamere und Astaroth zur#252;ckkam, begleitet von Serena. Alle blickten dem belgischen Forscher aufmerksam entgegen, aber Delamere schien sie gar nicht wahrzunehmen. Er trug den linken Arm in einer Schlinge und hatte einen frischen wei#223;en Verband um die Stirn. Seine verbrannten Kleider waren verschwunden und er trug nun eine der normalen Borduniformen der NAUTILUS. Und einen so vollkommen fassungslosen Gesichtsausdruck, wie Mike ihn selten gesehen hatte. Er blieb einen Moment lang unter der T#252;r des Salons stehen, sah sich aus weit aufgerissenen Augen um und ging dann steifbeinig auf das gro#223;e Aussichtsfenster zu. Die NAUTILUS lag ziemlich tief, sodass die unteren drei#223;ig Zentimeter der Scheibe unter der Wasseroberfl#228;che lagen. Endlose Sekunden starrte Delamere aufs Meer hinaus, dann drehte er sich langsam um und lie#223; seinen Blick ein zweites Mal durch den Raum schweifen. »Wo ... wo bin ich?«, murmelte er. »Das ist ... ein Unterseeboot, nicht wahr?« »Ja«, antwortete Trautman. »Allerdings ein etwas ... au#223;ergew#246;hnliches.« »Au#223;ergew#246;hnlich?« Jacques' Stimme klang schrill. Mikes Gedanken. »Es ist die NAUTILUS«, sagte Mike. Als Ben und Trautman ihn erschrocken anblickten, deutete er mit einer fast unmerklichen Geste auf Astaroth. Beide nickten ebenso unmerklich. Sie hatten verstanden. »Die NAUTILUS.« Jacques versuchte zu lachen, aber es misslang. »Du ... du willst mich auf den Arm nehmen, nicht? Ich meine, es ... es ist nicht »Es ist das Schiff meines Vaters«, sagte Mike ruhig. »Kapit#228;n Nemo.« Jacques starrte ihn an. Er versuchte etwas zu sagen, aber seine Stimme versagte kl#228;glich. »Ich kann mir vorstellen, was Sie jetzt f#252;hlen«, sagte Trautman sanft. »Aber bitte glauben Sie nicht alles, was Sie #252;ber dieses Schiff und seinen Kapit#228;n geh#246;rt haben. Nemo war kein Verbrecher. Und das hier ist kein Piratenschiff.« »Ich ... ich habe vor allem geh#246;rt, dass ... dass die NAUTILUS gesunken ist«, stammelte der Belgier. »Das ist es, was die ganze Welt glauben sollte«, antwortete Trautman. »Niemand darf erfahren, dass die NAUTILUS noch existiert. Wenn Sie l#228;nger an Bord bleiben sollten, werden Sie verstehen, warum das so ist.« »Und ... und wieso zeigen Sie es mir dann?«, fragte Jacques unsicher. »Sie sind nun einmal hier«, antwortete Trautman. »Sollten wir Sie auf der Insel verbrennen lassen? W#228;ren die Dinge anders, dann h#228;tten Sie Serenas Kabine niemals verlassen. Wir h#228;tten Sie in der N#228;he irgendeiner menschlichen Ansiedlung an Land gesetzt, und selbst wenn Sie sich an etwas erinnert h#228;tten, so w#252;rde Ihnen niemand glauben. Aber so, wie die Dinge liegen, geht das leider nicht mehr.« F#252;r Trautmans Verh#228;ltnisse war das eine erstaunlich lange Ansprache, fand Mike. Trotzdem hatte er das Gef#252;hl, dass Jacques die Worte gar nicht richtig geh#246;rt hatte; und wenn doch, so zumindest nicht »Wir k#246;nnen sp#228;ter #252;ber alles reden«, fuhr Trautman fort, als Jacques auch nach Sekunden nicht antwortete. »Ich werde Ihnen alle Fragen beantworten, die Sie haben, aber im Moment ist dazu keine Zeit, f#252;rchte ich. Wenn wir Ihre Freunde retten wollen, m#252;ssen wir zu dieser Insel fahren, von der Sie uns berichtet haben. Zeigen Sie sie uns auf der Karte.« Jacques z#246;gerte noch immer. Er hatte M#252;he, mit dem Geh#246;rten fertig zu werden und nicht die Kontrolle #252;ber sich zu verlieren. Erst als Trautman seine Worte wiederholte, erwachte er langsam aus seiner Erstarrung und trat an den Kartentisch heran. Sein Finger deutete nach kurzem Suchen auf einen winzigen Punkt, neben dem nicht einmal ein Name stand. »Das k#246;nnte sie sein«, sagte er, »obwohl ...« »K#246;nnte?«, fragte Trautman. »Hathi ist eine Vulkaninsel«, sagte Jacques nachdenklich. »Aber um so sehr zu wachsen, m#252;sste die Karte wirklich sehr alt sein.« »Das ist sie«, best#228;tigte Trautman. Nach einem neuerlichen kurzen Blick auf die Karte fuhr er fort: »Es ist weiter, als ich dachte. Wir werden eine Stunde brauchen um sie zu erreichen. Besser, wir fahren gleich los.« »Eine Stunde?« Jacques riss ungl#228;ubig die Augen auf. »Wir waren mit dem Boot einen halben Tag unterwegs!« »Sagte ich nicht, dass die NAUTILUS ein sehr erstaunliches Schiff ist?«, l#228;chelte Trautman. Dann gab er Singh einen Wink. »Hilf mir den Kurs zu setzen. Wir k#246;nnen genauso gut reden, w#228;hrend wir unterwegs sind.« Und das taten sie dann auch. Etwas mehr als eine Stunde verging, bis die Vulkaninsel am Horizont vor ihnen auftauchte, und die Zeit war noch nicht einmal zur H#228;lfte vorbei gewesen, da schwirrte Mike bereits der Kopf. Sie hatten praktisch ununterbrochen geredet. Nachdem Jacques seinen Schock einigerma#223;en #252;berwunden hatte, sprudelte er vor Fragen nur so #252;ber und Trautman, Mike und die anderen hatten die meisten davon auch beantwortet, aber nicht alle. Es gab ein paar Dinge, von denen sie nichts sagten. So war es nicht unbedingt notwendig, dass Delamere erfuhr, wer Serena wirklich war, und sie erz#228;hlten ihm schon gar nichts von Astaroth und seinen besonderen F#228;higkeiten, die Gedanken eines Menschen zu lesen. Da Mike umgekehrt von Astaroth wusste, dass Delamere ganz ehrlich zu ihnen war, f#252;hlte er sich nicht besonders gut dabei. Aber die Erfahrung der letzten Jahre hatte sie gelehrt, lieber einmal zu vorsichtig zu sein als zu vertrauensselig. Als die Insel in ihre Sicht kam, drosselte Trautman die Geschwindigkeit der NAUTILUS und hielt schlie#223;lich ganz an. »Ich w#252;rde Ihnen ja gerne noch mehr #252;ber die NAUTILUS und unsere Abenteuer erz#228;hlen, Jacques«, sagte er, »aber ich f#252;rchte, dazu ist jetzt nicht der richtige Moment. In ein paar Stunden geht die Sonne unter. Bis dahin sollten wir einen Plan haben, wie wir Ihre Freunde befreien wollen.« Delamere nickte zwar, aber sein Gesicht verd#252;sterte sich zusehends, w#228;hrend er aus dem Fenster sah und die Insel betrachtete, deren Silhouette in einiger Entfernung vor ihnen in den Himmel ragte. »Was ist #252;berhaupt passiert?«, wollte Ben wissen. »Was haben Sie getan?« »Getan?« »Sie haben erz#228;hlt, dass die Eingeborenen Ihre Freunde gefangen genommen haben um sie heute Nacht zu opfern«, sagte nun auch Singh. »Daf#252;r muss es einen Grund geben, oder?« »Sie sind ein abergl#228;ubisches Volk«, antwortete Jacques. »Ich wei#223; nicht genau, was sie uns vorwerfen. Vielleicht sind sie einfach nur primitive Wilde, die auf ein paar ahnungslose Narren gewartet haben um sie ihren G#246;ttern vorzuwerfen.« Er hob abwehrend beide H#228;nde, als Singh widersprechen wollte. »Ich wei#223;, wie sich das anh#246;rt. Aber glauben Sie mir, ich habe keine Vorurteile. Und ich geh#246;re auch gewiss nicht zu denen, die sich f#252;r etwas Besseres halten, nur weil sie zuf#228;llig aus der so genannten zivilisierten Welt stammen. Aber vielleicht h#228;tte ich besser daran getan, Vorurteile zu »Die ganze Strecke?«, wunderte sich Singh. »Er muss Tage unterwegs gewesen sein!« »Das war er«, best#228;tigte Jacques. »Ihr k#246;nnt euch vorstellen, wie #252;berrascht wir waren. Aber auch ziemlich erleichtert, denn nachdem es uns erst einmal gelungen war, eine Art Zeichensprache zu entwickeln, stellten sich die Pahuma als sehr freundliches Volk heraus. Sie luden uns auf ihre Insel ein und wir sind der Einladung gefolgt.« »Und prompt in eine Falle getappt«, sagte Ben. »Das ist ja gerade das Seltsame«, antwortete Jacques nachdenklich. »Ich glaube nicht, dass es eine Falle war. Sie haben uns sehr freundlich aufgenommen. Es ... es war schon fast peinlich -sie haben uns beinahe wie G#246;tter behandelt. Jedenfalls die ersten drei Tage.« »Und dann?« Delamere zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht, als die Bewegung seinem verletzten Arm Schmerzen bereitete. »Irgendetwas ist passiert«, sagte er. »Ich wei#223; nicht genau, was, aber ich vermute, dass es mit dem Vulkan zusammenh#228;ngt.« »Mit dem auf der Insel, auf der Ihr Lager war?«, fragte Trautman. »Allen«, berichtigte ihn Jacques. »Diese Insel, Hathi und noch ein paar andere sind im Grunde nur die Gipfel einer unterseeischen Bergkette, die aus dem Wasser ragen, verstehen Sie?« Trautman nickte nur, aber Mike hatte alle M#252;he, ein Schmunzeln zu unterdr#252;cken. Trautman verstand vermutlich mehr von Ozeanologie als Delamere und alle seine Kollegen zusammen, schien es aber im Moment f#252;r besser zu halten, den Belgier einfach reden zu lassen. »Der Vulkanausbruch, den Sie beobachtet haben, ist kein isoliertes Geschehen«, fuhr Jacques fort. Ohne dass es ihm wahrscheinlich bewusst war, nahm seine Stimme einen dozierenden Tonfall an; wie die eines Lehrers vor seiner Klasse. »Ich vermute schon eine geraume Weile, dass es in diesem Gebiet hier eine ganze Reihe zusammenh#228;ngender Vulkane gibt, einige auf Inseln wie diese hier, andere auf dem Meeresgrund. In den letzten beiden Wochen gab es eine Reihe von Unterwasserausbr#252;chen.« »Ich wei#223;«, sagte Trautman. Jacques war #252;berrascht. »Sie haben einen davon beobachtet?« Trautman l#228;chelte humorlos. »So k#246;nnte man es auch nennen«, sagte er. Dar#252;ber musste Delamere sichtlich erst eine Weile nachdenken. Dann zuckte er mit den Schultern und fuhr in seinem Bericht fort. »Es war gestern Abend ... vorgestern. Hathi hat auch einen Krater, wissen Sie? Er ist schon lange erloschen, aber vorgestern begann er pl#246;tzlich wieder Dampf und Gas zu speien. Nat#252;rlich hat es mich interessiert. Ich wollte mir den Krater ansehen, doch die Pahuma waren dagegen. Anscheinend ist der Krater so eine Art Heiligtum f#252;r sie.« »Aber Sie sind trotzdem hingegangen«, vermutete Juan. Jacques nickte widerwillig. »Ja. Sie waren nicht begeistert ... aber auch nicht so w#252;tend, dass ich mir Sorgen gemacht h#228;tte. Aber ein paar Stunden sp#228;ter brach dieser Krater dann wirklich aus. Es war keine gro#223;e Eruption, aber zwei oder drei Eingeborene kamen dabei ums Leben.« »Und die Pahuma geben Ihnen die Schuld«, vermutete Trautman. Er sch#252;ttelte den Kopf. »Sie haben sich nicht besonders klug verhalten, Jacques.« »Das wei#223; ich jetzt auch«, sagte Delamere niedergeschlagen. »Aber ich habe wirklich nicht geahnt, dass sie so reagieren w#252;rden! In einer Minute waren sie noch freundlich und haben uns regelrecht verehrt und in der n#228;chsten fallen sie #252;ber uns her und wollen uns irgendeinem Vulkangott opfern!« »Das h#228;tten Sie sich denken k#246;nnen«, sagte Ben. »Sie waren doch hier, weil Sie auf den Ausbruch gewartet haben, oder?« »Ich bin Vulkanologe, mein lieber Junge«, sagte Jacques. »Kein Verhaltensforscher. Und au#223;erdem -« »spielt es jetzt keine Rolle mehr, »Gewehre?«, fragte Mike erschrocken. »Sie haben auf sie geschossen?« »Nat#252;rlich haben wir geschossen«, ereiferte sich Delamere. »Was erwartest du, Junge? Dass wir uns wehrlos ergeben h#228;tten?« »Wie viele haben Sie umgebracht?«, fragte Ben. »Ich habe sie nicht gez#228;hlt«, antwortete Jacques feindselig. »Es ging um unser Leben. Ihr h#228;ttet euch auch gewehrt, oder?« »Wir w#228;ren erst gar nicht -« »Das reicht«, unterbrach ihn Trautman, in noch sch#228;rferem Ton. »Wir k#246;nnen uns sp#228;ter noch lange genug streiten. Jetzt schlage ich vor, dass wir uns darauf konzentrieren, Jacques' Frau und seine Freunde zu retten.« Er bedachte Ben noch einmal mit einem finsteren Blick, dann wandte er sich in ver#228;ndertem Ton an Delamere. »Wo liegt die Stadt der Pahuma?« »Auf der anderen Seite der Insel«, antwortete Jacques. »Auf halber H#246;he des Berges, an einem kleinen See. Der Weg dorthin ist nicht einfach. Und ich f#252;rchte, die Pahuma werden uns sehen. Sie sind primitiv, aber nicht dumm.« »Wissen Sie, wo sie Ihre Leute gefangen halten?« »Nein«, antwortete Jacques. »Es ging alles viel zu schnell. Aber ich bin sicher, dass ich sie finde.« »Dann n#228;hern wir uns unter Wasser, so weit wir k#246;nnen«, entschied Trautman. »Und danach?«, fragte Jacques. Trautman grinste. »K#246;nnen Sie schwimmen, Jacques?« Das Gl#252;ck war diesmal auf ihrer Seite. Nachdem sie die Insel umrundet hatten, lag die kleine Bucht vor ihnen, von der Jacques gesprochen hatte, aber nicht nur sie: Es gab einen breiten, #252;berraschend tiefen Fluss, der zwischen den B#228;umen hinter dem Strand verschwand und nach Delameres Worten in einem Kratersee am Fu#223;e des Berges endete. Er war bei weitem nicht ausreichend um die gewaltige NAUTILUS aufzunehmen, aber sie konnten ihn trotzdem nutzen, um ungesehen an Land zu kommen: Trautman man#246;vrierte das Tauchboot so dicht ans Ufer heran, wie es unter Wasser m#246;glich war, und Mike, Singh und Delamere verlie#223;en das Schiff durch die Tauchkammer, ausger#252;stet mit Schwimmflossen und Schnorcheln. Die schweren Taucheranz#252;ge w#228;ren praktisch gewesen, um auch mit letzter Sicherheit ungesehen an Land zu kommen, aber es w#228;re viel zu umst#228;ndlich gewesen, Jacques in die Handhabung der Anz#252;ge einzuweisen. Dar#252;ber hinaus war Mike ganz und gar nicht sicher, ob sie das Eiland nicht in aller Hast wieder verlassen mussten, und er wollte es nicht riskieren, die unersetzliche Ausr#252;stung zur#252;cklassen zu m#252;ssen. Delamere wunderte sich nicht schlecht, als sie in die Tauchkammer stiegen und Astaroth zu ihnen hereinhuschte, kurz bevor sie die T#252;r schlie#223;en konnten. »Was hat denn diese Katze vor?« Das fragte sich Mike auch. Trotzdem war er auf eine Weise froh, dass Astaroth sie begleitete. Da der Kater keine Anstalten machte irgendetwas zu erkl#228;ren, musste er improvisieren. »Er begleitet mich auf Schritt und Tritt«, sagte er. »Astaroth ist so anh#228;nglich wie -« Er hatte gerade sagen wollen: »Wie ein Fisch«, best#228;tigte Mike. »Astaroth liebt Wasser.« Er sah, wie Jacques den Kater erstaunt und aufmerksam musterte, und fuhr rasch in ver#228;ndertem Ton fort, ehe der Belgier etwas sagen konnte: »Glauben Sie, dass Sie es schaffen?«, fragte er. »Wir sind f#252;nfzehn Meter tief unter Wasser.« »Ich schwimme ganz gut«, antwortete Jacques. »Au#223;erdem kann mir ja nichts passieren, solange wir einen so zuverl#228;ssigen Rettungsschwimmer bei uns haben«, f#252;gte er mit einem sp#246;ttischen L#228;cheln in Astaroths Richtung hinzu. Mike warf Delamere einen erschrockenen Blick zu, zog es aber vor, nicht zu antworten. Ungeduldig wartete er darauf, dass der Luftdruck in der Tauchkammer weit genug angestiegen war, damit sie die Bodenklappe #246;ffnen konnten. Dann atmete er noch einmal tief ein, r#252;ckte die Taucherbrille zurecht und sprang kopf#252;ber ins Wasser. Singh und nach kurzem Z#246;gern auch Delamere folgten ihm auf dieselbe Weise. Das Wasser war #252;berraschend warm und es f#252;hlte sich ein wenig schleimig an. Mike griff kr#228;ftig aus, schwamm unter dem Rumpf der NAUTILUS hervor und warf einen Blick #252;ber die Schulter zur#252;ck, ehe er den Aufstieg begann. Singh schwamm nicht so schnell, wie er es gekonnt h#228;tte, sondern blieb an Delameres Seite, wohl um im Notfall schnell zugreifen zu k#246;nnen, sollte der Belgier in Schwierigkeiten geraten. Jacques stellte sich jedoch trotz seiner Verletzung erstaunlich geschickt an. Fast so schnell wie Mike arbeitete er sich unter dem riesigen Unterseeboot hervor und schoss mit hochgestreckten Armen und heftig schlagenden Schwimmflossen der Wasseroberfl#228;che entgegen. Hinter ihm erschien ein pechschwarzes Fellb#252;ndel, umkreiste ihn ein paar Mal spielerisch und schoss dann schnell wie ein Pfeil nach oben. Mike sah, wie Delamere #252;berrascht zusammenfuhr und ihm vor lauter Schreck ein Teil kostbarer Atemluft entwich. Lass Astaroth antwortete mit einem Satz, der Mike vermutlich h#228;tte err#246;ten lassen, h#228;tte er sich nicht unter Wasser befunden, verschwand dann aber gehorsam. Nur einen Augenblick sp#228;ter hatten Mike und dann auch Delamere und Singh die Wasseroberfl#228;che erreicht. Behutsam streckte Mike den Kopf aus dem Wasser. Seine Taucherbrille beschlug sich fast augenblicklich, denn #252;ber dem Wasser lag eine dunstige graue Schicht, die alles verschluckte, was weiter als ein paar Meter entfernt war. Mike h#228;tte sie f#252;r Nebel gehalten, aber daf#252;r war sie zu warm. Es war Dampf, der von der Wasseroberfl#228;che aufstieg. Sosehr ihn der Anblick erschreckte, war er im Moment doch das Beste, was ihnen passieren konnte, denn der Nebel verbarg sie zuverl#228;ssig vor allen neugierigen Blicken, die etwa von der Insel auf das Meer hinausgeworfen werden mochten. Delamere tauchte neben ihm auf, rang nach Atem und deutete dann nach links. »Der Fluss m#252;sste dort sein«, keuchte er. »Es ist nicht mehr weit.« »Gut«, antwortete Mike. »Bleibt trotzdem unter Wasser. Sicher ist sicher.« Dicht unter Wasser und nur durch die Schnorchel atmend, schwammen sie auf die Insel zu und nach wenigen Minuten in die Flussm#252;ndung hinein. Mike hatte damit gerechnet, gegen eine starke Str#246;mung ank#228;mpfen zu m#252;ssen, doch stattdessen fand er sich pl#246;tzlich in einem wahren Durcheinander der unterschiedlichsten Str#246;mungen, die noch dazu vollkommen verschiedene Temperaturen hatten. Das war nicht normal. Auch das Meer in unmittelbarer N#228;he der Insel war offensichtlich in Aufruhr. Und das vielleicht noch mehr, als sie bisher trotz allem geahnt hatten. Mike musste nicht nur gegen die unterschiedlichen und zum Teil j#228;h wechselnden Str#246;mungen ank#228;mpfen. Zwei-oder dreimal erbebte der Boden der Insel so heftig, dass Mike und die beiden anderen selbst im Wasser hilflos hin und her geworfen wurden. Als sie den See erreichten, wurde es nicht besser, sondern schlimmer. Mike musste all seine Kraft aufwenden, um gegen den Sog anzuk#228;mpfen, der in der Tiefe des Kratersees herrschte. Das Wasser, das nach oben dr#228;ngte und dabei einen regelrechten Strudel ausl#246;ste, war Delamere gestikulierte heftig nach links. Das Wasser war nicht nur in Aufruhr, sondern mittlerweile so tr#252;b, dass Mike ihn und Singh nur noch als verschwommene Schemen erkennen konnte. Halb blind schwamm er in die angegebene Richtung, prallte nach wenigen Z#252;gen gegen das Ufer und tauchte dann auf. Mike tauchte hastig wieder unter und winkte den beiden anderen zu, dasselbe zu tun. Er versuchte zu lauschen, h#246;rte aber nat#252;rlich nichts au#223;er dem Zischen und Brodeln des aufgew#252;hlten Wassers. Pl#246;tzlich wurde Delamere neben ihm unruhig. Er begann zu zappeln, warf sich hin und her und machte komische Verrenkungen, und als Mike den Kopf aus dem Wasser hob, erkannte er auch den Grund daf#252;r. Sie befanden sich wassertretend direkt unter dem #252;berh#228;ngenden Ufer und atmeten weiterhin nur durch die Schnorchel. Wenigstens zwei von ihnen. Astaroth lag auf dem #252;berh#228;ngenden Uferstreifen, grinste ihn an wie die Katze aus Astaroth grinste noch breiter, zog die Pfote ganz gem#228;chlich zur#252;ck und trollte sich. »Was ... was war denn mit dem Ding los?«, japste er, w#228;hrend er Taucherbrille und Schnorchel verwirrt in den H#228;nden drehte. »Keine Ahnung«, log Mike. »Sie muss wohl irgendwie verstopft gewesen sein ... Ruhen Sie sich noch einen Moment aus. Singh und ich k#252;mmern uns um unsere Sachen.« Singh warf ihm einen verwirrten Blick zu, aber Mike deutete rasch und verstohlen in die Richtung, in der Astaroth verschwunden war, und beugte sich dann #252;ber den wasserdichten Beutel, in dem sie ihre Kleider mitgebracht hatten. Sie trockneten sich ab, zogen sich um und verbargen die einfache Taucherausr#252;stung im Unterholz. Dann marschierten sie los, angef#252;hrt von Jacques. Mike hielt jedoch die ganze Zeit in Gedanken Kontakt mit Astaroth, der vorauseilte und nach eventuellen Wachen Ausschau hielt. Eine gute halbe Stunde marschierten sie durch dichten Dschungel, dann lichtete sich das Unterholz ganz allm#228;hlich. Der Boden wurde steiniger und begann immer st#228;rker anzusteigen. »Wo ist das Eingeborenendorf?«, fragte Mike. Delamere machte eine vage Geste nach oben. »Es gibt einen See, hundert Meter unter dem Gipfel. Das Dorf liegt an seinem oberen Rand. Es wird verdammt schwer werden, hinzukommen ohne gesehen zu werden. Sie brauchen nicht einmal Wachen aufzustellen. Man kann von dort aus den gesamten Hang #252;berblicken ohne sich anzustrengen.« Was Mike sah, schien Delameres Behauptung voll und ganz zu best#228;tigen. Der Berg stieg ziemlich steil vor ihnen an, bis er in einer ersten Terrasse in hundert oder hundertf#252;nfzig Metern abknickte. Der Weg bis dort hinauf bot so gut wie keine Deckung. Hier und da wuchs zwar ein einsamer Busch oder ein verkr#252;ppelter Baum, aber der allergr#246;#223;te Teil des Berghanges bestand aus nackter schwarzer Lava, die zum Teil zu bizarren Formen erstarrt war, aber nicht das allerkleinste Versteck bot. »Das wird ein Problem«, sagte Mike besorgt. Sein Blick tastete weiter den Berg hinauf. Seine Flanken erhoben sich #252;ber der Terrasse noch einmal um ungef#228;hr das gleiche St#252;ck, bis sie in einer wie aufgeschnitten wirkenden Spitze endeten. Der Himmel dar#252;ber war von dunklen Rauchwolken erf#252;llt. »Was ist da oben?«, fragte er. »Der Krater?« Jacques nickte und Mike h#228;ngte sofort die n#228;chste Frage an: »Kann man an ihm vorbei oder ist das zu gef#228;hrlich?« »Es wird nicht einfach, aber wir k#246;nnten es schaffen«, antwortete Jacques. »Wenn die Aktivit#228;ten nicht viel st#228;rker geworden sind, hei#223;t das. Du hast vor, den Berg zu umgehen und von oben zu kommen? Das k#246;nnte funktionieren -aber der Weg ist weit. Ich glaube kaum, dass wir es bis Sonnenuntergang schaffen.« »Dann sollten wir uns lieber beeilen, statt weiter herumzustehen und zu reden«, antwortete Mike. Trotzdem r#252;hrte er sich nicht von der Stelle, sondern l#246;ste das kleine Sprechger#228;t vom G#252;rtel, mit dem er Verbindung zur NAUTILUS aufnehmen konnte; eine weitere, technische Neuerung, die sie Tarras' Ingenieuren verdankten. »Trautman?«, sagte er. Trautmans Stimme meldete sich sofort aus dem Ger#228;t. »Ich h#246;re. Wo seid ihr?« »Am Waldrand«, antwortete Mike. Er registrierte aus den Augenwinkeln, wie Delamere das winzige Ger#228;t in seinen H#228;nden anstarrte und ungl#228;ubig die Augen aufriss. Der Apparat war kaum so gro#223; wie eineZigarettenpackung. Wahrscheinlich hatte er so etwas noch nie gesehen - was im #220;brigen praktisch auf die gesamte Menschheit zutraf. »Es gibt ein paar Probleme. Wir k#246;nnen nicht direkt ins Dorf marschieren. Sie w#252;rden uns sehen. Wir m#252;ssen um den Berg herum und #252;ber den Gipfel klettern.« »Daf#252;r braucht ihr mindestens zwei oder drei Stunden«, sagte Trautman. »So lange ist es gerade noch hell.« »Ich wei#223;«, seufzte Mike. »Noch etwas: Sehen Sie sich die Insel noch einmal genauer an. In diesem See gibt es ein paar ... seltsame Str#246;mungen. Und das Wasser ist zu hei#223;.« Er schaltete ab. Nachdem er das Ger#228;t wieder eingesteckt hatte und sich herumdrehte, begegnete er Delameres Blick. Der Belgier sah verwirrt drein, aber auch ein bisschen erschrocken. »Das mit dem Wasser ist dir aufgefallen?«, fragte er. »Das wundert mich.« »Mich wundert es, dass es Ihnen Trautmans Sch#228;tzung erwies sich als ziemlich genau. Sie brauchten ann#228;hernd zwei Stunden, um den Berg zu umrunden und auf der anderen Seite bis zum Gipfel hinaufzusteigen, und der Weg erwies sich als #228;u#223;erst m#252;hsam. Es gab zwar auch auf dieser Seite so gut wie keine Vegetation, aber das Gehen auf der spiegelglatten Lava war #228;u#223;erst kr#228;ftezehrend. Und als w#228;re das allein nicht schlimm genug, zitterte die Erde in unregelm#228;#223;igen Abst#228;nden; einmal so stark, dass sie alle drei den Halt verloren und etliche Meter den Hang wieder hinabschlitterten, den sie sich gerade erst m#252;hsam hinaufgek#228;mpft hatten. Als sie endlich den Gipfel erreichten, stand die Sonne nur noch eine Handbreit #252;ber dem Horizont. Der Anblick, der sich ihnen bot, war faszinierend und erschreckend zugleich. Nach allem, was Delamere erz#228;hlt und sie selbst erlebt hatten, hatte Mike einen weit gr#246;#223;eren Krater erwartet; und einen, der mit gl#252;hender Lava gef#252;llt war. Der See war jedoch eher klein und ma#223; allerh#246;chstens zwanzig oder drei#223;ig Meter und er war nicht mit Lava gef#252;llt, sondern mit brodelndem, dickfl#252;ssigem Wasser von unheimlicher gr#252;ner F#228;rbung. Blassgr#252;ner Dampf stieg von seiner Oberfl#228;che empor und der Geruch war fast unertr#228;glich. Dann und wann l#246;ste sich ein Stein vom Kraterrand, h#252;pfte hinunter und klatschte ins Wasser und die erstarrte Lava unter ihren F#252;#223;en war w#228;hrend der letzten halben Stunde immer w#228;rmer geworden. »Und Sie sind sicher, dass uns nicht gleich die ganze Insel um die Ohren fliegt?«, vergewisserte sich Mike. »Sicher kann man bei einem Vulkan nie sein«, antwortete Jacques. »Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Ich glaube nicht, dass wir einen Ausbruch erwarten m#252;ssen. Wenigstens nicht in den n#228;chsten paar Stunden.« Mike hoffte, dass Jacques mit dieser Aussage ausnahmsweise einmal richtig lag. Der Anblick des Sie gingen weiter um den Krater zu umrunden. Der Anblick verlor nichts von seiner unheimlichen Wirkung, w#228;hrend sie am Rande des Kraters entlanggingen, aber Mike fiel noch etwas auf. Es war nur eine Kleinigkeit, wahrscheinlich bedeutungslos, aber bemerkenswert: Nicht das gesamte Innere des Kraters bestand aus erstarrter Lava. Ein gutteil des Berges bestand aus ganz normalem Gestein, zwischen dem es hier und da noch Einschl#252;sse von Erdreich oder Lehm gab. Sonderbarerweise war etliches davon nicht braun oder grau, wie es sein sollte, sondern blau. Mike hatte noch niemals zuvor blauen Ton gesehen und es war ein sehr seltsamer Anblick. Trotzdem erinnerte er ihn an etwas, ohne dass er genau sagen konnte, woran. Aber dann hatten sie auch schon die andere Seite des Kraters erreicht, und was sie sahen, nahm Mikes Aufmerksamkeit voll und ganz in Anspruch, sodass er jeden Gedanken an blauen Ton augenblicklich verga#223;. Das Dorf der Pahuma lag weit unter ihnen, genau wie Delamere es prophezeit hatte. Es bestand nur aus einem knappen Dutzend aus Palmbl#228;ttern und Bambus errichteter H#252;tten, die sich am Ufer eines kreisrunden Sees gruppierten. Zwei gro#223;e Feuer brannten und hielten die hereinbrechende D#228;mmerung zur#252;ck. Etliche Gestalten bewegten sich zwischen den Bambush#252;tten hin und her. Mike konnte #252;ber die Entfernung nicht genau erkennen, was sie taten, aber sie wirkten ziemlich aufgeregt. »Ihre Freunde sind in der gro#223;en H#252;tte direkt neben dem Feuer, nicht wahr?«, fragte Mike. Delamere sah ihn verbl#252;fft an. »Woher wei#223;t du das?« Mike ignorierte seine Frage. Er konnte nicht darauf antworten, ohne Astaroths Geheimnis zu l#252;ften. Der Kater war vorausgeeilt und hatte sich ein wenig im Dorf umgesehen. Mike wusste bereits, dass die Gefangenen noch unversehrt waren, und auch, dass die Opferzeremonie f#252;r Mitternacht geplant war. Sie hatten also noch etwas Zeit. Er lie#223; sich in die Hocke hinabsinken und deutete Jacques und Singh dasselbe zu tun. Sollte einer der Pahuma zuf#228;llig den Blick heben und nach oben sehen, w#252;rden sich ihre Silhouetten deutlich gegen den Horizont abheben. »Wie kommen wir da rein?«, murmelte Jacques. Mike antwortete auch jetzt nicht, diesmal allerdings, weil er es gar nicht konnte. Sie hatten im Grunde nicht sehr viel gewonnen. Die Strecke hinunter zum Dorf war ebenso frei und deckungslos wie die vom Fu#223;e des Berges hinauf. Die erstarrte Lava bot keine M#246;glichkeit, ungesehen ins Dorf zu kommen. »Wir m#252;ssen warten, bis es dunkel ist«, sagte Singh. »Es wird nicht mehr sehr lange dauern. In der Dunkelheit k#246;nnen wir uns an das Dorf anschleichen.« Jacques widersprach nicht, sondern kroch wortlos ein St#252;ck nach hinten, um vollends in Deckung zu sein, und Mike und Singh folgten ihm. Sie hatten noch eine gute halbe Stunde, ehe es vollkommen dunkel sein w#252;rde. Der ganze Berg zitterte unter ihnen und f#252;r einen Moment h#246;rte Mike ein dumpfes, machtvolles Grollen und Rumoren, das tief aus der Erde zu kommen schien. Erschrocken klammerte er sich fest und sah zum Kratersee hinab. Das gr#252;n schillernde Wasser bewegte sich hektisch und das Brodeln der aufsteigenden Gasblasen war deutlich st#228;rker geworden. »Das ist nur Kohlens#228;ure«, sagte Delamere. Er hatte seinen Blick bemerkt. »Keine Angst. Es sieht schlimmer aus, als es ist.« »F#252;r meinen Geschmack ist es schlimm genug«, sagte Mike. »Ich kann die Eingeborenen fast verstehen.« »Wie?«, fragte Jacques irritiert. »Ich sage nicht, dass ich ihnen Recht gebe«, sagte Mike hastig. »Aber sie m#252;ssen halb verr#252;ckt vor Angst sein. Wenn das alles erst nach Ihrer Ankunft angefangen hat, dann ist es nur verst#228;ndlich, dass sie Ihnen und Ihren Leuten die Schuld geben.« »Du irrst dich«, antwortete Jacques heftig. »Sie leben seit Jahrhunderten auf dieser Insel. Vielleicht sogar seit Jahrtausenden. F#252;r die Pahuma ist das ganz normal.« »Ist es auch normal, dass Fremde in ihrer Welt auftauchen und sich an ihrem Berg zu schaffen machen?« »Ich habe mich nicht daran zu schaffen gemacht, sondern nur einige wissenschaftliche Untersuchungen vorgenommen!«, verteidigte sich der Belgier. »Wof#252;r h#228;ltst du mich? F#252;r einen Zauberer, der auf dem linken Bein herumh#252;pft, den Mond anheult und damit den Vulkan zum Ausbrechen bringt?« »H#246;rt auf, euch zu streiten, ihr zwei«, sagte Singh streng. Delamere blickte ihn giftig an, sagte aber nichts mehr und auch Mike schwieg. Die Heftigkeit von Delameres Reaktion #252;berraschte ihn und er verstand sie auch nicht wirklich. Konnte es sein, dass der Belgier etwas verschwieg? Nach einer Weile drehte sich Delamere langsam herum und begann in den Krater hinabzuklettern. »Was haben Sie vor?«, rief Mike ihm nach. »Ich mache mich ein bisschen am Krater zu schaffen«, antwortete Jacques gereizt. »Mal sehen, ob ich nicht einen kleinen Ausbruch provozieren kann!« Mike zog es vor, nicht darauf zu antworten. Delamere hatte wirklich Nerven, sich in diesem Moment um seine wissenschaftliche Arbeit zu k#252;mmern! Er verscheuchte den Gedanken, zog das Sprechger#228;t unter dem Hemd hervor und wartete, bis Trautman sich meldete. »Haben Sie etwas herausgefunden?«, begann er #252;bergangslos. »Eine Menge«, antwortete Trautman. »Aber es ist nicht viel Gutes dabei.« »Was soll das hei#223;en?« Selbst #252;ber die schlechte Verbindung hinweg war die Sorge in Trautmans Stimme nicht zu #252;berh#246;ren. Vielleicht war es aber auch Zorn, denn er fuhr fort: »Nachdem ich wusste, in welcher Sprache es abgefasst war, ist es mir gelungen, einen Teil seines Notizbuches zu entziffern. Unser neuer Freund hat uns das eine oder andere verschwiegen, scheint mir.« Mike warf einen nachdenklichen Blick zum Krater hinab. Delamere kniete am Ufer und grub mit blo#223;en H#228;nden im Schlamm. Eine etwas sonderbare Art, wissenschaftliche Untersuchungen vorzunehmen, fand Mike. »Und was?« »Der unterseeische Ausbruch, den wir miterlebt haben«, antwortete Trautman. »Erinnerst du dich?« »Fl#252;chtig«, sagte Mike sp#246;ttisch. »Das war kein Zufall«, fuhr Trautman fort. »Ich konnte nicht alles entziffern, aber wie es aussieht, h#228;ngen all diese Vulkane irgendwie zusammen. Ich f#252;rchte, dass sie der Reihe nach ausbrechen werden. Der Unterseevulkan, die Insel, auf der wir Delamere gefunden haben ...« »Und diese Insel«, murmelte Mike. »Ich f#252;rchte«, best#228;tigte Trautman. »Wie gesagt, ich konnte nicht alles entziffern. Aber die Wassertemperatur ist in den letzten beiden Stunden sp#252;rbar angestiegen und wir haben eine Reihe kleinerer Seebeben registriert. Ich an eurer Stelle w#252;rde mir nicht mehr allzu viel Zeit lassen.« »Wir m#252;ssen warten, bis es dunkel ist«, sagte Mike. »Vorher haben wir keine Chance. Sie w#252;rden uns sehen.« »Du hast mich anscheinend nicht richtig verstanden«, antwortete Trautman. »Wenn das, was in diesem Buch steht, eintrifft, dann fliegt diese ganze Insel in die Luft! Es geht nicht mehr nur noch um Delameres Leute! Wir m#252;ssen die Pahuma in Sicherheit bringen.« Mike erschrak. »Was?!« »Du hast gesehen, was passieren kann«, antwortete Trautman. »Wenn der Ausbruch hier genauso heftig wird wie der auf Delameres Insel, bleibt von den Eingeborenen keiner am Leben! Du musst sie warnen!« Mike schob sich wieder #252;ber den Kraterrand und sah auf das Eingeborenendorf hinab. Bisher hatte er sich keine wirklichen Sorgen gemacht, sondern war davon ausgegangen, dass es ihnen mit Astaroths Hilfe irgendwie gelingen w#252;rde, unentdeckt in das Dorf zu kommen und die Gefangenen zu befreien. Jetzt war die Lage pl#246;tzlich viel komplizierter. »Also gut«, seufzte er. »Uns wird schon etwas einfallen. Ich melde mich wieder.« Er steckte das Sprechger#228;t ein und tauschte einen besorgten Blick mit Singh. Der Inder hatte seine kurze Unterhaltung mit Trautman nat#252;rlich mitbekommen und sah ebenso erschrocken und verwirrt drein, wie er sich f#252;hlte. Warum hatte Delamere ihnen das alles verschwiegen? Es gab nur einen, der diese Frage beantworten konnte. Mike winkte Delamere zu und wartete ungeduldig, bis der Belgier sich endlich von seiner anscheinend so unsinnigen T#228;tigkeit losgerissen hatte und wieder zu ihnen heraufkam. »Was ist los?«, fragte Jacques. »Das frage ich Sie«, antwortete Mike. »Es steht also kein gro#223;er Ausbruch bevor, wie?« »Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Delamere. Er wirkte pl#246;tzlich sehr nerv#246;s. »Ich sagte, nicht »Niemand kann genau sagen, ob und wann der Vulkan ausbricht«, verteidigte sich Jacques. »Die Pahuma leben seit Jahrhunderten mit dieser Gefahr. Sie kennen sie besser als ich. Was sollte ich tun? Sie h#228;tten sowieso nicht auf mich geh#246;rt!« Singh wollte auffahren, doch nun war es Mike, der ihn mit einem raschen Blick zur Ruhe brachte. »Dann sagen Sie uns wenigstens jetzt die Wahrheit«, sagte er mit m#252;hsam erzwungener Ruhe in seiner Stimme. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?« Jacques lachte leise. »Genug, Junge«, sagte er. »Wir w#228;ren bestimmt nicht hier, wenn ich ernsthaft damit rechnen w#252;rde, dass uns der Krater gleich um die Ohren fliegt. Es kann noch Tage dauern, bis der gro#223;e Ausbruch kommt. Vielleicht sogar Wochen.« »Aber er kommt«, hakte Mike nach. Jacques zuckte die Achseln. »Niemand kann das mit Sicherheit sagen.« »Was muss ich tun um eine klare Antwort von Ihnen zu bekommen?«, seufzte Mike. »Eine klare Antwort? Von einem Wissenschaftler?« Delamere lachte noch lauter. »Du hast eine Menge Humor, Junge!« »Und er ist gleich ersch#246;pft«, grollte Mike. Der Boden erbebte. Diesmal war es kein sachtes Zittern, sondern ein harter Schlag, der sie alle fast aus dem Gleichgewicht brachte und eine ganze Lawine kleiner Steine und Lavabrocken in den Krater hinunterrollen lie#223;. Das gleiche, dumpfe Grollen erklang, das sie vorhin schon einmal geh#246;rt hatten. Aber diesmal h#246;rte es nicht wieder auf, sondern steigerte sich zu einem immer lauter und lauter werdenden Donnern und Dr#246;hnen. Es h#246;rte sich an, als st#252;rzten tief unter der Erde ganze Gebirge zusammen. Feuerschein erf#252;llte den Himmel. Mike sah erschrocken hoch, und was er erblickte, das lie#223; ihm f#252;r einen Moment den Atem stocken. Der ganze Horizont schien in Flammen zu stehen. Der Ozean war geborsten und schleuderte Feuer und schwarzen Qualm in den Himmel. Ein weiterer, unterseeischer Vulkan war ausgebrochen. Mike glaubte nicht, dass er mehr als zwanzig oder drei#223;ig Meter entfernt war. »So«, seufzte er. »Wir haben also noch Tage Zeit, wie? Vielleicht sogar Wochen?« Delamere biss sich auf die Unterlippe. Aber er antwortete nicht. Sie mussten nicht warten, bis die Sonne unterging. Der Vulkan spie weiter Feuer und Asche in den Himmel, sodass der Tag binnen weniger Minuten einer fr#252;hzeitig hereinbrechenden, pechschwarzen Nacht wich. Die Luft roch durchdringend nach Schwefel und Feuer und auch der Boden unter ihren F#252;#223;en h#246;rte nicht auf zu zittern. Mike hatte sich kurz mit Trautman besprochen. Der Plan, den sie ausgearbeitet hatten, war riskant, aber es ging hier um Menschenleben. Und der neuerliche Ausbruch im Meer hatte ihnen allen klargemacht, dass ihnen vermutlich viel weniger Zeit blieb, als sie bisher angenommen hatten. »Also dann«, sagte er. »Gehen wir. Und bewahren Sie Ruhe, Jacques -ganz egal, was passiert.#220;berlassen Sie Singh und mir das Reden.« Delamere machte ein finsteres Gesicht, schluckte aber jeden Kommentar hinunter. Er hatte kein Wort #252;ber Mikes Vorhaben verloren, aber das war auch nicht n#246;tig. Er hatte Angst, ins Dorf der Pahuma zur#252;ckzukehren. Mike fragte sich nur, warum. Der Kater antwortete sofort. Er war vor einer halben Stunde ins Dorf der Pahuma eingedrungen. Diese Warnung, fand Mike, war h#246;chst #252;berfl#252;ssig. Jeder w#228;re nerv#246;s, wenn der Berg, auf dem er lebte, allm#228;hlich auseinander zu brechen begann. Er antwortete auch nicht auf Astaroths Worte, sondern stand auf und trat mit einem raschen Schritt #252;ber den Kraterrand. Singh und Delamere folgten ihm. Da der Boden unter ihnen immer noch zitterte und bebte, erwies es sich als #228;u#223;erst schwierig, auf dem absch#252;ssigen Hang aus zum Teil spiegelglatter Lava zu gehen. Sie konnten sich nur langsam und mit gro#223;er Vorsicht bewegen. Mike sah immer wieder aufs Meer hinaus. Der Horizont war hinter einer schwarzen Wand verschwunden, in der ein glei#223;endes, rotgelbes Licht loderte; es wirkte wie ein Tor zur H#246;lle. Mike war sicher, dass die Kraft der Eruption noch zugenommen hatte. Trotzdem versuchte er nicht schneller zu gehen. Sie durften auf gar keinen Fall Angst zeigen. Und die Pahuma w#252;rden sie kaum respektieren, wenn sie ihnen vor die F#252;#223;e schlitterten, statt gemessenen Schrittes vom Berg herabzukommen. »Das ist Wahnsinn«, murmelte Delamere. »Sie werden uns auf der Stelle umbringen.« »Wenn Sie Angst zeigen, bestimmt«, antwortete Singh. »Wollen Sie Ihre Freunde retten oder nicht?« Sie hatten ungef#228;hr die H#228;lfte des Weges zur#252;ckgelegt, als unten im Dorf noch mehr Aufregung entstand. Etliche Eingeborene gestikulierten in ihre Richtung und Mike sah auch, dass nicht wenige nach ihren Waffen griffen und sich zusammenrotteten. Zum ersten Mal konnte er die Pahuma genau erkennen. Es war ein kleines, muskul#246;ses Volk, die M#228;nner trugen nur Lendenschurz und die Frauen einfarbige Gew#228;nder aus Palmbl#228;ttern oder Federn, aber die Krieger waren in schreienden Farben bemalt und Mike registrierte voller Unbehagen, dass sie sich mit Keulen, Bogen, Blasrohren und Messern bewaffnet hatten. »Sagten Sie nicht, sie w#228;ren ein friedliches Volk, Jacques?«, fragte er leise. »Das waren sie auch«, antwortete Delamere. »Bevor Sie kamen und ein paar von ihnen #252;ber den Haufen geschossen haben, ich verstehe«, murmelte Mike -allerdings ganz bewusst so leise, dass Delamere seine Worte wahrscheinlich gar nicht verstand. Mike hielt nach dem Kater Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo entdecken -was aber nichts zu sagen hatte. Astaroth war in der Lage, die Gedanken von Menschen auch #252;ber gr#246;#223;ere Entfernungen hinweg zu lesen. Au#223;erdem konnte es durchaus sein, dass er sich ganz in der N#228;he befand. Bei dem herrschenden schlechten Licht und mit seinem pechschwarzen Fell war der Kater auf der erstarrten Lava praktisch unsichtbar. Die Pahuma kamen ihnen schreiend und aufgeregt mit ihren Waffen gestikulierend entgegen. Mike suchte nach dem Mann, den Astaroth ihm beschrieben hatte, und entdeckte ihn an der Spitze der kleinen Gruppe. Anders als Astaroth fand er den Pahuma allerdings nicht albern, sondern eher beeindruckend. Er war nicht sehr viel gr#246;#223;er als anderthalb Meter, was auf alle Pahuma zutraf, sah jedoch ganz und gar wie ein H#228;uptling aus. Mike h#228;tte selbst ohne Astaroths Worte sofort gewusst, dass er es mit dem Anf#252;hrer des Stammes zu tun hatte. Jetzt bildeten die Pahuma einen dichten Kreis um sie. Keulen und Speere wurden gesch#252;ttelt und alle schnatterten so aufgeregt durcheinander, dass Mike auch dann kein Wort verstanden h#228;tte, wenn er ihrer Sprache m#228;chtig gewesen w#228;re. Ihre Gesten waren jedoch eindeutig. Sie standen kurz davor, sich einfach auf Delamere zu st#252;rzen. Mikes Herz klopfte. Auch er hatte Angst. Ein winziger Fehler und sie w#252;rden die n#228;chste Minute nicht #252;berleben. Trotzdem trat er dem H#228;uptling mit ruhigen Schritten entgegen, hob die H#228;nde und drehte die Handfl#228;chen nach au#223;en um zu zeigen, dass sie leer waren; eine Geste, von der er wenigstens hoffte, dass die Pahuma sie verstanden. Das Schnattern der Eingeborenen wurde noch lauter -und verstummte dann abrupt, als der Anf#252;hrer den Arm hob und eine befehlende Geste machte. Dann trat er einen Schritt auf Mike zu und blickte ihn an. Er war ein gutes St#252;ck kleiner als Mike und musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen schauen zu k#246;nnen. Trotzdem kostete es Mike all seine Willenskraft, um dem Blick dieser grauen, durchdringenden Augen standzuhalten. Der H#228;uptling sagte etwas in einer schnellen, vollkommen unverst#228;ndlichen Sprache und Astaroths lautlose Stimme #252;bersetze die Worte praktisch im selben Moment in Mikes Gedanken. »Warum seid Ihr jetzt erst gekommen, Herr?« »Jetzt erst?« Mike verstand nicht genau, was der Pahuma #252;berhaupt meinte. »Warum antwortet Ihr nicht, Herr?«, fuhr der H#228;uptling fort. »Seid Ihr zornig auf uns, weil wir das Opfer noch nicht dargebracht haben?« Astaroth #252;bersetzte die Worte des H#228;uptlings praktisch synchron und dann f#252;gte er #252;berrascht hinzu: Der H#228;uptling verstand seine Worte nat#252;rlich nicht, aber er registrierte Mikes #252;berraschten Ton und deutete ihn wohl falsch, denn er prallte erschrocken zur#252;ck. Auch seine Krieger wurden wieder unruhig. Einige von ihnen schwenkten ihre Waffen, aber noch #252;berwog ihre Furcht vor den drei Fremden, die anscheinend aus dem Krater des z#252;rnenden Vulkans herausgekommen waren. Mike sah zum Meer hinab. Die Bucht, in der die NAUTILUS lag, war ebenso in der Schw#228;rze verschwunden wie alles andere. Selbst wenn es nicht so gewesen w#228;re -Serena w#252;rde mindestens eine Stunde brauchen um hierher zu kommen. Au#223;erdem wollte er sie nicht der Gefahr aussetzen, auf einen Vulkan zu klettern, der jeden Moment in die Luft fliegen konnte. Aber es gab ja noch eine andere M#246;glichkeit. Vorsichtig, um die Pahuma nicht durch eine #252;berhastete Bewegung zu einem Angriff zu provozieren, zog er das Sprechger#228;t aus der Tasche und schaltete es ein. Trautman meldete sich sofort. »Das wurde aber auch Zeit!«, sagte er. »Habt ihr nicht gesehen, was passiert ist? Wir m#252;ssen hier weg, und zwar schnell!« Die Pahuma begannen erneut aufgeregt durcheinander zu schnattern, als sie Trautmans Stimme aus dem kleinen K#228;stchen dringen h#246;rten. Es musste ihnen wie Zauberei vorkommen. Im Moment kam Mike dieser Umstand jedoch #228;u#223;erst gelegen. »Ist Serena bei Ihnen?«, fragte er. »Ich brauche sie. Schnell!« Trautman verschwendete keine Zeit mit #252;berfl#252;ssigen Fragen. Nur einen Augenblick sp#228;ter meldete sich Serenas Stimme. Mike erkl#228;rte ihr knapp die Lage und auch Serena reagierte sofort. Die Situation an Bord der NAUTILUS schien mittlerweile wirklich brenzlig zu sein. Mike hielt dem H#228;uptling das Sprechger#228;t hin und das Geschnatter der Eingeborenen wurde fast hysterisch, als Serenas Stimme daraus hervordrang; noch dazu in einer Sprache, die sie verstanden. Diesmal dauerte es eine ganze Weile, bis der H#228;uptling einigerma#223;en f#252;r Ruhe gesorgt hatte. Mike verstand nichts von dem, was sie redeten, aber es schien die Pahuma regelrecht in Panik zu versetzen. »Was ... geschieht da?«, fragte Delamere stockend. »Eine gute Frage«, murmelte Mike. »Was?!« Mike schrie fast in das Sprechger#228;t. »Serena, hast du den Verstand verloren?!« »Nein«, antwortete Serena. »Aber du, scheint mir. Ihr m#252;sst da oben weg, verstehst du das eigentlich nicht? Dieser ganze Berg kann jeden Moment in die Luft fliegen!« »Delamere ist da anderer Meinung«, sagte Mike mit einem Blick in Jacques' Richtung. »Delamere sitzt auch nicht in einem Unterseeboot, das langsam gekocht wird«, antwortete Serena #228;rgerlich. »Wir k#246;nnen noch zwei Stunden hier bleiben. Allerh#246;chstens drei. Danach k#246;nnte der NAUTILUS zwar vermutlich immer noch nichts passieren, aber ihr h#228;ttet keine M#246;glichkeit mehr, an Bord zu gehen.« »Ist es so schlimm da bei euch?«, fragte Mike. »Schlimmer«, meldete sich Trautman. »Aber Jacques sagt -« »Jacques«, unterbrach ihn Trautman zornig, »ist entweder ein L#252;gner oder der unf#228;higste Vulkanologe auf dieser Seite der Erdkugel. Der Ausbruch auf dem Meeresgrund wird immer st#228;rker.« »Gerade darum sind wir hier nicht in Gefahr«, mischte sich Delamere ein. »Solange der Druck drau#223;en im Meer entweichen kann, sind wir hier sicher. Es w#228;re viel schlimmer, wenn alles ruhig bliebe.« »Dar#252;ber diskutieren wir sp#228;ter«, sagte Trautman bestimmt. »Jetzt lassen Sie Serena weiter mit den Eingeborenen reden. Sie m#252;ssen den Berg verlassen. »Und es w#228;re ganz gut, wenn die Pahuma nicht allzu deutlich mitbekommen, dass sich die Boten der Vulkang#246;tter mit ihren eigenen Zauberkarten streiten«, knurrte Singh. Mike war ganz und gar nicht wohl bei der Geschichte. Er liebte es nicht, sich als Gott aufzuspielen. Inden allermeisten F#228;llen brachte das sehr viel mehr #196;rger als Vorteile. Au#223;erdem glaubte er nicht, dass sich Ah'Kal und seine Leute so einfach t#228;uschen lie#223;en. Trotzdem hielt er das Sprechger#228;t wieder in seine Richtung und h#246;rte zu, wie Serena stockend mit dem H#228;uptling sprach. »Ich will jetzt wissen, was hier wirklich passiert ist«, sagte er. »Wieso haben Sie auf die Pahuma geschossen?« »Das habe ich dir doch schon gesagt«, antwortete Jacques st#246;rrisch. »Ja. Aber es war nicht die Wahrheit«, erwiderte Mike. »Warum haben Sie wirklich auf sie geschossen?« »Ich hatte keine Wahl«, verteidigte sich Delamere. »Ich habe nichts getan. Wir waren oben am Krater um ein paar Untersuchungen vorzunehmen und da haben sie uns einfach angegriffen! Wir mussten uns verteidigen!« »Nachdem Sie ihren heiligen Ort entweiht haben«, fuhr Mike fort. »Heiliger Ort! Quatsch!«, sagte Delamere. »Es ist ein Vulkankrater, mehr nicht! Ein Loch in der Erde, das mit Wasser gef#252;llt ist und bald Feuer speien wird!« Mike war regelrecht fassungslos. »Und Sie behaupten von sich, ein Wissenschaftler zu sein?« Er sch#252;ttelte den Kopf, ersparte sich aber jedes weitere Wort, als er Delameres verst#228;ndnislosen Blick sah. Stattdessen wandte er sich wieder dem H#228;uptling zu. »Ah'Kal, ich muss mit dir reden«, sagte er. »Der Zauberkasten wird meine Worte #252;bersetzen. Ich spreche deine Sprache nicht, aber ich verstehe sie.« Der alte H#228;uptling sah ihn wieder auf diese unheimliche durchdringende Weise an und auch Serena gab einen wenig schmeichelhaften Kommentar ab, #252;bersetzte aber in der Folge getreulich seine Worte und Astaroth #252;bersetzte Ah'Kals Antworten. Eine ziemlich komplizierte Art der Kommunikation, aber auch die einzige, die im Moment m#246;glich war. »Warum bist du mit Kriegern gekommen, Ah'Kal?«, fragte er. »Wieso tragen deine M#228;nner Waffen? Wir sind eure Freunde. Ogdy schickt uns, um euch zu warnen.« Ah'Kals Augen funkelten vor Misstrauen. Er deutete anklagend auf Delamere. »Dieser da hat f#252;nf unserer M#228;nner get#246;tet. Ogdy w#252;rde niemals eines seiner Kinder t#246;ten! Wenn du sagst, er ist dein Freund, dann l#252;gst du!« Allzu weit schien es mit der Gottesfurcht der Pahuma nicht her zu sein, dachte Mike. Er #252;berlegte sich jedes Wort zweimal, als er weitersprach. »Ogdy z#252;rnt euch nicht«, sagte er. »Dieser Mann geh#246;rt nicht zu uns. Und er ist auch nicht unser Freund. Aber ihr d#252;rft seine Begleiter nicht f#252;r das verantwortlich machen, was er getan hat! Er hat einen schlimmen Fehler begangen. Zwei seiner Freunde haben bereits mit dem Leben daf#252;r bezahlt. Es ist genug Blut geflossen.« »Er hat Ogdys Auge entweiht«, beharrte Ah'Kal. »Niemand darf es betreten. Nun ist Ogdy zornig.« Er deutete auf das Meer hinaus. »Vielleicht werden wir alle sterben.« »Niemand wird sterben«, antwortete Mike rasch. Ganz allm#228;hlich begann er zu begreifen, was hier wirklich passiert war. F#252;r die Pahuma war der Vulkankrater offensichtlich heilig. Delamere hatte ihn wohl gegen ihren Willen betreten und damit einen gro#223;en Fehler begangen. Nun schienen sie zu glauben, dass die Erdbeben und das Feuer, das aus dem Meer brach, die Strafe der G#246;tter f#252;r diesen Frevel war. »Ich glaube dir nicht«, sagte Ah'Kal. »Ich glaube auch dem Zauberkasten nicht. Wenn ihr von Ogdy gesandt worden w#228;ret, dann w#252;rdet ihr seinen Zorn nicht zu f#252;rchten brauchen!« »Wir sind sterbliche Menschen, genau wie ihr«, antwortete Mike. »Ogdy bedient sich unserer nur, um euch zu warnen. Ihr m#252;sst diesen Ort verlassen, denn bald k#246;nnte hier das Gleiche geschehen wie dort.« Er deutete auf das Meer hinaus. Ah'Kals Blick folgte seiner Geste, aber dann sch#252;ttelte er wieder den Kopf »Ihr l#252;gt!«, sagte er. »Ihr seid Zauberer, aber nicht Ogdy hat euch geschickt, ihr geh#246;rt zu ihnen!« Er deutete anklagend auf Delamere und der Ring der Krieger schloss sich wieder dichter um sie. »Das ist nicht wahr!«, protestierte Mike. »Wir sind hier um euch zu warnen. Ihr m#252;sst fliehen! Alle!« »Ogdys Zorn wird sich wieder beruhigen, wenn der Frevel getilgt ist«, beharrte Ah'Kal. »Ich durchschaue euch! Ihr seid Zauberer! Ihr l#252;gt! Ihr seid gekommen, um die Frevler zu retten, aber das lasse ich nicht zu! Ihr werdet genauso sterben wie sie!« Mike konnte regelrecht f#252;hlen, wie die Feindseligkeit der Pahuma wuchs. Ah'Kal sprach weiterhin ganz ruhig, aber in seiner Stimme war pl#246;tzlich ein kalter Klang. Ganz langsam hob er das Sprechger#228;t an die Lippen und sagte: »Trautman? Ich f#252;rchte, es l#228;uft hier nicht ganz so, wie wir gehofft haben. Lassen Sie die NAUTILUS auftauchen. Und schalten Sie alle Scheinwerfer ein, die vorhanden sind.« »H#228;ltst du das f#252;r eine gute Idee?«, fragte Trautman. »Nein«, gestand Mike. »Aber die Pahuma halten es, glaube ich, f#252;r eine gute Idee, uns zusammen mit Jacques und seinen Leuten im Kratersee zu kochen.« »Ich verstehe«, sagte Trautman d#252;ster. »Einen Moment.« Mike war nicht einmal sicher, ob sie noch diesen einen Moment hatten. Ah'Kals Krieger schlossen sich immer dichter um sie und sch#252;ttelten ihre Waffen. Singh und Delamere waren dichter an ihn heranger#252;ckt. »Sieh nach unten, Ah'Kal«, sagte er mit einer Ruhe in der Stimme, die er mittlerweile nur noch mit #228;u#223;erster Willensanstrengung aufrechterhalten konnte. »Sieh aufs Meer. Und dann sage noch einmal, dass wir L#252;gner sind!« Ah'Kal starrte ihn eine Sekunde lang aus seinen durchdringenden Augen an, dann drehte er sich herum und blickte in die Dunkelheit hinab, dorthin, wo sich der Strand und das Meer in der viel zu fr#252;h hereingebrochenen Nacht verbargen. Auch Mike sah in dieselbe Richtung. Nichts geschah. Zehn Sekunden verstrichen, dann zwanzig, schlie#223;lich drei#223;ig. Der Strand blieb in vollkommener Schw#228;rze verborgen, die von den gl#252;henden Flammen, die noch immer durch das Meer am Horizont brachen, eher noch verteilt zu werden schien. Und dann, gerade als Mikes Nervosit#228;t zu wirklicher Angst zu werden begann, glomm in der Schw#228;rze am Fu#223; der Vulkaninsel ein unheimliches, gr#252;nes Licht auf. Trautman bewies deutlich mehr als nur einen gewissen Sinn f#252;r Dramatik, als er die NAUTILUS auftauchen lie#223;. Noch unter Wasser schaltete das riesige Tauchboot s#228;mtliche Scheinwerfer und Lampen ein, die sich an Bord befanden; mit dem Ergebnis, dass die gesamte Bucht in einem unheimlichen, gr#252;nen Licht zu erstrahlen schien, aus dem der Umriss der NAUTILUS ganz allm#228;hlich emporwuchs. Sie wirkte in diesem Moment tats#228;chlich viel mehr wie ein riesenhaftes, mythisches Ungeheuer, das aus einer fremden Welt erschien. Der Turm und der gezackte R#252;ckenkamm des Schiffes tauchten sch#228;umend aus den Wellen auf, und die glei#223;enden Scheinwerferstrahlen tasteten wie bleiche geisterhafte Finger #252;ber den Strand. Es war ein Anblick, der selbst Mike f#252;r einen Moment schier den Atem verschlug, obwohl er die NAUTILUS nun wirklich zur Gen#252;ge kannte. Und dann geschah noch etwas, und auch wenn sich Mike hinterher sagte, dass es nichts anderes als ein gewaltiger Zufall sein konnte, gab dieser Zufall doch wahrscheinlich den Ausschlag: Der brennende Horizont stie#223; eine letzte, noch gewaltigere Feuers#228;ule aus und erlosch. Im selben Augenblick, in dem die NAUTILUS endg#252;ltig durch die Wasseroberfl#228;che brach, endete der unterseeische Vulkanausbruch. Das Donnern und Rumoren h#246;rte auf und eine Sekunde darauf zitterte der Boden unter ihren F#252;#223;en nicht mehr. Ah'Kal drehte sich langsam zu ihm herum. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den Mike nicht ganz deuten konnte. Er wirkte ersch#252;ttert, seltsamerweise aber immer noch misstrauisch. »Nun?«, fragte Mike. Serena machte sich nicht die M#252;he, das Wort zu #252;bersetzen, aber Ah'Kal schien seine Bedeutung doch zu erraten. Er deutete auf das Dorf auf der anderen Seite des Kratersees und sagte: »Lasst uns verhandeln.« Es gab ein gro#223;es Hallo und deutliche Erleichterung, als Delamere seine Frau und den Rest der Expedition wieder sah. Trotzdem fiel die Begr#252;#223;ung merklich k#252;hler aus, als Mike erwartet hatte. Die Pahuma hatten sie in das gr#246;#223;te Haus der H#252;ttensiedlung gef#252;hrt, einen lang gestreckten Bau, dessen Inneres aus einem einzigen, gro#223;en Raum bestand, in dem sich selbst das Dutzend Gefangene fast verlor. Delamere stellte Mike und Singh seinen Begleitern vor und erz#228;hlte mit knappen Worten, was geschehen war. Zu Mikes Erleichterung sagte er nicht, von welchem ganz speziellen Unterseeboot er gerettet worden war. Aber das verschob das Problem nur um ein paar Stunden. Mike war immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, so vielen Fremden das Geheimnis der NAUTILUS zu enth#252;llen. Im Augenblick aber hatten sie genug andere Probleme. Der Boden hatte zwar aufgeh#246;rt zu beben, aber Mike war ziemlich sicher, dass sie nur eine Atempause gewonnen hatten. Und selbst Trautmans b#252;hnenreifer Auftritt hatte nicht zu dem gew#252;nschten Ergebnis gef#252;hrt: Ah'Kal hatte zwar f#252;r den Moment darauf verzichtet, sie alle seinem vermeintlich z#252;rnenden Feuergott zu opfern, war aber keineswegs bereit, mit seinem gesamten Volk die Insel zu verlassen. Er hatte versprochen, den Stammesrat einzuberufen und noch in dieser Nacht #252;ber das Schicksal der Fremden zu entscheiden, aber das war auch schon alles. Bis es so weit war, waren Singh und er ebenso eingesperrt worden wie alle anderen. Und was das Schlimmste war: Sie hatten die H#252;tte kaum betreten, da verstummte das Sprechger#228;t, mit dem er bisher den Kontakt zur NAUTILUS gehalten hatte. Er schaltete das Ger#228;t ein paar Mal ein und aus, sch#252;ttelte es und schlug leicht mit den Fingerkn#246;cheln dagegen, ohne mehr als ein misst#246;nendes Rauschen zu ernten. »Funktioniert es nicht mehr?« Mike sah hoch und blickte in Delameres Gesicht. Der Belgier war n#228;her gekommen und musterte abwechselnd ihn und das Sprechger#228;t. »Das wundert mich gar nicht.« »Wieso?« »Funktionieren diese Apparate genau so wie die normalen Funkger#228;te, die wir normalen Menschen benutzen m#252;ssen?«, fragte Jacques sp#246;ttisch. Die ehrliche Antwort w#228;re gewesen, dass Mike nicht die geringste Ahnung hatte. Aber er #228;rgerte sich schon wieder #252;ber Delameres sp#246;ttischen Ton. Er nickte. »Ich denke schon.« »Dann ist es ein Wunder, dass es bisher #252;berhaupt funktioniert hat«, sagte Delamere. »Elektromagnetische St#246;rungen. So etwas kommt oft vor, wenn es zu einem wirklich gro#223;en Vulkanausbruch kommt. Nicht nur der »Damit w#228;ren wir ja dann gleich beim Thema«, sagte Singh, noch ehe Mike antworten konnte. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?« Delamere seufzte, verdrehte die Augen und ma#223; Singh mit einem so ver#228;chtlichen Blick, dass es schon fast an eine Beleidigung grenzte. »Mein lieber Freund«, sagte er abf#228;llig. »Ich dachte eigentlich, ich h#228;tte mich klar und einigerma#223;en verst#228;ndlich ausgedr#252;ckt. Offensichtlich ist das wohl nicht der Fall. Deshalb sage ich es noch einmal, ganz langsam und zum Mitschreiben: Ich wei#223; es nicht. Niemand kann das voraussagen, auch ich nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir noch ein bisschen Zeit.« Singhs Gesicht verd#252;sterte sich. Bevor er jedoch explodieren konnte, trat Delameres Frau zwischen die beiden Kampfh#228;hne, hob bes#228;nftigend die linke Hand in Singhs Richtung und legte die andere auf Delameres Schulter. »Bitte entschuldigen Sie das unm#246;gliche Benehmen meines Mannes, Monsieur ...?« »Singh«, sagte Singh k#252;hl. »Monsieur Singh«, fuhr Delameres Frau fort. »Mein Mann ist manchmal wirklich sehr unh#246;flich. Ich f#252;rchte, #252;ber all seinen Forschungen vergisst er nur zu oft seine gute Erziehung. Diese Leute haben Kopf und Kragen riskiert, um unsere Leben zu retten. Also w#228;re es ja wohl das Mindeste, dass du ihnen ihre Frage beantwortest, meinst du nicht auch, Jacques?« Delamere antwortete mit einigen S#228;tzen in seiner Muttersprache, die Mike nicht verstand, zuckte aber dann mit den Schultern und wandte sich wieder an ihn und Singh. »Nicole hat Recht«, sagte er. »Ich entschuldige mich f#252;r mein Benehmen. Aber die Wahrheit ist, dass ich es wirklich nicht wei#223;. Kommt - ich erkl#228;re es euch.« Er sah sich suchend in der Runde um, ging schlie#223;lich ein paar Schritte weit und lie#223; sich in die Hocke sinken. »Ich besch#228;ftige mich seit mehr als zehn Jahren mit diesem Teil des Ozeans«, begann er. »Aus vulkanologischer Sicht ist er sehr interessant, obwohl es kaum jemand wei#223;.« »Wieso?«, fragte Mike. Delamere malte mit dem Zeigefinger eine Anzahl unregelm#228;#223;iger Kreise in den Sand. »Ich habe euch von den Inseln erz#228;hlt, erinnert ihr euch?« Er deutete nacheinander auf die krakeligen Kreise. »Sie stellen im Grunde nur den Gipfel eines gewaltigen Gebirges dar, das vom Meeresboden emporragt. Das hier ist die Insel, auf der ihr mich gefunden habt, dies hier ist Hathi, auf der wir uns gerade befinden. Dies « Er deutete auf einen weiteren Kreis. »-d#252;rfte der Punkt sein, an dem der Ausbruch vorhin stattgefunden hat. Wenn die Theorie stimmt, die ich in den letzten zehn Jahren entwickelt habe, dann sind alle diese Berge durch ein riesiges System unterirdischer Lavatunnel miteinander verbunden.« Er streckte die Hand aus und begann die Kreise mit einer krakeligen Linie miteinander zu verbinden. »Das sind sehr viel mehr Inseln, als auf unserer Karte verzeichnet sind«, sagte Mike. »Ich sagte doch: Es ist ein unterseeisches Gebirge«, antwortete Delamere. »Nicht alle Gipfel sind gleich hoch. Manche ragen nur wenige Meter weit aus dem Wasser, andere sehr weit, wie diese hier, und wieder andere gar nicht.« »Wie viele von diesen Vulkanen gibt es?«, fragte Mike. Jacques hob die Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Ich bin auf Karten angewiesen und habe leider kein solch fantastisches Boot zur Verf#252;gung wie ihr. Aber ich vermute, dass es eine ganze Reihe sind ... vielleicht ein Dutzend, vielleicht sogar mehr.« »Und die brechen jetzt der Reihe nach aus«, vermutete Mike. »Warum?« »Wenn ich das w#252;sste, w#252;rde ich den n#228;chsten Nobelpreis bekommen«, antwortete Delamere ernst. »Niemand wei#223; wirklich, wann und warum Vulkane ausbrechen. Wenn meine Theorie stimmt und all diese Punkte wirklich untereinander verbunden sind, dann m#252;ssten die Ausbr#252;che sozusagen hintereinander erfolgen. Und wahrscheinlich in gr#246;#223;er werdenden Abst#228;nden.« »Wieso?« »Irgendwo tief unter uns, vielleicht f#252;nfzig oder auch hundert Kilometer unter dem Meeresboden, hat sich ein ungeheurer Druck aufgebaut, der herausmuss. Ich vermute - ich Mike sah nachdenklich auf Delameres improvisierte Zeichnung hinab. Was sie selbst erlebt hatten, schien Jacques' Theorie zu best#228;tigen. Der Ausbruch, der die NAUTILUS unvorbereitet getroffen hatte, und die Katastrophe auf der Insel, auf der Delameres Basislager gestanden hatten, waren im Abstand weniger Minuten erfolgt. Der n#228;chste Ausbruch, der, den sie gerade miterlebt hatten, war dagegen mehr als sechsunddrei#223;ig Stunden sp#228;ter erfolgt. »Aber sicher sind Sie nicht«, murmelte er. Delamere sch#252;ttelte traurig den Kopf. »Ich m#252;sste mehr Informationen haben«, sagte er. »Wenn ich alle diese Krater sehen und untersuchen k#246;nnte oder wenigstens einige ... Vielleicht k#246;nnte ich dann eine genaue Prognose abgeben. So ist es unm#246;glich. Deshalb war ich ja letzten Endes oben am Krater.« »Leider sehen die Pahuma das nicht so«, sagte Mike. Seine Worte taten ihm fast auf der Stelle wieder Leid, denn er sah an Jacques' Reaktion, dass er sie wieder als Vorwurf wertete. Sich zu entschuldigen h#228;tte es aber wahrscheinlich nur schlimmer gemacht und so fuhr er hastig fort: »Dann k#246;nnte es genauso gut auch pl#246;tzlich wieder aufh#246;ren? Wenn der Druck weg ist ... Die letzte Eruption war ziemlich heftig.« »Ich wei#223;, worauf du hinauswillst«, sagte Jacques. »Aber ich muss dich entt#228;uschen. Wenn die Messungen, die ich in den letzten Wochen durchgef#252;hrt habe, auch nur halbwegs korrekt sind, dann hat sich dort unten eine ungeheure Spannung aufgebaut. Es w#252;rde ein Dutzend Ausbr#252;che wie den von vorhin ben#246;tigen um sie abzubauen.« »Oder einen besonders heftigen«, erwiderte Mike. »K#246;nnte man ihn k#252;nstlich herbeif#252;hren? An einer Stelle, an der er ungef#228;hrlich ist, meine ich?« »Theoretisch ja«, antwortete Jacques, sch#252;ttelte aber zugleich den Kopf. »Leider »Ich ahne, woran du jetzt denkst«, sagte Delamere. »Aber es geht nicht, glaub mir. Man m#252;sste eine Stelle auf dem Meeresgrund finden, an der der Lavastrom der Oberfl#228;che besonders nahe kommt -« »Wir haben ein Unterseeboot«, unterbrach Mike Delameres Satz. »-und eine Sprengladung platzieren -« »Wir haben auch Dynamit an Bord«, sagte Mike. »-die das Vorstellbare #252;bersteigt. Um diesen Druck abzubauen, m#252;sste das Loch gro#223; genug sein um die ganze Insel dreimal hineinzuwerfen.« Mike blieb hartn#228;ckig. »Wie tief ist das Meer hier?«, fragte er. »Drei-, manchmal viertausend Meter«, antwortete Delamere achselzuckend. »Kann die NAUTILUS so tief tauchen?« »Spielend«, behauptete Mike. »Es w#228;re trotzdem Selbstmord«, beharrte Jacques. »Ich w#252;rde Wochen brauchen um eine geeignete Stelle zu finden -wenn ich sie #252;berhaupt finde. Und selbst wenn ... Kein Schiff w#252;rde die Explosion #252;berstehen.« »Sie kennen die NAUTILUS nicht«, sagte Mike. »Das muss ich auch nicht«, erwiderte Delamere unger#252;hrt. »Du machst dir keine Vorstellungen von den Gewalten, die ein Vulkanausbruch freisetzen kann.« »Ich habe die Insel gesehen, auf der Ihr Lager war«, sagte Mike, aber Jacques sch#252;ttelte wieder den Kopf. »Das war nichts. Ein Knallfrosch gegen das, was n#246;tig w#228;re, um den Druck auf die Bergkette zu entlasten. Es ist sinnlos, glaub mir. Und selbst wenn es nicht so w#228;re, g#228;be es keine Garantie. So etwas ist noch nie versucht worden. Wir m#252;ssen die Insel evakuieren.« Mike widersprach nicht mehr. Seine Idee war ohnehin nicht besonders gut gewesen. Abenteuerlich und spannend -aber ziemlich hirnrissig. »Also gut«, sagte er. »Dann versuchen wir noch einmal mit Ah'Kal zu reden ... es sei denn, da ist noch etwas, was Sie uns verschwiegen haben.« F#252;r einen Moment wirkte Delamere tats#228;chlich betroffen, aber der Augenblick ging schneller vorbei, als Mike sich seiner Sache sicher sein konnte. Vielleicht tat er Jacques auch tats#228;chlich Unrecht. Sie waren alle nerv#246;s. Und so ganz nebenbei befanden sie sich auch alle in h#246;chster Lebensgefahr. Er wandte sich um, ging zum Ausgang und wollte die H#252;tte verlassen, wurde jedoch von einem Eingeborenen daran gehindert. »Ah'Kal«, sagte er. »Ich muss Ah'Kal sprechen.« Zumindest den Namen des Stammesf#252;hrers musste der Krieger verstanden haben, aber er sch#252;ttelte nur den Kopf und gestikulierte aufgeregt und drohend mit seiner Waffe, sodass es Mike nicht angeraten erschien, zu nachhaltig auf seiner Forderung zu bestehen. Astaroth reagierte auch diesmal nicht. Er wollte oder konnte nicht antworten. Unter Mikes F#252;#223;en zitterte ganz sacht der Boden, und tief, unendlich tief unter der Erde drang ein drohendes Grollen herauf. Seine Geduld wurde auf eine Probe gestellt, die mehr als hart war. Eine Stunde verging, dann noch eine und schlie#223;lich noch eine. Die Insel bebte in dieser Zeit zwei weitere Male -einmal so heftig, dass die H#252;tte wankte und alle drinnen erschrocken die Luft anhielten -und Mike versuchte mindestens ein Dutzend Mal zu Ah'Kal vorgelassen zu werden und ungef#228;hr hundertmal Kontakt zu Astaroth aufzunehmen; mit demselben Ergebnis. Seine Besorgnis nahm allm#228;hlich zu. Er war von Anfang an nicht begeistert von Serenas Idee gewesen, sich als Sendbote irgendeines uralten Gottes auszugeben, und wie es schien, hatte er damit nur zu Recht gehabt: Entweder glaubten die Pahuma ihm und seinem »Zauberkasten« kein Wort oder ihre Art, ihre G#246;tter zu behandeln, war etwas eigenwillig. Mike glaubte nicht wirklich, dass die Insulaner ihnen etwas zuleide tun wollten, aber die Zeit brannte ihnen unter den N#228;geln. Es musste fast Mitternacht sein, als endlich einer der Krieger die H#252;tte betrat und zielstrebig auf ihn zukam. Er sagte irgendetwas in seiner Muttersprache, gestikulierte dabei wild mit beiden H#228;nden und lie#223; ein paar Mal ein Wort h#246;ren, das sich wie der Name des Stammesf#252;hrers anh#246;rte. »Ich glaube, der H#228;uptling will uns sehen«, sagte Singh und Delamere f#252;gte in ungeduldigem Ton hinzu: »Das wurde aber auch Zeit!« Als er und Singh sich Mike jedoch anschlie#223;en wollten, machte der Eingeborene eine eindeutig abwehrende Handbewegung. »Es sieht so aus, als wollte er nur mich sehen«, sagte Mike. Er sah, wie sich Delameres Gesicht verfinsterte, und da er sich ungef#228;hr denken konnte, was der Belgier sagen w#252;rde, fuhr er rasch und mit einem optimistischen L#228;cheln fort: »Keine Sorge. Ich glaube, er ist ein ganz vern#252;nftiger Mann. Wir werden schon klarkommen.« »Na, dann hoffe ich, dass er in der Zwischenzeit Englisch gelernt hat oder eine andere Sprache, die du beherrschst«, sagte Jacques s#228;uerlich. »Oder dass dein gt;Zauberkastenlt; wieder funktioniert. Denn wenn nicht, dann habt ihr ein Problem.« Mike machte ein betroffenes Gesicht. Er sagte zwar nichts, gab Jacques im Stillen aber Recht -er hatte wirklich nicht die leiseste Ahnung, wie er sich mit Ah'Kal verst#228;ndigen sollte. Er w#252;rde eben improvisieren m#252;ssen. Jacques und seinen Leuten war es schlie#223;lich auch gelungen, sich mit den Pahuma zu verst#228;ndigen. Da der Krieger allm#228;hlich ungeduldig zu werden begann, beeilte er sich nun ihm zu folgen. Sie verlie#223;en die H#252;tte und gingen am Ufer des kreisrunden Kratersees auf ein anderes Geb#228;ude zu. Trotz der fortgeschrittenen Stunde herrschte im Dorf der Pahuma helle Aufregung. Niemand schlief. Dutzende von Eingeborenen standen zu zweit oder in kleinen Gruppen beisammen, schnatterten aufgeregt oder sahen zur NAUTILUS hinab, die noch immer mit voller Beleuchtung am Fu#223;e der Insel im Wasser lag und mehr denn je an einen bizarren Riesenfisch erinnerte. Viele starrten aber auch wortlos und sehr besorgt in die Richtung, in der der Horizont gebrannt hatte, und Mike entgingen auch keineswegs die Blicke, mit denen sie ihn ma#223;en. Sie waren nicht unbedingt sehr freundlich. Er sah eine Menge Angst darin, aber auch etwas, was ihm nicht besonders gefiel. Sie betraten die H#252;tte, die von Fackeln fast taghell erleuchtet war. Anders als die, in der er bisher gewesen war, bestand sie aus mehreren kleinen R#228;umen, und das Erste, was Mike entgegenkam, war ein wuselndes schwarzes Fellb#252;ndel auf vier Beinen. »Astaroth!«, sagte er erleichtert. Er hatte sich zwar vorgenommen, dem Kater gr#252;ndlich den Kopf zu waschen, aber in den letzten beiden Stunden hatte er doch angefangen sich ernsthafte Sorgen um Astaroth zu machen, sodass seine Erleichterung, Astaroth gesund und unverletzt wieder zu sehen, deutlich #252;berwog. Trotzdem runzelte er die Stirn und sagte in #252;bertrieben vorwurfsvollem Ton: »Wo bist du gewesen? Wieso hast du dich nicht gemeldet?« zugleich auch ziemlich best#252;rzt. Mit sanfter Gewalt schob er Serena auf Armesl#228;nge von sich fort, hielt sie aber zugleich am Handgelenk fest. »Was um alles in der Welt tust du hier?«, fragte er. »Wei#223;t du nicht, wie gef#228;hrlich es hier ist?« »Astaroth hat mich hergebracht«, antwortete Serena. Mike drehte sich zu dem Kater herum und holte gerade tief Luft, um ihn zusammenzustauchen, da fuhr Serena mit leicht erschrockener Stimme fort: »Ich habe ihn darum gebeten.« »Aber warum denn?«, sagte Mike fassungslos. »Es ist gef#228;hrlich hier! Dieser ganze Berg kann jeden Moment in die Luft fliegen!« »Genau aus diesem Grund bin ich hier«, antwortete Serena. »Die Sprechger#228;te funktionieren nicht mehr. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.« »Und da hat Trautman ausgerechnet dich geschickt?«, murmelte Mike ungl#228;ubig. »Ich wollte es so«, sagte Serena. »Ich habe sogar darauf bestanden um genau zu sein.« »Aber warum denn blo#223;!« »Du machst mir Spa#223;«, antwortete Serena. »Diese Leute sprechen die Sprache meines Volkes! Du an meiner Stelle w#228;rst auch gekommen!« Mike konnte ihr nicht einmal widersprechen. Seit Serena aus ihrem zehntausendj#228;hrigen Dornr#246;schenschlaf aufgewacht war, war sie auf der Suche nach anderen #220;berlebenden ihres Volkes; bisher allerdings praktisch ohne Erfolg. Die Begegnung mit den einzigen anderen Atlantern, auf die sie bisher gesto#223;en waren, h#228;tte um ein Haar in einer gigantischen Katastrophe geendet. Er an ihrer Stelle w#228;re vermutlich auch gekommen. Aber das #228;nderte nichts daran, dass sie sich in einer #228;u#223;erst gef#228;hrlichen Lage befanden. »Und?«, fragte er trotzdem. »Sind es Nachkommen deines Volkes?« Eigentlich h#228;tte er sich diese Frage sparen k#246;nnen. Ein einziger Blick auf die kleinw#252;chsigen, gedrungenen Insulaner machte klar, dass sie bestimmt nichts mit den hoch gewachsenen, hellh#228;utigen Bewohnern des untergegangenen Kontinents zu tun hatten. Serena sch#252;ttelte auch nur den Kopf und machte ein trauriges Gesicht. »Nein. Ich glaube, ihre Vorfahren hatten Kontakt mit meinem Volk. Aber sie kennen nur noch ein paar Legenden.« »Das Alte Volk hat unsere Ahnen besch#252;tzt«, sagte Ah'Kal in fast akzentfreiem Englisch. »Es hat unsere Vorfahren auf die Insel gebracht, wo es vor seinen Feinden in Sicherheit war und fruchtbaren Boden und reiche Fischgr#252;nde fand.« Mike starrte den Pahuma mit offenem Mund an. Das Gesicht des alten Insulaners blieb vollkommen ausdruckslos, aber in seinen Augen war ein ganz sachtes, sp#246;ttisches Glitzern und Mike fragte sich, ob es vielleicht die ganze Zeit #252;ber darin gewesen war und er es nur nicht bemerkt hatte. »Sie ... Sie sprechen unsere Sprache?«, murmelte er. »Wir leben auf dem Platz, den uns das Schicksal zugeteilt hat«, sagte Ah'Kal. »Und wir leben im Einklang mit der Natur und brauchen keine Technik und keine Maschinen. Doch ihr seid nicht die Ersten, die mit eisernen Schiffen hierher kommen und versuchen uns ihre Art zu leben aufzuzwingen.« »Und die so tun, als w#228;ren sie Sendboten der G#246;tter«, murmelte Mike zerknirscht. »Wir haben uns ganz sch#246;n blamiert, wie?« Ah'Kal deutete auf Serena. »Das M#228;dchen des Alten Volkes hat uns erz#228;hlt, warum ihr so gehandelt habt. Es war falsch, aber wir erkennen eure gute Absicht.« Zum ersten Mal, seit Mike den Pahuma kennen gelernt hatte, l#228;chelte der alte Mann. »Hast du wirklich geglaubt, dass wir dich f#252;r einen Boten der G#246;tter halten? Abgesandte der G#246;tter bitten nicht. Sie befehlen.« »Hmm«, machte Mike -was in diesem Moment zweifellos die intelligenteste Antwort war, die ihm einfiel. Zugleich suchte sein Blick nach Astaroth. Der Kater stand mit steil aufgestelltem Schwanz neben Serena, rieb sich an ihrem Bein und hatte das unversch#228;mteste Cheshire-Cat-Grinsen aufgesetzt, das Mike jemals gesehen hatte. »Ogdy ist zornig«, antwortete Ah'Kal. Es klang sehr ernst, und diesmal war das sp#246;ttische Funkeln in seinen Augen eindeutig erloschen. Mike sah zu Serena, aber sie deutete nur ein Achselzucken an und machte ein langes Gesicht. Vorsichtig fuhr er fort: »Ich will mich bestimmt nicht #252;ber euren Glauben lustig machen, Ah'Kal, aber wir glauben nicht, dass das, was hier geschieht, auf das Wirken der G#246;tter zur#252;ckzuf#252;hren ist. Es ist ein Vulkanausbruch und er ist nicht zu Ende.« »Ist es nicht egal, welchen Namen man einem Ding gibt?«, fragte Ah'Kal. »Das stimmt«, sagte Serena rasch. »Aber was Mike sagte, ist trotzdem die Wahrheit. Es ist noch nicht zu Ende. Im Gegenteil: Ich f#252;rchte, dass es noch schlimmer wird. Die ganze Insel k#246;nnte zerst#246;rt werden. Euer aller Leben ist in Gefahr.« »Wir sind Ogdys Kinder«, antwortete der H#228;uptling. »Er w#252;rde uns niemals etwas zuleide tun.« »Euer Glaube in Ehren«, sagte Mike vorsichtig. »Aber in diesem Fall -« »Gib dir keine M#252;he, Mike«, unterbrach ihn Serena. »Ich habe eine Stunde lang mit ihnen geredet. Sie werden die Insel nicht verlassen.« »Dann h#246;rt wenigstens auf sie!« Mike schrie fast. »Ihr habt selbst gesagt, sie ist ein Kind des Alten Volkes.« »Uns wird nichts geschehen«, sagte Ah'Kal sanft. »Wir vertrauen auf unser Schicksal.« »Und wenn ihr euch t#228;uscht?«, fragte Mike. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Serena erschrocken zusammenfuhr, aber der alte Stammesf#252;hrer blieb weiter ruhig. »Wenn die G#246;tter so entschieden haben, dann ist es nicht an uns, an ihrem Willen zu zweifeln«, sagte er. »Unser Volk lebt auf dieser Insel, solange wir denken k#246;nnen. Vielleicht ist unsere Zeit irgendwann abgelaufen, vielleicht werden wir l#228;nger leben als ihr. Wer will das wissen?« Er machte eine Bewegung, mit der er das Thema f#252;r beendet erkl#228;rte, und Mike musste nur einen einzigen Blick in sein Gesicht werfen um zu begreifen, dass jedes weitere Wort #252;berfl#252;ssig gewesen w#228;re. Die Pahuma w#252;rden diesen Ort nicht verlassen. »Ihr solltet jetzt gehen«, sagte Ah'Kal nach einer Weile. »Wir vertrauen auf unsere G#246;tter, aber vielleicht sind sie ja mit euch nicht so duldsam wie mit uns. Du und deine Freunde, ihr k#246;nnt gehen.« »Und Delamere?«, fragte Mike. Ah'Kals Gesicht verh#228;rtete sich. »Die Fremden haben unsere Gesetze gebrochen«, sagte er. »Wir haben sie freundlich aufgenommen. Wir haben sie bewirtet wie K#246;nige und ihnen die Hand in Frieden gereicht. Aber sie haben unsere Gesetze gebrochen. Sie haben unsere G#246;tter gel#228;stert. Und sie haben M#228;nner unseres Volkes get#246;tet. Sie werden sich unseren Gesetzen stellen m#252;ssen.« »Das hei#223;t, ihr wollt sie t#246;ten«, sagte Mike. »Es ist Blut geflossen«, sagte Ah'Kal. »Ogdys Gesetze sagen, dass Blut nur mit Blut fortgewaschen werden kann.« »Sagt Ogdys Gesetz auch, dass Unschuldige f#252;r etwas b#252;#223;en m#252;ssen, was sie nicht getan haben?«, fragte Mike. »Delameres Frau und seine Leute haben nichts getan. Er und die zwei anderen haben deine Krieger get#246;tet. Zwei von ihnen haben bereits mit dem Leben daf#252;r bezahlt. Und ich verspreche dir, dass ich daf#252;r sorgen werde, dass sich Delamere vor einem Gericht verantworten muss.« Tats#228;chlich schien Ah'Kal einen Moment lang #252;ber diesen Vorschlag nachzudenken. Aber dann sch#252;ttelte er den Kopf. »Ich vertraue euren Gesetzen nicht«, sagte er. »Ich glaube dir, dass du es ehrlich meinst, aber ich glaube nicht an eure Gerechtigkeit. Das Blut unseres Volkes wurde vergossen und dieses Verbrechen muss hier ges#252;hnt werden.« »Dann seid ihr nicht besser als er!«, sagte Mike. Ah'Kal runzelte die Stirn und Serena riss die Augen auf und wurde kreidebleich, aber Mike fuhr mit fester Stimme fort: »Ich wei#223; nicht viel von euren G#246;ttern, Ah'Kal. Aber ich kann nicht glauben, dass es Ogdys Wille ist, das Blut Unschuldiger zu vergie#223;en, um die Verbrechen eines anderen zu s#252;hnen.« F#252;r einen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben. Serena hielt vor Entsetzen die Luft an und Astaroth riss sein einziges Auge auf und starrte ihn an. In das atemlose Schweigen hinein sagte Ah'Kal: »Du zeigst gro#223;en Mut, so zu reden. Hast du keine Angst, dir Ogdys Zorn zuzuziehen?« Ah'Kal brachte es irgendwie fertig, zu l#228;cheln und dabei gleichzeitig sehr ernst zu bleiben. »Ogdy ist ein gerechter Gott«, antwortete er. »Niemand wird get#246;tet. Er selbst wird #252;ber das Schicksal der Fremden entscheiden.« »Was ... meinst du damit?«, fragte Mike z#246;gernd. Der Pahuma deutete auf ihn, dann auf Serena. »Ihr und der Mann, der mit euch gekommen ist, ihr m#246;gt gehen. Steigt in euren eisernen Fisch und bringt euch in Sicherheit, wenn ihr wirklich glaubt, dass dieser Ort nicht mehr sicher ist. Die anderen aber bleiben hier. Ogdy wird #252;ber ihr Schicksal entscheiden. Es war ihr Frevel, der die G#246;tter erz#252;rnt hat. Wenn dieser Ort untergeht, dann sterben auch sie. Verschonen uns die G#246;tter, dann werden auch sie leben.« »Dann k#246;nnt ihr sie genauso gut gleich erschie#223;en«, sagte Mike. »So lautet unsere Entscheidung«, sagte Ah'Kal. »Nun geht. Bevor die G#246;tter die Geduld mit euch verlieren.« Mike h#228;tte auch so gesp#252;rt, wie gef#228;hrlich der Moment war. Ah'Kals Geduld war ersch#246;pft und wahrscheinlich konnte er ihnen auch gar nicht weiter entgegenkommen, ohne vor seinen Leuten das Gesicht zu verlieren. Aber sie konnten auch nicht einfach gehen und fast ein Dutzend Menschen einfach ihrem Schicksal #252;berlassen! Aber was sollte er tun? Es gab absolut nichts, was den Stammesf#252;hrer vielleicht noch umstimmen konnte. Nichts, au#223;er ... Aber dieser Gedanke war vollkommener Wahnsinn. Und trotzdem: »Beantworte mir noch eine Frage, Ah'Kal«, sagte er. »Was, wenn es uns gel#228;nge, die G#246;tter wieder zu beruhigen?« »Wie k#246;nntest du das wohl -wo du nicht einmal an sie glaubst?«, fragte Ah'Kal sp#246;ttisch. »Ich kann es auch nicht«, erwiderte Mike. »Aber vielleicht kann es der Mann, der eurer Meinung nach die Schuld am Z#252;rnen der G#246;tter tr#228;gt.« »Er ist schon einmal geflohen und hat seine Freunde im Stich gelassen«, antwortete Ah'Kal. »Diesmal nicht«, versicherte Mike. »Ich werde ihn begleiten. Ich gebe dir mein Wort, dass er nicht fliehen wird.« »Und was sagst du dazu, Tochter des Alten Volkes?«, fragte der Pahuma. Mike sah Serena deutlich an, dass sie am liebsten gar nichts dazu gesagt h#228;tte; und so ganz nebenbei auch, dass sie in diesem Moment heftig an seinem Verstand zweifelte. Und wieso auch nicht? Schlie#223;lich konnte sie von seinem Gespr#228;ch mit Delamere nichts wissen. Mike w#252;nschte sich ja fast schon selbst, es nicht gef#252;hrt zu haben. Schlie#223;lich zuckte Serena mit den Schultern und sagte: »Ich vertraue Mike. Wenn er glaubt, eure G#246;tter beruhigen zu k#246;nnen, dann wird es ihm auch gelingen. Vielleicht«, f#252;gte sie ganz leise hinzu. Ah'Kal sah sie einen Augenblick lang nachdenklich und durchdringend an, aber dann nickte er. »So solles sein«, sagte er. »M#246;gen die G#246;tter entscheiden. #220;ber das Schicksal der Fremden und das von uns allen.« Er wandte sich an Mike. »Du und der Mann, den du Delamere nennst, ihr m#246;gt gehen. Die anderen werden hier bei uns bleiben und auf Ogdys Gnade hoffen.« Mike atmete erleichtert auf - und sah erst dann den Schrecken in Serenas Augen. Aber es dauerte noch einmal ein paar Sekunden, bis er »Und ... Serena und Singh?«, fragte er. »Die Tochter des Alten Volkes und dein Freund bleiben hier«, antwortete der H#228;uptling. »Die G#246;tter werden #252;ber ihr Schicksal entscheiden.« »Du willst was?! Hast du vollkommen den Verstand verloren?« Mike zog den Kopf zwischen die Schultern, wich einen halben Schritt vor Trautman zur#252;ck und sah sich in der Kommandozentrale der NAUTILUS um, als suche er ein Mauseloch, in dem er sich verkriechen konnte. Am liebsten h#228;tte er genau das getan. Es war eine der ganz seltenen Gelegenheiten, bei denen er Trautman schreien h#246;rte. Und eine der noch selteneren Gelegenheiten, bei denen er miterlebte, dass der wei#223;haarige Steuermann der NAUTILUS drauf und dran war, die Beherrschung zu verlieren. Nicht dass Mike Trautman nicht verstehen konnte. Insgeheim gab er ihm sogar Recht. Seit ihre Abenteuer an Bord der NAUTILUS begonnen hatten, hatte er schon eine Menge schlechter Ideen gehabt... aber diese war mit Abstand die schlechteste. »Ich bin nicht ganz unschuldig daran«, mischte sich Delamere ein. »Im Grunde war es meine Idee. Aber es war nur eine »Ich sagte bereits, es tut mir Leid«, verteidigte sich Jacques. »Ich habe mich wohl nicht klar genug ausgedr#252;ckt. Ich dachte, Mike h#228;tte verstanden, dass es nur ein Gedankenspiel ist.« »Das macht es auch nicht besser«, grollte Trautman. Eine Sekunde lang war Mike fest davon #252;berzeugt, dass sich sein Zorn nun auf den Belgier entladen w#252;rde, aber dann seufzte er nur, sch#252;ttelte den Kopf und trat an sein Instrumentenpult. »Herzlichen Gl#252;ckwunsch«, sagte Ben sp#246;ttisch. »Du hast ja schon eine Menge Mist gebaut, aber das schie#223;t wirklich den Vogel ab!« »Was h#228;tte ich denn tun sollen?«, verteidigte sich Mike. »Vielleicht -« »H#246;rt auf zu streiten«, sagte Trautman vom Kontrollpult aus. Ohne von seinen Instrumenten aufzusehen fuhr er fort: »Das hilft uns jetzt auch nicht mehr. Monsieur Delamere, kommen Sie her. Ich brauche Sie, um den genauen Kurs zu ermitteln.« »Kurs?« Delamere blinzelte. »Aber ... was denn f#252;r einen Kurs?« Trautman sah hoch und spie#223;te ihn mit Blicken regelrecht auf. »Den Kurs dieser Erdspalte, von der Sie Mike erz#228;hlt haben.« Jacques wurde noch ein bisschen blasser, als er sowieso schon war. Und noch nerv#246;ser. »Aber was denn f#252;r eine Erdspalte, um Himmels willen?«, murmelte er. »Ich ... ich wei#223; ja noch nicht einmal, ob es sie gibt! Verstehen Sie denn immer noch nicht, dass ich nur von einer Theorie gesprochen habe?« Seine Stimme wurde bei den letzten Worten schrill. »Dann haben Sie jetzt eine wunderbare Gelegenheit, Ihre Theorie zu #252;berpr#252;fen«, antwortete Juan ruhig. »Ihr ... ihr wollt das doch nicht wirklich tun!«, stammelte Jacques. »Das ist doch der helle Wahnsinn.« »Haben Sie einen besseren Vorschlag?«, fragte Ben. »Wir k#246;nnen Hilfe holen«, antwortete Jacques. »Sie meinen: Wir k#246;nnen fliehen und unsere Freunde im Stich lassen«, sagte Ben abf#228;llig. »Tut mir Leid. Das mag ja Mike sch#252;ttelte schweigend den Kopf. Auf dem ganzen Weg vom Berg hier herunter hatte er #252;ber nichts anderes nachgedacht als genau #252;ber diese Frage, aber es war unm#246;glich. Die Pahuma bewachten ihre Gefangenen zu gut. Und ein gewaltsamer Befreiungsversuch kam nicht in Frage. »Dann ist es bereits entschieden«, sagte Trautman. »Meinen Gl#252;ckwunsch, Monsieur Delamere. Sie haben die einmalige Chance, sich den Nobelpreis zu verdienen.« Es war dunkel. Die NAUTILUS befand sich in mehr als achthundert Metern Tiefe, einem Bereich des Ozeans also, in den noch nie ein Sonnenstrahl gedrungen war und ewige Nacht herrschte. Das Wasser, durch das das Tauchboot glitt, war jedoch von einem unheimlichen, d#252;sterroten Gl#252;hen erf#252;llt, das aus einer Anzahl breiter, gezackter Risse aus dem Meeresgrund drang. Und es war Vor gut einer Stunde waren sie von Hathi losgefahren und hatten Kurs auf den Punkt im Meer genommen, an dem der unterseeische Vulkan ausgebrochen war. Die NAUTILUS war nur wenige Meilen weit #252;ber das Meer gefahren, dann hatte sie der schwere Seegang gezwungen zu tauchen und ihren Weg unter Wasser fortzusetzen. Ruhiger war ihre Fahrt nicht geworden. Das Meer befand sich in Aufruhr und nicht nur an der Oberfl#228;che. Die NAUTILUS erbebte in fast regelm#228;#223;igen Abst#228;nden unter harten St#246;#223;en, die vom Meeresgrund ausgingen und den gesamten Ozean ersch#252;tterten. Mike hatte Delamere nicht extra fragen m#252;ssen um zu begreifen, dass sich der Vulkanologe in seiner Vorhersage kr#228;ftig versch#228;tzt hatte. Das Bild vor dem Fenster sprach seine eigene, sehr deutliche Sprache. Bis zum n#228;chsten gro#223;en Ausbruch des unterseeischen Vulkans w#252;rden nicht mehr Tage oder gar Wochen vergehen, sondern wahrscheinlich nur noch Stunden. Sie hatten den Ort des letzten Ausbruchs noch lange nicht erreicht. Trotzdem war der Meeresboden hundert Meter unter ihnen von einem Gewirr rot leuchtender, gezackter Linien durchzogen, das langsam, aber trotzdem in sichtbarer Geschwindigkeit wuchs und dabei best#228;ndig dichter wurde. An manchen Stellen sah es tats#228;chlich aus wie ein Spinnennetz. Mike fragte sich, wie lange der Meeresgrund dem immer st#228;rker werdenden Druck noch standhalten konnte. Wieder erzitterte die NAUTILUS unter einem harten Schlag. Irgendwo zerbrach Glas und aus dem gleichm#228;#223;igen Dr#246;hnen der Motoren wurde f#252;r einen Moment ein unregelm#228;#223;iges Stampfen. »Sehr viel n#228;her k#246;nnen wir nicht heran, Monsieur Delamere«, sagte Trautman. »Ich dachte, dieses Schiff ist so fantastisch«, knurrte der Belgier ohne von seinen Berechnungen aufzusehen. »Die NAUTILUS wurde daf#252;r gebaut, den Wasserdruck in extremen Tiefen auszuhalten«, antwortete Trautman k#252;hl. »Nicht in einem Dampfkessel herumzufahren.« Delamere schrieb noch einige Sekunden lang scheinbar unger#252;hrt weiter, dann sprang er mit einem pl#246;tzlichen Ruck auf und warf den Bleistift mit solcher Kraft auf den Tisch, dass der Stift in zwei Teile brach. »Ich kann das nicht!«, rief er. »Ich habe weder die n#246;tigen Daten noch gen#252;gend Erfahrung! Niemand hat das! Weil so etwas noch niemals gemacht worden ist!« »Irgendwann ist immer das erste Mal«, sagte Trautman gelassen. »Was wollen Sie? Bisher hat sich Ihre Theorie best#228;tigt. Der Lavastrom scheint sich genau auf die Insel zuzubewegen.« »Ziemlich schnell«, f#252;gte Mike hinzu. Delamere blickte ihn d#252;ster an, drehte sich dann um und sah mit noch finstererem Gesichtsausdruck aus dem Fenster. »Das ist es ja gerade«, sagte er. »Es geht viel zu schnell. Der Druck dort unten muss sehr viel gr#246;#223;er sein, als ich angenommen habe.« »Und was genau hei#223;t das?«, fragte Ben. »Dass uns weniger Zeit bleibt, als ich dachte«, antwortete Jacques. »Vielleicht nur noch ein paar Stunden.« »Dann sollten wir vielleicht nicht noch mehr Zeit verlieren«, sagte Trautman. Er deutete zum Fenster. »Wir sind fast zwanzig Seemeilen von Hathi entfernt und #252;ber uns liegt fast ein Kilometer Wasser. Das sollte der Eruption eigentlich die schlimmste Wucht nehmen.« »Hier?« Delameres Stimme klang schon wieder ein bisschen hysterisch. Mike fragte sich allerdings, ob es nur am Anblick der lavagef#252;llten Spalten und Risse hundert Meter unter ihnen auf dem Meeresgrund lag. F#252;r einen Moment w#252;nschte er sich, sie h#228;tten Astaroth bei sich. Auch wenn er immer noch das Gef#252;hl hatte, dem Vulkanologen Unrecht zu tun, so traute er ihm doch weniger denn je. Delamere verheimlichte ihnen etwas. Man musste nicht wie Astaroth Gedanken lesen k#246;nnen um das zu erkennen. Mike fragte sich nur, ob es tats#228;chlich nur die Furcht vor den entfesselten Naturgewalten war, deren Zeuge sie wurden, oder vielleicht doch mehr, und wenn ja, was. Letztendlich stand auch Delameres Leben auf dem Spiel. »Sie haben es selbst gesagt«, sagte Trautman. »Wir haben nicht mehr sehr viel Zeit.« »Das stimmt«, gestand Delamere. Er trat einen Schritt weiter ans Fenster heran. Das rote Licht, das vom Meeresgrund heraufstrahlte, spiegelte sich auf seinem Gesicht. »Es ist zu nah«, murmelte er. »Zu nah wof#252;r?«, wollte Trautman wissen. »Die Insel«, antwortete Jacques. »Wenn der Vulkan ausbricht, k#246;nnte sie trotzdem zerst#246;rt werden.« »Aber wir sind gut zwanzig Seemeilen entfernt!«, gab Juan zu bedenken, aber Delamere sch#252;ttelte nur den Kopf. »Das ist nichts«, behauptete er. »Ihr macht euch immer noch keine Vorstellungen davon, mit welchen Gewalten wir es hier zu tun haben. Der Ausbruch vorhin war nur ein kleines Rumoren, nicht mehr.« Er drehte sich zu Trautman herum. »Wir m#252;ssen die Entfernung vergr#246;#223;ern«, sagte er. »Mindestens noch einmal das Doppelte, besser mehr.« Trautman sah ihn nachdenklich an. »Bleibt uns genug Zeit?« Jacques zuckte die Schultern. »Das wei#223; ich nicht«, antwortete er -ein Satz, den Mike f#252;r seinen Geschmack in den letzten Stunden ein paar Mal zu oft von Delamere geh#246;rt hatte. »Aber wenn wir nur einen kleinen Ausbruch ausl#246;sen, haben wir nichts gewonnen. Wenn es uns gelingt, den gesamten Druck auf den Lavakanal zu entlasten, dann m#252;ssen wir eine unvorstellbare Eruption provozieren. Sie w#252;rde die Insel vielleicht nicht vollkommen zerst#246;ren, aber nichts k#246;nnte dort #252;berleben.« »Dann bleibt uns keine Wahl«, sagte Trautman. »Zwanzig oder drei#223;ig Seemeilen sind eine halbe Stunde bei voller Fahrt. Das Risiko m#252;ssen wir eben eingehen.« Er nickte Juan und Ben zu den neuen Kurs einzugeben und bet#228;tigte gleichzeitig ein paar seiner Instrumente, woraufhin sich das Motorenger#228;usch ver#228;nderte und die NAUTILUS wieder Fahrt aufnahm. Zugleich stieg sie ein wenig h#246;her, sodass das rote Glosen und Wabern unter ihnen zu einem blassen, kaum noch sichtbaren Schimmern wurde. Es wurde wieder sehr still. Mike und die anderen taten so, als w#228;ren sie voll und ganz mit ihren Ger#228;ten besch#228;ftigt, aber Mike war nicht der Einzige, der immer wieder nerv#246;s zum Fenster sah. Vor allem Delamere schien sich kaum noch auf seine Berechnungen konzentrieren zu k#246;nnen. Er fuhr sich st#228;ndig mit der Hand #252;ber das Gesicht um den Schwei#223; fortzuwischen, strich Zahlen und Buchstabenkolonnen durch, sch#252;ttelte den Kopf oder murmelte leise in seiner Muttersprache vor sich hin. Der Gedanke, einem Mann mit einem so sichtbar angegriffenen Nervensystem ihrer aller Schicksal anzuvertrauen, gefiel Mike immer weniger. »Erkl#228;ren Sie mir doch noch einmal ganz genau, was Sie vorhaben«, sagte er um Delamere abzulenken und vielleicht auch sich selbst ein bisschen. Jacques sah nerv#246;s von seinem Blatt hoch. »Alles kommt darauf an, ob meine Sch#228;tzungen richtig sind«, sagte er. »Das ist es ja, was mir solche Sorge bereitet: Es sind nur Sch#228;tzungen. Ich bin ja niemals hier unten gewesen wie ihr.« »Wir w#228;ren auch lieber woanders, glauben Sie uns«, sagte Ben. Jacques warf ihm einen raschen, fast erschrockenen Blick zu, drehte sich dann aber wieder zu Mike herum und fuhr fort: »Es ist im Grunde ganz simpel. Es muss hier unten unter dem Meeresgrund ein ganzes Gewirr von Lavag#228;ngen und Stollen geben, die offensichtlich alle miteinander verbunden sind. An manchen Stellen verlaufen sie tief unter der Erde, an anderen weniger tief und an einigen Punkten ist die Erdkruste so d#252;nn, dass sie dem Druck nicht mehr standh#228;lt -das sind die Vulkane, die bisher ausgebrochen sind. Wir m#252;ssen eigentlich nur einen Punkt finden, an dem gen#252;gend dieser Kan#228;le zusammentreffen. Wenn wir einen Ausbruch an dieser Stelle provozieren, dann k#246;nnte vielleicht genug Lava entweichen, damit der Druck auf die anderen Krater weit genug nachl#228;sst.« Es war tats#228;chlich ein ganz einfacher Gedanke, wie Mike zugeben musste. Nur waren ihm in den Ausf#252;hrungen Delameres entschieden zu viele Die Zeit verstrich tr#228;ge. Die NAUTILUS fuhr mit voller Kraft, was bedeutete, dass sie sich vier-oder f#252;nfmal so schnell unter Wasser fortbewegte, als es das schnellste Schiff #252;ber der Wasseroberfl#228;che gekonnt h#228;tte, und trotzdem kam es Mike so vor, als w#228;ren die Zeiger der Uhr auf dem Zifferblatt festgeklebt. Daf#252;r #228;nderte sich das Bild drau#223;en vor dem Fenster ganz allm#228;hlich. Aus dem bisher blassroten Gl#252;hen sehr tief unter ihnen wurde ein immer st#228;rker werdendes unheimliches Lodern und Glosen. Ein Blick auf das Au#223;enthermometer zeigte ihm, dass das Wasser »Dreieinhalbtausend Meter«, antwortete Trautman, »manchmal auch mehr. Warum?« Delamere sah auf seine Notizen, bevor er langsam und so als m#252;sse er jedes Wort einzeln abw#228;gen, antwortete: »Es w#228;re ein guter Ort. Wenn meine Berechnungen -meine »Andererseits was?«, fragte Mike, als Jacques nicht weitersprach. Delamere l#228;chelte nerv#246;s. »Nichts. Es g#228;be eine gewaltige Flutwelle, die vielleicht genauso viel Verheerung anrichtet wie der Vulkanausbruch. Aber es ist ohnehin nur eine Theorie.« »Wieso?«, fragte Ben. »Hast du nicht geh#246;rt, was dein Kapit#228;n gesagt hat?«, erwiderte Jacques. »Der Meeresgrund liegt dreitausend Meter unter uns.« »Und wo ist das Problem?«, wollte Ben wissen. Delamere blickte ihn an. Er runzelte die Stirn, sah fragend zu Mike und riss dann #252;berrascht die Augen auf, als er begriff, was Ben meinte. »Du ... du meinst, wir k#246;nnten so Sein #252;berheblicher Ton war vielleicht nicht ganz berechtigt. Sie waren tats#228;chlich schon tiefer getaucht, aber unter g#228;nzlich anderen Umst#228;nden und »Dann ... dann w#228;re es ideal«, murmelte Delamere. Juan und Trautman verst#228;ndigten sich mit einem raschen Blick und Mike sp#252;rte, wie die NAUTILUS schnell an Geschwindigkeit verlor und zugleich in den schwarzen Abgrund, der unter ihnen klaffte, hinabzust#252;rzen begann. Der Abstieg dauerte lange, sehr, sehr lange. Das Schiff glitt durch eine unendliche Ein#246;de aus Dunkelheit und Schw#228;rze, in die noch nie zuvor ein Sonnenstrahl gedrungen und die noch nie zuvor das Auge eines Menschen erblickt hatte. Mikewusste zwar, dass es trotzdem dort drau#223;en Leben gab -sogar im #220;berfluss! -, aber sie konnten nichts von alledem sehen. Trautman hatte die Au#223;enscheinwerfer der NAUTILUS abgeschaltet, sodass sich das Fenster in eine schwarze Wand verwandelt zu haben schien, die das wenige Licht, das nach drau#223;en fiel, einfach verschluckte. »Vielleicht«, sagte Delamere nerv#246;s, »sollten wir wenigstens das Fenster schlie#223;en. Dieses Glas -« »-h#228;lt mehr aus als der beste Stahl, den Sie kennen«, unterbrach ihn Trautman. »Keine Sorge. Es kann auch nicht mehr allzu weit sein.« Er sah fl#252;chtig auf eines seiner Instrumente und f#252;gte hinzu: »Drei-oder vierhundert Meter noch. Ein paar Minuten.« Sie wurden zu Ewigkeiten und noch bevor sie dem Meeresboden auch nur nahe kamen, sah Mike erneut ein d#252;steres, flackerndes rotes Leuchten tief unter ihnen. Zumindest ein Teil von Delameres Das rote Gl#252;hen unter ihnen nahm zu. Aus dem anfangs noch blassen, konturlosen Schimmern wurde bald wieder ein Gewirr einander #252;berkreuzender und schneidender roter, gezackter Linien, wie gl#252;hende Blitze, die im Meeresboden gefangen waren. Sie konnten sehen, dass das Wasser unmittelbar #252;ber diesen Lavagr#228;ben zu Dampf wurde, der in riesigen Wolken gro#223;er, schimmernder Blasen nach oben stieg, bis er vielleicht zwei-oder dreihundert Meter #252;ber dem Grund zu kochendem Wasser wurde. »H#228;lt die NAUTILUS die Temperaturen aus?«, fragte Mike. Er konnte einfach nicht mehr anders als Trautman diese Frage zu stellen. Dessen Antwort fiel aber anders aus, als ihm lieb gewesen w#228;re. Statt mit einem klaren Ja zu antworten aus keinem anderen Grund als genau »Auf jeden Fall nicht allzu lange«, f#252;gte Juan hinzu. Er blickte auf und sah Delamere an. »Keiner von uns hat etwas dagegen, wenn Sie sich an der Diskussion beteiligen, Monsieur Delamere ...« Jacques erhob sich wieder und ging zum Fenster. Die NAUTILUS verlor immer noch an H#246;he, jetzt aber sehr viel langsamer, und manchmal zogen ganze Armeen faustgro#223;er Dampfblasen am Fenster vorbei, die wie winzige verspiegelte Kugeln aussahen. Dazwischen wogten Schwaden von Sand, der vom Meeresboden hochgewirbelt wurde. »Ein wenig nach links«, bat er. »K#246;nnen Sie die NAUTILUS genau #252;ber diesen gro#223;en Riss steuern?« Immer noch weiter an H#246;he verlierend, glitt die NAUTILUS auf die bezeichnete Stelle zu. Mikes Herz begann stark zu klopfen, als er sah, worauf Jacques gedeutet hatte. Was Delamere mit dem harmlosen Wort Trautman steuerte die NAUTILUS dicht an diesen gewaltigen Lavacanyon heran, tauschte einen weiteren, undeutbaren Blick mit Delamere und setzte das Schiff dann genau #252;ber den Spalt. Das riesige Tauchboot begann zu zittern. Vor den Fenstern war nun ein unabl#228;ssiger, tobender Vorhang silberner Dampfblasen, und einige Anzeigen auf dem Instrumentenpult vor Mike spielten einfach verr#252;ckt; er zog es vor, sich Das Schiff bebte und zitterte immer st#228;rker. Es kostete Trautman sichtlich M#252;he, es auf der Stelle zu halten, und es wurde im Inneren des Kontrollraumes nun wirklich w#228;rmer. Sehr lange w#252;rden sie sich in dieser Position nicht mehr halten k#246;nnen. »Und?«, fragte Trautman. Auf Delameres Stirn standen tiefe Falten. »Dieser Lavastrom ist gewaltig«, sagte er. »Es Es war ein unheimlicher und zugleich faszinierender Anblick: Unter ihnen, dreitausend Meter tief auf dem Meeresgrund, bewegte sich ein gewaltiger Strom auf dem Grunde eines Canyons. Seine Oberfl#228;che brodelte und kochte. Es gab Strudel, Stromschnellen, Wasserf#228;lle und gischende Brandung, nur dass dieser Strom nicht aus Wasser bestand, sondern aus Feuer, aus rotem und gelbem geschmolzenem Stein und Erdreich. Die NAUTILUS glitt langsam #252;ber diesem h#246;llischen Fluss dahin, bis vor ihnen pl#246;tzlich ein gigantisches schwarzes Loch im Meeresboden aufklaffte. Wie sch#228;umende Gischt #252;ber den Rand eines Wasserfalles, so ergoss sich die Lava in dieses Loch und begann einen Sturz, der Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Metern weit in die Tiefe f#252;hrte. »Das wird gef#228;hrlich«, sagte Trautman. »N#228;her k#246;nnen wir nicht heran. Die Str#246;mung wir immer st#228;rker.« »Das k#246;nnte die richtige Stelle sein«, sagte Delamere nachdenklich. »Dort unten -« Er kam nicht weiter. Ein unheimliches, durchdringendes St#246;hnen und Mahlen erklang, so laut, als schreie die Erde selbst vor Schmerz und Pein, und vor Mikes und aller anderer entsetzt aufgerissenen Augen begann sich ein riesiges St#252;ck Felsen aus dem oberen Rand der Klippe zu l#246;sen. Die Gr#246;#223;e der Katastrophe verlieh ihr einen Anschein von tr#252;gerischer Langsamkeit: Eine grellwei#223;e, wie mit einem Lineal gezogene Linie erschien im Fels, heller noch als der Lavastrom, wuchs rasch in beide Richtungen und verschwand dann hinter einem Vorhang aus brodelndem, kochend hei#223;em Dampf, der mit der Geschwindigkeit eines Schnellzuges der Wasseroberfl#228;che entgegenraste. Mike begriff die Gefahr im selben Moment wie Trautman, aber sein warnender Ruf kam ebenso zu sp#228;t wie Trautmans hastiger Griff nach den Kontrollinstrumenten. Alles ging viel zu schnell, als dass irgendeine Reaktion sie noch h#228;tte retten k#246;nnen. Ein f#252;nf-oder sechshundert Meter breites Teilst#252;ck der Kante brach ab und st#252;rzte hinter der geschmolzenen Lava her in die bodenlose Tiefe und der so entstehende Sog packte die NAUTILUS, wirbelte sie wie ein Spielzeug durch das Wasser und zerrte sie einfach mit sich. Trautman klammerte sich mit verzweifelter Kraft am Kontrollpult fest und versuchte das Letzte aus den Maschinen herauszuholen um die Katastrophe noch zu verhindern, aber das Schiff wurde nicht einmal sp#252;rbar langsamer. Die NAUTILUS wurde einfach gepackt, wie von einer unsichtbaren Riesenhand herumgewirbelt und dann ebenfalls in die Tiefe gerissen. Mike schrie vor Angst und Schreck laut auf. Wie alle anderen wurde er zu Boden geschleudert und schlitterte hilflos durch den Raum, bis irgendetwas seinem unsanften Sturz ein Ende setzte. Die NAUTILUS schwankte wild hin und her, drohte sich zu #252;berschlagen, richtete sich wieder auf undbegann erneut zu taumeln. #220;berall krachte und klirrte es. Glas zerbrach. Dinge st#252;rzten aus den Regalen und fielen zu Boden und der gesamte Schiffsrumpf dr#246;hnte und knirschte, als w#228;re die NAUTILUS unter eine riesige Presse geraten, die sie zu zermalmen versuchte. Trautman schrie irgendetwas, das im allgemeinen L#228;rm und dem Chor der anderen gellenden Schreie einfach unterging, versuchte sich auf H#228;nde und Knie hochzustemmen und wurde erneut zu Boden geworfen, und auch Mike schoss ein zweites Mal quer durch den Salon, prallte hilflos gegen das Fenster und schrie auf, als er sp#252;rte, wie hei#223; das Glas geworden war. Glei#223;endes Licht str#246;mte von drau#223;en herein. Irgendetwas schlug wie mit H#228;mmern auf den Rumpf des Schiffes ein und f#252;r einen schrecklichen Moment erlosch das Ger#228;usch der Motoren um dann unregelm#228;#223;iger und lauter wieder einzusetzen. Das grelle Licht drau#223;en vor dem Fenster wurde immer unertr#228;glicher, sodass es Mike nicht mehr m#246;glich war, dorthin zu blicken, und er h#246;rte ein furchtbares Zischen, als w#228;re irgendwo eine Leitung geplatzt, aus der nun Gas ausstr#246;mte -oder eine Schwei#223;naht, durch die Wasser unter ungeheurem Druck in die NAUTILUS eindrang! Endlich verlor das Stampfen und Beben des Bodens etwas von seiner St#228;rke. Die NAUTILUS sch#252;ttelte sich nochimmer und auch das #196;chzen des #252;berlasteten Rumpfes hielt an, aber es war jetzt wenigstens nicht mehr so schlimm, dass sie sofort wieder von den F#252;#223;en gerissen wurden, wenn sie versuchten sich aufzurichten. Trautman stemmte sich hastig auf H#228;nde und Knie hoch und wankte zu seinem Kontrollpult. Auch Mike, Juan und Ben nahmen so schnell wie m#246;glich ihre Pl#228;tze wieder ein. Keiner von ihnen wagte es, zum Fenster zu sehen oder sich auch nur um eines der zahllosen blinkenden, roten und orangefarbenen Warnlichter zu k#252;mmern. Nur Delamere blieb liegen, wo er war, japste nach Luft und wimmerte vor Angst. Mike blieb jedoch gar keine Zeit, sich um ihn zu k#252;mmern. Er hatte alle H#228;nde voll damit zu tun, sich am Rand seines Instrumentenpultes festzuklammern und Trautman und Juan dabei zu helfen den Kurs der NAUTILUS zu stabilisieren. Alle ihre Bem#252;hungen schienen jedoch vergeblich zu sein. Das Schiff zitterte und bebte weiter wild, das Schlagen und H#228;mmern gegen den Rumpf hielt an und die Temperaturen stiegen erbarmungslos. Und dann pl#246;tzlich war es vorbei. Die NAUTILUS glitt wieder ruhig dahin, die furchtbaren Laute h#246;rten auf und selbst das lodernde wei#223;e Licht vor dem Fenster erlosch und wurde wieder rot; noch immer hell, noch immer in der Farbe des Feuers, aber nicht mehr so unertr#228;glich, dass es wie mit Messern in seine Augen stach, wenn Mike hineinsah. Und trotzdem w#252;nschte er sich nach einer Sekunde, er h#228;tte es nicht getan. Die NAUTILUS befand sich nicht mehr im freien Meer, sondern trieb durch einen gewaltigen,unregelm#228;#223;ig geformten Stollen aus Fels. #220;ber ihr war kein Wasser, sondern nur Dampf und Luft, die vor Hitze waberte, und auch das, worauf sie schwamm, war kein Wasser. Es war dunkelrote, z#228;hfl#252;ssige Lava, die an der Oberfl#228;che immer wieder erstarrte, dann wieder zu St#252;cken zerbrach und erneut schmolz. Hier und da trieben gro#223;e Brocken sich allm#228;hlich aufl#246;senden Felsens an der Oberfl#228;che dieses Feuerflusses wie Eisschollen in einem tropischen Meer, die sich in der W#228;rme aufl#246;sen. Flammenzungen loderten um die NAUTILUS, manchmal so hoch, dass sie gegen die Decke des Felsentunnels prallten, und immer wieder erzitterte das Schiff unter dumpfen Schl#228;gen, als w#252;rden Riesen mit unsichtbaren F#228;usten auf den Rumpf eindreschen. »Gro#223;er Gott!«, keuchte Ben. »Was ist das? Wo ... sind wir hier?« Die Frage galt niemand Bestimmtem und er bekam auch keine Antwort. Niemand war in der Lage zu antworten. Alle starrten gebannt auf das unglaubliche Bild, das sich ihnen drau#223;en bot. Der Tunnel, durch den das Schiff glitt, begann sich ganz allm#228;hlich zu ver#228;ndern. Es wurde heller. Licht in allen nur denkbaren Rot-und Gelbt#246;nen brach sich an den unregelm#228;#223;igen W#228;nden und lie#223; keinen anderen Gedanken aufkommen als den an Hitze, Feuer und prasselnde Flammen. »Was ist das?«, fragte Ben noch einmal. Er bekam auch jetzt keine Antwort, gab sich aber diesmal nicht mit diesem Schweigen zufrieden, sondern drehte sich mit einem Ruck herum und blickte Delamere feindselig an. »Wo sind wir hier?« »Ich hatte Recht«, murmelte der Belgier. Seine Stimme war fast nur ein Fl#252;stern. Der Ausdruck ma#223;losen Schreckens war von seinem Gesicht verschwunden und hatte dem der Faszination Platz gemacht, die Mike noch mehr erschreckte als das Entsetzen zuvor. Vielleicht zum ersten Mal gewahrte Mike auf seinem Gesicht den Ausdruck, den man auf dem eines Wissenschaftlers erwarten mochte, der kurz vor einer sensationellen Entdeckung stand; allerdings war Mike der Meinung,dass Delamere sich einen h#246;chst unpassendenMomentausgesucht hatte um seinem Forscherdrang so nachzugeben. »Der Lavafluss«, fuhr der Vulkanologe fort. »Ich hatte Recht! Meine Theorie stimmt! Das ist die Verbindung zwischen den Vulkanen, nach der ich gesucht habe!« Er deutete mit zitternder, unsicherer Hand nach drau#223;en. »Seht ihr die Str#246;mungen? Wir m#252;ssen ganz dicht davor sein.« Mike konnte beim besten Willen keinerlei Delamere hob die Schultern, antwortete aber trotzdem: »Nicht sehr hei#223;«, sagte er. »Jedenfalls nicht f#252;r Lava. Es ist Basaltschmelze ... vielleicht achthundert, allerh#246;chstens neunhundert Grad.« »Und das nennen Sie »Ich wei#223; es nicht«, antwortete Jacques. Auf diese Worte hin breitete sich ein tiefes, unangenehmes Schweigen im Salon des Schiffes aus. Endlos lang trieb die NAUTILUS auf dem gelb lodernden Lavafluss dahin. Trautman schien mit seiner Behauptung Recht zu haben, dass das Schiff selbst diesen gewaltigen Temperaturen, die dort drau#223;en herrschten, trotzen konnte, aber was f#252;r das Schiff galt, musste nicht auch f#252;r seine Besatzung zutreffen. Beharrlich und unaufhaltsam begannen die Temperaturen im Salon zu steigen. Die Luft wurde bald warm, dann stickig und schlie#223;lich hei#223; und alles, was aus Metall bestand, begann sich ebenfalls zu erhitzen, sodass Mike und die anderen aufpassen mussten, wo sie hingriffen, um sich nicht zu verbrennen. Und die NAUTILUS wurde eindeutig schneller; die Str#246;mung des unterirdischen Lavaflusses nahm zu. »Es w#228;re vielleicht an der Zeit, dass Sie sich etwas einfallen lassen, Monsieur Delamere«, sagte Juan nach einer Weile. »Aber was soll ich denn tun?«, antwortete dieser mit einem ungl#252;cklichen Achselzucken. »Niemand hat so etwas je erlebt. Niemand wei#223;, was zu tun ist -ob man #252;berhaupt etwas tun kann.« Ben deutete mit einer Kopfbewegung zur Decke des steinernen Tunnels. »K#246;nnen wir uns nicht freisprengen?« »Wenn ich w#252;sste, wie dick die Felsschicht dort oben ist, vielleicht«, antwortete Delamere, sch#252;ttelte aber schon in der n#228;chsten Sekunde den Kopf. »Aber das h#228;tte auch keinen Sinn. Das eindringende Wasser w#252;rde sofort zu Dampf werden und die Explosion w#252;rde uns zerrei#223;en.« »Das ist vielleicht immer noch besser als hier allm#228;hlich gegrillt zu werden«, antwortete Ben m#252;rrisch. Mike l#228;chelte fl#252;chtig #252;ber seine Worte, aber im Innersten gab er Ben Recht. Das Kontrollpult, an dem er hantierte, war mittlerweile so hei#223;, dass er M#252;he hatte, es noch ber#252;hren zu k#246;nnen, und die W#228;rme kroch selbst durch seine Schuhsohlen. Die Luft wurde immer hei#223;er und schmeckte bitter und jeder Atemzug schien ein bisschen m#252;hsamer zu sein als der davor. Sie w#252;rden die Hitze so oder so nicht mehr allzu lange ertragen. Vielleicht war es besser, das Risiko in Kauf zu nehmen, bei einer Explosion get#246;tet zu werden als einem sicheren und sehr qualvollen Tod entgegenzusehen. Trautman schien wohl ebenso zu denken wie er, denn nach wenigen Augenblicken, die er weiter aus dem Fenster gesehen hatte, deutete er ein Nicken an und sagte: »Riskieren wir es. Wir haben nichts zu verlieren. Suchen Sie eine geeignete Stelle, Jacques.« Der Belgier erschrak wieder. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war jetzt der vollkommener Hilflosigkeit und Mike begriff mit neuem Entsetzen, dass Delamere nicht die geringste Ahnung hatte, was er tun sollte. Woher auch? Die Felsdecke #252;ber ihnen konnte wenige Meter, ebenso gut aber auch eine halbe oder eine ganze Meile dick sein. Sie hatten keine M#246;glichkeit, das festzustellen. Pl#246;tzlich begann sich drau#223;en etwas zu ver#228;ndern. Das Licht flackerte st#228;rker, #228;nderte seine Farbe und schien jetzt mehr rot als gelb zu sein und die NAUTILUS wurde noch einmal etwas schneller, begann zugleich aber auch sp#252;rbar zu beben und zu stampfen. Irrte er sich oder stieg die Temperatur nun rascher? Pl#246;tzlich stie#223; Chris einen #252;berraschten Schrei aus und deutete nach drau#223;en, und als Mikes Blick der Geste folgte, konnte auch er einen erschrockenen Ausruf kaum noch unterdr#252;cken. Nicht weit vor der NAUTILUS begann sich der Tunnel zu einer gewaltigen, nahezukreisrunden Kuppelh#246;hle zu verbreitern. Aus mindestens zwei oder drei #214;ffnungen in den W#228;nden ergossen sich tr#228;ge, z#228;hfl#252;ssige gelbe und rote Lavastr#246;me in ihr Inneres und vor ihnen brodelte und kochte ein gigantischer, dunkelrot gl#252;hender Strudel. Meterhohe Wellen aus geschmolzenem Gestein, das so d#252;nnfl#252;ssig wie Wasser war, brachen sich an den W#228;nden. Immer wieder st#252;rzten gro#223;e Felsbrocken von der Decke und verschwanden in der aufspritzenden Lava oder brachen aus den W#228;nden heraus, aber das glutfl#252;ssige Gestein erstarrte auch fast ebenso schnell wieder, wie es unter der h#246;llischen Hitze schmolz, sodass die riesige H#246;hle scheinbar ununterbrochen ihre Form zu ver#228;ndern schien. Die NAUTILUS schwankte jetzt wild hin und her wie ein Segelschoner eines vergangenen Jahrhunderts, der in einen Sturm geraten war, und zu dem Chor beunruhigender Laute und Ger#228;usche, die sie h#246;rten,gesellte sich ein neuer, noch schlimmerer Ton: das #196;chzen und Knarren bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit beanspruchten Metalls. Mike ahnte, dass das Schiff hatte ihre Grenzen, und diese Grenzen hatten sie jetzt ganz offensichtlich erreicht. »Wartet!«, sagte Jacques pl#246;tzlich. Er deutete aufgeregt nach drau#223;en, in das tobende Inferno aus Hitze, rotem Licht und geschmolzenem brodelndem Gestein hinaus. »Das k#246;nnte es sein!« »Was?«, fragte Trautman. Seine Stimme klang gepresst und sein Gesicht gl#228;nzte von Schwei#223;. Auch hier drinnen im Salon war die Hitze l#228;ngst unertr#228;glich. Mike fragte sich, wie lange es noch dauern mochte, bis einer von ihnen einfach umkippte. »Das, wonach wir gesucht haben«, antwortete Delamere, w#228;hrend er sich mit dem Handr#252;cken den Schwei#223; von der Stirn wischte, damit er ihm nicht in die Augen lief. »Seht ihr die beiden anderen Stollen dort dr#252;ben? Hier treffen mehrere Lavastr#246;me aufeinander.« »Wie interessant«, keuchte Ben. »Erkl#228;ren Sie uns lieber, wie wir hier rauskommen!« Der Belgier ignorierte ihn. »Wenn wir die Abfl#252;sse sprengen, dann m#252;sste der Druck sehr schnell ansteigen. Vielleicht l#246;st das die gro#223;e Eruption aus.« »Mit uns mittendrin?«, keuchte Ben. »Wahrscheinlich kommen wir sowieso nicht mehr heraus«, murmelte Juan. Nicht nur Ben sah ihn erschrocken an, aber niemand sagte etwas. Trautman blickte gebannt auf seine Kontrollinstrumente. Auch sein Gesicht gl#228;nzte von Schwei#223; und Mike fiel auf, dass seine H#228;nde zitterten. Die NAUTILUS wurde schneller, je mehr sie sich der Mitte des Lavasees n#228;herte. Mike wagte es nicht, Jacques eine entsprechende Frage zu stellen, war aber ziemlich sicher, dass die Lava hier sehr viel hei#223;er war als die Basaltschmelze, auf der die NAUTILUS bisher gefahren war. Die Lava brodelte und zischte, bewegte sich jetzt aber nicht mehr scheinbar willk#252;rlich und Mike erkannte voller Schreck, dass sie sich langsam, aber unbarmherzig auf einen gewaltigen Strudel zubewegten, der sich in der Mitte des riesigen Felsendomes drehte. Auch Trautman hatte die Gefahr erkannt und versuchte verzweifelt den Kurs der NAUTILUS zu beeinflussen allerdings mit nicht sehr viel Erfolg. Das Schiff war nicht daf#252;r konstruiert, in geschmolzenem Gestein zu schwimmen. »Delamere!«, sagte Trautman scharf. »Der gro#223;e Tunnel auf der anderen Seite«, murmelte Delamere. »Das scheint der Abfluss zu sein. K#246;nnen Sie ihn sprengen?« »Am besten, »Ich kann es versuchen«, antwortete Trautman leise. »Wenn wir Gesteinschmelze in die Turbinen bekommen, explodiert das ganze Schiff. Ist der Sprengstoff bereit?« Die letzte Frage galt Juan, der nur mit einem nerv#246;sen Nicken darauf antwortete. Sie hatten allen Sprengstoff, den sie in Lemura an Bord genommen hatten, in feuerfeste Beh#228;ltnisse gepackt und in der Tauchkammer deponiert. Wenn Trautman die #228;u#223;ere Schleusent#252;r #246;ffnete, w#252;rden sie automatisch aus dem Schiff geschwemmt werden. Theoretisch. Mike zog es vor, nicht #252;ber alles nachzudenken, was bei diesem wahnwitzigen Plan schief gehen konnte. Die NAUTILUS zitterte immer heftiger, wurde aber auch gleichzeitig schneller, weil sie mehr und mehr in den Sog des Lavastrudels geriet. Trautman versuchte jedoch nicht dagegen anzuk#228;mpfen, sondern korrigierte den Kurs des Tauchbootes nur sehr behutsam. Erst als sie den Ausgang schon fast erreicht hatten, entfesselte er die ganze Kraft der Maschinen und versuchte den Bug der NAUTILUS auf den gewaltigen Stollen auszurichten. Das Schiff reagierte mit qualvoller Langsamkeit. Ganz allm#228;hlich nur n#228;herte sich das Schiff dem Stollen. Das Motorenger#228;usch klang schrecklich in seinen Ohren; es war kein gleichm#228;#223;iges Dr#246;hnen mehr, sondern ein Laut, als w#252;rden Glaskugeln in einer gewaltigen M#252;hle zerrieben. Trotzdem gelang es Trautman nach und nach, die NAUTILUS auf den Stollen zuzuman#246;vrieren, und Mike atmete innerlich schon halbwegs auf. Als sie den Zufluss zur H#228;lfte passiert hatten, l#246;ste sich ein gewaltiger Lavabrocken von der H#246;hlendecke und st#252;rzte unmittelbar neben der NAUTILUS in das fl#252;ssige Gestein. Die Druckwelle ergriff das Tauchboot und schmetterte es mit furchtbarer Gewalt gegen die Wand. Mike wurde regelrecht von seinem Stuhl katapultiert, flog gegen das Kartenregal auf der anderen Seite und st#252;rzte benommen zu Boden. Trotzdem blieb er nur eine Sekunde lang liegen. Der Boden war so hei#223;, dass er vor Schmerz aufschrie und sich wunderte, dass die Karten und B#252;cher nicht auf der Stelle Feuer fingen. Er hatte allergr#246;#223;te M#252;he, auf den Beinen zu bleiben. Die NAUTILUS schrammte unter enormem Get#246;se an der Wand entlang und nahm dabei eine so starke Schr#228;glage ein, dass es Mike kaum gelang, sich zu seinem Platz zur#252;ckzuk#228;mpfen. Auch den anderen erging es nicht viel besser. Juan und Ben waren #252;bereinander gest#252;rzt. Delamere hockte auf den Knien und starrte aus schreckgeweiteten Augen aus dem Fenster und von Chris war im Augenblick #252;berhaupt nichts zu sehen. Trautman stolperte mit fast komisch wirkenden Schritten und wild rudernden Armen zu seinem Kommandopult zur#252;ck, #252;berwand das letzte St#252;ck Weg mit einem verzweifelten Satz und schlug mit der flachen Hand auf einen Schalter. Die NAUTILUS fand nun m#252;hsam in die Waagerechte zur#252;ck. Sie schepperte immer noch an der Felswand entlang und Mike fragte sich nicht zum ersten Mal, wie viel das Schiff noch aushalten w#252;rde, ehe die Panzerplatten des Rumpfes Hitze und Druck endg#252;ltig nachgaben und geschmolzenes Gestein in das Schiffsinnere eindrang. »Der Sprengstoff ist drau#223;en«, keuchte Trautman. »Jetzt k#246;nnen wir nur hoffen, dass -« Der Rest seiner Worte ging in einem gewaltigen Krachen unter. Ein noch glei#223;enderes Licht l#246;schte f#252;r einen Moment das flackernde Rot und Gelb drau#223;en aus, sodass sie alle geblendet die Blicke abwandten. Die n#228;chste gewaltige Explosion zerriss die Lava. Wei#223;es Licht und glutfl#252;ssiges Gestein spritzten bis zur Decke des Tunnels hoch und eine noch heftigere Druckwelle traf die NAUTILUS und lie#223; sie abermals erzittern. »Trautman, sind Sie verr#252;ckt?«, keuchte Delamere. »Die Zeitz#252;nder -« »- waren auf f#252;nf Minuten eingestellt!«, unterbrach ihn Ben. »Ich habe es selbst getan.« »Dann hast du wahrscheinlich Minuten mit Sekunden verwechselt!«, giftete Delamere. »Genug!«, sagte Trautman zornig. »Was soll denn das? Wahrscheinlich hat die Hitze die Explosion verfr#252;ht ausgel#246;st. Haltet euch lieber fest!« Seine Warnung war nur zu berechtigt. Der zweiten Explosion waren eine dritte, vierte und f#252;nfte gefolgt und nun begann der gesamte Stollen zu wanken. Die Decke senkte sich, schien sich f#252;r einen Moment wie etwas Lebendiges zu bewegen und brach dann unter gewaltigem Get#246;se zusammen. Eine riesige Flutwelle aus geschmolzenem Gestein raste auf die NAUTILUS zu, riss sie mit sich und schleuderte sie immer wieder gegen die W#228;nde, drohte sie sogar einmal gegen die Decke des Stollens zu schmettern. Rings um sie herum waren nur noch Feuer, flackerndes rotes und gelbes Licht und unvorstellbarer L#228;rm. Alle schrien, st#252;rzten hilflos hin und her oder versuchten sich irgendwo festzuklammern und Mike erkannte voller Entsetzen eine neue, schreckliche Gefahr: Wenn die Springflut aus verfl#252;ssigtem Gestein die NAUTILUS untertauchte, w#252;rde sie nie wieder auftauchen. Doch es kam nicht so weit. Pl#246;tzlich zerbarst die Felsendecke #252;ber ihnen wie unter einem Hammerschlag. Wasser st#252;rzte herein und verwandelte sich fast augenblicklich in kochenden Dampf. Die NAUTILUS wurde von der gewaltigen Explosion ergriffen und mitgerissen. Das Schiff war #252;ber hundert Meter lang und wog mehrere tausend Tonnen, aber nun war es zum Spielball der Gewalten geworden, die diesen Platz erschaffen hatten; kaum mehr als ein Blatt, das von einem Orkan herumgewirbelt wurde. Mike sah nur noch ein wei#223;es Brodeln, Flammen und wirbelnde Schatten drau#223;en vor dem Fenster, dann kippte die NAUTILUS zur Seite, zitterte einen Moment lang und stellte sich dann endg#252;ltig auf den Kopf. Mike fand gerade noch Zeit, sch#252;tzend die H#228;nde zu heben, ehe er mit dem Kopf gegen die Decke knallte, die sich pl#246;tzlich da befand, wo eigentlich der Fu#223;boden sein sollte, und das Bewusstsein verlor. In seinen Ohren war noch immer ein dumpfes, anhaltendes Grollen und Rumoren, als Mike erwachte und selbst durch seine geschlossenen Augenlider drang flackerndes, rotes Licht. Er lag auf einer weichen Unterlage, nicht mehr auf dem Boden, aber die ganze Welt schwankte und bebte weiterhin. Die Luft roch verbrannt und Mike registrierte voller Schrecken, dass das Motorenger#228;usch verstummt war. Mit einem Ruck #246;ffnete er die Augen und setzte sich auf. Allerdings nur um die Lider sofort zu senken und sich wieder zur#252;ckfallen zu lassen. Sein Kopf dr#246;hnte, als s#228;#223;e hinter seinen Augen ein geh#228;ssiger kleiner Zwerg, der mit gro#223;er Begeisterung auf eine Kesselpauke einschlug. »Beweg dich ein bisschen vorsichtiger«, h#246;rte er Bens Stimme irgendwo neben ihm. »Du hast eine m#228;chtige Beule am Kopf.« »Vielen Dank f#252;r die Warnung«, maulte Mike. »Auch wenn sie etwas fr#252;her h#228;tte kommen k#246;nnen.« »Reg dich nicht auf. Es hat ja kein wertvolles K#246;rperteil getroffen«, antwortete Ben. Mike verbiss sich die w#252;tende Antwort, die ihm auf der Zunge lag, #246;ffnete ein zweites Mal die Augen und schwang die Beine von dem Sofa, auf dem er lag. Erst dann richtete er sich abermals auf -sehr viel vorsichtiger als beim ersten Mal. Trotzdem veranlasste die Bewegung den Zwerg mit der Pauke zu einem wahren Trommelwirbel, der Mike st#246;hnend die Z#228;hne zusammenbei#223;en lie#223;. »Wie gesagt: Du hast eine gewaltige Beule am Kopf«, grinste Ben. »Als du mich »Du hast wohl Mike entschloss sich, nicht mehr darauf zu antworten. Bens Anblick entsch#228;digte ihn halbwegs f#252;r seine geh#228;ssigen Worte, denn auch er sah ziemlich ramponiert aus. Abgesehen von ihm und Mike selbst war der Salon vollkommen leer -und vollkommen verw#252;stet. Die Regale und Schr#228;nke hatten ihren gesamten Inhalt #252;ber den Boden verteilt, etliche M#246;bel und alles, was aus Glas oder anderen empfindlichen Materialien bestand, war zerbrochen. Aber wenigstens stand der Raum nicht mehr auf dem Kopf. »Was ist passiert?«, fragte Mike. »Wo sind die anderen?« »Sie inspizieren das Schiff«, antwortete Ben, »um nach Sch#228;den zu suchen. Ich f#252;rchte, sie werden mehr finden, als ihnen lieb ist.« »So schlimm?«, fragte Mike. »Schlimmer«, antwortete Ben ernst. »Wir haben tonnenweise Lava auf dem Rumpf. Die NAUTILUS ist ungef#228;hr so man#246;vrierf#228;hig wie eine Badewanne voller Ziegelsteine. Es grenzt wahrlich an ein Wunder, dass wir es #252;berhaupt geschafft haben, aufzutauchen.« »Aufzu ...?« Mike drehte mit einem Ruck den Kopf und starrte mit weit aufgerissenen Augen aus dem Fenster. Drau#223;en herrschte vollkommene Dunkelheit, die immer wieder von lodernden roten Lichtblitzen durchdrungen wurde. »Mein Gott, wie ... wie lange war ich bewusstlos?«, murmelte er. »#220;ber eine Stunde«, antwortete Ben. »Eine Stunde?! Aber dann m#252;sste hier heller Tag herrschen!« »Das ist der Vulkanausbruch«, sagte eine Stimme von der T#252;r aus. »Die Staub- und Rauchwolken verdunkeln den Himmel.« Mike drehte den Kopf und erkannte Delamere, der zusammen mit Trautman, Chris und Ben gerade in diesem Moment hereinkam. »Der Vulkanausbruch? Soll das hei#223;en, wir ... Sie haben es geschafft?« Wir sind tats#228;chlich auf einem Fluss aus »Das hatte ich gehofft«, korrigierte ihn Delamere. »Aber die Lava hat sich einen anderen Weg gesucht... keine Sorge. Ich kenne diese Insel dort hinten. Sie war unbewohnt. Und genau genommen ist es so besser.« »Wieso?« »Sie liegt noch einmal fast zwanzig Meilen von Hathi entfernt«, antwortete Delamere. »Au#223;erdem h#228;tte ein Ausbruch auf dem Meeresboden vielleicht eine gewaltige Springflut zur Folge gehabt. So bekommen sie allenfalls ein bisschen Asche ab.« »Das da sieht nicht gerade harmlos aus«, sagte Mike. Jacques zuckte nur mit den Schultern. »Wir sind #252;ber sechzig Seemeilen von Hathi entfernt«, sagte er. »Das sind fast hundert Kilometer. Ich glaube nicht, dass sie in Gefahr sind.« »In ein paar Stunden wissen wir es«, antwortete Trautman. »Die Maschinen laufen wieder. Wir werden zwar nicht unsere H#246;chstgeschwindigkeit erreichen, aber in ein paar Stunden m#252;ssten wir zur#252;ck sein.« In einem Punkt irrte sich Delamere: Der Vulkanausbruch, dessen unmittelbarer Zeuge sie geworden waren, war nicht die letzte Eruption. Ungef#228;hr auf halbem Weg nach Hathi beobachteten sie eine weitere, lodernde Feuers#228;ule, die weit im Westen nach dem Himmel griff, und ein paar Mal erbebte das Meer und legte auf diese Weise Zeugnis von weiteren, unterseeischen Ausbr#252;chen ab. Keiner von ihnen wagte es, den Gedanken laut auszusprechen, nicht nach allem, was sie hinter sich hatten, aber Mike las auf den Gesichtern der anderen einschlie#223;lich Trautmans -, dass sie sich ebenso wie er allm#228;hlich zu fragen begannen, ob Delameres Plan vielleicht nicht aufgegangen war und m#246;glicherweise alles umsonst gewesen sein mochte. Der Himmel #252;ber ihnen blieb dunkel, auch als sie sich Hathi n#228;herten. Trautman navigierte das Schiff nur nach seinen Instrumenten, und als sie die Insel endlich erreichten, da fuhr er so behutsam in die Bucht ein, wie Mike es selten zuvor erlebt hatte. Wie sich zeigte, mit Recht. Die NAUTILUS schrammte einoder zweimal an pl#246;tzlich aufgetauchten Hindernissen vorbei und sie mussten ein gutes St#252;ck weiter von der K#252;ste entfernt anhalten als beim letzten Mal. »Das gef#228;llt mir nicht«, sagte Trautman d#252;ster. »Diese Felsen waren vorher nicht da.« »Der Meeresboden hat sich ver#228;ndert«, best#228;tigte Delamere. »Ja«, f#252;gte Trautman hinzu. »Und das bedeutet, dass es hier auch nicht unbedingt friedlich geblieben ist.« »Was haben Sie erwartet?«, fragte Delamere in scharfem Ton. »Sie haben doch Aus irgendeinem Grund schien Delamere dieser Vorschlag nicht zu gefallen. Er sah Mike auf sonderbare Weise an, druckste einen Moment herum und sch#252;ttelte heftig den Kopf. »Das ist nicht n#246;tig«, antwortete er. »Wenn dieser alte H#228;uptling sein Wort h#228;lt, dann kann ich alles genauso gut allein erledigen. Und wenn nicht, gibt es keinen Grund, dein Leben auch noch in Gefahr zu bringen.« Mike war nicht ganz sicher, was er von diesen Worten halten sollte. Ein solcher Edelmut passte gar nicht zu dem Belgier, so wie er ihn bisher kennen gelernt hatte. Und auch, wenn Jacques' Worte vern#252;nftig klangen, so sp#252;rte er doch irgendwie, dass das nicht der einzige Grund war, aus dem er ihn nicht dabeihaben wollte. Pl#246;tzlich w#252;nschte er sich nichts mehr, als dass Astaroth hier w#228;re. Au#223;erdem w#252;rde er niemals hier sitzen bleiben und in aller Ruhe abwarten ohne zu wissen, wie es Serena ging. »Kommt nicht in Frage!«, sagte er entschieden. »Ich komme mit.« »Und ich ebenfalls.« Trautman machte eine entschiedene Handbewegung, die jeden Widerspruch schon im Keim erstickte. »Kommt.« Delamere sah f#252;r einen Moment regelrecht best#252;rzt drein, sagte aber nichts, sondern drehte sich herum und stampfte mit finsterem Gesicht aus dem Salon. Trautman sah ihm kopfsch#252;ttelnd nach, belie#223; es aber bei einem blo#223;en Achselzucken und einer entsprechenden Geste in Mikes Richtung, ihm zu folgen. Trotzdem war Mike klar, dass er Delamere ebenso wenig traute wie er selbst. Sie verlie#223;en die NAUTILUS, lie#223;en das Boot zu Wasser und ruderten zur Insel hin#252;ber. Ein intensiver Brandgeruch lag in der Luft und vom Himmel fiel noch immer Asche in grauen Flocken wie hei#223;er Schnee, der aber nicht schmolz, wenn er das Boot oder seine Insassen ber#252;hrte, sondern eine schmierige, graue Schicht bildete, die in den Augen brannte und das Atmen schwer machte. Es war auch hier, Stunden vom Zentrum der Eruption entfernt, fast vollkommen dunkel. Trautman hatte den starken Scheinwerfer eingeschaltet, der im Bug des kleinen Ruderbootes befestigt war, aber der grellwei#223;e Strahl erreichte nicht einmal das Ufer, sondern verlor sich schon nach wenigen Metern in tanzenden Flocken und absoluter Schw#228;rze. Obwohl sie nur f#252;nf Minuten brauchten um das Ufer zu erreichen, war das Boot fast zur H#228;lfte mit Asche gef#252;llt und seine drei Insassen mit einer grauen Schicht #252;berpudert. Trautman und Mike zogen das Beiboot so weit auf den aschebedeckten Strand hinauf, wie sie konnten. Delamere stand nur dabei und sah ihnen zu, aber weder Trautman noch Mike verloren auch nur ein Wort dar#252;ber. Irgendetwas stimmte mit dem Vulkanologen nicht, das war jetzt kaum mehr zu #252;bersehen. Aber sie w#252;rden sp#228;ter noch Zeit genug haben, sich den Kopf dar#252;ber zu zerbrechen - oder schlimmstenfalls Astaroth mit der Aufgabe zu betrauen, die Wahrheit herauszufinden. Jetzt war es Mike im Grunde nur wichtig, Serena und Singh zu holen und so schnell wie m#246;glich wieder von hier zu verschwinden. Die Insel selbst bot einen fast noch unheimlicheren Anblick als das Meer. Auch hier herrschte eine solche Dunkelheit, dass sie nur wenige Schritte weit sehen konnten -und das Wenige, was in dieseraschedurchsetzten D#252;sternis #252;berhaupt zu erkennen war, schien kaum noch #196;hnlichkeit mit dem tropischen Inselparadies zu haben, als das sich ihnen das Eiland vor kaum vierundzwanzig Stunden noch pr#228;sentiert hatte. Der Dschungel war grau, ohne Farben und fast ohne Schattierungen. Die Bl#228;tter der gro#223;en Palmb#228;ume bogen sich unter dem Gewicht der Asche, die auf ihnen lastete, und selbst zwischen den B#228;umen bedeckte eine kn#246;cheltiefe, warme Schicht den Boden. Die Luft roch so intensiv verbrannt, dass Mike eigentlich erwartete, nur noch verkohlte Str#252;nke und zu Lava erstarrtes Erdreich zu sehen, was aber nicht der Fall war; auch sp#228;ter nicht, als sie tiefer in den Dschungel eindrangen. Der Brandgeruch schien einzig von den beiden aktiven Vulkanen zu kommen, die hundert Kilometer entfernt immer noch Feuer in den Himmel spien. Mike sah nicht auf die Uhr, aber er war sicher, dass sie viel l#228;nger als beim ersten Mal brauchten, um den Dschungel zu durchqueren. Der Trampelpfad, dem sie gestern gefolgt waren, war verschwunden. Alles, was sie sahen, war wirbelnde graue Asche, die in ihren Augen und Lungen brannte, sodass sie bald ununterbrochen husteten und sich die tr#228;nenden Augen rieben. Als sie den Fu#223; des Vulkanberges erreichten, sahen sie zum ersten Mal wieder Licht: Einen flackernden, roten Schein, der vom Gipfel des Berges zu ihnen herabstrahlte. Im ersten Moment durchfuhr Mike ein eisiger Schrecken, denn er nahm an, dass auch dieser Vulkan ausgebrochen war und sie den Widerschein der Lava sahen; dann begriff er seinen Irrtum und atmete erleichtert auf. Der Feuerschein stammte nicht aus dem Krater, sondern strahlte aus halber H#246;he des Berghanges zu ihnen herab. Im Dorf der Pahuma brannten Fackeln, das war alles. Die Asche machte es noch schwieriger, auf der erstarrten Lava zu gehen, die den Berghang bedeckte. Der Trampelpfad, den Millionen Pahuma-F#252;#223;e in Tausenden von Jahren in den Berghang gegraben hatten, war ebenso unter der grauen Schicht verschwunden wie der Weg durch den Wald, sodass sie mehr als einmal unter der darunter verborgenen spiegelglatten Lava ausglitten und st#252;rzten. Der Weg zu dem Plateau auf halber H#246;he des Berges hinauf kostete sie fast alle Kraft, die sie noch hatten. Mike taumelte mehr, als er ging, zwischen den ersten H#228;usern hindurch. Das Erste, was ihm auffiel, war die unheimliche Stille. Auch das Dorf der Pahuma war #252;ber und #252;ber mit Asche bedeckt, die hier sogar noch h#246;her lag als unten im Dschungel; Mike versank zum Teil bis #252;ber die Waden in der pulvrigen, grauen Masse. Hier und da brannte ein Feuer oder eine Fackel, mit der die Pahuma versucht hatten, die k#252;nstliche Nacht zu erhellen, aber nirgends zeigte sich auch nur die geringste Spur von Leben und sie h#246;rten auch nichts. Nach ein paar Schritten blieb Mike stehen und sah sich mit wachsender Beunruhigung um. Auch Trautman blieb stehen, ging schlie#223;lich schweigend zu einer der H#252;tten und sah hinein. Schon nach einem Augenblick kam er zur#252;ck, betrat ohne ein weiteres Wort das n#228;chste Geb#228;ude und dann noch eines und noch eines. Schlie#223;lich sch#252;ttelte er den Kopf und sagte: »Nichts. Hier ist niemand mehr.« »Aber wo sind sie denn?«, murmelte Mike. Gleichzeitig rief er in Gedanken nach Astaroth, so intensiv er nur konnte. Auf dem Weg hier herauf hatte er das schon ein paar Mal getan, ohne eine Antwort zu bekommen, und er bekam auch jetzt keine. »Dort!«, rief Jacques pl#246;tzlich. Er deutete nach vorne, anscheinend auf den runden Kratersee, der das Dorf an einer Seite begrenzte. Erst nach einer Sekunde sah Mike, dass er etwas auf der anderen Seite meinte. Trotzdem h#228;tte er die Menschenansammlung dort dr#252;ben wahrscheinlich kaum bemerkt, h#228;tten sich nicht einige von ihnen in diesem Moment bewegt. Auch am anderen Ufer des Sees brannten mehrere Fackeln, aber die drei oder vier Dutzend Gestalten, die Mike mit einiger M#252;he in ihrem Licht ausmachte, waren so mit grauer Asche bedeckt, dass sie sich kaum vom Boden unterschieden. »Was ... was tun die da?«, murmelte Delamere stockend. »Astaroth?«, murmelte Mike. Etwas lauter und an die anderen gewandt sagte er: »Bleibt stehen!« Delamere, der bereits dazu angesetzt hatte, auf die Insulaner zuzugehen, verhielt tats#228;chlich mitten im Schritt, sah Mike aber eindeutig #228;rgerlich an: »Wieso?« »Tun Sie einfach, was er sagt«, knurrte Trautman. »Mike wei#223; schon, was er tut.« Delamere blieb tats#228;chlich stehen, starrte Mike aber so finster an, dass die lautlose Stimme in seinem Kopf gar nicht n#246;tig gewesen w#228;re: Es dauerte noch eine geraume Weile, bis Serena und die Pahuma den See umrundet hatten und n#228;her kamen. Trotz der dicken Ascheschicht auf ihren Gesichtern konnte Mike an den Bewegungen der Insulaner erkennen, wie zornig sie waren, und ihm entgingen auch keineswegs die Waffen, die Ah'Kals Begleiter in den H#228;nden trugen. Trotzdem hielt er es schlie#223;lich nicht mehr aus, sondern rannte los und st#252;rmte Serena auf den letzten Metern entgegen. Ohne auf ihren halbherzigen Protest zu achten, dr#252;ckte er sie #252;berschw#228;nglich an sich und hielt sie fast eine Minute lang fest, ehe es Serena gelang, sich mit schon etwas mehr als sanfter Gewalt loszumachen. »He, he!«, keuchte sie atemlos. »Ich freue mich ja auch, dich wieder zu sehen, aber ist das ein Grund, mich gleich zu erw#252;rgen?« stie#223; mit dem Fu#223; nach ihm und Astaroth brachte sich mit einem hastigen Schritt in Sicherheit und verschwand in einer gewaltigen Staubwolke. »Wie geht es dir?«, fragte Mike Serena hastig. »Haben sie euch etwas angetan?« Anstelle der Atlanterin antwortete Ah'Kal: »Ich habe euch mein Wort gegeben, dass nicht wir #252;ber das Schicksal deiner Freunde entscheiden«, sagte er. »Ihnen wurde kein Haar gekr#252;mmt.« »Entschuldige«, sagte Mike. »Es war nur -« Ah'Kal brachte ihn mit einer entsprechenden Geste zum Verstummen. »Ich wei#223;, dass es nur die Sorge um deine Freundin war, der diese Worte entsprangen«, sagte er. »Deshalb will ich sie dir verzeihen. Und ich muss gestehen, dass auch ich an euch gezweifelt habe.« »Du hast geglaubt, wir w#252;rden nicht wiederkommen«, sagte Mike. »Ogdy z#252;rnt«, erwiderte Ah'Kal. Seine Hand deutete auf die beiden Flammen speienden Vulkane am Horizont, dann in die brodelnde Schw#228;rze hinauf, die den Himmel verschlungen hatte. »Wir dachten, er h#228;tte euch verschlungen.« Mike wollte antworten, aber Jacques kam ihm zuvor. »Wir haben dir unser Wort gegeben«, sagte er in einem Ton, den offensichtlich nicht nur Mike nicht f#252;r ganz angemessen hielt. »Ich habe eure G#246;tter erz#252;rnt, indem ich an einem Ort war, den ich nicht betreten durfte. Das tut mir Leid. Aber wir waren dort drau#223;en, an einem Ort tief unter dem Meer. Dort, wo eure G#246;tter wohnen.« »Sind Sie wahnsinnig, Delamere?«, keuchte Trautman. Jacques hob unwillig die Hand und fuhr zu Ah'Kal gewandt fort: »Wir haben mit ihnen geredet. Du hast Recht, Ah'Kal. Sie waren zornig, weil ich aus Unwissenheit etwas getan habe, was ich nicht h#228;tte tun d#252;rfen. Und doch haben sie mir verziehen und sie haben mir versprochen, dass dir und deinem Volk nichts geschehen wird.« Mike war vollkommen fassungslos. Was hatte Jacques vor? Wusste er nicht, dass er alles nur noch viel schlimmer machen w#252;rde, wenn auch nur die winzigste Kleinigkeit geschah, die Ah'Kal blo#223; die Vermutung gab, dass er sein Versprechen nicht einl#246;sen w#252;rde? »Wenn du die Wahrheit sprichst«, sagte Ah'Kal, »warum z#252;rnt Ogdy dann noch?« »Er ist ein gewaltiger Gott«, antwortete Delamere ernst. »Und auch sein Zorn ist gewaltig. Er wird sich beruhigen, aber es wird noch einige Tage dauern. Doch ihr m#252;sst keine Angst haben. Die Sonne wird die Dunkelheit wieder besiegen und niemandem wird ein Leid geschehen.« Ah'Kal schwieg dazu. Der Panzer aus grauer Asche auf seinem Gesicht machte es unm#246;glich, darin zu lesen, aber Mike konnte sich lebhaft vorstellen, was in dem alten Mann vorging. Delameres Behauptung war haarstr#228;ubend. Kein Mensch auf der Welt konnte voraussagen, ob die Aktivit#228;t der Vulkane in den n#228;chsten Stunden oder auch Tagen aufh#246;rte, gleich blieb oder gar zunahm. Und als w#228;ren seine Gedanken das Stichwort gewesen, trug der Wind pl#246;tzlich ein dumpfes Grollen an ihr Ohr, und als sie sich alle erschrocken herumdrehten, sahen sie einen gro#223;en, blendend wei#223;en Feuerball, der den halben Himmel in Flammen zu setzen schien. Das musste der gro#223;e Ausbruch sein, von dem Delamere gesprochen hatte. Er war gekommen -mit einigen Stunden Versp#228;tung zwar, aber er war gekommen. Erst dann begriff er, dass ihnen diese Versp#228;tung das Leben gerettet hatte. W#228;re die NAUTILUS in den Mahlstrom dieser Gewalten geraten, w#228;re sie in Bruchteilen von Sekunden einfach zerfetzt worden. »Ogdy!«, fl#252;sterte Ah'Kal. Sekundenlang starrte er aus weit aufgerissenen Augen in die wei#223;e Glut, die sich immer noch h#246;her und h#246;her dem Himmel entgegenw#228;lzte, dann fl#252;sterte er noch einmal den Namen seines Feuergottes und sank langsam auf die Knie. Hinter ihm taten seine Krieger dasselbe und Mike sah aus den Augenwinkeln, wie sich auch die Pahuma auf der anderen Seite des Sees auf die Knie fallen lie#223;en und ihren Gott um Gnade anflehten. Trautman sah die Situation etwas pragmatischer. Er griff unter die Jacke, zog das Sprechger#228;t heraus und versuchte Kontakt mit der NAUTILUS aufzunehmen. Im ersten Moment h#246;rte Mike nur die schon bekannten St#246;r-und Pfeifger#228;usche, aber dann konnte er in all dem Krachen und Piepsen doch ganz leise und verzerrt Bens Stimme erkennen. »Wir haben es gesehen«, schrie Ben. »Kommt herunter! Um Gottes willen, schnell!« »Dazu ist keine Zeit mehr!«, antwortete Trautman. »Bringt die NAUTILUS in Sicherheit! Auf die andere Seite der Insel!« »Und was ist mit euch?« »Uns passiert nichts«, behauptete Trautman mit einer #220;berzeugung, die Mike nicht ann#228;hernd teilte. »Aber es kommt eine Flutwelle! Wenn sie die NAUTILUS in der Bucht erwischt, werdet ihr zerschmettert. Bringt das Schiff aufs Meer hinaus!« »Sie sollen sich beeilen«, f#252;gte Delamere hinzu. »Sie haben wahrscheinlich nicht einmal eine halbe Stunde Zeit.« »Ich habe es verstanden«, sagte Ben, ehe Trautman Jacques' Worte wiederholen konnte. »Dann verliert keine Zeit mehr«, sagte Trautman. »Wir treffen uns unten am Strand, wenn alles vorbei ist.« »Wenn es dann noch einen Strand gibt«, murmelte Delamere. »Ihr Pessimismus kommt ein bisschen sp#228;t«, sagte Mike. »Haben Sie nicht gerade behauptet, dass uns nichts geschehen k#246;nnte?« »Und was h#228;tte ich sagen sollen?«, fauchte Jacques. »Dass wir es versucht haben, es aber nicht funktioniert hat? Dann h#228;tten uns diese Wilden doch gleich umgebracht!« Er sprach so laut, dass Ah'Kal eine gute Chance hatte, seine Worte zu verstehen. Mike sah den Pahuma erschrocken an, aber der alte Insulaner reagierte nicht, sondern fuhr fort seine G#246;tter um Gnade anzuflehen. »Au#223;erdem hat es funktioniert«, fuhr Delamere fort. Er klang jetzt trotzig. »Das da hinten h#228;tte genauso gut auch hier passieren k#246;nnen!« »Sagen Sie mir nur eins«, sagte Trautman. »Sind wir hier in Sicherheit oder nicht?« »Vielleicht«, antwortete Jacques und zuckte mit den Schultern. »Ich wei#223; es nicht. Der Ausbruch ist weit entfernt, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.« »Wie beruhigend«, murmelte Mike. Er sah wieder nach Norden. Aus dem Wei#223; war ein unheimliches, mit Gelb durchsetztes Rot geworden, das sich immer und immer noch h#246;her in den Himmel emporw#228;lzte. Der Ausbruch war weit entfernt. Und trotzdem ... Der Pahuma dachte noch eine Sekunde lang angestrengt nach, dann kam er sichtlich zu einem Entschluss. Er stand auf, sagte einige Worte in seiner Muttersprache zu seinen M#228;nnern und wandte sich dann wieder an Mike und die anderen. »Folgt mir!« »Schnell«, f#252;gte Delamere hinzu. Mike schenkte ihm einen b#246;sen Blick, sagte aber nichts, sondern ergriff Serenas Arm und schloss sich Ah'Kal und den anderen an, die ein #252;berraschend hohes Tempo vorlegten, sodass sie beinahe rennen mussten um mit ihnen Schritt zu halten. Sie umrundeten den See zur H#228;lfte und schon von weitem rief Ah'Kal seinem Stamm etwas zu und gestikulierte dabei zum Gipfel des Vulkanberges hinauf, woraufhin die Pahuma ihr Gebet unterbrachen und sich ebenfalls in aller Hast auf den Weg machten. Zusammen mit Singh und den restlichen Gefangenen machten sie sich an den Aufstieg. Wie sich zeigte, hatte sich Delamere gleich in zweifacher Hinsicht geirrt: Sie hatten sehr viel weniger Zeit als eine halbe Stunde und sie befanden sich Der Aufstieg zum Krater hinauf dauerte nicht sehr lange, aber schon eine ganze Weile, bevor sie dessen Rand erreichten, st#252;rzte ein roter Feuerball vom Himmel und schlug wie eine Bombe auf der Flanke des Berges tief unter ihnen ein. Er war weit entfernt, sodass sie nicht in Gefahr waren, aber dem ersten Lavabrocken folgte ein zweiter, ein dritter und vierter und schlie#223;lich begannen vom Himmel regelrecht brennende Steine zu regnen, die #252;berall auf dem Berg einschlugen und dabei rot gl#252;hende Lavatropfen verspritzten. Trotz der Gefahr, auf dem schl#252;pfrigen Untergrund auszugleiten und zu st#252;rzen, begannen sie zu rennen, um dem immer dichter werdenden Bombardement zu entgehen. Dann und wann st#252;rzte tats#228;chlich einer von ihnen und einmal schlug ein Lavabrocken in ihrer unmittelbaren N#228;he ein und explodierte in einem Funkenschauer, dem ein Chor gellender Schmerzensschreie folgte. Mike warf im Laufen einen gehetzten Blick #252;ber die Schulter zur#252;ck. Das Dorf der Pahuma brannte. Offensichtlich hatten gl#252;hende Gesteinsbrocken die einfachen Palmh#252;tten getroffen und in Brand gesetzt, und gerade in diesem Moment schlug eines der himmlischen Geschosse in den See ein und lie#223; eine zwanzig Meter hohe Wassers#228;ule aufsteigen. »Schneller!«, schrie Delamere. »Das Schlimmste kommt erst noch!« Mike fragte sich, was denn noch schlimmer kommen konnte, versuchte aber trotzdem schneller zu laufen. Der Regen aus Lavabrocken wurde immer dichter und es kam Mike mittlerweile fast wie ein Wunder vor, dass noch niemand ernsthaft verletzt oder gar get#246;tet worden war. Der Kraterrand lag nur noch wenige Meter #252;ber ihnen, als Mike ein unheimliches Grollen und Rumoren h#246;rte. Er warf erneut einen Blick #252;ber die Schulter zur#252;ck, und was er sah, das lie#223; ihn innerlich vor Entsetzen aufst#246;hnen: Der Himmel war nicht mehr vollkommen schwarz, es herrschte nun ein tr#252;bgraues, Farben fressendes Zwielicht, sodass er die gigantische Wasserwand sehen konnte, die sich der Insel von Norden her n#228;herte. Mike beschleunigte seine Schritte noch einmal, setzte mit einem Sprung #252;ber den Kraterrand hinweg und schlitterte auf der Innenseite wieder hinunter. Kaum hatte er es geschafft, da war es, als ob die gesamte Insel unter einem gewaltigen Schlag erbebte. Ein unvorstellbar lautes Br#252;llen und Heulen hob an, und als Mike nach oben blickte, sah er, wie einer von Ah'Kals Kriegern, der den Abschluss bildete, wie von einer unsichtbaren Hand ergriffen und in die H#246;he gerissen wurde. Hilflos wie ein Blatt im Sturm wurde er davongeschleudert, bis er schlie#223;lich fast in der Mitte des Kratersees ins Wasser st#252;rzte. Die ungeheure Druckwelle, die der Vulkanausbruch verursacht hatte, hatte die Insel getroffen. Ein unvorstellbarer Sturmwind tobte #252;ber den Krater hinweg und r#252;ttelte wie mit unsichtbaren Riesenf#228;usten am Fels. Sie waren nicht einmal hier drinnen in Sicherheit. Der Vulkan sch#252;tzte sie vor der unmittelbaren Wucht der Druckwelle, aber trotzdem bildeten sich gef#228;hrliche, ungemein starke Wirbel und Soge, die sie alle von den F#252;#223;en fegte. Faustgro#223;e Steine wurden in die H#246;he gerissen und prasselten wie todbringender Hagel auf sie nieder und der ganze Berg zitterte und bebte immer heftiger. Mike schlitterte hilflos wie die anderen in den Krater hinab, schlug unsanft auf seinem Grund auf, schlitterte noch ein St#252;ckchen weiter und rutschte bis #252;ber die H#252;ften ins Wasser, ehe es ihm endlich gelang, seinen Sturz zu bremsen. Hastig rappelte er sich auf. Sein erster Blick galt Serena, aber sie hatte mehr Gl#252;ck gehabt als er. Sie war zwar ebenso gest#252;rzt wie alle anderen, stand aber bereits wieder auf den eigenen Beinen und schien nur ein paar harmlose Kratzer abbekommen zu haben. Ein mehr als kopfgro#223;er Lavabrocken st#252;rzte fast senkrecht vom Himmel und schlug in den Kratersee ein. Nur eine Handbreit neben Mike traf ein Spritzer rot gl#252;henden, halbfl#252;ssigen Gesteins den Boden. Mike keuchte vor Schrecken, sprang hastig hoch und rannte geduckt los. Der Regen aus gl#252;hender Lava und Felstr#252;mmern wurde immer dichter. Verzweifelt hielt er nach dem H#246;hleneingang Ausschau, von dem Astaroth und Jacques gesprochen hatten. Er war nicht einmal sehr weit entfernt, aber so schmal, dass er ihn wahrscheinlich glatt #252;bersehen h#228;tte, w#228;re er nicht einfach den Pahuma gefolgt, die einer nach dem anderen in der kaum meterbreiten Spalte verschwanden. Es dauerte nur wenige Minuten, bis auch er an der Reihe war, aber sie kamen ihm vor wie eine Ewigkeit. Der Berg unter ihren F#252;#223;en zitterte immer noch. Kreisf#246;rmige Wellen peitschten die Oberfl#228;che des Sees in immer rascherer Folge. Die Druckwelle, die die Insel in ihren Grundfesten ersch#252;ttert hatte, war vor#252;ber, aber nun raste ein wahrer H#246;llensturm #252;ber den Krater hinweg, der jede Verst#228;ndigung einfach unm#246;glich machte, und der Regen t#246;dlicher Lavabrocken wurde immer dichter. Aber sie hatten Gl#252;ck. Zwei Pahuma und einer von Delameres M#228;nnern trugen leichtere Verletzungen davon und auch Mike musste sich einmal mit einem gewaltigen Satz in Sicherheit bringen, als ein Klumpen rot gl#252;hender Lava unangenehm nahe auseinander spritzte, aber schlie#223;lich befand auch er sich im Schutz der H#246;hle. Sofort hielt er nach Serena Ausschau. Er entdeckte sie im hinteren Teil der niedrigen, aber erstaunlich ger#228;umigen H#246;hle, wo sie sich mit Trautman und Singh unterhielt. Einige Pahuma hatten Fackeln entz#252;ndet, die zwar sofort die Luft zu verpesten begannen und das Atmen schwer machten, aber f#252;r hinl#228;ngliche Beleuchtung sorgten. Obwohl die H#246;hle recht gro#223; war, hatte Mike alle M#252;he, zu Serena und den anderen vorzudringen. Zusammen mit Delameres Leuten hielten sich #252;ber hundert Personen in der aus Lava geformten H#246;hle auf, von denen nicht wenige verletzt waren. Nur mit einiger M#252;he gelang es Mike #252;berhaupt, sich zu Serena und den anderen durchzuk#228;mpfen. »Alles in Ordnung?«, fragte er. Trautman nickte. »Ja, auch wenn ich nicht wei#223;, wie lange noch.« Er sch#252;ttelte den Kopf. »Ich habe ja schon eine Menge verr#252;ckter Dinge erlebt, aber mich in einem Vulkankrater zu verstecken, um vor einem Vulkanausbruch in Sicherheit zu sein ... also das ist verr#252;ckt!« »Hauptsache, es ist sicher«, sagte Singh. Er wirkte ein bisschen nerv#246;s. Wie um sich selbst zu beruhigen, f#252;gte er hinzu: »Delamere wird schon wissen, was er tut. Immerhin ist er Spezialist auf diesem Gebiet.« »Wo ist er #252;berhaupt?«, fragte Serena. Mike sah dorthin, wo sich Jacques' Frau und die #252;brigen Mitglieder seiner Expedition aufhielten. Delamere war jedoch nicht dort, sondern befand sich bereits wieder am Ausgang der H#246;hle. »Was macht er da?«, wunderte sich Trautman. Drau#223;en schien die Welt unterzugehen. Der Sturm hatte die Wolken davongefegt und das Licht war jetzt eher rot als grau. Tr#252;mmer und Lavabrocken regneten vom Himmel und der Boden zitterte noch immer. »Sind wir hier sicher?«, fragte Mike und trat neben den Vulkanologen. Delamere hob die Schultern, ohne ihn auch nur anzusehen. »F#252;r eine Weile«, sagte er. »Das kommt darauf an.« »Worauf?«, hakte Trautman nach. Delamere zuckte erneut mit den Schultern. Diesmal sagte er gar nichts. Trautman schwieg ebenfalls und sah wie Delamere und Mike hinaus. Er wirkte nicht minder besorgt als Delamere, aber nach einigen Augenblicken erschien ein nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht. Mike konnte nicht genau sagen, wohin er blickte, aber seine Aufmerksamkeit schien nun nicht mehr allein dem Sturm und den Tr#252;mmerbrocken zu gelten, die vom Himmel regneten. »Was haben Sie?«, fragte Mike alarmiert. »Ich wei#223; nicht«, gestand Trautman. »Aber irgendetwas ...« Er brach ab, zuckte mit den Schultern und trat wieder einen Schritt zur#252;ck. »Ich komme nicht darauf.« »Das gef#228;llt mir nicht«, murmelte Jacques. »Es m#252;sste aufh#246;ren, aber es scheint immer schlimmer zu werden.« »Was hei#223;t das?«, fragte Mike erschrocken. »Dass der Vulkan ausbricht? W#228;hrend wir »Wenn der Vulkan ausbricht«, sagte Delamere betont, »spielt es keine Rolle, wo wir sind. Dann bleibt n#228;mlich von dieser Insel nichts mehr #252;brig. Aber das wird er nicht.« Ogdys Zorn verschonte sie tats#228;chlich; zumindest f#252;r die n#228;chste halbe Stunde. Der Sturm wurde f#252;r eine kurze Weile noch schlimmer und verlor dann allm#228;hlich an Kraft und der t#246;dliche Steinregen h#246;rte ebenfalls langsam, aber sicher auf. Mike hatte Delamere nicht noch einmal gefragt, wie er ihre Chancen einsch#228;tzte, lebendig hier herauszukommen, und auch von den anderen hatte keiner eine entsprechende Frage gestellt. Es war #252;berhaupt fast unheimlich still in der H#246;hle geworden. Von drau#223;en drang weiter das Heulen des Sturmes und das entfernte Grollen des Vulkans herein, aber niemand sprach. Selbst die Gebete der Pahuma waren zu einem gemurmelten Singsang herabgesunken, der sich fast wie ein nat#252;rliches Ger#228;usch in das Heulen des Sturmes und das Grollen der protestierenden Erde einf#252;gte. Ob es nun Zufall war -das Ergebnis dessen, was die NAUTILUS getan hatte, oder die Antwort auf die Gebete der Insulaner -, nach und nach verebbte der Sturm. Der Lavaregen h#246;rte auf und dann verstummte auch der Vulkan. Schlie#223;lich wagten sie es, die H#246;hle am Ufer des Kratersees wieder zu verlassen und abermals zum Kraterrand hinaufzusteigen. Es war ein unheimlicher Anblick. Mikes Herz klopfte bis zum Hals, als er neben Serena auf den Grat hinaustrat und nach unten blickte. Er wusste nicht, was er erwartet hatte -aber die Wirklichkeit war schlimmer. Der Himmel hatte eine bleigraue, unangenehme F#228;rbung angenommen und er schien so tief zu h#228;ngen, dass man fast meinte ihn anfassen zu k#246;nnen, wenn man den Arm ausstreckte. Das Meer, das noch vor einer halben Stunde in Aufruhr gewesen war, lag glatt und reglos wie ein zerkratzter matter Spiegel da und statt einer Flammenwand stieg nun im Norden eine gewaltige brodelnde S#228;ule aus wei#223;em Rauch in den Himmel. Die Insel selbst hatte ihr Aussehen so vollkommen ver#228;ndert, dass sich Mike im ersten Moment ernstlich fragte, ob sie den Krater vielleicht auf der falschen Seite verlassen hatten. Der Strand war buchst#228;blich leer gefegt. Wo vorhin noch Sand gewesen war, da erblickte er jetzt nackten, feucht gl#228;nzenden Fels, von dem die Flutwelle und der nachfolgende Vulkan auch noch den letzten Kr#252;mel Sand heruntergefegt hatten. Das Meer reichte jetzt ein gutes St#252;ck weiter ins Innere der Insel als noch am Morgen und der Fluss und der kleine See an seinem Ende waren unter Tonnen von Sand und Felsgestein verschwunden. Der allergr#246;#223;te Teil der Palmen dort unten war entwurzelt und umgest#252;rzt; die wenigen B#228;ume, die stehen geblieben waren, zeigten nur noch nackte St#228;mme. An Dutzenden von Stellen stiegen schwarze oder graue Rauchs#228;ulen in den Himmel, wo sich brennende Lavabrocken in den Boden gebohrt hatten. Und das Pahuma-Dorf selbst ... war verschwunden. Mike hatte erwartet, es verw#252;stet oder vollkommen niedergebrannt vorzufinden, aber es war Sie l#228;chelte bei diesen Worten und Mike war klar, dass sie versucht hatte die Situation mit einem Scherz zu entspannen. Aber sie war nerv#246;s. Der Klang ihrer Stimme verdarb ihr den gew#252;nschten Effekt und auch Mike war ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Und das lag nicht nur an dem furchtbaren Anblick. Mike traute der unheimlichen Stille nicht. Es war keine normale Ruhe. In der Luft lag eine fast greifbare Spannung, so als ... als hielte die Natur selbst den Atem an. Ganz langsam begannen sie den Abstieg zum Plateau. Auch die Pahuma verhielten sich sehr still. Vermutlich waren sie ebenso ersch#252;ttert wie Mike, ihre Heimat nicht einfach nur zerst#246;rt, sondern im wahrsten Sinne des Wortes Kurz bevor sie das Ufer des Sees erreichten, blieb Ah'Kal stehen und auch die anderen Pahuma hielten an und nahmen hinter ihm Aufstellung. Trautman, Mike und die beiden anderen wagten es nicht, den H#228;uptling anzusprechen, als sie den Ausdruck auf seinem Gesicht sahen. Zum ersten Mal nach langer Zeit wieder hielt Mike nach Astaroth Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo sehen. Delamere #252;brigens auch nicht. Lange Zeit geschah gar nichts. Ah'Kal stand wie zur Salzs#228;ule erstarrt da und blickte dorthin, wo seine Heimat gewesen war. Auf seinem Gesicht r#252;hrte sich kein Muskel. Er blinzelte nicht einmal. Schlie#223;lich r#228;usperte sich Mike leise und sagte: »Es tut mir unendlich Leid, Ah'Kal. Ich ... ich wollte, ich k#246;nnte etwas f#252;r euch tun.« »Es ist nicht eure Schuld«, antwortete Ah'Kal, ohne den Blick von der Stelle am anderen Ufer des Sees, an dem sein Dorf gestanden hatte, zu l#246;sen. »Die G#246;tter haben uns gepr#252;ft. Es war nicht das erste Mal und es wird nicht das letzte Mal sein. Sie haben uns das Leben gelassen, und das allein z#228;hlt.« Mike wusste im ersten Moment wirklich nicht, was er sagen sollte. Es lag ihm auf der Zunge, Ah'Kal zu sagen, dass das, was hier passiert war, nichts mit dem Wirken irgendwelcher G#246;tter zu tun hatte, aber er tat es nicht. Trotz allem sprach aus den Worten des alten Mannes eine Weisheit, die ihn schaudern lie#223;. »K#246;nnen wir euch irgendwie helfen?«, fragte Trautman. Ah'Kal sch#252;ttelte den Kopf. »Ogdy wird uns besch#252;tzen«, sagte er #252;berzeugt. »Wird er euch auch etwas zu essen geben?«, fragte Singh. »Es wird ein Jahr oder l#228;nger dauern, bis hier wieder irgendetwas w#228;chst.« »Dann wird uns das Meer ern#228;hren«, antwortete Ah'Kal. »Ich danke euch f#252;r euer Angebot, doch wir brauchen es nicht.« Singh setzte dazu an, erneut zu widersprechen, kam jedoch nicht dazu, weil Serena in diesem Moment wie zuf#228;llig einen Schritt zur Seite trat und ihm dabei so kr#228;ftig auf die Zehen stieg, dass sich seine Augen weiteten. Mike warf ihr einen dankbaren Blick zu und Ah'Kal, der das Man#246;ver aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, l#228;chelte fl#252;chtig. Mike sah wieder in den Himmel. Die Wolkendecke war dichter geworden und sie schien jetzt noch niedriger #252;ber der Insel zu h#228;ngen. Die Spannung, die er die ganze Zeit #252;ber schon zu sp#252;ren glaubte, hatte zugenommen; fast wie das elektrische Knistern, das manchmal vor einem besonders schweren Gewitter zu sp#252;ren war. Ah'Kal l#246;ste sich endlich aus der Erstarrung, in der er die ganze Zeit #252;ber dagestanden hatte, und begann mit gemessenen Schritten den See zu umrunden. Mike fiel an dem Wasser des kreisrunden Sees etwas auf, aber er wusste nicht, was es war nur eben, dass etwas nicht stimmte. Erst als sie den See zur H#228;lfte umrundet hatten, wurde ihm klar, was es war. Das Wasser. Es hatte seine Farbe ge#228;ndert. Bisher war grau gewesen, manchmal mit einem Schimmer von Blau oder T#252;rkis, je nachdem, welche Farbe der Himmel hatte, den es widerspiegelte. Jetzt hatte es einen intensiven, fast unnat#252;rlichen Gr#252;nton. Ein ganz leichter Nebel schien #252;ber dem See zu h#228;ngen und pl#246;tzlich fiel ihm auch der Geruch auf: Ein schwacher, aber trotzdem durchdringender, irgendwie ... saurer Geruch, der allm#228;hlich zuzunehmen schien. »Das Wasser ...«, murmelte er. Trautman warf ihm einen fragenden Blick zu. »Was?« »Das Wasser!«, wiederholte Mike lauter. »Irgendetwas stimmt mit dem See nicht!« Trautman folgte seinem Blick, runzelte die Stirn -und wurde pl#246;tzlich kreidewei#223;. »Gro#223;er Gott!«, fl#252;sterte er. Gleichzeitig blieb er so abrupt stehen, als w#228;re er gegen eine unsichtbare Wand geprallt. »Was bedeutet das?«, fragte Mike erschrocken. »Trautman!« Trautman antwortete ihm nicht, sondern war mit einem Satz bei Ah'Kal und riss ihn fast grob an der Schulter herum. Zwei oder drei von Ah'Kals Kriegern traten drohend n#228;her, aber Trautman ignorierte sie einfach. »Geht nicht weiter!«, keuchte er. »Weg vom See! Wir m#252;ssen hier weg!« Ah'Kal sah ihn verwirrt an. »Ich verstehe nicht -« »Ich erkl#228;re es euch, aber sp#228;ter!«, unterbrach ihn Trautman. »Jetzt m#252;ssen wir hier weg! Schnell! Wir werden alle sterben, wenn wir dem See zu nahe kommen!« Ah'Kal sah ihn zweifelnd an. »Dieser See ist der Spender unseres Lebens.« »Und das wird er auch wieder«, sagte Trautman gehetzt. »Aber nicht jetzt! Er bringt den Tod, bitte glaub mir!« Ah'Kal wirkte nicht #252;berzeugt, doch vielleicht zum ersten Mal, seit dieses Chaos begonnen hatte, kam ihnen das Schicksal zu Hilfe. Auf der anderen Seite des Sees erklang ein schrilles Bellen und als Mike in die entsprechende Richtung sah, erblickte er einen kleinen Hund, der kl#228;ffend am Seeufer entlang auf sie zugeeilt kam; wahrscheinlich geh#246;rte er einem der Insulaner, war aber von ihm getrennt worden, als der Sturm losbrach. Er kam nur wenige Schritte weit. Mike sah genau, was geschah. Der Hund rannte schwanzwedelnd auf sie zu und kam dabei dem See so nahe, dass das gr#252;n schimmernde Wasser unter seinen Pfoten aufspritzte. Kaum aber war er in den Bereich des unheimlichen Nebels eingedrungen, der von der Oberfl#228;che des Sees aufstieg, da h#246;rte er auf, mit dem Schwanz zu wedeln. Seine Schritte wurden unsicher. Er stolperte, fiel hin, rappelte sich m#252;hsam wieder hoch und stolperte wieder. Aus seinem freudigen Kl#228;ffen wurde ein Jaulen, dann ein schw#228;cher werdendes Wimmern. Er stolperte wieder, fiel hin und blieb schlie#223;lich reglos liegen. Mike wusste sofort, dass er tot war. »Ogdy!«, fl#252;sterte Ah'Kal entsetzt. »Das hat nichts mit eurem Gott zu tun«, sagte Trautman brutal. »Aber wir werden alle sterben, wenn wir hier bleiben!« Ah'Kal lie#223; noch eine endlose Sekunde verstreichen, aber dann nickte er grimmig, drehte sich auf der Stelle herum und machte eine befehlende Geste und sein gesamter Stamm wandte sich um und entfernte sich wieder vom Kratersee. Erst als sie wieder gute hundert oder hundertf#252;nfzig Schritte weit den Berg hinaufgest#252;rmt waren, blieben sie stehen. Mike versp#252;rte erneut ein kurzes, aber eisiges Fr#246;steln, als er zum See hinabblickte. Aus der H#246;he betrachtet wirkte er noch viel unheimlicher. Die giftgr#252;ne F#228;rbung des Wassers schien noch viel intensiver geworden zu sein und die Nebelschwaden, die von seiner Oberfl#228;che aufstiegen, wirkten viel dichter, fast wie rauchige Arme, die mit unsicheren, blinden Bewegungen nach neuen Opfern tasteten. »Was ... was ist das?«, murmelte Mike entsetzt. »Gas«, antwortete Trautman hart. »Das Wasser hat seine chemische Zusammensetzung ge#228;ndert. Es ist jetzt eine t#246;dliche S#228;ure. Wenn du hineinspringen w#252;rdest, w#252;rde es dir in ein paar Sekunden das Fleisch von den Knochen #228;tzen! Au#223;erdem setzt der See ein t#246;dliches Gas frei -wie wir ja gerade mit eigenen Augen gesehen haben.« »Aber ... aber wie ist denn das m#246;glich?!«, fragte Serena stockend. »So ungew#246;hnlich ist das gar nicht«, antwortete Trautman. »So etwas passiert oft, bevor oder nachdem ein Vulkan ausbricht. Es hat schon Hunderte von Toten in solchen F#228;llen gegeben.« Seine Miene verd#252;sterte sich. »W#228;re es hier nicht so vollkommen windstill, dann w#228;ren wir alle jetzt vielleicht auch schon tot. Du hast gesehen, wie schnell das Gas wirkt! Ich begreife nicht, wieso uns Delamere nicht gewarnt hat! Er h#228;tte es sofort sehen m#252;ssen!« »Wo ist er #252;berhaupt?«, fragte Serena. »Jacques?« Mike sah sich suchend um, zuckte aber nur mit den Schultern. »Keine Ahnung.« Wenn er es recht bedachte, hatte er ihn gar nicht mehr gesehen, seit sie den Krater verlassen hatten. Genauer gesagt: Seit sie die H#246;hle verlassen hatten. »Wie lange wird das andauern?«, fragte Serena und deutete auf den See. Als Trautman antworten wollte, zitterte der Boden unter ihren F#252;#223;en; ganz sacht nur, aber sp#252;rbar. Und in der n#228;chsten Sekunde kam auch in die Oberfl#228;che des Sees Bewegung. Wellen kr#228;uselten das Wasser, dann stiegen eine Anzahl faustgro#223;er, #246;lig schimmernder Blasen an seine Oberfl#228;che und zerplatzten. Aus ihrem Inneren drang grauer Dunst, der sich mit der tr#228;gen Nebelschicht verband, die #252;ber dem See schwebte. Und was das Schlimmste war: Mike sp#252;rte eine ganz sanfte, warme Ber#252;hrung im Gesicht. Wind. Die Luft war nicht mehr still. Vom Meer her war ein ganz leichter Wind aufgekommen. Der Gasnebel #252;ber dem See begann sich zu bewegen. Noch sehr langsam. Der Wind hatte noch nicht genug Kraft, das Gas, das viel schwerer war als Luft, nennenswert zu bewegen, aber wenn er auch nur ein bisschen zunahm, dann w#252;rde er die t#246;dlichen grauen Schwaden genau in ihre Richtung treiben! Trautman hatte die Gefahr wohl im selben Moment begriffen wie er, denn er wandte sich mit einem erschrockenen Laut an Ah'Kal und deutete gleichzeitig zum Krater hinauf. »Wir m#252;ssen hier weg!«, keuchte er. »Schnell! Wenn der Wind zunimmt, dann werden wir alle sterben!« Ah'Kal reagierte im ersten Moment gar nicht. Sekunden vergingen, in denen er nichts tat als dazustehen und aus aufgerissenen Augen auf die grauen Schwaden #252;ber dem See zu starren. Seine Lippen zitterten. »Ogdy hat unsere Gebete nicht erh#246;rt«, fl#252;sterte er. »Aber warum? Was haben wir falsch gemacht? Warum z#252;rnt Ogdy seinen Kindern?« Mike blickte mit klopfendem Herzen weiter auf den See hinab. Die graue Nebelbank wuchs so schnell, dass man dabei zusehen konnte. Wogende Ausl#228;ufer des Nebels griffen wie Schlangenarme mit unz#228;hligen Fingern auf das Ufer hinauf und begannen sich in ihre Richtung zu tasten. Der Wind nahm zu. »Ah'Kal, bitte!«, sagte Trautman eindringlich. »Es sind nicht eure G#246;tter, die euch z#252;rnen. Das da ist nur eine Naturkraft, die au#223;er Kontrolle geraten ist, glaub mir! Ich kann es dir erkl#228;ren, aber es geht nicht, wenn wir alle tot sind!« Der alte H#228;uptling sah ihn traurig an. »Warum m#252;sst ihr immer an allem zweifeln?«, fragte er. »Selbst wenn ihr es mit eigenen Augen seht? Was sind die G#246;tter anderes als die Kr#228;fte der Natur?« »Vielleicht hast du sogar Recht«, sagte Serena hastig. »Doch selbst wenn es so ist, kann es nicht der Wille eurer G#246;tter sein, dass ihr einfach aufgebt und auf den Tod wartet! Ogdy hat euch nicht verschont, damit ihr resigniert, sondern damit ihr um euer Leben k#228;mpft!« Noch einmal z#246;gerte Ah'Kal und sah Serena lange und durchdringend an. Schlie#223;lich senkte er den Kopf zu einem schweren, aber entschiedenen Nicken. »Du hast Recht«, sagte er. »Es ist nicht Ogdys Wille, dass wir hier auf den Tod warten. W#228;re es das, h#228;tte er uns schon oben am Heiligen See get#246;tet.« »Worauf warten wir dann noch?«, fragte Trautman. »Wir m#252;ssen zur#252;ck zum Krater! Dort oben kann uns das Gas nicht erreichen!« Endlich setzten sie sich in Bewegung. Es kam Mike fast absurd vor, dass sie nun denselben Weg wieder hinaufrannten, den sie gerade erst vorsichtig hinunterbalanciert waren. Und auch Ogdy -oder wer auch immer die Regie in diesem Drama f#252;hrte -schien nicht unbedingt damit einverstanden zu sein. Der Berg zitterte noch immer. Mike war nicht sicher, ob das Zittern wirklich zugenommen hatte oder er es sich nur einbildete, aber er war jetzt vollkommen sicher, ein dumpfes Grollen und Knirschen zu h#246;ren, das tief aus dem Scho#223; der Erde heraufdrang; als zerbr#228;chen dort unten Felsen von der Gr#246;#223;e einer Stadt. Oder als versuche etwas, sich mit unwiderstehlicher Gewalt seinen Weg zur Erdoberfl#228;che hinaufzubahnen ... Mike sah wieder nach Norden. Die beiden Rauchs#228;ulen am Horizont hatten sich nicht ver#228;ndert. Aber er hatte ja schon mehr als einmal erlebt, wie j#228;h die Erde wieder beginnen konnte Feuer zu speien. Er fragte sich, was sie tun sollten, wenn der giftige Atem des Sees sie auch dort oben am Krater erreichen sollte oder der zweite Kratersee im Inneren des Berges ebenfalls anfing giftiges Gas zu speien. Wo war nur Jacques? Delamere h#228;tte ihnen vielleicht sagen k#246;nnen, was sie tun mussten um in Sicherheit zu sein. Aber der Vulkanologe war und blieb verschwunden. Sie erreichten wieder den Gipfel des Vulkans. Mike erschrak, als er in den Krater hinabblickte. Auch das Wasser des zweiten Kratersees schimmerte in einem unheimlichen, giftigen Gr#252;n, #252;ber dem eine dunstige Nebelschicht hing. Sie war nicht ann#228;hernd so dicht wie die unten und sie wuchs auch nicht in so erschreckendem Tempo, aber Mike zweifelte nicht daran, dass sie trotzdem genauso t#246;dlich war. Hier w#252;rden sie keinen Schutz finden. Sein Blick irrte verzweifelt umher. Der Wind hatte weiter zugenommen und trieb den t#246;dlichen Nebel rascher den Berg hinauf. Was sollten sie tun, wenn er tats#228;chlich bis hierher kam? Das Schicksal des Hundes hatte ihnen deutlich gezeigt, wie schnell das Gas wirkte ... »Um Gottes willen!«, keuchte Serena pl#246;tzlich. »Da! Delamere!« Ihr ausgestreckter Arm deutete in den Krater hinab, und als Mikes Blick der Geste folgte, stockte auch ihm f#252;r einen Moment der Atem. Jacques war genau in diesem Augenblick aus der H#246;hle getreten, in der sie vorhin alle gemeinsam Schutz gesucht hatten. Seine H#228;nde und Arme waren bis #252;ber die Ellbogen hinauf mit Schlamm verschmiert. Er erstarrte, als er den See sah. Auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck puren Entsetzens. »Aber nat#252;rlich ...«, murmelte Trautman. Er machte eine Bewegung, als wolle er sich mit der Hand auf die Stirn schlagen, f#252;hrte sie aber nicht zu Ende. »Blauer Ton! Warum habe ich es nicht gleich begriffen?!« »Blauer Ton?«, wunderte sich Mike. »Sp#228;ter!« Trautman winkte ab, bildete mit beiden H#228;nden einen Trichter vor dem Mund und schrie aus Leibeskr#228;ften: »Jacques! Kommen Sie her! Schnell! Das Gas kommt den Berg herauf!« Es war nicht einmal zu erkennen, ob Delamere seine Worte #252;berhaupt h#246;rte oder die Gefahr, in der er schwebte, in diesem Moment von selbst begriff. Auf jeden Fall fuhr er pl#246;tzlich herum, st#252;rmte ein paar Schritte den Hang hinauf und wandte sich dann in ihre Richtung. Der Berg bebte, sch#252;ttelte Delamere ab wie ein Hund ein l#228;stiges Insekt und stie#223; ein unheimliches, knirschendes Grollen aus. Mike behielt nur mit gro#223;er M#252;he das Gleichgewicht, sah aber, wie Jacques hilflos wieder in den Krater hinunterkugelte und schlie#223;lich mit einem gewaltigen Platschen im Wasser landete. Aber das Wunder geschah: Delamere musste wohl geistesgegenw#228;rtig genug gewesen sein, den Atem anzuhalten, denn er sprang nach kaum einer halben Sekunde wieder auf die F#252;#223;e und rettete sich mit einem gewaltigen Satz ans Ufer. Seine Hosenbeine qualmten. Das Wasser, das sich in #228;tzende S#228;ure verwandelt hatte, begann den Stoff aufzul#246;sen und Mike wagte sich gar nicht vorzustellen, wie Jacques' Beine darunter aussahen. Trotzdem rannte Delamere, so schnell er konnte, um den See herum. Seine Beine verschwanden dabei bis #252;ber die Knie in grauem Nebel, der nun auch aus diesem See immer schneller emporstieg, aber da das Gas schwerer als Luft war, blieb er von seiner t#246;dlichen Wirkung noch verschont. »Verschwindet!«, schrie er. »Rettet euch! Der Vulkan bricht aus!« Wie um seine Worte zu best#228;tigen, erbebte die Insel in diesem Augenblick unter einem weiteren, noch heftigeren Schlag. Diesmal wurde Mike von den F#252;#223;en gerissen und nur Singhs rasches Zugreifen bewahrte ihn davor, zu Delamere in den Krater hinuntergeschleudert zu werden. Das Zittern und Beben des Berges hielt an und das Grollen des erwachenden Vulkans war nun so laut, dass eine Verst#228;ndigung fast unm#246;glich wurde. Unter den Pahuma brach endg#252;ltig Panik aus. Niemand musste sie mehr auffordern, sich in Sicherheit zu bringen. Ihre Ergebenheit ihrem Feuergott gegen#252;ber reichte wohl doch nicht so weit, dass sie in aller Ruhe stehen blieben und auf Ogdys Gnade vertrauten. Schreiend und in kopfloser Flucht st#252;rmten sie den jenseitigen Hang des Berges hinunter und Delameres Leute schlossen sich ihnen an. Nur Delameres Frau, Mike und die drei anderen blieben noch f#252;r einen Moment zur#252;ck. »Rennt!«, br#252;llte Delamere. »Bringt euch in Sicherheit! Ich schaffe es schon!« Mike bezweifelte das. Der See hinter Jacques brodelte und zischte mittlerweile wie ein Kochtopf, der zu lange auf dem Herd gestanden hatte, und #252;berall im Fels des Kraterinneren entstanden pl#246;tzlich Risse, aus denen Geysire aus kochendem Dampf quollen. Delamere hatte Recht: Der Vulkan brach aus. »Weg hier!«, schrie Trautman. »Schnell!« Singh und Serena wandten sich auch sofort um, aber Delameres Frau r#252;hrte sich nicht von der Stelle, sondern machte sogar Anstalten, in den Krater hinunter zu ihrem Mann zu klettern. Trautman riss sie gewaltsam zur#252;ck, brauchte aber trotzdem noch Singhs Hilfe, um sie dazu zu bewegen, den Kraterrand zu verlassen. Serena und Mike schlossen sich ihnen an, aber nicht, ohne noch einen letzten Blick in den Krater hinunter geworfen zu haben. Beinahe w#252;nschte sich Mike, es nicht getan zu haben. Der See brodelte und zischte immer heftiger und tief am Grunde des giftgr#252;nen Wassers war ein neues, grellrotes Licht erschienen, das rasend schnell an Intensit#228;t zunahm. Delamere hatte bereits die H#228;lfte des Hanges erklommen, hatte aber auf dem immer heftiger zitternden Boden mehr und mehr M#252;he, auf den Beinen zu bleiben. Mike kam sich fast vor wie ein Verr#228;ter, ihn einfach im Stich zu lassen. Aber es gab nichts, was sie f#252;r ihn tun konnten. So schnell, wie es der immer heftiger zitternde Boden zulie#223;, st#252;rmten sie den lavabedeckten Hang hinunter. Das unheimliche Grollen wurde immer lauter und nun mischte sich noch ein immer lauter und schriller werdendes Pfeifen hinein, das ihre Ohren marterte. Pl#246;tzlich wurde das Licht rot. Ein ungeheueres Donnern und Krachen erklang und Mike konnte regelrecht sp#252;ren, wie die gewaltige Spannung des Berges unter ihren F#252;#223;en wich. Im Laufen drehte er den Kopf und sah zum Gipfel zur#252;ck. Er sollte das Bild nie wieder im Leben wirklich vergessen. Das Gas schien den Vulkankrater mittlerweile vollends auszuf#252;llen und quoll in tr#228;gen, schweren Schwaden #252;ber seinen Rand, wie Dampf aus einem #252;berquellendem Kochtopf. Wie durch ein Wunder jedoch hatte es Delamere geschafft: Er erschien in genau diesem Moment auf dem Kraterrand, fast bis zu den H#252;ften in brodelnden Gaswolken watend, aber noch am Leben. Und dann gl#252;hte der Krater hinter ihm in grellem, intensiv rotem Licht auf. Eine gigantische Lavas#228;ule schoss br#252;llend in den Himmel hinauf. F#252;r den Bruchteil einer Sekunde war Delameres Gestalt noch als schwarze Silhouette vor dem grellgl#252;henden Hintergrund zu sehen, und dann war er einfach verschwunden. Immer mehr und mehr Lava raste #252;ber ihnen in den Himmel und statt Gas quollen nun brodelnde Flammen #252;ber den Kraterrand. Mike blickte entsetzt in den Himmel. Die Lava schoss mit der Geschwindigkeit einer Dampflokomotive nach oben, aber sie w#252;rde nicht lange dort bleiben. Was sie bisher noch gerettet hatte, war die schiere Wucht des Ausbruchs, der die Lavabrocken weit #252;ber sie hinwegschleuderte, sodass die ersten Tr#252;mmer fast am Fu#223;e des Berges niederkrachten, so weit sie nicht noch weiter geschleudert wurden und weit drau#223;en im Meer einschlugen. Die Kraft der Eruption nahm immer noch zu. Der L#228;rm war unvorstellbar und der Boden zitterte und wankte so heftig, dass es Mike immer schwerer fiel, sich auf den Beinen zu halten. Zwei oder drei Schritte unter ihnen st#252;rmten die Insulaner dahin. Immer wieder st#252;rzte einer von ihnen, rappelte sich hoch oder schlitterte sich hilflos #252;berschlagend ein gutes St#252;ck weiter talw#228;rts. Wie durch ein Wunder war noch immer niemand ernsthaft zu Schaden gekommen, aber Mike war klar, dass diese Gl#252;cksstr#228;hne nicht mehr ewig anhalten konnte. Und selbst wenn -er fragte sich voller neuem, pl#246;tzlichem Schrecken, wohin sie sich eigentlich wenden wollten? Der Vulkan grenzte an dieser Seite der Insel unmittelbar ans Meer. Es gab nichts, wohin sie fl#252;chten konnten. Trotzdem rannten sie weiter, so schnell sie es wagten, um auf dem absch#252;ssigen Grund nicht den Halt zu verlieren. Serena st#252;rmte unmittelbar neben Mike einher, w#228;hrend Trautman und Singh ein paar Schritte zur#252;ckgefallen waren um Delameres Frau zu st#252;tzen. Sie versuchte jetzt zwar nicht mehr sich loszurei#223;en und zum Krater zur#252;ckzulaufen, doch daf#252;r schien s#228;mtliche Kraft aus ihr gewichen zu sein. Trautman und Singh mussten sie richtig vorw#228;rts ziehen. Hinter ihm zerriss eine neue, noch gewaltigere Detonation den Berg. Mike sah nach oben und schrie erneut vor Schreck auf, als er sah, dass ein ganzer Teil des Kraterrandes zusammengebrochen war. Zerborstene, rot und wei#223; gl#252;hende Felstr#252;mmer begannen hinter ihnen den Berg herabzust#252;rzen, manche langsam und in gro#223;en, dr#246;hnenden Lawinen, andere so schnell wie Geschosse, sodass es kaum noch m#246;glich schien, ihren Kurs vorauszuberechnen und ihnen auszuweichen. Einer der rot gl#252;henden Brocken verfehlte Mike so knapp, dass ihn die Hitze aufschreien lie#223;, ein anderer streifte Serenas Kleid und setzte seinen Saum in Brand, obwohl er ihn kaum ber#252;hrte. Die Pahuma spritzten in Panik auseinander, als die t#246;dliche Steinlawine in ihre Reihen fuhr. Mike konnte nicht erkennen, ob es auch diesmal allen gelang, sich noch rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. #220;ber ihnen begann sich der Kraterrand in immer rascherem Tempo aufzul#246;sen. Der gr#246;#223;te Teil der Felstr#252;mmer rutschte nach rechts und links ab und w#252;rde nicht einmal in ihre N#228;he kommen, aber schon drohte die n#228;chste Gefahr: Der Vulkan h#246;rte auf Feuer und kochende Lava in die Luft zu schleudern, doch durch die L#252;cke im Kraterrand schob sich jetzt eine tr#228;ge, grellgl#252;hende Woge aus geschmolzenem Gestein. Sie schien sich nur langsam zu bewegen, aber Mike wusste, wie sehr dieser Eindruck t#228;uschte. Wenn die Lava erst einmal mit ganzer Kraft aus dem Krater herausbrach, w#252;rde sie rasch schneller werden und schlie#223;lich mit einem Tempo von zwei-oder dreihundert Kilometern zu Tal rasen. Es wurde immer dunkler und der L#228;rm nahm immer noch weiter zu, auch wenn Mike das noch vor wenigen Sekunden f#252;r unm#246;glich gehalten h#228;tte. Der Himmel bezog sich so schnell mit schwarzen, brodelnden Wolken, als h#228;tte jemand die Sonne abgeschaltet. Das einzige Licht kam von dem Flammen speienden H#246;llenschlund hinter ihnen, sodass Mike schon nach Sekunden das Gef#252;hl hatte, sich durch einen Albtraum zu bewegen, in dem es nichts als vollkommene Schw#228;rze, aufloderndes grelles Licht und grotesk verzerrte, h#252;pfende Schatten gab. Glutfl#252;ssige, bizarr geformte Finger aus Lava brodelten aus dem zerborstenen Kraterrand und der Boden, #252;ber den sie sich bewegten, wurde immer hei#223;er. An einigen Stellen brach der Felsen auf und kochend hei#223;er Dampf oder rot gl#252;hendes Gestein spritzten heraus. Mike sp#252;rte, wie der vermeintlich so massive Fels unter seinen Schritten zu knirschen begann und dann zerbrach wie eine Eierschale! Ein fast metergro#223;es St#252;ck des Bodens l#246;ste sich in zahllose Bruchst#252;cke auf und darunter kam ein Strom rot gl#252;hender, z#228;hfl#252;ssiger Lava zum Vorschein. Mike schrie vor Schreck und Schmerz laut auf, warf sich verzweifelt nach vorne und prallte mit Gesicht und H#228;nden auf gl#252;hend hei#223;en Stein. F#252;r eine endlose, grauenhafte Zehntelsekunde schwebten seine F#252;#223;e nur Zentimeter #252;ber dem brodelnden Lavastrom. Im buchst#228;blich allerletzten Moment beugte sich Serena zu ihm herab, krallte die linke Hand in seine Schulter und die rechte in sein Haar und riss ihn mit solcher Kraft in die H#246;he, dass er erneut vor Schmerz schrie, gleichzeitig aber auch auf die F#252;#223;e stolperte. Sein rechter Schuh brannte. Mike raste weiter, so schnell er konnte, stampfte mit aller Kraft mit dem Fu#223; auf und schaffte es irgendwie, die Flammen zu ersticken, ehe sie seine Haut erreichen und ihn wirklich verletzen konnten. Und dann war ihre Flucht vorbei. Sie hatten den Fu#223; des Berges erreicht und unter ihnen lag nichts mehr als ein zehn Meter tiefer, senkrechter Abgrund und das tobende Meer, das an den Klippen zu wei#223;er Gischt auseinander spritzte. Ein Sprung dort hinunter w#228;re Selbstmord. Aber welche Wahl hatten sie schon? Mike sah noch einmal zum Krater hinauf und erkannte, dass genau in diesem Moment das geschah, was er schon die ganze Zeit #252;ber bef#252;rchtet hatte: Der Kraterrand brach endg#252;ltig auseinander und eine gewaltige Springflut aus fast wei#223;er Lava ergoss sich #252;ber die Flanke des Berges. »Springt!«, schrie Mike. Er wich drei, vier Schritte vom Abgrund zur#252;ck, raffte all seinen Mut zusammen und rannte los. Im allerletzten Moment schlug seine Panik doch noch zu und versuchte ihn von seinem Vorhaben abzubringen und wahrscheinlich h#228;tte er wirklich versucht anzuhalten, w#228;re er nicht viel zu schnell daf#252;r gewesen. Mit einem gewaltigen Satz katapultierte er sich selbst #252;ber die Kante, schien f#252;r einen unendlich kurzen, grauenhaften Moment reglos in der Luft zu h#228;ngen und st#252;rzte dann wie ein Stein in die Tiefe. Eine Sekunde sp#228;ter durchbrach er die Wasseroberfl#228;che mit der Wucht eines fallenden Steines, tauchte meterweit unter und wartete nur darauf, gegen ein Riff oder den felsigen Meeresboden geschleudert zu werden. Stattdessen wurde er vom Sog der Wellen ergriffen und nach oben und ein gutes St#252;ck von der Klippe weggezogen, ehe er prustend und nach Luft schnappend wieder durch die Wasseroberfl#228;che brach. Rechts und links von ihm spritzte das Wasser auf, als die anderen seinem Beispiel folgten und das Risiko in dem tosenden Meer zu ertrinken oder gegen die Klippe geschleudert zu werden dem sicheren Tod in der Lava vorzogen. Nach kurzem Suchen entdeckte er Serena nur ein kleines St#252;ck weit entfernt. Trotz allem machte er sich um sie keine Sorgen. Serena schwamm so gut wie ein Fisch. Selbst eine noch viel st#228;rkere Brandung h#228;tte sie nicht in Schwierigkeiten gebracht. Die D#252;nung war auch nicht ihr Problem. Die Ebbe hatte eingesetzt, sodass die Wellen sie immer ein kleines St#252;ckchen weiter von der Insel forttrugen, statt sie auf die Klippen zuzuschleudern. Aber nur ein paar hundert Meter #252;ber ihnen w#228;lzte sich eine t#246;dliche Lawine aus zwei-oder dreitausend Grad hei#223;er Lava heran. Wenn sie keinen gen#252;gend gro#223;en Sicherheitsabstand zwischen sich und den Vulkan brachten, dann w#252;rden sie entweder von der niederst#252;rzenden Lava get#246;tet oder wenige Minuten danach bei lebendigem Leib gekocht werden. »Schwimmt!«, schrie Mike mit #252;berschnappender Stimme. »Weg von der Insel! Schwimmt um euer Leben!« Ihre Chancen, es zu schaffen, waren praktisch gleich null. Mike schwamm so schnell wie nie zuvor in seinem Leben und trotzdem hatte er das Gef#252;hl, nicht von der Stelle zu kommen. Die Lava bewegte sich nicht ganz so schnell, wie er bef#252;rchtet hatte, aber immer noch viel, viel schneller, als n#246;tig gewesenw#228;re, um ihnen auch nur eine hauchd#252;nne Chance zum #220;berleben zu gew#228;hren. Sie waren sechzig oder siebzig Meter vom Ufer entfernt, als der Lavastrom die Klippe erreichte. Trotz der entsetzlichen Gefahr, die er bedeutete, war es ein Anblick von unbeschreiblicher Sch#246;nheit. Die Lava erreichte die Klippe und st#252;rzte wie ein Wasserfall aus fl#252;ssigem Gold in die Tiefe. Ein strahlendes, unglaublich intensives und trotzdem mildes, goldfarbenes Licht #252;berflutete das Meer und die tiefh#228;ngenden Wolken waren pl#246;tzlich nicht mehr schwarz, sondern leuchteten in einem intensiven, rotgoldenen Ton. Eine Sekunde sp#228;ter ber#252;hrte die Lava das Wasser und die ganze Insel verschwand hinter einem Vorhang aus wei#223;em, brodelndem Dampf. Eine Woge ungeheuerer Glut schlug #252;ber Mike und den anderen zusammen; so grausam, dass er sp#252;rte, wie sich auf seinem Gesicht Brandblasen bildeten und sich seine Haare kr#228;uselten, obwohl er bis zum Hals im Wasser war. Keuchend tauchte er unter, um den brennenden Schmerz auf seinem Gesicht zu l#246;schen. Und es war immer noch nicht vorbei. Immer mehr und mehr Lava st#252;rzte #252;ber die Klippe. Die Hitze wurde unertr#228;glich. Selbst das Wasser wurde hei#223; und der kochende Dampf schien seine Kehle zu verbr#252;hen, wenn er atmete. Er sp#252;rte, wie nun auch der Ozean unter ihnen zu beben begann, als br#228;che der Meeresboden selbst auseinander. Der Lavastrom wurde immer heftiger. Statt eines Wasserfalls aus geschmolzenem Gestein war es nun eine Lawine, die sich weiter und weiter ins Meer hinein ergoss. Noch ein paar Minuten, begriff Mike, und die Lava w#252;rde sie selbst hier drau#223;en erreichen, falls das kochende Wasser und der Dampf sie nicht vorher umbrachten. Wieder hatte Mike das Gef#252;hl, dass sich der Meeresgrund unter ihnen bewegte, und diesmal war es eindeutig keine Einbildung. Etwas Riesiges, unvorstellbar Gewaltiges stieg vom Meeresboden zu ihnen empor Mike und Singh waren die Letzten, die auf das #252;berf#252;llte Deck der NAUTILUS hinaufkletterten. Das Schiff hatte sofort begonnen sich langsam von der Klippe zu entfernen, wobei es die im Wasser Schwimmenden mit seinem gewaltigen Rumpf einfach vor sich her schob; eine Vorgehensweise, die extrem gef#228;hrlich war, aber auch die einzige M#246;glichkeit darstellte. Die NAUTILUS vermochte die M#228;nner und Frauen zwar vor der Lava zu besch#252;tzen, aber nicht vor dem kochenden Wasser, das sich rings um sie herum allm#228;hlich in Dampf zu verwandeln schien. Als Mike sich mit allerletzter Kraft auf das Schiff hinaufzog, war die NAUTILUS schon fast eine halbe Meile von der Insel entfernt. Selbst hier war das Wasser bereits so warm, dass seine Oberfl#228;che dampfte. Das Toben des Vulkans hatte noch mehr an Wut zugenommen. Der Krater gl#252;hte in einem grellen, unheimlichen Rot und spie immer mehr und mehr Lava. Mike war nicht sicher, ob Hathi ebenso spurlos von der Meeresoberfl#228;che verschwinden w#252;rde wie die Insel, auf der sie Delamere gefunden hatten, aber allein der Anblick des Flammen speienden Kraters machte ihm klar, dass es sehr, sehr lange dauern w#252;rde, bis auf dieser Insel wieder Menschen leben konnten; wenn #252;berhaupt. Sie w#252;rden eine neue Heimat f#252;r die Pahuma finden m#252;ssen. Im Moment war er aber einfach nur froh, noch am Leben zu sein. Jemand hatte ihm die Hand entgegengestreckt und ihm auf das Deck hinaufgeholfen, aber er hatte nicht einmal die Kraft, sich nach seinem Retter umzusehen. Zu Tode ersch#246;pft sank er auf H#228;nde und Knie, schloss die Augen und genoss f#252;r einige Sekunden nichts anderes als das wunderbare Gef#252;hl, einfach einund ausatmen zu k#246;nnen, ohne das Gef#252;hl zu haben, geschmolzenes Glas in die Lungen zu saugen. Als er endlich wieder den Kopf heben konnte, blickte er in ein pelziges schwarzes Gesicht, aus dem ihm ein einzelnes, gelbes Auge entgegensah. »Sehr witzig«, murmelte Mike. »Erkl#228;r mir lieber, wo du warst. Ich h#228;tte dich gebraucht, wei#223;t du?« »Sei lieber froh, dass er nicht bei euch geblieben ist«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Ohne Astaroth w#228;rt ihr jetzt alle Fischsuppe.« Mike drehte den Kopf und sah in Bens Gesicht und erst nach einigen Sekunden fand er #252;berhaupt die Kraft zu antworten. »Ben? Wie ... wo seid ihr so pl#246;tzlich hergekommen? Die Sprechger#228;te -« »funktionieren nicht, ich wei#223;.« Ben deutete mit einer Kopfbewegung auf Astaroth. »Bedank dich bei ihm. Er kam pl#246;tzlich angeschwommen und hat sich so lange wie verr#252;ckt aufgef#252;hrt, bis wir hierher gekommen sind.« »Ihr?«, murmelte Mike. »Soll das hei#223;en ... du hast die NAUTILUS hierher man#246;vriert? Das war -« »Ich wei#223;, dass ich nicht so gut bin wie Trautman, aber ich musste es versuchen.« Er grinste. »Ich konnte ja schlecht zusehen, wie ihr gekocht werdet, oder? Auch wenn die Verlockung f#252;r ein paar Momente ziemlich gro#223; war, wie ich zugeben muss.« »Nur keine falsche Bescheidenheit.« Trautman kam heran, nickte Mike kurz zu und wandte sich dann mit einem eindeutig anerkennenden Blick wieder an Ben. »Das war genial, Ben. Besser h#228;tte ich es auch nicht gekonnt.« »Man tut, was man kann«, grinste Ben, wurde aber sofort wieder ernst. »Das war verdammt knapp. Ist jemand zu Schaden gekommen?« »Einige Pahuma sind ziemlich schwer verletzt«, sagte Trautman ernst. »Aber sie werden es wohl #252;berleben. Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, gibt es wohl nur einen einzigen Toten.« »Delamere.« Ben nickte d#252;ster. »Wir haben es gesehen ... Ich verstehe nur nicht, warum um alles in der Welt er das getan hat! Wenn #252;berhaupt, dann h#228;tte er doch wissen m#252;ssen, wie gef#228;hrlich es ist!« »Das wusste er auch«, sagte Trautman. »Ich h#228;tte ahnen m#252;ssen, was er tut. Sp#228;testens als ich den Krater gesehen habe.« »Wieso?«, fragte Mike. Er erinnerte sich pl#246;tzlich wieder an den betroffenen Ausdruck auf Trautmans Gesicht, als er Jacques im H#246;hleneingang erblickt hatte. »Blauer Ton«, sagte Trautman. »Ich wei#223; nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber die Tonerde im Inneren des Kraters war blau.« »Und?«, fragte Ben. »Diamanten«, sagte Trautman. »In blauem Ton findet man Diamanten. Deshalb ist er noch einmal zur#252;ckgegangen. Ich glaube sogar, dass er aus diesem Grund schon das erste Mal dort hinaufgegangen ist -obwohl er wusste, dass er damit die Gesetze der Pahuma bricht.« »So ein Wahnsinn!«, murmelte Ben. »Ja«, sagte Trautman. »Er hat mit seinem Leben daf#252;r bezahlt, aber ich glaube nicht, dass wir das Recht haben, #252;ber ihn zu urteilen.« Dem konnte Mike nur zustimmen. Was Jacques getan hatte, war Wahnsinn gewesen, aber er hatte auch den h#246;chsten Preis daf#252;r gezahlt, den ein Mensch #252;berhaupt zu zahlen imstande war. Der Berg spie noch immer Feuer und der Tag war zum zweiten Mal einer sternenlosen, viel zu fr#252;h hereingebrochenen Nacht gewichen. W#228;hrend er den Feuer speienden Berg ansah, musste er pl#246;tzlich wieder an das denken, was der alte H#228;uptling der Pahuma #252;ber seine G#246;tter und die Natur gesagt hatte. Was, dachte er, wenn Ah'Kal Recht gehabt hatte? Wenn all dies wirklich das Ergebnis des Frevels gewesen war, den Delamere begangen hatte? Und wenn das Wort Gott nicht nur einfach ein anderer Ausdruck f#252;r das Wirken der Natur war, sondern vielleicht auch umgekehrt, das Wirken scheinbar willk#252;rlicher Naturkr#228;fte vielleicht doch Asudruck einer anderen, den Menschen auf immer unverst#228;ndlich bleibenden, aber bewussten Kraft? Nat#252;rlich waren solche Gedanken m#252;#223;ig. Er konnte sich den Kopf dar#252;ber zerbrechen, solange er wollte, und w#252;rde trotzdem niemals zu einer Antwort gelangen. Und wenn er ganz ehrlich war, dann wollte er das auch gar nicht. |
|
|