"Stefan Zweig. Buchmendel (Букинист. На немецком языке)" - читать интересную книгу автораinzwischen schon eppes auftreiben, und was sich nicht findet, werd sich
anderswo finden. Wenn einer Sechel hat, hat er auch Glмck." Ich dankte hжflich und stolperte aus lauter Hжflichkeit sofort in eine dicke Dummheit hinein, indem ich vorschlug, ihm meine gewмnschten Buchtitel auf einen Zettel zu notieren. Im gleichen Augenblick spмrte ich schon einen warnenden Ellbogenstoџ meines Freundes. Aber zu sp¤t! Schon hatte mir Mendel einen Blick zugeworfen - welch einen Blick! -, einen gleichzeitig triumphierenden und beleidigten, einen hжhnischen und мberlegenen, einen geradezu kжniglichen Blick, den shakespearischen Blick Macbeths, wenn Macduff dem unbesiegbaren Helden zumutet, sich kampflos zu ergeben. Dann lachte er abermals kurz, der groџe Adamsapfel an seiner Kehle kollerte merkwмrdig hin und her, anscheinend hatte er ein grobes Wort mмhsam verschluckt. Und er w¤re im Recht gewesen mit jeder erdenklichen Grobheit, der gute, brave Buchmendel; denn nur ein Fremder, ein Ahnungsloser (ein "Amhorez", wie er sagte) konnte eine derart beleidigende Zumutung stellen, ihm, Jakob Mendel, einen Buchtitel aufzunotieren wie einem Buchhandlungslehrling oder Bibliotheksdiener, als ob dieses unvergleichliche, dieses diamantene Buchgehirn solch grober Hilfsmittel jemals bedurft h¤tte. Erst sp¤ter begriff ich, wie sehr ich sein abseitiges Genie mit diesem hжflichen Angebot gekr¤nkt haben muџte; denn dieser kleine, zerdrмckte, ganz in seinen Bart eingewickelte und мberdies bucklige galizische Jude Jakob Mendel war ein Titan des Ged¤chtnisses. Hinter dieser kalkigen, schmutzigen, von grauem Moos мberwucherten Stirn stand in der unsichtbaren Geisterschrift jeder Name und Titel wie mit Stahlguџ eingestanzt, der je auf einem Titelblatt eines Buches gedruckt war. Er wuџte von jedem Werk, dem gestern erschienenen wie Erscheinungsort, den Verfasser, den Preis, neu und antiquarisch, und erinnerte sich bei jedem Buch mit fehlloser Vision zugleich an Einband und Illustrationen und Faksimilebeigaben, er sah jedes Werk, ob er es selbst in den H¤nden gehabt oder nur von fern in einer Auslage oder Bibliothek einmal ersp¤ht hatte, mit der gleichen optischen Deutlichkeit wie der schaffende Kмnstler sein inneres und der andern Welt noch unsichtbares Gebilde. Er erinnerte sich, wenn etwa ein Buch im Katalog eines Regensburger Antiquariats um sechs Mark angeboten wurde, sofort, daџ ebendasselbe in einem anderen Exemplar vor zwei Jahren in einer Wiener Auktion um vier Kronen zu haben gewesen war, und zugleich auch des Erstehers; nein: Jakob Mendel vergaџ nie einen Titel, eine Zahl, er kannte jede Pflanze, jedes Infusorium, jeden Stern in dem ewig schwingenden und st¤ndig umgerмttelten Kosmos des Bмcherweltalls. Er wuџte in jedem Fach mehr als die Fachleute, er beherrschte die Bibliotheken besser als die Bibliothekare, er kannte die Lager der meisten Firmen auswendig besser als ihre Besitzer, trotz ihren Zetteln und Kartotheken, indes ihm nichts zu Gebote stand als Magie des Erinnerns, als dies unvergleichliche, dies nur an hundert einzelnen Beispielen wahrhaft zu explizierende Ged¤chtnis. Freilich, dieses Ged¤chtnis hatte nur so d¤monisch unfehlbar sich schulen und gestalten kжnnen durch das ewige Geheimnis jeder Vollendung: durch Konzentration. Auџerhalb der Bмcher wuџte dieser merkwмrdige Mensch nichts von der Welt; denn alle Ph¤nomene des Daseins begannen fмr ihn erst wirklich zu werden, wenn sie in Lettern sich umgossen, wenn sie in einem Buche sich gesammelt und gleichsam sterilisiert hatten. Aber auch diese Bмcher selbst las er nicht auf ihren Sinn, auf ihren |
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